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Häuselbauer in Geiselhaft

  • Sonntag, 12. April 2009 @ 21:00
Kapital Von Leo Furtlehner

Die Methode ist nicht neu, sie wird aber immer wieder aufgewärmt: Als es seinerzeit darum ging, die anonymen Sparbücher abzuschaffen mit denen Schwarzgeld vor der Steuer im großen Stil hin- und herverschoben wurde, wurden die „alten Mutterln“ mit ihren paar Spargroschen als Geiseln vorgeschoben. Ähnlich läuft es auch beim Bankgeheimnis, wo von den NutznießerInnen – den Schwarzgeldanlegern oder Profiteuren aus krummen bis kriminellen Geschäften und betuchten Steuerflüchtlingen aus dem Ausland – und ihren Sprachrohren in Politik (da tun sich die „Parteien des kleinen Mannes“ namens FPÖ und BZÖ besonders hervor) und Medien wieder die kleinen SparerInnen als Schutzschild missbraucht werden.

Und jetzt die Vermögen: Da nimmt ÖVP-Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll ganz ungeniert die „kleinen Häuselbauer“ in Geiselhaft und warnt, dass eine Vermögenssteuer „den Mittelstand treffen wird“. Ausgerechnet Pröll will der Öffentlichkeit glauben machen, dass „alles, was privates Eigentum ist und steuerlich als Vermögen gilt“ betroffen wäre.

Sein Parteifreund WKO-Boss Christoph Leitl wiederum schiebt die Selbständigen vor und faselt von einer „betrieblichen Vermögenssteuer“ als „Strafsteuer für Unternehmen mit programmierter Arbeitsplatzvernichtung“ – und lobt in einem Aufwaschen Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina (SPÖ) für seine „Großtat“ 1993 die Vermögenssteuer abgeschafft zu haben. Dass sich der ÖVP-Bundesrat, Schlossbesitzer und Immobilienhai Georg Spiegelfeld gegen eine Vermögenssteuer wendet ist nicht verwunderlich, eilfertig benützt er die Redensart „Neid ist ein schlechter Ratgeber“.

Assistiert wird die schwarze Meute von IHS-Chef Bernhard Felderer der eine Vermögenssteuer als „schweren Fehler“ bezeichnet und argumentiert, dass Österreich weltweit zu den fünf Ländern mit der höchsten Steuerquote gehört. Die Vermögenden können damit aber nach Abschaffung von Vermögens- und Erbschaftssteuer und Schaffung steuerschonender Privatstiftungen wohl nicht gemeint sein, unter der Steuerlast ächzen vielmehr durchschnittlich verdienende Lohnabhängige, soviel dem famosen Felderer in sein unwissenschaftliches Stammbuch geschrieben.

Recht lahm agieren in dieser Debatte wie üblich die Sozialdemokraten: Sowohl Sozialminister Rudolf Hundstorfer als auch Staatssekretär Andreas Schieder verspüren angesichts der Diskussion zwar deutliches Unbehagen, sie verteidigen jedoch eisern das Koalitionsabkommen, eine Vermögenssteuer kommt für sie auch nicht in Frage. Apropos Koalitionsabkommen: Dort steht auch nichts von einer Milliardenhilfe für die Banken, trotzdem wurde sie beschlossen. Aber der Geist der Koalition ist wohl ein solcher, dass grundsätzlich immer nur jene die ohnehin schon genug haben noch mehr bekommen sollen.

Besondere Geistesblüten zur aktuellen Debatte steuert via „Standard“ der unsägliche Herr Rauscher bei, indem er von der Vermögensdebatte zur Hacklerregelung überleitet und jene, welche nach hinreichend langer Versicherungsdauer diese in Anspruch nehmen als „die gut Organisierten, die es sich in den Nischen und Winkeln des Sozialstaates gemütlich gemacht haben“ diffamiert. Abgesehen davon, dass die Abschläge bei Invaliditätspensionen eine Riesensauerei sind und umgehend gestrichen gehören sollte Hans Rauscher endlich einmal deutlich gemacht werden, dass wohl vielmehr jene die trotz Millionenvermögen so gut wie keine Steuern zahlen die wirklichen Sozialschmarotzer sind.

Laut ATTAC würde eine Steuer von nur ein Prozent auf die Millionenvermögen jährlich rund sechs Milliarden Euro zusätzliche Steuereinnahmen bringen. Das deckt sich auch damit, dass die Anhebung der Vermögensbesteuerung auf das durchschnittliche EU-Niveau jährlich rund 5,5 Milliarden Euro bringen würde, wie SPÖ-Gewerkschafter Haberzettl jetzt vorrechnete. Auf einen entsprechenden Antrag im Parlament werde wir aber wohl vergeblich warten…

Derzeit werden Vermögen faktisch kaum mehr besteuert, lediglich Grundsteuer und Grunderwerbsteuer können als Vermögensbesteuerung gelten, deren Erhöhung sich aber vor allem negativ auf den Wohnungsmarkt auswirken würde. Die Lacina-„Reform“ von 1993 (Abschaffung Vermögenssteuer, Einführung Privatstiftungen) als Vorleistung für den EU-Beitritt machte hingegen Österreich zum Steuerparadies für Kapital und Vermögen. Wobei Vermögen korrekterweise auf Millionenvermögen bezogen werden muss, damit nicht nach der Methode Pröll die „Häuselbauer“ zum Handkuss gebeten werden.

Laut Weltreichtumsbericht besaßen 2008 in Österreich 77.700 Personen bzw. Familien ein Finanzvermögen von mehr als einer Million Dollar (0,64 Millionen Euro). Dieses etwa eine Prozent der Bevölkerung besitzt allein schon ein Drittel des Finanzvermögens, weitere neun Prozent besitzen das zweite Drittel, die restlichen 90 Prozent dürfen sich das letzte Drittel teilen.

Diese parasitäre Minderheit ist auch der Nutznießer und Verursacher der Finanzkrise: Weil den Lohnabhängigen über Jahre hinweg der ihnen zustehende Anteil am Produktivitätszuwachs bei den Lohnverhandlungen vorenthalten wurde (und dies durch die defensive Lohnpolitik der Gewerkschaften begünstigt wurde) und dieser Produktivitätszuwachs auch nicht im Unternehmen investiert, sondern auf dem Finanzmarkt spekulativ veranlagt wurde.

Das ist jener „Klassenkampf von Oben“, den Caritas-Chef Franz Küberl jetzt befürchtet – der faktisch aber schon massiv betrieben wird, seit die neoliberale Spielart des realen Kapitalismus dominant ist. Nachdem mit der (jetzt immer stärker auf die Realwirtschaftdurchschlagenden) Finanzkrise die Luftschlösser der SpekulantInnen geplatzt sind, sollen die Lohnabhängigen jetzt nicht nur die Auswirkungen in Form von Kurzarbeit, Arbeitsplatzvernichtung, Lohndumping und Sozialabbau tragen, sondern mit ihren Steuern auch noch die Auswirkungen sanieren.

Einzig und allein zum Zweck die wirklichen Vermögen nicht anzutasten und die Profite und Dividenden auch künftig sicherzustellen. Es liegt an den Betroffenen, ob sie sich das wirklich gefallen lassen wollen – oder dem Gesocks der „oberen zehntausend“ von Kapital, Politik, Medien und Expertenunwesen endlich einmal einen kräftigen Fußtritt verpassen…

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