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Voestalpine als „Übernahmekandidat Nr. 1“?

  • Sonntag, 5. April 2009 @ 12:30
Kapital Seit der Vollprivatisierung der Voestalpine im Jahr 2003 haben die neuen Eigentümer kräftig Dividende aus dem Unternehmen abgesaugt. Die Dividendenausschüttungen sind von 63 Millionen (2003/04) auf 334 Millionen (2007/08), also auf mehr als das Fünffache geradezu explodiert. Dabei wurde den Aktionären die VA schon bei der Privatisierung nach Schätzung der Studie der AK-Wien weit unter dem tatsächlichen Wert offeriert.


Überstieg in den Jahren 1995 bis 2005 die Dividende nie 1,5 Prozent des Konzernumsatzes, so schnellte sie in den Jahren 2006 bis 2008 auf fabelhafte 3,2 Prozent empor. Selbst im Geschäftsjahr 2007/08, als die VA mit der Übernahme der Böhler-Uddeholm um 3,7 Milliarden enormen Kapitalbedarf hatte, wollten die Aktionäre Kasse machen. Die Dividende wurde nochmals von 1,45 auf 2,1 Euro je Aktie angehoben und 45 Prozent des gesamten Gewinns wanderten an die Aktionäre, während sich gleichzeitig der Konzern kräftig verschulden musste.

In dem Jahr, in dem die bislang größte Dividende ausbezahlt wurde, stieg der Anteil der Nettofinanzverschuldung von 18,3 Prozent auf 83,3 Prozent des Eigenkapitals. Die Privaten, die angeblich so gut wirtschaften, erweisen sich nicht als verantwortungsbewusste Eigentümer mit einem langfristigen Interesse an Unternehmen und Arbeitsplätzen sondern als kurzfristige Zocker.

Gefahr der feindlichen Übernahme.

Die Totalprivatisierung enthemmte auch das Management. Immer öfter wird versucht, Belegschaft und Politik zu erpressen. So drohte Vorstandschef Eder im Jahr 2004 trotz bester Gewinnlage mit Betriebsverlagerung: „Die Voest ist nicht mit Linz verheiratet. Wir können uns auch im Ausland einen Hochofen schenken lassen und diesen dann erneuern.“ (Standard, 19.07.2004). Zum ultimativen Bumerang könnte die Privatisierung aber jetzt in der tiefen Wirtschaftskrise werden.

Die VA hat innerhalb kurzer Zeit 80 Prozent ihres Börsenwertes verloren. Da sie zu den modernsten Stahlunternehmen Europa zählt, mit einer starken Verankerung in hochqualitativen Nischensegmenten, kann sie somit rasch zum Ziel feindlicher Übernahmen werden. Der stv. Landhauptmann von Oberösterreich Erich Haider bezeichnete die VA bereits im November 2008 als „Übernahmekandidaten Nr. 1 an der Wiener Börse“. Der erste Versuch, die VA zu zerschlagen und ans Ausland zu verkaufen wurde bereits 2003 unter dem klingenden Namen „Minerva“ versucht.

Der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser hatte mit dem Autozulieferer Magna den Plan ausgeheckt, die VA an Stronach weiterzureichen. Dieser hätte sich die automotive Sparte behalten und den Rest weiterverkauft. Der deutsche Stahlkonzern ThyssenKrupp hatte damals bereits öffentliches Interesse an der Übernahme angemeldet.

Arbeitszeitverkürzung statt Dividende.

Die Krise der Autoindustrie schlägt immer stärker auf die VA durch. Das bekommen auch die Beschäftigten immer stärker zu spüren. Von den rd. 42.000 Voestlern arbeiten bereits über 8.000 kurz, davon 6.000 in Österreich. Vorstandschef Eder rechnet mit einer Verdoppelung der Kurzarbeit übe den Sommer. 1.412 Leiharbeiter wurden bereits gekündigt. Auch die Stammbelegschaften werden bereits abgebaut.

Mitte Februar wurden 66 der 677 am Standort Krems Beschäftigten beim AMS zur Kündigung angemeldet. Trotz Krise reduzierte sich der Gewinn in den ersten drei Quartalen des Geschäftsjahres 2008/09 zunächst nur leicht um 0,9 Prozent auf 606 Millionen Euro. Großaktionäre wie Raiffeisen und Oberbank haben daher auch für das laufende Krisenjahr bereits Dividendenappetit angekündigt, während Beschäftigte entlassen werden oder Lohnverluste hinnehmen müssen.

Zum Vergleich: Mit 70 Prozent der Dividende von 2007/08 hätte man die Einführung der 35 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich für alle 42.000 ArbeitnehmerInnen finanzieren können. Die Werkstatt Frieden & Solidarität fordert daher eine Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnverluste für alle statt Dividende für jene, die bereits in den letzten Jahren bestens am Unternehmen verdient haben.

Erstes Ziel: Sperrminorität

Aber es geht um mehr. Wenn die Gefahr einer feindlichen Übernahme und damit letztlich die Gefahr der Zerschlagung verhindert werden sollen, brauchen wir die Wiederverstaatlichung der Voestalpine. Ein erster Schritt in diese Richtung könnte eine Kapitalerhöhung sein, damit die öffentliche Hand gemeinsam mit der Mitarbeiterbeteiligung über die Sperrminorität kommt.

Das würde zunächst einige hundert Millionen Euro kosten - Peanuts im Vergleich zu den Bankmilliarden, die derzeit zur Verfügung gestellt werden. Vor allem aber wäre es sinnvoll ausgegebenes Geld, das krisendämpfend wirkt. Denn während das Bankenpaket kurzfristiges, hochverzinstes Geld an die Banken weitergibt und diese damit erst recht zu Hochrisikogeschäften und Dividendengier anhält, würde eine langfristige Beteiligung des Staates am Eigentum helfen, Spekulation und kurzfristige Dividendenjagd einzudämmen.

Quelle: www.werkstatt.or.at

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