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Pius-Bruderschaft: Fundamentalisten des Herrn

  • Dienstag, 3. Februar 2009 @ 08:45
Global In Frankreich fällt die Pius-Bruderschaft immer wieder durch radikale Thesen und Taten auf. Die konservative Vereinigung scheut auch nicht die Nähe zu Rechtsextremisten. Von Hauke Friederichs

Für Papst Benedikt war die Rehabilitierung von vier Bischöfen der Bruderschaft Sankt Pius X. eine Herzensangelegenheit. Er wollte endlich eine Wunde schließen, die er als Kardinal nicht heilen konnte. Die Abspaltung der Traditionalisten unter Erzbischof Marcel Lefebvre im Jahr 1988.

Nun steht der Papst weltweit in der Kritik, weil er auch den englischen Bischof und Holocaust-Leugners Richard Williamson rehabilitierte. Der Protest überdeckt, dass die Pius-Bruderschaft seit Jahren in Frankreich Skandal um Skandal auslöst. Die Liste der Vorwürfe ist lang: Kontakt zu Neonazis, Kirchenbesetzung, Missachtung von weltlichen Gerichten. Geschadet hat das der erzkonservativen Vereinigung bislang kaum.

Im Internet, bei Festen und in Broschüren präsentiert sich die Pius-Bruderschaft als wohltätige Gesellschaft: Sie rette alte Kapellen vor dem Verfall, wolle lediglich die Traditionen der römisch-katholischen Kirche bewahren und junge Leute für ihre Gottesdienste und dem Dienst für Gott begeistern. Und in Zeiten, in denen die christlichen Gemeinden über Mitgliederschwund und Priestermangel klagen, Gotteshäuser verkaufen müssen und ihr Einfluss auf die Gesellschaft schwindet, scheinen auch Vertreter der Amtskirche in der Bruderschaft eine Art Jungbrunnen zu sehen.

Doch der Schein trügt. Dem Neuen tritt die Bruderschaft nicht aufgeschlossen gegenüber. Sie setzt auf Messen auf Latein, nach dem tridentinischen Ritus. Die Pius-Bruderschaft sieht andere Religion nicht als gleichberechtigt an und akzeptiert nur einen Heilsweg -- den eigenen. Die Ökumene, Laien-Mitarbeiter in der Kirche und wichtige Ämter für Frauen lehnen die Traditionalisten strikt ab.

Das Wiederbeleben von 500 Jahre alten Riten brachte die Pius-Bruderschaft in Verruf und führte zu einem Konflikt mit der katholischen Amtskirche. Dieser eskalierte 1988. Der Papst nahm den Bischöfen der Bruderschaft alle Rechte. Nun befinden sich die Erzkonservativen wieder im Schoß der Kirche und bereiten Papst Benedikt mit offen geäußertem Antisemitismus große Probleme.

Für Aufregung sorgte die Bruderschaft in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder. In Paris erstürmten Lefebvres Anhänger 1977 die Kirche Saint-Nicolas-du-Chardonnet und besetzen sie bis heute. Das Gebäude gehört der Stadt Paris, die gegen die Besetzer klagte. Obwohl die Bruderschaft per Gerichtsbeschluss zur Räumung aufgefordert wurde, blieb sie dort. Ihre Mitglieder nutzen die Kirche intensiv -- sonntags werden dort sieben Messen gefeiert. 1993 versuchten Anhänger Lefebvres eine weitere Kirche in Paris zu besetzten, mussten ihren Versuch jedoch aufgeben.

Die Mitglieder hätten ein Recht, auf eigene Gotteshäuser, sagte Bischof Bernard Fellay in einem Interview mit der Zeitung Le Figaro. "Es ist ein Unrecht, es uns zu verweigern; die Gläubigen haben ein Recht auf würdige Riten und nicht nur auf Riten nach dem Geschmack eines modernistischen Pfarrers." Fellay war einer der exkommunizierten Bischöfe und leitet seit 1994 die Bruderschaft. Die katholische Kirche protestierte gegen die Besetzung, ließ es aber nicht auf eine Auseinandersetzung ankommen.

Das die Pius-Bruderschaft in Frankreich besonders stark ist, hängt auch damit zusammen, dass ihr Gründer Marcel Lefebvre dort geboren wurde und es ihm gelang, Konservative und enttäuschte Anhänger der katholischen Kirche um sich zu scharen.

Lefebvre wurde 1905 im nordfranzösischen Ort Tourcoing geboren. Die Familie war sehr religiös, einer seiner Brüder wurde ebenfalls Priester und drei Schwestern gingen ins Kloster. Lefebvre studierte Philosophie und Theologie in Rom und wurde 1929 in Lille zum Priester geweiht. Er ging als Missionar nach Gabun, 1947 berief ihn der Papst zum Bischof und machte Lefebvre zum Apostolischen Delegaten für das französischsprachige Afrika.

Beim Zweiten Vatikanischen Konzil 1965 trat er als Sprecher der Konservativen gegen Reformen ein. Er und seine Mitstreiter konnten sich jedoch nicht durchsetzen. 1969 gründete Lefebvre in Rom die Priesterbruderschaft St. Pius, die 1970 als kanonische Gemeinschaft innerhalb der Kirche anerkannt wurde. "Unsere Gründung erfolgte in der Kirche und für die Kirche," zitiert die offizielle Homepage der Pius Bruderschaft ihren Gründer. Lefebvre hatte dabei die Kirche des 19. Jahrhunderts vor Augen.

In Econe, in der Schweiz, baute die Bruderschaft ein Priesterseminar auf. 1974 verzeichnete die konservative Organisation bereits 105 Studenten -- die meisten von ihnen kamen aus Frankreich. Mehrfach versuchte die katholische Kirche den Spalter wieder in die Gemeinschaft der Gläubigen zurück zu locken. Doch Lefebvre war kein Mann der Kompromisse.

Er unterrichtete die angehenden Priester so, als ob es das Zweite Vatikanische Konzil nicht gegeben habe und lehrte ausschließlich die alten Traditionen. Der päpstliche Staatssekretär ließ daraufhin die Bruderschaft auflösen. Doch Lefebvre akzeptierte diesen Schritt nicht, da nur der Papst solche Befugnis habe. Der Erzbischof lehrte weiter und ließ neue Priesterseminare im französischen Ort Flavigny, in Zaitzkofen in Bayern, in den USA, Australien und Argentinien errichten.

Auch der damalige Präfekt der Glaubenskongregation und heutige Papst Joseph Ratzinger konnte Lefebvre 1988 nicht überzeugen, sich mit Rom zu versöhnen. Lefebvre weihte vier seiner Priester zum Bischof, darunter war der Anti-Semit Williamson. Die Weihung führte zur Exkommunikation von Lefebvre und seinen Bischöfen und damit zur Kirchenspaltung. 1991 starb Lefebvre, die von ihm berufenen Bischöfe setzen sein Werk fort.

Auch nach der Rehabilitierung durch den Papst bleibt die Pius-Bruderschaft umstritten. Kritiker werfen der Organisation enge Kontakte zur rechtsradikalen Front National in Frankreich vor. Der Generalobere Bernard Fellay soll laut französischen Zeitungen mehrfach seine Bewunderung für Frankreichs prominentesten Rechtsradikalen, Jean-Marie Le Pen, ausgedrückt haben. Priester der Pius-Bruderschaft sollen Veranstaltungen von Neonazis mit Gottesdiensten angereichert haben.

Die französische Tageszeitung Le Monde schrieb über Lefebvre, er habe sich im Jahrhundert geirrt. Einige Berater des Papstes scheinen jedoch genau das an ihm und seiner Bewegung zu schätzen.

Quelle: Die Zeit Online, http://www.zeit.de/online/2009/06/pius-bruderschaft

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