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Massive Kritik am Projekt Westring

  • Dienstag, 20. Januar 2009 @ 13:56
Verkehr Auf recht drastische Weise macht die Überparteiliche Plattform gegen die Westring-Transitautobahn mitten durch Linz auf die Problematik dieses Verkehrsprojekts aufmerksam. Bei einer Pressekonferenz am 20. Jänner 2009 „enthüllte“ Plattformsprecher Alfred Jaeger die Zukunft von Linz und meinte, wenn ein ordnungsgemäßes Umweltverträglichkeits-Prüfungsverfahren durchgeführt würde, könnte das Projekt Westringautobahn nie genehmigt werden.

Daher wurde die Umweltverträglichkeitsprüfung mehrfach geteilt, Probebohrungen werden extra (ohne UVP) abgehandelt, das Projekt wurde in einen Südteil und einen für die spätere Realisierung vorgesehenen Nordteil geteilt. Diese Teilung erfolgt um die Errichtung der Mühlviertel-Schnellstraße S10 als de facto Autobahnersatz und Teil einer neuen Transitroute Berlin-Triest durch Tschechien und Oberösterreich und mitten durch Linz zu verschleiern.

Die Asfinag hat um naturschutzrechtliche Genehmigung für Probebohrungen zur Verankerung der Brückenseile angesucht, das Gutachten des Naturschutzbeauftragten der Stadt Linz, Friedrich Schwarz, ist negativ, weil die Rodungen einen „besonders hochwertigen Waldteil mit einem hohen Anteil an Alt- und Totholz“ betreffen und Eingriffe in den gewachsenen Waldboden, insbesondere in naturnahen Hangwäldern „als irreversible Eingriffe zu werten“ sind, auch wenn zu einem späteren Zeitpunkt Wiederaufforstungen getätigt werden.

Von der Asfinag wurden weiters Vereinbarungen mit den Grundeigentümern nicht eingehalten, indem Firmen beauftragt wurden, die weder die vereinbarte Zufahrt noch die vereinbarte Zeit noch die vereinbarten Voranmeldungen einhalten. In der Waldeggstraße werden bereits Ablöseverhandlungen geführt, obwohl nichts genehmigt ist.

Jaeger: „Die Freiheit des Eigentums ist ein allgemeines Grundrecht. Mein Eigentumsrecht gilt für das eigentliche Grundstück, für die Erde unter meinem Grundstück und für die Luft über meinem Grundstück. Auch Wohnungseigentümer sind Eigentümer des gesamten Grundstückes samt Erde und Luft. Für jede Bohrung – ob Probebohrung oder Tunnel – ist eine Genehmigung des Grundeigentümers notwendig. Daher hat niemand das Recht, mein Grundstück zu betreten, umzugraben oder dort Löcher zu bohren. Niemand muss eine Unterschrift leisten, schon gar nicht ohne Überlegungszeit.“

Das Autobahnprojekt ist nicht genehmigt. Trotzdem wird das Projekt als fix hingestellt, die Bewohner der Waldeggstraße wurden nicht darüber aufgeklärt, dass vor der Genehmigung noch umfangreiche Verfahren abgeführt werden müssen und ohne rechtlichen Grund aus ihren Wohnungen vertrieben.

Projekt für den Transit

Die durch die A26 auf Linz zukommende Verkehrs- und Transitlawine wird verschleiert: „Die Linzer glauben, die Asfinag baut die A 26 zu ihrer Entlastung. Die Mühlviertler glauben, die A 26 wird für die Pendler gebaut. Beides falsch“, meint Franz Bauer vom Verkehrsforum. Die Asfinag baut die A 26, um die auf Linz zukommende Verkehrs- und Transitlawine durch die Stadt schleusen zu können.

Ab 2014/15 schließt die D3/R3 in Tschechien gemeinsam mit der S 10 im Mühlviertel die Lücke im internationalen Autobahnnetz zwischen Ostseeraum und Adria. Beide Strecken verbinden als letztes Glied die Ostsee-Hafenstädte Rostock, Stettin und Danzig mit den Adria-Hafenstädten Triest, Koper und Rijeka. Laut UVE-Gutachten zur S10 wird sich die Zahl der Grenzübertritte in Wullowitz von derzeit knapp 4.000 auf 14.200 Kfz pro Werktag mehr als verdreifachen. Diese von der EU als TEN-Strecke (TransEuropeanNet) gewidmete transeuropäische Nord-Süd-Achse wird mit einem Transitwachstum verbunden sein, wie es im Raum Wien und in Tirol schon der Fall war.

Da sich zusätzlich zum Transit- und Fernverkehr auch die aus dem Norden kommenden Urlaubs- und Ferienkarawanen durch Linz bewegen wird rechnen Gutachter des BMVIT mit rund 10.000 Kfz/Werktag mehr im Raume Linz. Das Projekt Westring dient also vor allem dazu, die Flaschenhälse Voest-Brücke und Tunnel Bindermichl, zu entschärfen.

Heißes Eisen Feinstaub

Entgegen beschönigenden Aussagen von Politikern ist die Linzer Luft nach wie vor ein Gesundheitsrisiko, kritisiert der Mediziner Rupert Frechinger. Die Lärmbelastung ist durch den motorisierten Individualverkehr im Steigen begriffen. Die Industrie hat große Investitionen getätigt und die Emissionen reduziert. Die Politik beschränkte sich primär auf die Förderung des motorisierten Verkehrs. Linz hat im Vergleich zu Wien fünfmal soviel Autoeinpendler pro Einwohner. Eine attraktive Anbindung der Umlandgemeinden mit öffentlichen Verkehrsmitteln wurde jahrelang versäumt.

„Jedes Jahr sterben wesentlich mehr Menschen an den Folgen des Einatmens von Feinstaub, als bei Verkehrsunfällen“ meint die renommierte Gesellschaft für Lungenheilkunde! Auch in Linz werden die Grenzwerte laufend überschritten. Gemessen wird aber nur der Feinstaub PM10. Als besonders gefährlich gilt dabei der Feinststaub PM2,5 weil diese Partikel bis in die Lungenbläschen eingeatmet werden und dort ihre gesundheitsschädliche Wirkung verursachen. Chronische Entzündungen, Verstärkung von Asthmaanfälligkeit, Herzkreislauferkrankungen bis hin zu höherem Schlaganfallrisiko und Reduzierung der Lebenserwartung sind die Folge. Feinstaub wirkt zudem als Trägervehikel für toxische Substanzen und Pollen und transportiert diese bis in tiefste Lungenpartien und in den Kreislauf transportiert. Feinstaub verändert auch die Pollenbildung der Pflanzen und führt durch Veränderung der Eiweißstruktur zu einem höheren allergenen Potential.

Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) steht eine erhöhte PM2,5-Belastung in Zusammenhang mit schweren Gesundheitsauswirkungen (z.B. Herz-Kreislauferkrankungen). Aufgrund des hohen Gesundheitsrisikos plant die EU die Einführung von PM2,5-Grenzwerten: vorerst 20 Mikrogramm per Kubikmeter. Auch bei den jetzt gemessenen PM10 Grenzwerten sind ab 2010 nur mehr sieben Überschreitungen pro Jahr erlaubt. Mangels Meßstellen in Linz kann die derzeitige Feinststaub - Belastung nur rechnerisch ermittelt werden. Je nach Verursacher ist der PM2,5 Anteil bei den PM10 Werten zwischen 70 und 90 Prozent.

Laut Frechinger verschlimmert der Westring durch die Verkehrszunahme die chronische Gesundheitsgefährdung. Die Abgase werden punktuell und ungefiltert aus den Tunnelröhren geleitet. Feinstaub und Lärm werden durch Wasserdrift und Windströmung über das gesamte Stadtgebiet und Umland verteilt. Eine Entlastung der Innenstadt von Abgasen und Lärm ist auch nach Untersuchungen der Asfinag nur kurzfristig gegeben. Die fehlende Entlastung unterstreichen auch die Aussagen von Stadtrat Luger, wonach 86 Prozent der Einpendler in die Innenstadt wollen. Die Führung des Transitverkehrs im Westen von Linz ist ungefähr so, wie wenn man den Schornstein des eigenen Hauses kappt und die Rauchgase vom Heizraum über alle Stockwerke durchs eigene Haus ziehen lassen.

Westring als Arbeitsmarktprojekt?

Auf die wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Aspekte eines völlig verfehlten Verkehrsprojektes macht der Sozialpädagoge Ernst Winter aufmerksam. Bundeskanzler Faymann führte bei der Präsentation des Konjunkturprogramms seiner neuen Bundesregierung ausdrücklich den Bau der Transitautobahn mit ihren Tunneln durch Linz an und meinte dabei, dass dieses Projekt geeignet sei einen Beitrag zur Reduktion der Rezession zu leisten.

Aber selbst wenn mit diesem Bauwerk ausschließlich österreichische Firmen und deren MitarbeiterInnen beauftragt werden, was an sich schon durch die EU weite Ausschreibung äußerst unwahrscheinlich ist, bleibt die Tatsache, dass straßenbauliche Großprojekte durch ihren hohen Grad an industrieller Fertigung und den Einsatz hochtechnologischer Straßenbaumaschinen einen eher geringem Personaleinsatz aufweisen. Das heißt, dass das Verhältnis von eingesetztem Kapital zu zusätzlicher Beschäftigung sehr hoch ist, was bedeutet, dass sehr viel eingesetztes Kapital nur zu wenigen zusätzlichen Arbeitsplätzen führt, bzw. vorhandene absichert.

Selbst Ministerin Bures betont öffentlich, dass Investitionen in den Tunnelbau wesentlich geringere Beschäftigungseffekte haben als solche in den Wohnungsbau. Demgegenüber gibt es selbstverständlich Wirtschaftsbereiche, auch und gerade in der Bauwirtschaft, mit hohen Beschäftigungseffekten im Verhältnis zum eingesetzten Kapital, etwa den Wohnbau oder öffentliche Bauten wie Schulen und Hochschulen mit Folgeinvestitionen im Baunebengewerbe.

Großprojekte und die Großindustrie haben zwar eine gewisse Motorenfunktion für die Gesamtwirtschaft. Für den Straßenbau trifft das aber kaum zu, da hier durch die insgesamt hohe Marktsättigung praktisch keine zusätzlichen Baumaschinen nachgefragt werden und der Anteil an Primärrohstoffen (Schotter, Kies, Sand, Wasser, Zement und des Erdölprodukts Bitumen) sehr hoch ist.

Zukunftsorientierte Verkehrspolitik schaut anders aus

Ein zeitgemäßes Verkehrskonzept verlangt mehr öffentlichen Verkehr, Radwege und Fußgänger: „Laut Prof. Knoflacher vom Verkehrskuratorium ist der Trugschluss klassisch: Wenn Verkehrszuwachs prognostiziert wird, denken die Politiker sofort an Straßenbau und niemand überlegt mehr Alternativen“ macht die Architektin Ulrike Witzmann aufmerksam.

Laut einer Studie der Asfinag ist in zehn Jahren die gleiche Verkehrssituation wie jetzt auf den zu entlastenden Strassen nach dem Brücken- und Tunnelbau wieder zu erwarten. Nur eine großräumige Lösung entspricht auf Dauer allen Anforderungen. 84 Prozent der CO²-Emissionen entstehen durch Straßenverkehr. Energie- und ressourcenmäßige Lösungen müssen der der Nachhaltigkeit verpflichtet sein.

Der Großteil der Bewohner der anliegenden Gemeinden will lt. Erhebungen nämlich ins Zentrum, in die Innenstadt und diese würden die Westringautobahn nicht annehmen, ebenso Pendler und Schüler. Gefordert ist der Ausbau eines emissionsfreien bzw. emissionsarmen, öffentlichen Verkehrs im gesamten Stadtgebiet mit allen Vororten und Stadtteilen. Das öffentliche Netz braucht bessere und kürzere Anschlüsse, um wirklich attraktiv zu sein, und Park- und Ridesysteme.

Wer nicht in die Stadt muss, soll auch nicht in die Stadt kommen. Für alle vom Westen bietet sich eine Möglichkeit an, kurz vor Ottensheim an die Autobahn im Süden und vor allem an das Industrie- und Gewerbegebiet um Pasching und Ansfelden anzubinden. Hier muss, gemeinsam mit Hörsching, Flughafen und Trauner Abfahrt die momentane Verkehrslösung verbessert werden. Diese Flächen sind auch künftig Industrie- und Gewerbeerwartungsland. Die S10 kann über die zu bauende „Ostumfahrung“ direkt auf die Westautobahn geleitet werden und muss nicht die, jetzt schon mehr als überforderte, Stadtautobahn bestauen.

Lebensqualität durch Verkehrsentlastung

„Für alle, die sich eine lebenswerte, saubere und familienfreundliche Stadt wünschen, muss es oberstes Ziel sein jeden Durchzugsverkehr großräumig außerhalb der Stadt zu verlagern“ meint die Juristin Maria Navarro. Wer will schon zusätzlich zu den Luft-Schadstoffen einer Industriestadt die Abgase des gesamten Durchzugsverkehrs und auch noch einer Transitachse Berlin-Prag-Triest inhalieren, wenn es durch großräumige Umleitung außerhalb von Linz auch geht.

Die Kampagne „Linz zur saubersten Industriestadt“ war ein Signal, dass Linz den Weg der geringst möglichen Umweltbelastung eingeschlagen hat. Dazu passt es doch nicht, unsere genug belastete Luft zusätzlich mit den Abgasen des Durchzugsverkehrs zu belasten! Ob unter der Erde oder nicht, für alle Linzer bedeutet der Westring, dass man all unsere wichtigen Naherholungsgebiete (Freinberg, Froschberg, Pöstlingberg) zwar noch sieht, aber dort derart viele (ungefilterte) Autobahnabgase einatmet, dass sie keine Erholung mehr bieten! Gleichzeitig wird auch der Lärmpegel dort erheblich steigen. Eine Grünzone ist aber nur etwas wert, wenn man dort auch gute Luft atmen kann. Sie rein optisch zu erhalten, aber mit Abgasen einer Autobahn zu kontaminieren, ist ja nur eine – besonders teure aber de facto nutzlose - kosmetische Maßnahme.

Unterstützung von der Diözese

Unterstützt wird die Plattform Westring vom Umweltsprechers der Diözese Linz, Michael Rosenberger, der meint: Seit Jahrzehnten stehen die Menschen, die aus dem Oberen Mühlviertel nach Linz pendeln, Tag für Tag im Stau, wenn sie sich der Landeshauptstadt nahem. Das ist nicht nur für die Betroffenen selbst eine schwere Belastung, sondern bringt auch für die Umwelt einen deutlich höheren Ausstoß an Abgasen mit sich. Zudem werden die Anwohnerlnnen entlang der Einfahrtsstraßen, insbesondere der Rudolfstraße in Urfahr erheblich durch Abgase und Lärm belastet. Insofern ist das Anliegen einer besseren verkehrlichen Anbindung des Oberen Mühlviertels an Linz und einer wirksamen Verringerung des innerstädtischen Individualverkehrs eindeutig zu begrüßen. Es stellt sich aber die Frage, wie diesem Anliegen Rechnung getragen werden kann.

Erstes Kriterium für den Bau einer Umgehungsstraße muss die Minimierung der durch sie verursachten Umweltzerstörung sein. Eine Autobahn, die ökologisch sensible Bereiche wie die Urfahrwänd unwiederbringlich zerstört und eine neue Transitachse über die A7/S10 nach Prag herstellt, ist gemessen am Ziel der Anbindung des Oberen Mühlviertels hoffnungslos überdimensioniert. Ihre Kosten werden auf Grund der vielen Tunnel und der großen Fahrbahnbreite um ein Vielfaches über denen einer „schlanken" Westtangente liegen, die die Donau weiter westlich überquert und so womöglich zusätzliche Orte vom Verkehr entlastet. Zudem würde die Einbindung der Westring-Autobahn in die Waldeggstraße im dortigen Bereich zu einem gigantisch steigenden Verkehrsaufkommen führen. Sie wäre lediglich eine Problemverlagerung, nicht aber eine Problemlösung.

Mittelfristig muss dem ethischen Gebot der Verkehrsverlagerung auf schonendere Verkehrsmittel Rechnung getragen werden. Der zügige Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel aus dem Oberen Mühlviertel nach Linz und ihre effiziente Verknüpfung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in Linz sowie dem Hauptbahnhof sind zu forcieren. Für einen Bruchteil der Kosten eines Autobahn-Westrings könnte über Jahrzehnte ein attraktiver Zug- und Busverkehr Oberes Mühlviertel-Linz bezahlt werden, der den Individualverkehr spürbar reduzieren würde (Stundentakt von fünf bis 24 Uhr an sieben Tagen der Woche mit günstigen Fahrzeiten).

Langfristig ist eine stärkere Verkehrsvermeidung anzustehen. Eine bessere Regional- und Raumplanung, die die Zersiedelung der Landschaft wirksam eindämmt und das Entstehen von Versorgungsstrukturen und Arbeitsplätzen auf dem Land fördert, sind dringende Anforderungen an nachhaltige Politik.

Die Diözese Linz ist dem Klimabündnis beigetreten, weil sie dessen Ziele als essentiell ansieht. Auch die Stadt Linz gehört diesem Bündnis an. Beide sind zudem Teilnehmerinnen der vom Land Oberösterreich initiierten Klimarettung. Doch Klimaschutz wird nicht möglich sein, solange die Verkehrspolitik weiterhin eine Ausweitung des motorisierten Individualverkehrs begünstigt. Rosenberger appelliert daher an alle politisch Verantwortlichen in Bund, Land und Stadt, an einer echten Verkehrswende zu arbeiten.

Infos: www.westring.info


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