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Kein Ende der Geschichte

  • Freitag, 7. November 2008 @ 08:00
Geschichte Ab 1986 weckte die vom KPdSU-Generalsekretär Michail Gorbatschow eingeleitete Perestroika in der Sowjetunion die Hoffnung auf eine positive Erneuerung des sichtlich erstarrten Sozialismus und erzeugte international eine politische Belebung und verstärktes Interesse an der kommunistischen Bewegung.

Allerdings entglitt diese Erneuerungsbewegung in der UdSSR bald der Kontrolle der KPdSU und wurde immer stärker zur Grundlage für eine prokapitalistische und nationalistische Politik, die letztlich zum Scheitern des Realsozialismus nach einer über 70jährigen Existenz führten.

Die Ursachen dafür liegen freilich wesentlich tiefer und sind vor allem der dem Sozialismus wesensfeindlichen Deformation in der Ära des Stalinismus von Ende der 20er bis Anfang der 50er Jahre geschuldet. Diese wurde beim 20. Parteitag der KPdSU 1956 zwar oberflächlich erkannt, die notwendige Aufarbeitung erfolgte jedoch nicht.

Enttäuscht über Scheitern des Sozialismus

Der Zusammenbruch des Realsozialismus im Zeitraum von 1989 bis 1991 hat die KPÖ so wie viele andere kommunistischen Parteien auch fundamental erschüttert, hat sie als Partei und die meisten ihrer Mitglieder doch über Jahrzehnte hinweg die Existenz realsozialistischer Länder trotz aller bekannter und eingestandener wie auch verleugneter Probleme als wesentlichsten Bezugspunkt ihrer Politik genommen.

Dieser Zusammenbruch traf die KPÖ auch in Oberösterreich schwer. Zunächst gab es eine Austrittswelle im Gefolge des Zusammenbruchs der DDR im November 1989. Vor allem viele ältere Mitglieder verließen aus Enttäuschung über das Scheitern des Sozialismus die Partei und zogen sich überwiegend ins Private zurück.

Die hektischen Bestrebungen der am 27. Parteitag im Jänner 1990 gewählten Parteiführung unter Walter Silbermayr und Susanne Sohn zur Umwandlung der KPÖ in eine zeitgemäße Linkspartei waren jedoch unausgegoren und übereilt und scheiterten daher am Widerstand einer deutlichen Mehrheit der Mitglieder. Das von Silbermayr nach der Nationalratswahl 1990 dem Zentralkomitee vorgelegte und dort mit Stimmengleichheit nicht mehrheitsfähige Thesenpapier „Wahlausgang und Erneuerung” spitzte die Auseinandersetzungen in der Partei enorm zu.

Im Februar 1991 mußte die „Volksstimme” als Tageszeitung aus finanziellen Gründen eingestellt werden, wodurch die Partei ihr wichtigstes öffentliches Sprachrohr verlor. Der „Salto” als Nachfolger fand durch die Konzeption als politisch breit angelegtes Wochenmagazin in der Partei wenig Akzeptanz. 1993 wurde der „Salto” im Zusammenhang mit den finanziellen Einsparungen bedingt durch den Rechtsstreit mit der deutschen Treuhand um den Anspruch der KPÖ auf ihr Vermögen eingestellt. Ab 1994 erschien die „Volksstimme” als linke Wochenzeitung mit der KPÖ als Herausgeber.

Am Rande des Zusammenbruchs

Der Rück- und Austritt der beiden Parteivorsitzenden sowie fast der Hälfte der Mitglieder des Zentralkomitees im Frühjahr 1991 brachte die KPÖ an den Rand des Zusammenbruchs. Im Gefolge kam es zu einer zweiten großen Austrittswelle aus der Partei, diesmal von durchwegs jüngeren Mitgliedern, die in den 80er Jahren zunehmend das Leben der Partei geprägt hatten. Der 28. Parteitag im Juni 1991 in Graz konnte den Zusammenbruch der Partei jedoch verhindern. Die KPÖ verlor von 1989 bis 1991 rund der Hälfte ihrer Mitglieder, vor allem aktive Mitgliedern.

Bei der vorgezogenen 18. Landeskonferenz im Jänner 1992 wurde als Bilanz aus der Entwicklung seit 1990 eine Konzentration der noch vorhandenen Kräfte beschlossen. Der eigentliche Tiefpunkt in der Entwicklung der KPÖ liegt zwischen 1991 und 1994, seither kann eine bescheidene Konsolidierung und Aufwärtsentwicklung – wenn auch auf sehr niedrigem Niveau – verzeichnet werden.

Der im März 1994 im Volkshaus Ebelsberg in Linz stattgefundene 29. Parteitag der KPÖ konnte eine Stabilisierung der Partei verzeichnen und beschloß neben den „Grundsätzen für die (Neu-)orientierung)“ und einem neuen Statut auch die Orientierung zur Kandidatur bei der anstehenden Nationalratswahl zur Mobilisierung der Partei. Der Parteitag bekräftigte die antikapitalistische Linie ebenso wie den Anspruch auf Erneuerung als Aufarbeitung der Ursachen des Zusammenbruchs des Sozialismus.

Ab 1994 Aufwärtstrend bei Wahlen

Schon bei der Nationalratswahl 1990 hatte die KPÖ einen starken Stimmenverlust erlitten der sich zu einem Tiefpunkt bei der Wahl 1994 fortsetzte. Bei den folgenden NR-Wahlen konnte die KPÖ jedoch eine bescheidene Aufwärtsentwicklung verzeichnen und erreichte 2006 in Oberösterreich das beste Ergebnis seit 1962, musste jedoch bei der vorverlegten Wahl 2008 einen Verlust verzeichnen.

1991 hatte die Landesleitung hatte beschlossen, bei der Landtagswahl nicht anzutreten und die Kräfte auf die Gemeinderatswahl zu konzentrieren. Allerdings ging diese Rechnung nicht auf, es kam nur in sieben Gemeinden zu einer Kandidatur die mit großen Stimmenverlusten und den Verlust aller Mandate bis auf jenes in Langenstein verbunden war. 1994 gelang der KPÖ bei der Neuwahl des Gemeinderates in Wolfsegg der Wiedereinzug in das Ortsparlament.

1997 kandidierte die KPÖ wieder bei der Landtagswahl, erreichte aber nur das niedrigste Stimmenergebnis der 2.Republik, die gleichzeitige Gemeinderatskandidatur in sieben Gemeinden blieb mandatslos. Hingegen gelang es 2003 das beste Landtagswahlergebnis seit 1973 zu erreichen, bei der Gemeinderatswahl kandidierte die KPÖ in sieben Gemeinden und erzielte in Attnang-Puchheim wieder ein Mandat.

Schwächung der Betriebspositionen

Widersprüchlich hat sich in diesem Zeitraum der Einfluß der KPÖ in den Betrieben entwickelt, wie auch bei einer bundesweiten KPÖ-Beratung von Berufstätigen im Jahre 1993 in Linz konstatiert wurde. In traditionell wichtige Betrieben wie Voest, AMAG, Steyr-Werke und ÖBB ist die Zahl aktiver linker Gewerkschafter – bedingt durch die Zerschlagung der verstaatlichten und halbstaatlichen Industrie sowie damit verbundene Maßnahmen wie Langzeitarbeitslose und Stiftungen oder durch die Auflösung von Unternehmen wie Schiffswerft oder WTK in der bisherigen Form – geringer geworden und sind Betriebsratspositionen verlorengegangen.

In anderen Bereichen konnte der GLB jedoch zeitweise einen gewissen Aufschwung verzeichnen, so etwa 1995 bei der SAT, 1996 bei der Post und Telekom, 1997 bei den ÖBB und 1998 beim Magistrat Linz.

Als die SPÖ 2000 mit dem Antritt der schwarzblauen Koalition in die Opposition ging, wendete sich der Trend wieder zuungunsten des GLB. Kandidaturen bei Voest, Post, Telekom und Magistrat kamen nicht mehr zustande, hingegen gelang es zunehmend Erfolge bei Angestellten-Betriebsräten, vor allem im Sozialbereich zu erreichen. 2005 errang der GLB trotz Umstellung auf ein neues Wahlrecht bei der ÖBB zwei Mandate (im TS-Werk Linz), 2006 konnte im Magistrat Linz wieder ein Mandat erreicht werden.

Seit dem Mandatsverlust im Jahre 1989 gelang es dem GLB nicht mehr in der Arbeiterkammer Fuß zu fassen. 1994 verfehlte der GLB bedingt durch die Aufsplitterung auf drei Wahlkörper nur knapp ein Mandat bei den Arbeitern. Aber trotz neuem Wahlrecht mit Abschaffung der Wahlkörper gelang es auch 2000 und 2004 nicht wieder in die Vollversammlung einzuziehen, worin sich deutlich die geschwächte Präsenz in den Betrieben widerspiegelte.

Innerparteiliche Konflikte

Die Parteientwicklung der KPÖ seit 1991 war von einer ständigen Auseinandersetzung zwischen einer auf die Erneuerung der KPÖ zu einer zeitgemäßen Linkspartei auf marxistischer Grundlage orientierten Mehrheit und einer Minderheit welche dem traditionellen dogmatischen „Marxismus-Leninismus“ verhaftet war und die notwendige Aufarbeitung des Stalinismus und Abgrenzung davon mit aller Kraft blockierte. Dieser Konflikt spitzte sich nach dem 31. Parteitag 2000 massiv zu und mündete zu einer Blockbildung beim 32. Parteitag 2003.

Das Anfang 2002 an die Öffentlichkeit gelangte „Attersee-Papier“ dogmatischer Kräfte und ein gezielt betriebenes Mobbing gegen die gewählte Parteiführung vergifteten die politische Kultur in der Partei. Die steirische Landesorganisation paktierte in dieser Phase mit der dogmatischen Gruppierung. Im Ergebnis der Blockbildung wurde beim 32. Parteitag zwar Walter Baier als Parteivorsitzender bestätigt, erhielten jedoch nur sieben KandidatInnen das notwendige Quorum als Mitglied des Bundesvorstandes.

Ein weiterer Streitpunkt war die bei einer Parteikonferenz im Frühjahr 2004 mehrheitlich beschlossene Mitgliedschaft der KPÖ in der Europäischen Linkspartei. Gleichzeitig wurde von dogmatischen Kräften in Leoben die „Kommunistische Initiative“ gegründet und damit ein demonstrativer Akt der Spaltung der KPÖ gesetzt.

Auf die vom Bundesvorstand beschlossene Einberufung des 33. Parteitages im Dezember 2004 in Linz als Delegiertenparteitag reagierte die Bezirksorganisation Ottakring mit der Einberufung eines Gegenparteitages in Amstetten und dem Versuch der gerichtlichen Untersagung des ordnungsgemäß einberufenen Parteitages in Linz. Beide Versuche scheiterten, jedoch boykottiert seither die steirische Landesorganisation die Parteitage und nominierte auch keine VertreterInnen für den Bundesvorstand. In der Folge verließen die dogmatischen Kräfte die KPÖ, Parteiausschlüsse gab es in Oberösterreich jedoch keine.

Prekarisierung der Partei

Einen gravierender Einschnitt für die weitere Entwicklung der KPÖ bedeutete das Urteil eines deutschen Gerichts vom September 2003, dass die der KPÖ gehörende und im Ostgeschäft tätige Handelsfirma Novum dem deutschen Staat zugesprochen und damit der Großteil des Parteivermögens der KPÖ enteignet wurde. In der Folge musste die „Volksstimme“ als Wochenzeitung eingestellt, alle Beschäftigten der KPÖ gekündigt und massive Einsparungen getätigt werden.

Der 33. Parteitag beschloss als Konsequenz den Umbau der KPÖ zu einer AktivistInnenpartei die durchwegs ehrenamtlich arbeitet. Es ist ein beachtlicher Erfolg, dass die KPÖ trotz dieser misslichen Umstände bei den Nationalratswahlen 2006 und 2008 bessere Ergebnisse erzielen konnte als in den 70er Jahren mit einem vergleichsweise großen Personalstand und finanziellen Einsatz. In Oberösterreich erfolgte 2004 eine Konzentration aller Kapazitäten, Parteilokale wurden aufgegeben, als Sprachrohr der Partei wurde die linke Zeitung „Café KPÖ“ gegründet.

Im Vergleich zu den 80er und 90er Jahren hat sich die Bedeutung der außerparlamentarischen Bewegungen wesentlich reduziert. Die KPÖ war und ist jedoch in einigen relevanten Bewegungen, wie dem OÖ Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus und verschiedenen Antifa-Gruppen, in der Plattform Volxabstimmung gegen den EU-Vertrag, gegen die Privatisierung der Post und des Gesundheitswesens, für die ÖGB-Reform und im Kulturbereich aktiv tätig.

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