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Mauthausen Komitee: Keine Wahl des „Olympia“-Burschenschafters Graf

  • Freitag, 10. Oktober 2008 @ 22:36
Antifa Mit einem Offenen Brief haben sich jetzt das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) und die Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen (ÖLM) an die Parteivorsitzenden und Klubobleute von SPÖ, ÖVP und Grünen gewandt. Namens der Mauthausen-Überlebenden richten sie an die drei Parteien den dringenden Appell, den FPÖ-Abgeordneten Martin Graf nicht zum Dritten Nationalratspräsidenten zu wählen. Begründung: Graf gehört der rechtsextremen Burschenschaft „Olympia“ an und hat ein fragwürdiges Verhältnis zum Nationalsozialismus. Das macht ihn für eines der höchsten Staatsämter völlig ungeeignet.


In dem von MKÖ-Bundesvorsitzenden Willi Mernyi und Mauthausen-Überlebenden Hans Marsalek unterzeichneten Schreiben an SPÖ, ÖVP und Grüne heißt es:

„Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem ANR-Erkenntnis (1985) Folgendes festgestellt: „Die kompromisslose Ablehnung des Nationalsozialismus ist ein grundlegendes Merkmal der wiedererstandenen Republik. Ausnahmslos jede Staatstätigkeit hat sich daran zu orientieren.“ Daraus ergibt sich zwingend, dass nur solche Personen Staatsämter – und erst recht die höchsten – einnehmen sollen, die selbst den Nationalsozialismus kompromisslos ablehnen.

Von einer solchen Ablehnung des Nationalsozialismus kann bei Dr. Martin Graf, den die FPÖ für die Wahl zum Dritten Nationalratspräsidenten vorgeschlagen hat, keine Rede sein.

Graf ist „Alter Herr“ der Burschenschaft „Olympia“, die eine mehr als hundertjährige deutschnationale und antisemitische Tradition hat. Laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes war sie bald nach dem Zweiten Weltkrieg ein „Zentrum des Rechtsextremismus“. 1961 wurde die Burschenschaft wegen ihrer Verwicklung in den Südtirol-Terror behördlich aufgelöst, 1973 wiedergegründet.

Mitglied der „Olympia“ war auch der Begründer und Bundessprecher der 1988 wegen NS-Wiederbetätigung aufgelösten NDP, Dr. Norbert Burger. Graf über Burger: „Ich habe Norbert Burger immer geschätzt und tue das auch über seinen Tod hinaus.“ Auf dem Burschentag 1991 in Eisenach fiel die „Olympia“ durch ihre Forderung nach geeigneten Maßnahmen zur sofortigen Beendigung der „Unterwanderung des deutschen Volkskörpers durch Ausländer“ auf. Als die „Olympia“ den Vorsitz im Dachverband „Deutsche Burschenschaft“ übernahm, traten gemäßigtere Verbindungen deshalb aus.

Am 25. Jänner 2003 sang der deutsche Rechtsextremist Michael Müller bei einem „nationalen Liederabend“ der „Olympia“: „Mit sechs Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, mit sechs Millionen Juden, da ist der Ofen an ... Wir haben reichlich Zyklon B ... Mit sechs Millionen Juden, da ist noch lange nicht Schluss.“ Graf behauptete, er habe an der Veranstaltung nicht teilgenommen.

Was hält Graf von der europäischen Friedensordnung? Originalzitat: "Die heutigen Staatsgrenzen wurden willkürlich gezogen; das deutsche Volkstum muss sich frei in Europa entfalten können." („Der Spiegel“ 24/1997, Seite 54)

Und wie steht Graf zum NS-Verbotsgesetz? Originalzitat: “Es muss in einer demokratischen Welt zulässig sein, ein Gesetz, das die Meinungsfreiheit und die politische Tätigkeit einschränkt, zu kritisieren.” („Format“ 21/2000, Seite 50) Wohl gemerkt: Es geht um die Meinungsfreiheit und die politische Tätigkeit von Neonazis und Holocaust-Leugnern!

Als jemand, der seit Jahrzehnten einer rechtsextremen Vereinigung angehört und auch durch eigene Äußerungen gezeigt hat, dass sein Verhältnis zum Nationalsozialismus zumindest ungeklärt ist, fehlt Dr. Martin Graf die wichtigste Voraussetzung für die Funktion eines Nationalratspräsidenten: eine unzweifelhafte demokratische Gesinnung. Niemand wird im Ernst glauben, dass sich dieser Mangel durch einige Gespräche und vielleicht ein Lippenbekenntnis von Graf beheben lässt.

Namens der Überlebenden des KZ Mauthausen richten das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) und die Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen (ÖLM) an Sie und die Nationalratsabgeordneten Ihrer Partei den dringenden Appell, Dr. Martin Graf nicht zum Dritten Nationalratspräsidenten zu wählen! Wir sehen Ihrer Antwort mit Interesse entgegen.“

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