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EU-Reformvertrag: Demokratie, Dialog und Diskussion verhindert

  • Freitag, 4. April 2008 @ 21:11
Europa Erklärung von Attac anlässlich des Aktionstags der Plattform Volxabstimmung am 5. April

Attac sieht in der europäischen Integration grundsätzlich die Chance für Frieden, Sicherheit und soziale Gerechtigkeit. Die gegenwärtige EU hat ihr Gründungsversprechen jedoch aus den Augen verloren. Trotz einiger Verbesserungen bringt der Reformvertrag weder eine entscheidende Behebung ihres Demokratiedefizits noch eine Korrektur der neoliberalen Gangart der Union. Viele Probleme werden verschärft: Wachsende Ungleichheit, steigender Arbeitsdruck, Zunahme prekärer Beschäftigungsverhältnisse, nichtnachhaltiges Produktionsmodell, Verlust lokaler Strukturen sowie Intensivierung des militärischen Engagements.


Mit der Verweigerung einer Volksabstimmung wird den Menschen das Recht auf demokratische Mitbestimmung, Dialog und Diskussion genommen. Die Regierung verweigert die dringend notwendige Debatte über die zukünftige Ausrichtung der Union. "Ein Europa, das von den Menschen akzeptiert werden soll, muss von ihnen mitgebaut werden. Darum lehnen wir Zustandekommen, Inhalt und Art der Durchsetzung des Vertrages ab", erklärt Petra Ziegler von Attac Österreich.

Mit dem Reformvertrag bleiben erhebliche Demokratiedefizite bestehen:

• Das Europäische Parlament erhält kein Initiativrecht für Gesetze, es hat auch weiterhin weniger legislative Macht als der Rat und wird in entscheidenden Bereichen nur angehört.
• Die Kommission, eigentlich exekutives Organ der Union, ist auch mit legislativen und judikativen Funktionen ausgestattet. Die einzelnen Mitglieder der Kommission können von den ParlamentarierInnen weder gewählt noch abgesetzt werden.
• Die Möglichkeiten eines europäischen BürgerInnenbegehrens bleiben völlig unzureichend, die EU-Institutionen werden nicht zum Handeln gezwungen.
• Für den Verlust der Möglichkeiten demokratisch gewählter Organe auf nationaler Ebene (etwa bei Geld-, Handels-, und Wettbewerbspolitik) wird keinerlei Ausgleich auf europäischer Ebene geschaffen.
• Die Europäische Zentralbank (EZB) bleibt außerhalb demokratischer Kontrolle und behält als ihr vorrangiges Ziel die Preisstabilität, die sogar zum Unionsziel aufsteigt.

Die viel gepriesene Verbesserung der Handlungsfähigkeit ist angesichts der vertraglichen Fixierung auf den "freien Wettbewerb" eine Drohung:

• Trotz radikalem Marktversagen auf den Finanzmärkten, bei öffentlichen Gütern oder in der Landwirtschaft bleibt eine "offene Marktwirtschaft mit unverfälschtem Wettbewerb" der ideologische Kern der EU.
• Standortkonkurrenz und Steuerwettbewerb werden in Zukunft weiterhin sozialen Zusammenhalt in Europa gefährden und abbauen. Diese Dynamik wird durch die neue Pflicht zu Budgetüberschüssen bei guter Konjunktur noch verschärft.
• Der freie Wettbewerb gefährdet die öffentlichen Dienstleistungen, für deren weitere Liberalisierung der Reformvertrag die Grundlage bildet.
• Das Mandat für die globale Durchsetzung von Freihandel wird verschärft und ausgeweitet auf grenzüberschreitende Direktinvestitionen.
• Die Charta der Grundrechte gilt nicht im Recht der Mitgliedstaaten und schafft auch auf EU-Ebene "keine neuen Rechte". Die Charta wird keine einzige EU-BürgerIn vor Arbeitslosigkeit, Armut oder Obdachlosigkeit bewahren. Da Großbritannien und Polen Ausnahmeklauseln erhalten, gibt es bei den Grundrechten ein Kerneuropa mit Peripherie.

"Alle, die sich von der europäischen Integration höhere soziale Sicherheit und mehr Solidarität erwarten, werden weiterhin enttäuscht. Es ist daher nicht hinzunehmen, dass den Menschen die Mitbestimmung in einer so fundamentalen demokratischen Entscheidung versagt wird", so Ziegler. Attac beteiligt sich an der morgigen Menschenkette mit SprecherInnen von Attac Frankreich, Attac Deutschland und Attac Österreich, um den internationalen Charakter der Veranstaltung und den solidarischen Willen, ein anderes Europa der Menschen zu bauen, zu unterstreichen.

Attacs "Zehn Prinzipien für einen demokratischen Vertrag":
www.attac.at/10Prinzipien

Europäische Attacs sagen "Nein" zu EU-Reformvertrag:
www.attac.at/6108.html

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