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Pühringer zeigt Flagge

  • Mittwoch, 12. März 2008 @ 15:05
Kultur Franz Fend über kulturpolitische Kontinuitäten, die man sich anlässlich des 70. Jahrestages der Annexion Österreichs durch Nazi-Deutschland in Erinnerung rufen sollte.

Der oberösterreichische Landeshauptmann Pühringer hat vor wenigen Jahren die Schriftstellerin Gertrud Fussenegger mit der Kulturmedaille des Landes Oberösterreich ausgezeichnet. Sie wurde für ihr Gesamtwerk und ihre Verdienste um das Land Oberösterreich gewürdigt: Fussenegger sei die Doyenne“ der zeitgenössischen österreichischen Dichtung, die für Oberösterreich viel geleistet habe, so Pühringer in seiner Laudatio. Der Vorschlag für diese Auszeichnung stammt von Pühringer selbst und wurde in der Landesregierung einstimmig (!) beschlossen.

Wer und was wurden da vom Landeshauptmann und Kulturreferenten ausgezeichnet? Ein Grund die Biographie dieser feinen Dame wieder einmal näher zu betrachten, um einen schärferen Blick auf die Kulturpolitik des Landes zu gewinnen.

Ihre NSDAP-Mitgliednummer war 6,229.747. Gertrud Fussenegger wurde seit 1951 mit mehr als zwei Dutzend Orden, Preisen und anderen Ehrungen bedacht. Im Herbst 1994 wurde Fussenegger mit dem Jean-Paul-Preis des Freistaates Bayern ausgezeichnet. Erstmals regte sich Widerstand gegen eine Preisverleihung an Fussenegger. Der Zentralrat der Juden in Deutschland empörte sich über die Preisverleihung an die ehemalige NSDAP-Parteidichterin.

Diese Diskussionen brachten auch etwas Licht in die dunkle Biographie Fusseneggers, die diese stets beschönigt und von besonders heiklen Punkten befreit hatte. Schon 1934, 22 Jahre alt, soll Fussenegger in Innsbruck mit zum Hitlergruß gestreckten Hand das Horst-Wessel-Lied gesungen haben. Sie wurde deshalb von allen österreichischen Universitäten relegiert. 1938, dem Jahr des „Anschluss“ Österreichs veröffentlicht sie im „Völkischen Beobachter“ folgendes Gedicht:

Betend wallt’ ihm entgegen
freudenweinendes Volk,
sich selbst als Gabe zu bringen,
gewillt zu größtem Bekenntnis.

„Ihr gelingt in einem Satz das Kunststück, den Untergang Österreichs zu bejubeln, den Führer zu verherrlichen und den kommenden Krieg zu bejahen, schreibt der Germanist Christian Michelides in einem Aufsatz zur Person Fussenegger.

Oder Fusseneggers politischer Offenbarungseid am 12. März 1938:

Wir sagten Deutschland
und meinten das Reich,
das uns die Seele versengte,
brünstig im Kreis der Verschwörer.
So nur, Vermummte,
durften wir dienen,
Kinder des größeren Vaterlandes.

Gedichte, die eine beachtliche Karriere absolviert haben. Erstdruck in Alfred Rosenbergs „Völkischem Beobachter“, später in der Ostmark-Anthologie „Kampf und Glaube“ von Hein Stünke, danach in der Reclam-Ausgabe „Heimkehr ins Reich“ von Heinz Kindermann. Dieser publiziert das Gedicht ein zweites Mal in seinem „Kampf um Lebensform“ und empfiehlt, das Gedicht „müsste in alle Lehrbücher unseres Volkes eingehen.“ Zahlreiche andere Publikationen und Anthologien öffnen sich für Fussenegger.

Die Nazi-Connection ist schon weit ausgebaut. „Gertrud Fussenegger verdankt ihre gesamte Karriere der Förderung durch den Nationalsozialismus. Sie hilft dem System durch Propagierung seiner Werte, dieses revanchiert sich durch monströse Auflagen und Goebbels Huldigungsmaschinerie“, schreibt Fussenegger Biograph Michelides. In ihrem Text „Böhmische Verzauberungen“ beschimpft Fussenegger die Grabsteine des jüdischen Friedhofs als „Drachensaat“ und „finsteres und hässliches Labyrinth unzähliger übereinander getürmter Leichensteine“.

Diese antisemitischen Ausfälle wiederholt Fussenegger 1979 in ihrer Autobiographie „Ein Spiegelbild mit Feuersäule“ fast wörtlich. Ihre NSDAP-Mitgliedschaft, ihre Mitarbeit in „Völkischen Beobachter“ verschweigt sie in dieser geflissentlich. Die Vertreibung und Verschleppung der jüdischen Bewohner des Prager Ghettos begrüßt sie lauthals als das Ende der früher „willig geduldeten Überfremdung durch Artandere und Entartete“.

Antisemitismus zieht sich wie ein roter Faden durch Fusseneggers Œuvre: In ihrem Bühnenstück „Pilatus“ karikiert sie jüdische Hohepriester, bezichtigt sie des Mordes an Jesus und erteilt Pilatus gleichzeitig die Absolution. Die Orgelmusik zu Fusseneggers „Pilatus“ steuerte übrigens der NSDAP-Paradekomponist Cesar Bresgen bei, der auch die „Festliche Orgelmusik“ zu Hitlers Geburtstag 1944 komponiert hatte.

Eine nicht wirklich erstaunliche Kontinuität im Denken und Schreiben Fusseneggers, die sich auch in der rassistischen Hetzschrift „Mohrenlegende“ manifestiert. Wegen seiner Hautfarbe beschreibt sie ein Kind als „fremd“ und „hässlich“, seine Lippen als „dick“ und „hässlich blau“, sein Gebiss als „bleckend“ und „räuberisch“, seinen Blick als „wild“ und „schrecklich“, sein Verhalten als „blöde wie ein Tier“. (Michelides) Die „Mohrenlegende“ wurde insgesamt sechsmal verlegt, das letzte Mal 1986 in Stuttgart.

Entschuldigt hat sich Gertrud Fussenegger nie, distanziert hat sie sich stets nur zweideutig. „Man sagt: Wir waren damals mit Blindheit geschlagen. Mir scheint: Blindheit ist grundbefindlich im Menschendasein.“ so lautet eine der nebulösen Distanzierungsversuche (oder besser eine Scheindistanzierung) von Ihrer Nazivergangenheit. Dass sie sich nie wirklich distanzieren, geschweige denn bei den Opfern des Faschismus entschuldigen wollte, zeigen auch jüngste Ausfälligkeiten, die eigentlich noch recht gut in Erinnerung sein müssten.

Bei einer Lesung im Jahre 1995 entschuldigte sie die faschistische Mordmaschinerie indem sie verlautete, dass es nicht die Deutschen gewesen seien die Auschwitz agiert hätten sondern nur eine kleine Minderheit. Eine beachtliche Kontinuität in Aussagen, Taten und Texten der „Grande Dame der oberösterreichischen Literatur“ (OÖN; das auch in bezeichnender Ausdauer).

Das sind nur wenige, aber durchaus signifikante Punkte einer durch und durch faschistischen Biographie, die nun vom Landeshauptmann Pühringer geehrt wurde. Auch eine bezeichnende Kontinuität in dessen politischen Handel.

Die Signale an die extreme Rechte sind eindeutig, die kulturliberale Tarnung bröckelt zunehmend ab. Der rechtsextreme Turnerbund wird mit Vehemenz verteidigt und subventioniert, Pühringer ist sogar dessen Mitglied. Der Ausstellung “Die Verbrechen der Wehrmacht” wurde die finanzielle Unterstützung des Landes verweigert. Auch ein Wink in Richtung extremer Rechte, damit sie wisse, wo er wirklich steht der Herr Landeshauptmann.

Und nun wird jene „Dichterin“, welche die Politik der Reichschrifttumskammer ins die 90er-Jahre prolongiert, indem sie ihr missliebige demokratische und antifaschistisch AutorInnen vernadert, denunziert und als Mitglied in vielen Preisgremien die (auch finanzielle) Anerkennung verweigert, hofiert und nun auch mit dieser Oberösterreichischen Auszeichnung gerühmt.

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