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Im Wechselbad von Boulevard und Stammtisch

  • Dienstag, 15. Januar 2008 @ 13:20
Österreich „Exklusiv: Der Österreicher, der von 15 Ausländern verprügelt wurde“, „Mit dem Taxi in das Lager“, „Asyl-Sturm aus Polen“ – so titelt – nein nicht die „Krone“, sondern das Fellner-Blatt „Österreich“. Dieses Blatt rühmt sich „in der Asylantenfrage von Beginn an die Themenführerschaft erreicht“ zu haben und „ohne Ausländerfeindlichkeit“ aber „menschlich dort, wo das richtig ist – kritisch dort, wo es notwendig wird“ zu schreiben.

Wer solche Schlagzeilen liest und weiß wie der Transport von Vorurteilen via Boulevardmedien läuft, kann Beteuerungen á la Fellner nur als hemmungslos verlogen interpretieren. Anders praktiziert das nämlich die „Krone“ – von der sich das Fellner-Blatt seriös abgrenzen möchte – auch nicht. Auch dort gab es einen Arigona-Hype und schenkt man den LeserInnen kalt-warm ein, gerade wie man es entsprechend der Politik von Zuckerbrot und Peitsche und als Wechselbad der Gefühle für den Stammtisch braucht.

Wem die Schlagzeilen nicht reichen, der findet analoge Stilblüten auch im Blattinneren: „In Wahrheit ziehen hier ganze Clans zusammen“, „Da fliegen Babys aus dem Fenster, werden Frauen verprügelt, wird gedealt“ und die Regierung wird aufgefordert „nicht wieder Hunderte menschliche U-Boote unkontrolliert ins Land zu lassen“ schreibt der Herausgeber unter „Das sagt Österreich“ höchstpersönlich. Ganz so als das unter „gestandenen“ ÖsterreicherInnen nicht auch stattfinden würde…

Trotz Pseudo-Distanzierung titelt „Österreich“ über den FPÖ-Exzess beim Neujahrstreffen in großen Lettern „Mohammed wäre heute ein Kinderschänder“, „Der Koran wurde in epileptischen Anfällen geschrieben“ und „Tsunami bei muslimischer Einwanderung“. Ganz nach dem Motto „Auch eine schlechte Botschaft ist eine gute Botschaft“, Hauptsache man kommt in den Medien vor, wird nicht nur das dumpfe FPÖ/BZÖ-Gebräu medial serviert, selbst ein Interview mit der unsäglichen Frau Winter ist noch drin. Schließlich ist einst auch Jörg Haider durch einen solchen Medien-Hype hochgekommen und dann gab man sich ganz erschrocken darüber.

Der Hahnenkampf um die Pole-Position in punkto Fremdenfeindlichkeit und Rassismus findet also nicht nur zwischen FPÖ und BZÖ statt, analog bekriegen sich am Boulevard „Krone“ und „Österreich“. Da kann man hundertmal das Gegenteil beteuern, so wird zum Klima der Verhetzung beigetragen, Politik und Boulevard ergänzen sich dabei, den gesellschaftlichen Konsens zu bestimmen. Und die etablierte Politik – konkret die schwarzrote Koalition – hat schon längst übernommen, wonach der Stammtisch schreit.

Da ist es kein Zufall, wenn sich der nö Landeshauptmann Pröll im beginnenden Wahlkampf als Schutzschild gegen Zuwanderung profiliert und trotz Schengen-Grenzöffnung darauf beharrt, dass das Bundesheer vor unerwünschten Elementen schützt. Kärntens LH Haider schiebt einige Tschetschenen ab – nach Traiskirchen. Und der oö Landeshauptmann Pühringer will gleich den Rechtsstaat außer Kraft setzen und zwei ausländische Vergewaltiger noch vor Gerichtsentscheid abschieben.

Der stille völkische Konsens hat freilich ein Janusgesicht: Wird auf der einen Seite nach Abschottung und Abschiebung geschrien, gilt gleichzeitig das Gegenteil wenn es um den eigenen Vorteil geht. So sind bei der häuslichen Betreuung von Pflegebedürftigen illegal beschäftigte Pflegerinnen aus der Slowakei oder anderen Ostländern höchst willkommen. Dafür wurde jetzt im Konsens von ÖVP und SPÖ die Schonfrist um weitere sechs Monate, die Finanzierung einer regulären Beschäftigung hängt hingegen nach wie vor in der Luft, kosten soll´s nach Möglichkeit ja möglichst wenig.

Für diese Toleranz illegaler Beschäftigung hatte sich nicht nur LH Pröll stark gemacht, sein Kollege Pühringer setzt gleich noch eins drauf und meint „Bei uns wird sicher niemand gestraft – und wenn doch, soll sich die Person bei mir melden“. Schon in der Vergangenheit hatten sich oberösterreichische Landeshauptmänner dadurch mit Ruhm bekleckert, dass sie Anzeigen wegen illegaler Beschäftigung durch Unternehmen aufgehoben und damit Schwarzbeschäftigung zu Kavaliersdelikt erklärt hatten. Was tun PolitikerInnen nicht alles, um sich die Hegemonie der Stammtische zu sichern…

Leo Furtlehner

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