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Land der Berge pistenreich

  • Montag, 14. Januar 2008 @ 12:58
Umwelt Die skitouristische Karussell dreht sich auf Hochtouren. Viele Skigebiete stehen unter enormem Konkurrenzdruck, die Seilbahnwirtschaft erobert immer höher gelegene Gebiete. Verschärft wird die Situation durch den in der sensiblen Alpenregion besonders folgenschweren Klimawandel. Das wichtigste Kapital eines nachhaltigen Alpintourismus steht im Zuge dieser Entwicklungen zunehmend auf dem Spiel: die unberührte Natur und die traditionelle Kulturlandschaft.

Die Erschließungsdynamik ist alarmierend, der Wettbewerb zwischen vielen Alpenorten gnadenlos. Große Liftbetreiber bauen aus, mittelgroße Skigebiete verbinden sich, kleine geben auf. 263 Seilbahnunternehmen stellten bis dato rund 1000 Seilbahnen und 2000 Schlepplifte in die heimische Landschaft - weitere Anlagen werden folgen. Die Konsequenzen: Die Verkehrsbelastung wächst, Siedlungen in den Tälern verdichten sich, Bodenpreise steigen, wertvolle Natur geht verloren, sogar Schutzgebiete geraten unter Druck.

Teuer rieselt der Kunstschnee

523 Mio. Euro haben die Seilbahngesellschaften zwischen Semmering und Arlberg für die Wintersaison investiert, 127 Mio. allein für Beschneiungsanlagen. Mehr als die Hälfte der Pisten - zahlreiche in sensiblen ökologischen Bereichen - wird künstlich in weiße Pracht gehüllt. Eine mittelgroße Beschneiungsanlage verbraucht für 30 Zentimeter Schneehöhe pro Hektar 30.000 m³ Wasser! Allein die Schneekanonen Tirols benötigen pro Winter 40 GWh Strom. Ein Ende des ungehemmten Ressourcenverbrauchs ist nicht in Sicht: Die Pitztaler Gletscherbahnen wollen jetzt auf 2.840 m Höhe mit einem 1,5 Mio. Euro teuren Beschneiungssystem punkten, das sogar bei Plusgraden auf Knopfdruck weißen Firn rieseln lässt. Bereits 2008 soll „IDE-Snowmaker" den Gletscher zur touristischen Goldgrube machen.

Pitztal in Bedrängnis

Die Pitztaler Gletscherbahnen trachten obendrein nach einer Talabfahrt über den Mittelbergferner, einer Erschließung des Linken Fernerkogels und dem Zusammenschluss mit dem Ötztaler Gletscherskigebiet. Die Landesregierung öffnete dazu mit zwei Novellierungen des Tiroler Naturschutzgesetzes Tür und Tor. Die geplante Talabfahrt wurde allerdings untersagt und der umstrittene „Notweg" vom Wiener Umweltsenat für unbenutzbar erklärt. Die Gletscherbahnen wollen den fraglichen Skibetrieb dennoch nicht einschränken. Gleichfalls im Pitztal planen die Hochzeiger Bergbahnen ein Seilbahnprojekt vom Niederjöchl ins Waldertal und weiter auf die Murmentenkarspitze. Teile des Vorhabens würden die Naturparkregion Kaunergrat, Refugien schützenswerter Tier- und Pflanzenarten, sowie wertvolle Almböden und Feuchtgebiete gefährden. In Tirol sind ferner der Pirchkogel und die Feldringer Böden im Visier der Erschließen Die Landesregierung erteilte den Vorhaben zwar eine Absage, die Gemeinde Silz lässt aber nicht locker - und setzt damit das UNESCO-Biosphärenreser-vat Gossenköllesee aufs Spiel.

Zusammenschluss Mellau - Damüls

Hitzige Debatten werden weiters um den geplanten Zusammenschluss der Skigebiete Mellau und Damüls geführt. Projektiert sind im Herzen Vorarlbergs drei neue Seilbahnanlagen und rund 44 ha umfassende Skipisten. Die Folgen: Verlust eines unerschlos-senen Naturraumes sowie enorme Eingriffe östlich der 2.095 Meter hohen Mittagsspitze. Betroffen wären auch Biotope im Hinteren Bregenzer Wald. Ein Komitee unter Federführung des Alpenschutzverband-Obmanns Lothar Petter hat beim Be-schwerdeausschuss des EU-Parlaments eine Petition eingebracht, da die Erschließung ohne die Durchführung einer UVP erfolgt und maßgebliche Schutzbestimmungen des Bodenschutzprotokolls der Alpenkonvention nicht berücksichtigt werden. Der Ausgang der Causa ist derzeit noch offen, der ÖASV sammelt Unterschriften zur Unterstützung der Petition.

Mölltal: Skigaudi am Gletscher

Auch für das Wurtenkees - einen der am schnellsten rückschmelzenden Gletscher, wo Sommerskilaufprojekte bereits vor zehn Jahren kläglich gescheitert sind - werden Pläne geschmiedet: z.B. die Erweiterung über die Fraganter Scharte nach Kolm Saigurn oder die Seilbahnerschließung über das Schareck Richtung Sportgastein. Beide Projekte würden massive Eingriffe in die Kernzone des Nationalparks Hohe Tauern in Salzburg bedeuten und der Alpenkonvention widersprechen.

Skischaukel am Hochficht

In Oberösterreich soll das Skigebiet Hochficht mit einem Lift und einer Abfahrt auf tschechischer Seite ausgebaut werden. Naturschützerinnen laufen gegen die länderübergreifende Skischaukel Sturm, führt sie doch durch den 1991 gegründeten und mit 69.030 ha größten tschechischen Nationalpark, den Sumava-Nationalpark.

Fazit: Verbauung und Technisierung der Bergwelt schreiten voran - Vorhaben wie die genannten sind nur Beispiele für eine Reihe von Erschließungsprojekten, die noch intakte Landschaften und sensible Ökosysteme in Bedrängnis bringen. Eine Neuordnung und ein Umdenken bei der Raumnutzung v.a. in den höher gelegenen Regionen sind dringend gefragt. Großes Kapital für das Potenzial von morgen - einen naturverträglichen, ökologisch nachhaltigenTourismus - könnte sonst rascher als wir denken verloren gehen.

Quelle: fact.um 4/07, www.umweltdachverband.at

Webtipps: www.alpenverein.at/naturschutz, www.alpenschutzverband.at, www.alpenkonvention.org

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