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Spielespaß und Arbeitsqualen

  • Freitag, 7. Dezember 2007 @ 12:39
Global Weihnachtszeit ist Geschenkezeit. Der Spielwarenhandel boomt im Advent, rund 40% des Jahresumsatzes werden in dieser Zeit erzielt. Für glitzernde Kinderaugen wird in Österreich gerne viel Geld ausgegeben. Den wahren Preis aber zahlen die ArbeiterInnen in den Spielzeugfabriken Chinas, wo 80% des in Österreich verkauften Spielzeugs herkommt.

In den Sommermonaten, wenn bei uns noch kein Mensch an Weihnachten denkt, schuften die ArbeiterInnen in der chinesischen Spielzeugindustrie bis zu 400 Stunden im Monat ohne freien Tag. Die Überstunden, die sie für die europäischen KonsumentInnen geleistet haben, werden aber auch im Dezember nicht auf ihren Lohnzetteln aufscheinen. Obwohl das chinesische Arbeitsrecht eine 40-Stunden Woche, Sozialversicherung und eine beschränkte Zahl an Überstunden vorsieht, halten sich neun von zehn Fabriken in China nicht daran.

Grund genug für das Südwind-Aktionsteam im Rahmen des Programms „Handeln für Eine Welt“ Anfang November nach China zu reisen, um mit ArbeiterInnen, die Spielzeug unter anderem für den österreichischen Markt produzieren, zu sprechen. „Überstunden werden gar nicht oder unzureichend ausbezahlt und unsere Arbeitsverträge bekommen wir nie zu Gesicht.“, erzählt der 31-jährige Cui über seine Arbeit bei Haowei Toys, einem der Zulieferbetriebe von Disney.

Tatsächlich verpflichtet Haowei Toys seine ArbeiterInnen, einseitige „Vereinbarungen“ zu unterzeichnen, in denen das Management Details wie Löhne oder Arbeitszeiten erst im Nachhinein ergänzt. Von den mickrigen Gehältern wird den ArbeiterInnen noch etwa ein Viertel für Unterkunft und Verpflegung abgezogen. Die ArbeiterInnen, die meist aus Provinzen im Inneren des Landes stammen sind aufgrund der niedrigen Löhne gezwungen in den fabrikseigenen Unterkünften zu wohnen. Bis zu 12 ArbeiterInnen teilen sich dort ein winziges Zimmer und schlafen in verrosteten Betten. „In jedem Stockwerk leben etwa 200 Leute“, berichtet Cuis Kollege Liu den Südwind-Mitarbeiterinnen.

„Ich schäme mich, über die hygienischen Bedingungen zu sprechen. Für 200 Menschen gibt es maximal drei Toiletten, die sich Frauen und Männer teilen müssen. Ihre Farbe hat von weiß zu braun oder schwarz gewechselt, die Türen sind kaputt. Unsere weiblichen Kolleginnen wollen die Klos überhaupt nicht mehr benutzen.“ Arbeitsunfälle und Krankheiten durch fehlende Sicherheitsvorkehrungen stehen an der Tagesordnung. Mutterschutz gibt es nicht. Bei Schwangerschaft oder Krankeheiten werden die betroffene ArbeiterInnen vor die Tür gesetzt.

Auf Einladung der Organisation SACOM, einer Nonprofit-Organisation, die sich von Hong Kong aus für die Arbeitsrechte in der chinesischen Spielzeug- und Bekleidungsindustrie stark macht, nahmen die Südwind-Aktivistinnen an einer Protestkundgebung gegen unbezahlte Überstunden und überlange Arbeitszeiten bei einem Disney-Zulieferbetrieb teil.

Jim Leung, Regional-Verantwortlicher für Disneys Arbeitsstandards-Programm, ist sich bei einem Treffen in Hong Kong mit den Südwind-Mitarbeiterinnen allerdings keiner Schuld bewusst. Es gäbe zwar seit zehn Jahren einen Verhaltenskodex bei Disney, doch dürfe der nur als Richtlinie für die ProduzentInnen von Disney-Produkten gesehen werden. Es hätte im Fall Haowei Probleme gegeben, man hätte die Sache aber dem Arbeitsgericht übergeben. Man ginge Vorwürfen zwar nach, aber manchmal läge die Schuld einfach an den Zulieferbetrieben. „Wir könnten den Forderungen der Haowei-Arbeiter nachgeben aber das wäre ja ein Charity-Akt.“, so Leung.

Auf Grund anhaltender Kritik an den Arbeitsbedingungen in der Spielzeugindustrie hat auch deren Weltverband ICTI (International Council of Toy Industries) einen Verhaltenskodex geschaffen. Der ICTI-Kodex, den viele große Spielzeughersteller wie etwa Mattel oder Lego übernommen haben, verlangt die Einhaltung einer Reihe von Grundrechten für die ArbeiterInnen in den Zulieferbetrieben. In vielen Fällen sind die vorgegebenen Standards aber schwach; sie orientieren sich am Landesrecht und nicht an den Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). Außerdem mangelt es beim ICTI-Kodex an unabhängiger und konsequenter Überprüfung. Erst im November wurden wieder zwei Fälle von ICTI-zertifizierten Fabriken (Tianyu Toys und Yonglida) bekannt, in denen ArbeiterInnen bis zu 16 Stunden am Tag, sechs bis sieben Tage die Woche, beschäftigt sind.

SACOM hat gegen diese fadenscheinigen CSR-Politiken unter anderem eine Online-Petition zu Disney gestartet, bei der KonsumentInnen unter www.petitiononline.com/wlchan faire Arbeitsbedingungen fordern können. „Was die Arbeiterinnen und Arbeiter sicher nicht wollen, ist Boykott. Solange es keine wirklich verlässlichen Kodices und Zertifizierungen gibt, hilft nur Petitionen unterschreiben, Nachfragen und Druck machen. Im Geschäft und bei der Herstellerfirma, das ganze Jahr über.“, kommt Christina Schröder, Sprecherin des Südwind-Aktionsteams, zum Schluss, denn: „menschenwürdige Arbeitsbedingungen dürfen kein Charity-Akt oder Weihnachtsgeschenk sein.“

Mehr Infos: http://www.suedwind-agentur.at

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