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Es ist genug für alle da! Steuerpolitische Forderungen der KPÖ

  • Sonntag, 9. Dezember 2007 @ 15:00
Sozial Der Kampf um die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums ist ein zentraler Punkt jeder politischen Auseinandersetzung. Der für den fordistischen Kapitalismus jahrzehntelang übliche relative Konsens im Verteilungskampf wurde mit dem Übergang zum neoliberalen Kapitalismus aufgehoben. Die seit Ende der 70er Jahre kontinuierlich sinkende Lohnquote bringt das deutlich zum Ausdruck. Während der Anteil der Lohnabhängigen im weitesten Sinne an der Bevölkerung immer größer wird, findet gleichzeitig eine systematische Umschichtung des Reichtums zugunsten von Kapital und Vermögen statt.

Neben der Lohnpolitik, dem Kampf um kürzere Arbeitszeit und den Mechanismen des Sozialstaates ist die Steuerpolitik das wichtigste Feld der Verteilungspolitik. Nicht zufällig wird das Budget als in Zahlen gegossene Politik bezeichnet. Ohne eine grundlegende Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums sind weder Impulse für mehr Beschäftigung oder Arbeitszeitverkürzung noch die Sicherung und ein Ausbau des Sozialstaates möglich. Das Instrument dazu ist vor allem die Steuerpolitik, welche durch Abschöpfung von Profiten und Erträgen aus Veranlagungen großer Vermögen die notwendigen Mittel zur Finanzierung dringender Maßnahmen über den Staatshaushalt beschaffen muss.

Reichtum und Armut in Österreich

Heute besitzt in Österreich ein Prozent der Bevölkerung ein Drittel des Vermögens, weitere neun Prozent ein weiteres Drittel, während sich 90 Prozent das letzte Drittel teilen müssen.

Das Geldvermögen ist von 1980 bis 2006 durchschnittlich schneller als die Wirtschaftsleistung von 60 auf 398 Mrd. Euro gewachsen, pro Kopf von 7.900 auf 47.900 Euro.

Laut Weltreichtumsbericht gab es 2006 in Österreich bereits 72.600 (Dollar-)MillionärInnen. Laut „trend“ besitzen die 50 reichsten ÖsterreicherInnen ein Vermögen von 91,95 Mrd. Euro (2006).

Als Kehrseite stieg laut Sozialbericht die Zahl der armutsgefährdeten Menschen von 1999 bis 2003 von 876.000 auf 1.044.000, davon leben 467.000 in „verfestigter Armut“ und 57.000 „working poor“ haben trotz Arbeit nicht genug zum Leben.

Laut Statistik Austria ist die Zahl der Sozialhilfeempfänger von 1996 bis 2003 um 64,3 Prozent auf 148.966 gestiegen, trotzdem beanspruchen nur 40 Prozent der Berechtigten tatsächlich Sozialhilfe.

Nicht weniger als 160.000 Menschen haben keine Krankenversicherung. 230.000 Menschen sind auf die Ausgleichszulage angewiesen.

Zu den offiziell ausgewiesenen Arbeitslosenzahlen sind eine wachsende Zahl von in Schulungen, Stiftungen usw. befindlichen Personen hinzuzurechnen. Pro Jahr sind ca. 800.000 Menschen kurzfristig oder dauerhaft von Arbeitslosigkeit betroffen.

Durch die Flexibilisierung ist Österreich heute mit 44,1 Stunden realer Wochenarbeitszeit Europameister. Das Volumen der jährlich geleisteten Überstunden entspricht ca. 170.000 Arbeitsplätzen.

Die Prekarisierung durch eine wachsende Zahl atypischer Beschäftigung wie Teilzeitarbeit, geringfügigen Arbeitsverhältnissen, Scheinselbständigkeit, Werkverträgen, Leiharbeit usw. nimmt ständig zu.

Laut Wifo lag das inflationsbereinigte monatliche durchschnittliche Nettoeinkommen 2006 bei 1.516,96 Euro – und damit leicht unter dem Niveau von 1991 mit 1.526,47 Euro. Die Kombination von geringen Lohnabschlüssen, Pensionsverlusten, Sparpaketen, Tarif- und Gebührenerhöhungen infolge der Maastricht-konformen Budgetierung und Sozialabbau sowie prekarisierte Arbeitsverhältnisse bedeutet im Ergebnis einen Realeinkommensverlust.

Die bereinigte Lohnquote – also der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen – sank von 1981 bis 2003 von 71 auf 59 Prozent, umgekehrt stieg der Anteil der Gewinne von 29 auf 41 Prozent. So stiegen 2006 die Dividenden von 19 ATX-Unternehmen um 33 Prozent, der Gewinn vor Steuern um 27 Prozent, die Vorstandsgagen um 14, pro Kopf gar um 17 Prozent, der Personalaufwand um zehn Prozent. Die Zahl der Beschäftigten wuchs hingegen nur um zehn Prozent, der Personalaufwand pro Kopf sank gar um ein Prozent.

42 Prozent der Steuereinnahmen kommen aus Umsatz und Verbrauch, 30 Prozent aus Löhnen und Gehältern, hingegen nur 16 Prozent aus selbständigen Einkommen, Gewinnen und Kapitalertrag.

Einem Rückgang bei der Zahl von Firmenpleiten steht ein starkes Wachstum der Zahl von Privatkonkursen gegenüber, betroffen sind vor allem gescheiterte Unternehmensgründer die gezielt in die Selbständigkeit gedrängt wurden.

Grundsätzliches zur Steuerpolitik

Die Budgetpolitik aller Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) und auch der Sozialversicherungen ist EU-weit dem Maastricht-Regime unterworfen. Das Ziel Budgetüberschüsse zu erzielen mit vorgegebenen Limits für Budgetdefizit und Staatsverschuldung erhöht den Druck auf den Sozialstaat und das öffentliche Eigentum, insbesondere in der Grundversorgung und führt zu deren Privatisierung.

Der Umverteilungseffekt durch das Sinken der Lohnquote wird zusätzlich durch eine systematische Steuerentlastung für Kapital und Vermögen seit den 80er Jahren verstärkt. Diese Politik erfolgte sowohl durch die rotschwarze als auch die schwarzblauorange Regierung und kennzeichnet alle Steuerreformen der letzten zwei Jahrzehnte.

Bedingt durch unzählige Gestaltungsmöglichkeiten klaffen zwischen den offiziellen Steuersätzen und der tatsächlichen Steuerleistung Welten: Selbständige und unselbständige Einkommen werden abgestuft mit bis zu 50 Prozent, Gewinne von Kapitalgesellschaften und Zinserträge mit 25 Prozent besteuert. Real werden Löhne und Gehälter durchschnittlich mit 13,3 Prozent, Gewinne und Selbständigeneinkommen nur mit 7,7 Prozent besteuert.

2005 verdienten laut Lohnsteuerstatistik in Österreich 152.426 Personen mehr als 70.000 Euro und waren damit vom Spitzensteuersatz betroffen. Die skandinavischen Länder weisen mit bis zu 60 Prozent die höchsten Spitzensteuersätze aus. Verbunden mit der Veröffentlichungspflicht für Einkommen ist dort aber die Spanne zwischen „normalen“ Einkommen und jenen der Manager oder Politiker deutlich geringer als etwa in Österreich.

Ein zentraler Kritikpunkt neoliberaler Politik ist eine angeblich zu hohe Steuer- bzw. Abgabenquote. Die skandinavischen Länder weisen die höchste Sozialquote – also den Anteil von Steuern und Sozialabgaben – aus, sind aber damit nicht nur sozialpolitisch nach wie vor federführend, sondern weisen auch eine bessere Situation am Arbeitsmarkt aus. Eine hohe Abgabenquote ist demnach Voraussetzung zur Finanzierung des Sozialstaates.

Die Steuerreformen der Jahre 1989, 1994, 2000 und 2005 wurden als große politische Leistungen hochstilisiert, da sie aber nur in Form von Umschichtungen erfolgten und nicht durch höhere Steuern auf Kapital und Vermögen gegenfinanziert wurden war ihre Wirkung immer schnell verpufft.

Die Vorschläge der KPÖ

Vermögenssteuer: Mit der Abschaffung der Vermögenssteuer im Jahre 1994 wurde Österreich zu einem Steuerparadies für MillionärInnen. Die KPÖ hat 2006 in einer Petition eine Vermögenssteuer von fünf Prozent für die Millionenvermögen verlangt. Angesichts der hohen Erträge großer Vermögen würde dies nicht einmal zu einer Verminderung solcher großer Vermögen führen. Die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer wird heute auch von anderen politischen Gruppierungen verlangt.

Erbschafts- und Schenkungssteuer: Die 2007 mit 160 Mio. Euro budgetierte Steuer wird als Bagatellsteuer bezeichnet und soll auf Grund einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes abgeschafft werden. Die KPÖ tritt hingegen für eine Reformierung statt Abschaffung mit einem Freibetrag bis 200.000 Euro ein. Das Argument, mit dieser Steuer würde schon besteuertes Vermögen nochmals besteuert ist falsch, da die Erben als Empfänger dafür keine Steuer bezahlt haben.

Einkommensteuer: Kernpunkt ist die Anpassung des Spitzensteuersatzes, welche derzeit 50 Prozent ab einem Jahreseinkommen von 51.000 Euro beträgt. Die KPÖ tritt für eine Anhebung auf 55 Prozent ab 70.000 bzw. 60 Prozent ab 100.000 Euro Jahreseinkommen ein. Dieser Steuersatz war bis zur Senkung im Jahre 1994 übrigens in Österreich üblich. Eine verstärkte Förderung für Alleinverdiener wie etwa eine steuerliche Begünstigung für Kinderbetreuung nützt ebenso wie ein Familiensplitting nur den BezieherInnen großer Einkommen und wird von der KPÖ abgelehnt.

Lohnsteuer: Der Effekt aller bisherigen Steuerreformen war für die LohnsteuerzahlerInnen in Kürze aufgehoben, weil sie durch die „kalte Progression“ bei oft geringen Lohn- und Gehaltserhöhungen einen höheren Steuersatz leisten mussten und oft netto sogar weniger erhielten. Bei der letzten Reform 2005 erfolgte eine Reduzierung von vier auf drei Tarifstufen mit einem hohen Eingangssteuersatz. Die KPÖ tritt für eine größere Differenzierung ein, bei welcher Jahreseinkommen bis 15.000 Euro steuerfrei sind und ab diesem Einkommen beginnend mit 10 Prozent eine Staffelung bis zum Spitzensteuersatz von 60 Prozent ab 100.000 Euro erfolgt. Eine Negativsteuer für sehr kleine Einkommen wird von Unternehmerseite als Bestandteil eines Kombilohns gesehen, ein Mindestlohn muss daher so hoch sein, dass keine Negativsteuer notwendig ist.

Körperschaftssteuer: Die Besteuerung der Gewinne von Kapitalgesellschaften wurde 2005 von 34 auf 25 Prozent gesenkt, real beträgt sie im Durchschnitt nur 18 Prozent, weil viele Unternehmen bedingt durch Gestaltungsmöglichkeiten und die 2005 eingeführte Gruppenbesteuerung wesentlich weniger oder sogar überhaupt keine Steuer auf ihre Gewinne zahlen. Die KPÖ tritt für eine EU-weite gleiche Bemessungsgrundlage und einheitliche Steuersätze ein und lehnt Steuerdumping ab. Zu überlegen wäre auch bei der KöSt eine Staffelung nach der Höhe der Gewinne von einem Mindestsatz bis zum Spitzensteuersatz um zwischen kleinen Kapitalgesellschaften und großen Konzernen zu differenzieren.

Kapitalertragssteuer: Diese wird als Quellensteuer eingehoben und besteuert gleichmacherisch die Zinsen von Sparbüchern mit 100 Euro Einlage genauso wie jene von Millionenvermögen mit 25 Prozent. Die KPÖ tritt für die Aufhebung dieser Steuer und die Besteuerung der Zinserträge als Einkommen bis zum Spitzensteuersatz ein.

Grundsteuer: Die Bemessung nach dem seit den 70er Jahren nicht mehr angepassten fiktiven Einheitswert ist antiquiert. Eine Anhebung auf den zeitgemäßen Verkehrswert ist notwendig. Dabei muss nach Meinung der KPÖ aber berücksichtigt werden, dass derzeit die Grundsteuer ein Bestandteil der Betriebskosten ist und eine Erhöhung auf Gründe mit Wohnbauten zu einem Anstieg der Wohnkosten führt. Daher ist eine Differenzierung zwischen der Nutzung von Grundstücken für Wohnbau, Industriebauten oder Landwirtschaft notwendig.

Mehrwertsteuer: Die Staffelung zwischen überhaupt keiner Besteuerung, ermäßigtem Steuersatz und vollem Steuersatz ist zu überprüfen. Die KPÖ fordert, Mieten, Betriebskosten, Medikamente, Energiepreise und kommunale Tarife von der Mehrwertsteuer zu befreien, auf Lebensmittel nur den ermäßigten Steuersatz einzuheben.

Wertschöpfungsabgabe: Die Bemessung der Unternehmerbeiträge zur Sozialversicherung und Kommunalabgabe mit drei Prozent der Lohnsumme begünstigt vor allem große Unternehmen mit starkem Rationalisierungsfaktor. Die KPÖ tritt für eine Umstellung der Bemessung im Sinne der schon Ende der 80er Jahre vom damaligen Sozialminister Dallinger angedachten „Maschinensteuer“ auf die gesamte Wertschöpfung (also inklusive Abschreibungen, Zinsen, Mieten, Gewinne etc.) anstatt nur der reinen Lohnsumme ein. Damit würden auch kleine und mittlere Unternehmen entlastet.

Finanzausgleich: Der im FAG2008-13 vorgesehenen Verteilung der Gemeinschaftlichen Bundesabgaben, das sind jene Steuern, die zwischen Bund (67,7 Prozent), Ländern (20,6 Prozent) und Gemeinden (11,7 Prozent) aufgeteilt werden, steht gegenüber, dass die Gemeinden (ohne Wien) 54 Prozent aller öffentlichen Investitionen tätigen. Sie sind daher auf Bittgänge bei der Landesregierung um Bedarfszuweisungen angewiesen. Die KPÖ tritt daher für eine deutliche Anhebung des Gemeindeanteils sowie für eine Vergrößerung des Topfes der zu verteilenden Steuern durch eine höhere Besteuerung von Kapital und Vermögen ein.

Spekulationsgewinne: Charakteristisch für den neoliberalen Kapitalismus ist eine rasante Zunahme von spekulativen Transaktionen auf der Ebene des Finanzkapitals, verbunden mit immer größeren Risiken und Aufwendungen zur Verhinderung eines Crashs. Die Abschöpfung von Spekulationsgewinnen durch eine entsprechende Besteuerung soll dem entgegenwirken. Zusätzlich ist eine Tobin-Tax als Devisentransaktionssteuer notwendig.

Privatstiftungen: In mittlerweile rund 3.000 Privatstiftungen, die 1994 durch SPÖ-Finanzminister Lacina eingeführt wurden, sind schätzungsweise 55 Mrd. Euro steuerschonend deponiert. Die KPÖ tritt für die Aufhebung dieser Stiftungen und die Besteuerung der Erträge von Veranlagungen mit der Einkommensteuer bis zum Spitzensteuersatz ein.

Steuerschulden: 2006 betrugen die Steuerschulden der Unternehmen 1,45 Milliarden Euro. Das ist mehr als die gesamte 2006 eingenommene Kapitalertragssteuer von 1,38 Milliarden Euro. Zusätzlich schuldeten die Unternehmen 934 Millionen Euro Beiträge zur Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung. Die Nichtabführung von den KonsumentInnen bereits über die Preise verrechneter Mehrwertsteuer und von Beschäftigten im Wege der Lohnverrechnung abgezogenen Lohnsteuer bzw. Sozialversicherungsbeiträgen sind kriminelle Delikte und dürfen nicht geduldet werden.

Mineralölsteuer, Energieabgabe: Die Besteuerung von Energie muss nach Meinung der KPÖ mit einem Lenkungseffekt durch eine entsprechende Zweckwidmung verbunden sein, indem Erträgnisse von Steuern auf umweltbelastende Energie zur Förderung nachhaltiger und umweltschonender Energie- und Verkehrsformen verwendet werden.

Sozialversicherungsbeiträge: Aufhebung der Höchstbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung.

Reichtumsberichte: Erstellung jährlicher Reichtumsberichte durch Bund und Länder.

Beschlossen vom 34. Parteitag der KPÖ am 9. Dezember 2007 in Wien

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