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Zur Diskussion über ein bedingungsloses Grundeinkommen

  • Sonntag, 9. Dezember 2007 @ 15:00
Sozial Die KPÖ beschäftigt sich intensiv mit der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen (bGEK), weil ein bGEK vor allem dreierlei leisten kann:
> Umverteilen, mittels veränderter Steuerpolitik.
> Umwälzen, das System der repressiven Sozialleistungen, des Arbeitszwanges etc.
> Erweitern, die Möglichkeiten zu Entscheidung und Wahlfreiheit

Begründung

Warum sich die KPÖ intensiv mit der Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen (bGEK) beschäftigen will.

Mit dem Übergang vom fordistischen zum neoliberalen Kapitalismus sind ein hohes Niveau von Massenarbeitslosigkeit und gleichzeitig die wachsende Prekarisierung aller Lebensbereiche zum Normalzustand geworden. Gesellschaftliche Teilhabe war für einen Teil unserer Gesellschaft schon immer brüchig, etwa für Frauen, MigrantInnen, Menschen mit schlechter Bildung. Selbst der klassische „Normalarbeiter“ ist immer weniger typisch und daher kein ausreichender Maßstab für linke Politik.

Auch Vollbeschäftigung im Sinne von Vollzeitarbeit mit entsprechendem Verdienst und sozialer Absicherung – die es unter Berücksichtigung der fast ausschließlich von Frauen geleisteten unbezahlten Hausarbeit, Pflege, Kinderbetreuung etc. genau genommen nie wirklich gegeben hat – wird immer weniger. Neben der Verlagerung arbeitsintensiver Bereiche in Billiglohnländer müssen oder wollen immer mehr Menschen von Teilzeitarbeit, geringfügiger Beschäftigung, Werkverträgen, Beschäftigung als freie DienstnehmerInnen, Scheinselbständige usw. leben.

Das alles passiert vor dem Hintergrund einer enorm wachsenden Produktivität, weil immer mehr menschliche Arbeit durch Maschinen ersetzt wird. Die durch Rationalisierung gewonnene Zeit kommt den Menschen aber nicht durch mehr Freizeit und kürzere Arbeitszeit zugute, sondern schlägt sich in Form von Massenarbeitslosigkeit nieder. Auch schafft diese Verteilung der Produktivitätsgewinne eine immer ungerechtere Verteilung von Einkommen und Vermögen; innerhalb der kapitalistischen Zentren und zwischen Nord und Süd.

Während Löhne, Gehälter und Pensionen stagnieren und die Schere zwischen Männer- und Frauenverdiensten immer noch weit auseinanderklafft, explodieren Profite, Dividenden und Vermögen. Während die Lohnquote seit gut zwei Jahrzehnten laufend sinkt, steigt der Anteil von Kapital und Vermögen am Volkseinkommen. Während ein Teil der Beschäftigten ständig Überstunden leisten muss - mit dem Ergebnis dass Österreich die höchste reale Wochenarbeitszeit der EU aufweist – ist die Zahl der Erwerbsarbeitslosen enorm gestiegen. Gleichzeitig steigen der Druck und die Repression durch AMS und Stammtisch auf erwerbsarbeitslose Menschen ständig, obwohl tatsächlich weniger Arbeitsplätze ausgeschrieben sind, als gesucht werden. Immer mehr lohnarbeitende Prekarisierte – betroffen sind vor allem Frauen – müssen mehr als einen Job ausüben, um genug zum Leben zu haben oder wursteln sich von einem zeitlich begrenzten Projekt zum nächsten.

Die Folge dieser Entwicklung ist eine weiter zunehmende Prekarisierung verbunden mit steigender Armut, von welcher immer mehr Menschen betroffen sind. Gearbeitet wird aber unabhängig von Lohnarbeit, die eigentlich nur das Mittel zum Zweck darstellt. Vorrangig brauchen die Menschen nämlich nicht Arbeit, sondern Geld zum Leben, das ihnen durch Lohnarbeit immer weniger ermöglicht wird. Vor diesem Hintergrund wurde in den letzten Jahren die Diskussion um ein Grundeinkommen in den sozialen Bewegungen verstärkt aufgegriffen.

Wer verdient Existenzsicherheit?

Das wesentliche Motiv für ein Grundeinkommen ist, allen Menschen die Chance auf ein menschenwürdiges Leben und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu verschaffen, unabhängig vom der Notwendigkeit über eine traditionelle Einkommensquelle durch Lohnarbeit zu verfügen. Damit stellt ein Grundeinkommen auch eine Maßnahme gegen die zunehmende Armut dar und ist eine adäquate Antwort auf die wachsende Prekarisierung. Denn wir leiden nicht unbedingt an Flexibilisierung oder Reduzierung von Arbeitszeit(en), sondern an den herrschenden Rahmenbedingungen. Diese zu verändern, hat das bedingungslose Grundeinkommen bestechendes Potenzial.

Gleichzeitig soll ein Grundeinkommen Zwänge wie etwa Auflagen des AMS, Rückzahlungspflichten bei Sozialhilfe etc. aufheben, durch welche die Empfänger unweigerlich in die Rolle von BittstellerInnen gezwungen werden. In diesem Sinne würde ein Grundeinkommen das Selbstwertgefühl der Menschen heben und mehr Freiraum zur Mitgestaltung des demokratischen Gemeinwesens schaffen.

Durch ein bedingungsloses und existenzsicherndes Grundeinkommen würde die Möglichkeit geschaffen, die Annahme schlecht bezahlter, krankmachender Arbeiten oder unzumutbarer Arbeitsbedingungen zu verweigern. Dadurch würde auch ein Druck für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen entstehen, weil sonst niemand diese Arbeiten machen würde. Somit würde die permanente kapitalistische Rationalisierung etwas von ihrem Schrecken des Verlustes der Lebensgrundlage bei Verlust des Erwerbs-Arbeitsplatzes einbüßen, was die Lohnabhängigen und im weiteren Sinne die Gewerkschaften stärken würde.

Ein Grundeinkommen würde auch zur Sicherung der Kaufkraft für die gesamte Bevölkerung beitragen und damit die seit Jahren durch stagnierende oder sogar sinkende Löhne, Gehälter und Pensionen zurückbleibende Binnennachfrage beleben. Ähnlich dem Fordismus, der darauf beruhte, dass die hergestellten Produkte auch gekauft werden müssen und dafür entsprechende Einkommen notwendig sind würde ein Grundeinkommen somit auch zur Wirtschaftsentwicklung beitragen. Auch würde ein Grundeinkommen mehr Entfaltungsmöglichkeiten für Bildung, Eigeninitiative, Kreativität und Spontaneität bringen. Viele Menschen könnten sich damit auch Tätigkeiten unabhängig von kapitalistischen Zwängen im Sinne einer solidarischen Ökonomie widmen.

Das Grundeinkommen ist Gegenposition zum Sozialabbau

Seine Funktion erfüllt ein Grundeinkommen nur dann, wenn es bedingungslos und existenzsichernd ist. Es muss für alle im Land lebenden Menschen unabhängig von der Staatsbürgerschaft (entsprechend unserer Forderung nach ResidenzbürgerInnenschaft) in gleicher Höhe gelten. Es muss ausreichend hoch zur Befriedigung wesentlicher Lebensbedürfnisse bemessen sein und darüber hinaus die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichern. Ein ganz wesentlicher Punkt ist, dass ein solches Grundeinkommen ohne Bedingungen und Auflagen erfolgt. Daher weist ein Grundeinkommen über andere aktuell diskutierte Modelle wie einer bedarfsorientierten Grundsicherung hinaus, weil diese Maßnahmen stets auf bestimmten Auflagen – Arbeitswilligkeit, Bedürftigkeit – und damit Zwängen einer repressiven Bürokratie basieren.

Ein Grundeinkommen ist eine Gegenposition zur Politik von Sozialabbau, Privatisierung und dem Dogma der Selbstregelung durch den Markt, die durch fiskalische Maßnahmen wie die Maastricht-Kriterien für eine nachhaltige Budgetpolitik und den Euro-Stabilitätspakt erzwungen werden. Ein Grundeinkommen stellt auch eine Gegenposition zur laufenden Entsolidarisierung und dem neoliberalen Credo einer Ellbogengesellschaft der Konkurrenz aller gegen alle und dem Marktdogma dar, welches behauptet, nur ein Billiglohnsektor könne die Arbeitslosigkeit verringern.

Ausgehend vom Leitsatz „Von Arbeit muss man leben können – und ohne Arbeit auch“ können Maßnahmen wie Arbeitszeitverkürzung, Mindestlöhne, Anhebung von Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld auf die offizielle Armutsgrenze, ja sogar bedarfsorientierte Grundsicherung (allerdings ohne ihre repressiven Begleitmaßnahmen wie derzeit von SPÖ und ÖVP geplant) Schritte zu einem Grundeinkommen darstellen. Auch wenn ein bedingungsloses Grundeinkommen als Ziel verfolgt wird, bedeutet dies nicht, dass wir nach dem Motto „Alles oder nichts“ andere Maßnahmen deswegen ablehnen.

Die Finanzierung eines Grundeinkommens muss durch eine entsprechende Steuer- und Umverteilungspolitik erfolgen, die wiederum auf der enorm steigenden Produktivität basieren muss. Die Steuerleistung des Kapitals muss so hoch sein, dass daraus ein Grundeinkommen für alle Menschen finanziert werden kann und somit ein menschenwürdiges Leben möglich ist. Darüber hinaus finden weiterhin der Kampf um entsprechende Löhne, Gehälter oder Pensionen entsprechend Qualifikation, Versicherungszeiten etc. sowie der Kampf für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich und um die Schaffung neuer, gesellschaftlich sinnvoller Arbeitsplätze statt.

Die Höhe eines Grundeinkommen als Maßstab für ein menschenwürdiges Leben ist auch insofern wichtig, als es auch neoliberale Modelle von Kapitalseite gibt, welche mit einem Grundeinkommen darüber hinausgehende Sozialtransfers (Gesundheit, Pension, Unfall, Arbeitslosigkeit, Kindergeld etc.) ersetzen oder Lohndumping betreiben wollen. Das bGEK das wir fordern ist dezidiert kein Ersatz für diese Transfer- oder gesellschaftliche Sozialleistungen.

Wer nicht arbeitet soll nicht essen?

Der Haupteinwand gegen ein Grundeinkommen lautet, dass damit niemand mehr arbeiten will und das „Sozialschmarotzertum“ unterstützt würde. Damit wird gezielt verdrängt, dass derzeit die Besitzer großer Vermögen meistens nicht selber arbeiten sondern ihren Müßiggang als Lifestyle leben und zudem immer weniger Steuern zahlen. Hinter dieser Befürchtung steht ein von Kirche und Kapital propagiertes und historisch überwiegend mit Zwang durchgesetztes Arbeitsethos nach dem biblischen Motto „Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“, das leider auch vielfach von der ArbeiterInnenbewegung kritiklos übernommen wurde.

In diesem Sinne bietet die Debatte um ein Grundeinkommen auch eine Chance über Fehlentwicklungen und Dogmen der eigenen Bewegung zu reflektieren. Unsere eigene Haltung zur Arbeit und dem was wir den Menschen zutrauen wollen zu hinterfragen. Denn „Arbeit“ lässt uns teilhaben und auch wieder nicht! Kapitalistisches Wirtschaften koppelt uns nämlich vor allem von der bewussten Verfügung über unsere Lebensbedingungen und über gesellschaftliche Prozesse ab.

Arbeit ist nicht grundsätzlich und ausschließlich mit Lohnarbeit gleichzusetzen. Ein großer Teil der Arbeit erfolgte immer schon unbezahlt vor allem durch Frauen (Hausarbeit, Pflege, Ehrenamt, Kinderbetreuung …), gehört aber mit zum Grundbedürfnis nach Gestaltung des eigenen Lebens und der Welt. Die Gleichsetzung von Grundeinkommen mit „Nichtarbeit“ wird deshalb auch der Wirklichkeit nicht standhalten. Erwerbsarbeit ist auch nicht generell sinnvoll und nützlich, sie kann auch destruktiv sein, wie etwa in der Rüstungsindustrie oder der Zerstörung großer Teile unsere Lebensumwelt durch Wirtschaftswachstum ohne Rücksicht auf Verluste.

Einwände die unter „sozialistischen“ Vorzeichen gemacht werden, dass auch eine sozialistische Gesellschaft sich nur mittels Arbeit reproduzieren und sich deshalb kein Grundeinkommen leisten könne, weshalb es auch unter kapitalistischen Bedingungen abgelehnt werden müsse, hängen der Vorstellung nach, Sozialismus bedürfe des Arbeitszwangs. Sozialismus beseitigt aber zunächst das Privileg, auf Grund des Besitzes von Nichtarbeit leben zu können.

Im Artikel 25, Absatz 1 der UNO-Menschenrechtsdeklaration heißt es: „Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Lebenshaltung, die seine und seiner Familie, Gesundheit und Wohlbefinden, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Betreuung und der notwendigen Leistungen der sozialen Fürsorge gewährleistet; er hat das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität, Verwitwung, Alter oder von anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.“ Davon abgeleitet gibt es ein elementares Recht auf Einkommen für alle Menschen das keineswegs an Pflichten gebunden ist.

Demzufolge ist ein menschenwürdiges Leben und die Teilhabe am gesellschaftlichen Reichtum ein elementares Menschenrecht. Wenn von Gegenleistung und Pflichten die Rede ist, sind das unter kapitalistischen Bedingungen immer Pflichten gegenüber dem Kapital als Eigentümer der Produktionsmittel, dem die Lohnabhängigen nur ihre Arbeitskraft als Ware entgegenhalten können. Die Lohnarbeit als solche schafft aber keine soziale Sicherheit, diese wurde stets nur durch politische Kämpfe erreicht und wird jetzt unter neoliberalen Bedingungen sukzessive wieder abgebaut.

Ein bedingungsloses, existenzsicherndes Grundeinkommen als Forderungsprogramm für die Linke Europas, als Antwort auf die Zumutungen des neoliberalen Kapitalismus.

Das „Kerngeschäft“ der Gewerkschaften ist der Kampf um höhere Löhne. Daher will das Kapital unter den Bedingungen des neoliberalen Kapitalismus zur Profitmaximierung den über hundert Jahre erkämpften Einfluss der Gewerkschaften zurückdrängen. Die Forderung nach einem Grundeinkommen stärkt dagegen die Gewerkschaften, deren Verhandlungsmacht durch wachsende Arbeitslosigkeit und Prekarisierung geschwächt wird.

Ein Grundeinkommen ist kein fertiges Rezept, sondern eine Orientierung, zu welcher ein entsprechender Diskussionsprozess, verbunden mit einer ideologischen Auseinandersetzung mit der neoliberalen Marktlogik, notwendig ist. Dieser Prozess beginnt mit einer entschiedenen Zurückweisung von Lohndruck, Sozialabbau und Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge und der Erhaltung und des Ausbaus sozialer Rechte und der öffentlichen Grundversorgung.

Der zweite deutschsprachige Grundeinkommenskongress in Basel wandte sich mit der Forderung nach einem bGEK an die Europäische Verfassung. In Zusammenarbeit mit der Linken in Deutschland oder der Europäischen Linken auf Europaebene wäre das eine überlegenswerte Kampagne für die kommunistische Bewegung: Ja, wir wollen eine Europäische Verfassung, aber sie muss neben demokratischen Standards, sozial verfasst sein.

In einer von einem gnadenlosen Standortwettbewerb des Kapitals bestimmten globalisierten Welt werden einzelstaatliche Lösungen immer weniger möglich. So wie die Abwehr der Angriffe auf soziale Errungenschaften zunehmend eine verstärkte internationale Kooperation von Gewerkschaften, Sozialbewegungen und Linksparteien erfordert, ist auch die Durchsetzung sozialer Rechte wie eines Grundeinkommens in wachsendem Maße nur durch internationale Bewegung möglich. Die Debatte über ein bedingungsloses und existenzsicherndes Grundeinkommen ist daher als Teil einer nationalen wie internationalen Bewegung zu verstehen.

Vorschläge und Diskussionsansätze auf anderen Kontinenten weisen oft weit über den Diskussionsstand in Europa hinaus. Wir können von einem globalen Meinungsaustausch in dieser Frage also durchaus lernen.

Eine Forderung die über das kapitalistische System hinausweist

Das kapitalistische Wirtschafts- und Gesellschaftssystem basiert auf dem Verhältnis zwischen Lohnarbeit und Kapital. Ein Grundeinkommen hebt die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse und das Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital nicht auf. Es stellt nur eine modifizierte und den heutigen Entwicklungen angepasste Form der Umverteilung des in der Produktion geschaffenen Mehrwerts dar.

Somit handelt es sich dabei um eine soziale Reform, ein Grundeinkommen allein bedeutet noch keine revolutionäre Veränderung. Es gilt, was für jede soziale Verbesserung gilt: In der Auseinandersetzung mit dem kapitalistischen System können die Kräfte zu seiner Überwindung wachsen. Die grundsätzliche Infragestellung des kapitalistischen Systems und das Ziel seiner Überwindung in Richtung einer gerechteren Gesellschaft bleiben für die KPÖ unabhängig von einem auch unter kapitalistischen Verhältnissen möglichen Grundeinkommen aufrecht.

Auch was die spezielle Betroffenheit und Interessen von Frauen betrifft, ist das Grundeinkommen keine garantierte Lösung. Einerseits sind Frauen überproportional von Teilzeitarbeit betroffen (von 790.000 Teilzeitbeschäftigten sind 670.000 Frauen), mit dieser Situation unzufrieden (54 % der Teilzeitbeschäftigten würden lieber Vollzeit arbeiten) und kommen drittens mit dem Verdienst durch eine Arbeitsstelle nicht aus. Das Grundeinkommen löst aber nur ihr finanzielles Dilemma und finanzielle Abhängigkeiten. Sind doch die Lebenswirklichkeiten von Frauen unter anderem davon gekennzeichnet, dass sie mit Einschränkungen und Erwartungen konfrontiert sind. Vereinbarkeitsgebot, Doppelbelastung, vergeschlechtlichte Tätigkeitsfelder und Tarifpolitik, Abbau gesellschaftlicher Verantwortung, öffentlicher Möglichkeiten für Kinder-, Alten- und Pflegebetreuung – dies alles auch unter dem Vorzeichen der Prekarisierung und Flexibilisierung – markieren die strukturellen und kulturellen Rahmenbedingungen des Frauenalltags. Halbtagskindergärten, Halbtagsschulen, Pflegenotstand, Teilzeitarbeitsmarkt, Teilentgelt, Ehe- und Familienbezogenes Wohlfahrtssystem lassen keine Wahl. Es muss also gleichzeitig mitdebattiert werden, welche gesellschaftlichen Rahmenbedingungen erfüllen werden müssen, dass ein Grundeinkommen Frauen nicht (wieder, vorstärkt) in die althergebrachten Rollenbilder (zurück)drängt (Kinderbetreuung, Kranken- und Alten-Pflege, Hausarbeit, ...). Es muss etwa neben einem Recht auf Pflege auch ein Recht auf „nicht zu pflegen“ geben.

Die Utopie einer anderen, sozial gerechteren Gesellschaft würde durch ein Grundeinkommen einen wichtigen Impuls erhalten. Ein gesichertes, persönliches Einkommen das nicht an Erwerbsarbeit gebunden ist macht das erste Mal denkmöglich, wie das Leben ohne Erwerbsarbeitszwang wäre. Es eröffnet Diskussionsraum darüber wie das private und gesellschaftliche Leben aussehen kann und gestaltet werden soll das über das kapitalistische System hinausweist.

Beschlossen vom 34. Parteitag der KPÖ am 9. Dezember 2007 in Wien

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