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GewerkschaftsaktivistInnennetzwerk OÖ: Keine Privatisierung bei der Energie AG

  • Mittwoch, 29. August 2007 @ 15:42
Kapital Die Energie AG ist in OÖ für die Versorgung mit Strom und Wasser zuständig und kümmert sich um die Abfall- und Abwasserbeseitigung. Über Tochtergesellschaften ist sie in diesem Bereich auch über die Grenzen hinaus in Mittel- und Osteuropa aktiv.

Anfang Juli beschloss im oö. Landtag eine Mehrheit aus Schwarz-Grün-Blau gegen die Stimmen der SPÖ, 49 Prozent der Energie AG über die Börse zu privatisieren. Die SP organisiert jetzt eine Unterschriftenkampagne gegen diese Teilprivatisierung.

Im Folgenden ein Diskussionsbeitrag mit der Stoßrichtung, diese Initiative kritisch zu unterstützen und allenfalls weitergehende Aktionen zu organisieren. Immerhin hat sich das GewerkschaftsaktivistInnen-Netzwerk aus dem Aktionskomitee gegen die Postprivatisierung entwickelt. Der Kampf und Einsatz gegen Privatisierungen ist also unser „ureigenstes“ Feld.

Für Versorgungssicherheit und sichere Arbeitsplätze

- Nein zur Privatisierung bei der Energie AG

Vordergründig versprechen die Privatisierer mehr Geld für notwendige Investitionen der Energie AG, etwa die ÖVP in einer Hochglanzbroschüre: „Geld für die Sicherung der Stromversorgung“ und „Mehr und sichere Arbeitsplätze“ sowie günstigere Strompreise. Doch dabei handelt es sich nur um pure Demagogie,
- denn der Großteil des Verkaufserlöses wird direkt ins Landesbudget fließen - auf diese Weise will Landeschef Pühringer wieder ein Nulldefizit erreichen und
- Aktionäre erwerben Firmenanteile nicht aus Gutmütigkeit, sondern weil sie sich entsprechende Dividendenerträge erwarten - steigende Preise, schlechtere Versorgungsqualität und erhöhter Druck auf die Beschäftigten werden die Folge sein.

Dazu einige Daten und Fakten:

* Die Dividende der Energie AG liegt bei 0,9 Prozent, während börsenotierte Unternehmen das Drei- bis Vierfache davon an Dividende ausschütten. Das würde eine grundlegende Änderung der Unternehmensstrategie beim Personal und weg von Umweltschutz und Versorgungssicherheit notwendig machen.

* Die Energie AG hat Personalkosten von 18 Prozent - bei börsenotierten Unternehmen sind es zwischen 6 und 8 Prozent. Die Folge: Arbeitsplatzabbau und verstärkter Druck auf die Beschäftigten bei den Arbeitsbedingungen und in der Entlohnung (Ausgliederung von Teilbetrieben, statt Vollzeitarbeitsplätzen verstärkter Einsatz von Teilzeit und prekären Beschäftigungsverhältnissen).

* Wasserprivatisierungen gab es in vielen Ländern. Überall stiegen die Preise enorm. Investitionen blieben aus. Warum? Private Investoren wollen nicht in erster Linie die Menschen mit gesundem und günstigem Wasser versorgen. Sie wollen auch nicht investieren, sondern möglichst hohe Gewinne machen:
- In Berlin wurde das Wasser zu 49,9 Prozent privatisiert, die Mehrheit blieb also wie bei der Energie AG in öffentlicher Hand. Das Ergebnis: bislang explodierte der Wasserpreis um 15 Prozent.
- Unter Premierministerin Thatcher wurde in Großbritannien das Wasser privatisiert. Das Ergebnis: die Preise stiegen in den ersten vier Jahren um rund 50 Prozent. Die privaten Wassergesellschaften erhöhten ihre Gewinne zwischen 1990 und 1997 um 147 Prozent. Wer die Wasserpreise nicht bezahlen konnte, wurde vom Netz genommen. Das waren 18.636 Haushalte im Jahr 1994. Die Folge: Es stieg die Gefahr von Epidemien, sodass die Netzschließungen 1999 verboten wurden.
- In Atlanta in den USA stiegen die Kanalgebühren nach der Privatisierung um ca. 12 Prozent pro Jahr, während die Zahl der Beschäftigten von über 700 auf etwas über 300 sank.
- In Buenos Aires in Argentinien wurde den Menschen eine Reduktion des Wasserpreises nach der Privatisierung um 27 Prozent versprochen. In Wirklichkeit stiegen die Preise um 20 Prozent.
- In Cochabamba in Bolivien stiegen die Wasserpreise um 100 - 200 Prozent, was große Unruhen und Kämpfe der Bevölkerung um die Wiederverstaatlichung der Wasserwerke auslöste.

* Bereits vor der Teilprivatisierung der Post wurden - um „die Braut entsprechend zu schmücken“ - an die Tausend Postämter geschlossen, über 5.000 Arbeitsplätze abgebaut und die Gewinne emporgeschraubt. Im ersten Jahr nach der Privatisierung erfolgte eine weitere Gewinnsteigerung um fast das Doppelte. Erreicht wurde dies durch weitere Postamtsschließungen, das Abmontieren von Briefkästen, Ausgliederungen etc. - also wie wir vorausgesagt haben, durch weiteren Arbeitsplatzabbau und Verschlechterungen bei den Serviceleistungen.

Als GewerkschafterInnen sind wir grundsätzlich gegen jede Privatisierung,
• weil die Privatisierung in erster Linie den Aktionären nützt und auf Kosten der Beschäftigten und KundInnen der Energie AG geht,
• weil die Privatisierung zu einem Abbau von Beschäftigten und zur Erhöhung des Drucks auf die Beschäftigten führt,
• weil die Privatisierung zu einer Verschlechterung der Versorgung bei Wasser und Wasser führen wird,
• weil wir für qualitativ hochstehende Dienstleistungen für alle - auch in den ländlichen Gebieten - eintreten, anstatt für maximale Dividenden für eine kleine Handvoll von Aktionären.

Aus diesem Grund unterstützen wir die Unterschriftensammlung der SPÖ zur Einleitung einer Volksbefragung gegen die Teilprivatisierung der Energie AG, auch wenn die Aktion von der SP OÖ aus wahltaktischen Gründen und nicht aus einer prinzipiellen Ablehung der Privatisierung initiiert worden ist. Dass die Sozialdemokraten vor Ausgliederungen, Verkäufen und Privatisierungen nicht zurückschrecken, haben sie immer dort bewiesen, wo sie an der Regierung sind. Das aktuellste Beispiel hierfür ist die steirische Landespartei - die rote Mehrheit will genau das umsetzen, was ihre oö. Schwesterpartei verhindern will: den Verkauf weiterer Anteile am steirischen Energieversorger an die französische EdF.

Trotzdem halten wir die Unterschriftensammlung für eine nützliche Aktion, weil sie sich gegen die Privatisierung richtet. Darum hin zum Gemeindeamt bzw. Magistrat mit Lichtbildausweis und unterschreiben!

Doch mit der Unterschriftensammlung alleine ist es nicht getan. 81.569 Unterschriften sind erforderlich, damit im Landtag ein Antrag auf Abhaltung einer Bürgerbefragung eingebracht werden kann. Doch nur unter entsprechendem öffentlichen Druck wird die Landtagsmehrheit einem solchen Antrag zustimmen. Hier wären die Sozialdemokratie und auch die Gewerkschaften gefordert, solch einen Druck durch eine breite öffentliche Debatte und kämpferische Mobilisierungen zu erzeugen.

Grundsätzlich stünden die Chancen nicht schlecht, haben sich doch in einer von der Arbeiterkammer in Auftrag gegebenen IFES-Umfrage drei Viertel der OberösterreicherInnen gegen die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen ausgesprochen und 73 Prozent lehnen einen Verkauf der Energie AG ab. Auch zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen bekämpfen den geplanten Börsegang. Ob die Sozialdemokratie und die Gewerkschaften jedoch solche Mobilisierungen tatsächlich wollen, darf bezweifelt werden. Wir werden jedenfalls unser Möglichstes in diese Richtung tun.

Quelle: GewerkschaftsaktivistInnennetzwerk OÖ

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