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Der „Anschlussturm“

  • Dienstag, 6. Januar 2015 @ 08:00
Antifa Den Linzer „Anschlussturm“, der 2007 mit einem Kommers gewürdigt wurde, bewertet das „Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes“ als „steinerne Anschlusspropaganda“ und damit als „permanenten Verstoß gegen den Staatsvertrag“.

Denn Artikel 4 des Staatsvertrages verpflichtet Österreich, „großdeutsche Propaganda“ zu verhindern. Entgegen den Behauptungen der Burschenschaften ist „Anschlussturm“ keineswegs eine harmlose geographische Bezeichnung.

Noch heute nennt die „Deutsche Burschenschaft“ den „Anschlussturm“ auf ihrer Homepage eine „Erinnerungsstätte daran, dass es über die Grenzen und die Einzelstaatlichkeit hinaus ein geistiges Band gibt, welches den gesamten deutschen Volks- und Kulturraum umfasst.“ Nicht zufällig weht über dem Turm fallwiese noch immer eine Fahne in den deutschen Farben Schwarz-Rot-Gold.

Am 12. Juni 1915 fasste der Verbandstag der Burschenschaft der Ostmark den Beschluss, „zu Ehren der gefallenen ostmärkischen Burschenschafter an einem geeigneten Ort an der Donau zu errichten“. Mit der Umsetzung dieses Beschlusses wurde der Verband Alter Burschenschafter Österreichs beauftragt.

Am 3. Dezember 1917 wurden die entsprechenden Immobilien in Linz gekauft.

Nach der am 5. August 1919 erfolgten Vereinigung deutscher und österreichischer Burschenschaften zur Deutschen Burschenschaft (DB) war diese auch für das Denkmal-Projekt zuständig.

Am 22. Jänner 1928 wurde dem „Denkmalausschuss“ der DB ein konkreter Plan vorgelegt. Nun sollte dem ganzen aber ein anderer (großdeutscher) Charakter zukommen: „In Würdigung des Umstandes, dass dem Denkmal an dieser Stelle als Werbung für den burschenschaftlichen und völkischen Gedanken eine besondere Bedeutung zukommt, beschloss dieser Ausschuss, dass der Turm in Linz von der Deutschen Burschenschaft zu einem Anschlussdenkmal zur Versinnbildlichung (...) der geistigen und kulturellen Einheit des deutschen Volkes ausgebaut werde.“ Tatsächlich sollte das zentrale burschenschaftliche „Gefallenengedenken“ in Eisen- ach (Wartburg) beheimatet bleiben.

Im Sommer 1932 wurde das Denkmal als Ausbau eines alten Festungsturmes fertig gestellt und am 15./16. Oktober 1932 feierlich eröffnet. In der „Festschrift“, welche anlässlich seiner „Weihe“ erschien, ist – stets mit Blick aufs „Altreich“ – wiederholt vom „Anschlussturm“ die Rede und es wurde am Turm die Inschrift „Ein Volk, ein Reich“ angebracht.

Nach dem erfolgten „Anschluss“ wurde die Parole am Turm „Ein Volk, ein Reich“ konsequenterweise mit „ein Führer“ vervollständigt, um dann nach dem vorzeitigen Ende des „Tausendjährigen Reiches“ ganz abgetragen zu werden.

Bis heute dient der „Anschlussturm“ dem völkischen (deutschnationalen und teilweise rechtsextremen) Milieu als Wallfahrtsstätte und ist als permanenter Verstoß gegen den Staatsvertrag, welcher in Art. 4 jede Propaganda für den „Anschluss“ verbietet, zu werten.

Der großdeutsche Gedanke hinter dem „Anschlussturm“ wird in Publikationen aus dem burschenschaftlichen Milieu bis heute offen ausgesprochen. So heißt es auf der Homepage der Deutschen Burschenschaft: „So stellt sich heute der Turm als Mahnmal für die Gefallenen beider Weltkriege dar, als Museum burschenschaftlicher Geschichte und burschenschaftlichen Gedankengutes und als Erinnerungsstätte daran, dass es über die Grenzen und die Einzelstaatlichkeit hinaus ein geistiges Band gibt, welches den gesamten deutschen Volks- und Kulturraum umfasst.“

Bezeichnend für die pangermanistische Ausrichtung ist auch jene Formulierung im offiziellen Vorstellungstext, wonach die im „Anschlussturm“ ausgestellte „Originalfahne mit ca. 150 Burschenbändern der Mitgliedsburschenschaften vom ‚Einigungsburschentag’ 1922 in Salzburg, an dem die Deutsche Burschenschaft und die Burschenschaft der Ostmark den 1919 in Eisenach vollzogenen Zusammenschluss feierlich bekräftigten“, von „besonderem ideellen Wert“ sei.

Wie ausgeprägt die Identifizierung mit dem nationalsozialistischen Angriffs- und Vernichtungskrieg offenbar nach wie vor ist, wird an einer im „Anschlussturm“ angebrachten Marmortafel deutlich. Auf dieser steht: „Gefallen – vermisst – an Wunden gestorben – vertrieben – erschlagen – in Lagern verdorben – für Heimat und Volk – weil sie Deutsche waren – so haben ihr Leben vieltausend gegeben.“

Daneben ist auf den offen revanchistischen Charakter des „Anschlussturmes“ hinzuweisen: Dort befindet sich u. a. eine „Gedenkraum für die im Ersten und Zweiten Weltkrieg verlorenen Hochschulen“. Daher ist eine kritische Debatte zur Geschichte dieser steinernen Anschlusspropaganda mehr als angebracht.


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