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Flucht ist kein Verbrechen

  • Donnerstag, 23. August 2007 @ 21:21
Österreich Positionspapier der KPÖ zur Asylpolitik

Mit dem von ÖVP, BZÖ und SPÖ 2005 gemeinsam beschlossenen Fremdenrechtspaket wurde die ohnehin schon sehr restriktive und von Menschenrechtsorganisationen laufend kritisierte österreichische Asylpolitik weiter verschärft.

Die Asylverfahren sind komplizierter geworden und dauern nun noch länger. Zusätzliche Formalhürden dienen nicht einem raschen sachgerechten Ergebnis sondern bloßem Zeitgewinn. Traumatisierte, gefolterte und andere „klassische“ politische Flüchtlinge hätten - ohne das bis hin zur Selbstaufgabe reichende Eintreten engagierter HelferInnen - überhaupt keine Chance.

37 Prozent der Asylverfahren dauern länger als drei Jahre, manche Verfahren sogar länger als zehn Jahre. Nach wie vor weigern sich mehrere Bundesländer strikt die AsylwerberInnen (Stand Mai 2007: 26.029) aliquot zur Bevölkerungszahl aufzunehmen. Außer Wien erfüllen nur Niederösterreich und Oberösterreich die Quote, Schlusslicht ist Kärnten mit 58 Prozent. Die Versorgungskosten teilen sich Bund und Länder im Verhältnis von 60:40 Prozent.

Die Schubhaft wurde zur Norm

Flucht ist kein Verbrechen, trotzdem werden viele Asylsuchende, darunter auch Traumatisierte und Jugendliche, in Schubhaft genommen. Mittlerweile ist die Schubhaft in Österreich nicht die Ausnahme, sondern die Norm. Die Idee einer Zwangsernährung hungerstreikender Schubhäftlinge ist darüber hinaus ein menschenrechtlicher Tabubruch. Durch eine perfektionierte Abschiebeberatung geben zahlreiche Flüchtlinge einen Berufungsverzicht ab, darunter auch gefolterte AsylwerberInnen. Bescheide werden ohne ordnungsgemäßes Verfahren erlassen. Zwischen direkter politischer Verfolgung und der Schutzverweigerung gegenüber politisch Verfolgten besteht übrigens lediglich ein gradueller Unterschied.

Rassistischer Diskurs

Angeheizt wurde der rassistische Diskurs höchstoffiziell durch die von der vormaligen Ministerin Prokop vorgelegten „Moslem-Integrationsstudie“, die unter den 400.000 muslimischen Menschen in Österreich angeblich 45 Prozent „Integrationsunwillige“ eruierte und damit die religiöse Komponente gezielt in die Fremdenfeindlichkeit einführte. Zielscheibe rassistischer Angriffe sind insbesondere AsylwerberInnen aus Afrika.

Mittlerweile in die Dutzende geht die Zahl der brutalen Übergriffe der Polizei, die jedoch von Politik und Medien gezielt bagatellisiert werden. „Man darf nicht vergessen, dass es sich um einen verurteilten Drogendealer handelt“, meinte etwa die frühere Innenministerin Prokop zynisch im Fall Bakary J., obwohl Polizisten rechtskräftig wegen Folterer verurteilt wurden. Verurteilte Drogendealer, so die Logik, müssen mit Folter halt rechnen.

Zerreißung integrierter Familien

Eine wesentliche Auswirkung des Fremdenrechtspakets ist, dass seit Jahren in Österreich lebende und im örtlichen Umfeld integrierte Familien menschenrechtswidrig, bürokratisch und inhuman auseinander gerissen und zu AbschiebekandidatInnen werden. Von Abschiebungen betroffen sind besonders auch asylwerbende EhepartnerInnen, gegenüber denen ein „Generalverdacht“ erhoben wird, die Ehe nur wegen des Aufenthaltstitels eingegangen zu sein. Gespräche mit der Initiative „Ehe ohne Grenzen“ verweigert das Innenministerium.

Vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen

Flüchtlinge kommen nach Österreich mit der Hoffnung auf ein besseres Leben, sie kommen hierher auf der Suche nach Arbeit um ihr Leben zu finanzieren. Ein Fünftel der AsylwerberInnen verfügt über einen Hochschulabschluss, dürfen aber höchstens als ErntehelferInnen arbeiten. Sie müssen mit einem monatlichen Taschengeld von 40 Euro auskommen und sind – anders als etwa in Schweden – gleichzeitig dezidiert vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen.

Dadurch wird ihnen die Möglichkeit genommen, selbst für ihren Lebensunterhalt aufzukommen und ihnen ein menschenwürdiges Leben verunmöglicht. Dies führt bei langwierigen Asylverfahren zu einer gezielten Dequalifizierung und hat durch fehlendes Einkommen oft auch negative Auswirkungen auf die Betroffen und fördert auch die von den Populisten beklagte Kriminalität.

Feindbild AsylwerberInnen

Die etablierten Parteien betreiben Asylpolitik als Vehikel zur Pflege von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Angetrieben von den Rechtsaußen-Parteien FPÖ und BZÖ sehen auch die Großparteien ÖVP und SPÖ das Fremdengesetz unter dem Gesichtspunkt, am Stammtisch punkten zu können. Im Zusammenhang mit dem seit Jahren geführten „Sicherheitsdiskurs“ hat sich eine Gleichsetzung von AsylwerberInnen mit Kriminalität entwickelt und wird von bestimmen politischen Kräften im Einklang mit manchen Medien systematisch gepflegt.

Die Drittlandsklausel verweigert vielen AsylwerberInnen von vornherein eine Asylgewährung, da Österreich von „sicheren“ Staaten umgeben ist. Die Glaubhaftmachung einer Verfolgung durch AsylwerberInnen scheitert vielfach an bürokratischen Auslegungen. Vielen Flüchtlingen bleibt mangels gültiger Dokumente nur die illegale Einreise.

Im Wahlkampf 2006 forderte BZÖ-Chef Westenthaler die Abschiebung von 300.000 AusländerInnen, sein Kontrahent FPÖ-Chef Strache machte Stimmung gegen eine türkische Überfremdung unter dem Motto „Daham statt Islam“. Der BZÖ-Generalsekretär Gross setzt im Grazer Gemeinderatswahlkampf unter dem Motto „Das BZÖ wird Graz säubern – mit Besen, Kärcher und neuen Gesetzen“ voll auf eine reaktionäre Mixtur von Fremdenfeindlichkeit und verlogenem Sicherheitsdiskurs.

Mittlerweile hat sich ein parteiübergreifendes Engagement in zahlreichen Orten gegen die Zerreißung integrierter AsylwerberInnenfamilien entwickelt und sogar Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung kritisieren die Auswüchse des Fremdenrechtspakets. Dem steht die harte Haltung von Innenminister Platter, ÖVP-Generalsekretär Missethon und SPÖ-Landeshauptfrau Burgstaller für die Beibehaltung und Verschärfung des Fremdenrechts gegenüber. Ein Bleiberecht in Einzelfällen nach einer Bedarfsprüfung ist freilich keine Lösung. Notwendig sind allgemeine für alle AsylwerberInnen bundesweit geltende Regelungen, eine Delegierung der Entscheidungsbefugnis auf die Landeshauptleute ist der falsche Weg.

Restriktive Politik wird fortgesetzt

Im Koalitionsabkommen von SPÖ und ÖVP wurde die schon seit 1997 zynisch als „Integrationspaket“ definierte Strategie neuerlich festgeschrieben. Neben der Optimierung der Abschiebepraxis unter dem Titel eines scharfen Vorgehens gegen illegale Migration, Bekämpfung von Menschenhandel und Schlepperkriminalität soll ein Asylgerichtshof geschaffen werden. Ein Schwerpunkt wird auf den zweifellos notwendigen und sinnvollen Spracherwerb gelegt. Wie die jüngste Debatte um Deutschkurse und ein verpflichtendes Vorschuljahr zeigt, steht dabei jedoch die Restriktion vor der Förderung und akzeptablen Angeboten.

Die fremdenfeindliche Spirale durchbrechen

Entgegen allen populistischen Behauptungen ist Österreich sehr wohl ein Einwanderungsland. Mit 13 Prozent liegt der Anteil der im Ausland geborenen Bevölkerung genauso hoch wie in den USA, die als klassisches Einwanderungsland gelten. Nur in Luxemburg, Australien, der Schweiz, Neuseeland und Kanada liegt dieser Anteil höher als in Österreich. Der Bevölkerungszuwachs der vergangenen Jahre kam bereits zu neun Zehntel durch Zuwanderung zustande. Mit 2,7 Asylsuchenden pro tausend Einwohner weist Österreich sogar den höchsten Wert der OECD-Länder auf.

AsylwerberInnen dürfen nicht länger als Sündenböcke für parteipolitische Profilierung und zur systematischen Verhetzung missbraucht werden. Zu lange schon lassen sich die beiden Großparteien treiben und passen sich ebenso wie teilweise sogar die Grünen den Vorgaben der rechtspopulistischen Parteien an. Diese Spirale muss endlich durchbrochen werden.

Eine verantwortungsvolle Asylpolitik muss jedoch auf eine langfristige und vorausschauende Gestaltung des Zusammenlebens zielen. Im Interesse von AsylwerberInnen, ZuwanderInnen und hier Geborener. Eine verantwortungsvolle Fremdenrechtspolitik muss Andersdenkende von vernünftigen Maßnahmen überzeugen und ist mit symbolischer Klientelbefriedigung unvereinbar.

Die wichtigsten Punkte dabei sind
* die Aufhebung des Fremdengesetzpakets von 2005,
* der Abschluss von Asylverfahren nach maximal einem Jahr mit anschließendem Bleiberecht,
* die Abschaffung der Schubhaft,
* freier Zugang für AsylwerberInnen zum Arbeitsmarkt und
* die Legalisierung illegaler Flüchtlinge.
Strikt abgelehnt wird von der KPÖ die Errichtung eigener Schubhaftzentren, wie z.B. in Leoben geplant.

KPÖ-Bundesausschuss 23. August 2007

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