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Theresia Reindl (1910-1989)

  • Sonntag, 15. April 2007 @ 19:46
Biografien Noch wenige Tage vor ihrem Tod hatte Theresia Reindl (geboren 1910, gestorben am 15. April 1989) mit KameradInnen im KZ-Verband über die bevorstehende Befreiungsfeier im KZ Mauthausen gesprochen und gemeint, sie möchte dabei sein ”wenn ich noch einmal hinaufschnaufen kann”. Die KameradInnen hatten sie beruhigt und ihr angetragen, daß man sie selbstverständlich im Auto mitnehmen werde. Aber dann hatte ihr Herz doch nicht mehr durchgehalten und für immer zu Schlagen aufgehört.

Mit dem Tod von ”Resi” Reindl war ein Leben zu Ende gegangen, das geradezu exemplarisch für ein Leben im 20. Jahrhundert steht, in einer Zeit der Stürme und ungeheuren Opfer. Und wenn das Herz von Resi Reindl schließlich müde geworden ist, dann sollte bedacht werden, welche gewaltigen Lasten es zu tragen hatte in einem Leben, dessen Spanne nüchtern mit dem Wort Zeitgeschichte höchst unzulänglich umschrieben wird.

Theresia Reindl stammte aus einer Arbeiterfamilie, die in ihrer kämpferischen Haltung sozusagen eine Jahrhundertfamilie war und auf die nicht von ungefähr die Literatur über das hundertjährige Bestehen der Sozialdemokratie im Jahre 1989 zurückgreifen mußte, als Beispiel für die heroischen Kampfjahre der alten Arbeiterbewegung. Schon in die Kindheit von Resi Reindl fielen wichtige und tief einschneidende Ereignisse.

Der Vater war führend an einem großen Streik der Schiffswerftarbeiter im Jahre 1911 beteiligt und wurde daraufhin gemaßregelt, verlor seinen Arbeitsplatz und wurde aus Linz ausgewiesen. Seine revolutionäre Gesinnung hinderte aber die Militärbehörden keineswegs, eher dürfte sie zur Beschleunigung beigetragen haben, daß der sechsfache Familienvater 1914 sofort einrücken mußte und schon bald in Przemysl gefallen ist.

Da existiert noch ein Bild, das die ganze, aber schon vaterlose Familie zeigt, mit Trauerflor im Haar und am Arm, über den Tod des Vaters und die kleine Resi blickt als Kind von etwa fünf Jahren neugierig in die Welt. Die Welt aber, in der sie aufgewachsen ist, war eine Welt des tausendfältigen Sterbens im Krieg, des Hungers, der Wirtschaftskrisen und der Arbeitslosigkeit und der sozialen Unterdrückung. Resi war lange Zeit im Spitalsdienst tätig und lernte auch hier die tragischen Seiten des Lebens kennen. Gleichzeitig war sie, wie die ganze Familie, schon in der Jugend fest in der Arbeiterbewegung verankert.

Nach 1934 kam sie zusammen mit ihren Brüdern Alois und Fritz Gröblinger in die KPÖ, der sie dann ein ganzes Leben lang unerschütterlich die Treue bewahrt hat. Die Zeiten waren bewegt und sie waren gefährlich. Ein Bruder ging in die Emigration und ist im spanischen Bürgerkrieg auf der Seite der Republik und der Freiheit gefallen. Der andere Bruder war ständig verfolgt und vielemale eingekerkert, sie selbst war illegal tätig, leistete wichtige Kurierdienste und war das Verbindungsglied zum unvergessenen in Mauthausen ums leben gekommenen KPÖ-Landesobmann Sepp Teufl. Ihre Schwester kam ins Gefängnis.

Für Resi Reindl war das Jahr 1938 und der ”Anschluß” an Nazideutschland nämlich nicht etwas, dem man ”freudig zustimmen” konnte, sondern eine Verschärfung der Gefahren, denn für sie und für alle KommunistInnen lag es auf der Hand, daß Hitler nun mit Volldampf dem Krieg zusteuerte.

Zusammen mit ihrem Gatten, dem Lokführer Karl Reindl (geboren am 20. Februar 1913, Konditor, später Lokführer, 1934 wegen Hochverrat verhaftet, 1940 Mitglied der illegalen Landesleitung der KPÖ, am 29. April 1945 auf Weisung von NSDAP-Gauleiter Eigruber im Konzentrationslager Mauthausen ermordet) arbeitete Resi weiter illegal und half mit, ein Netz zu schaffen für den aktiven Widerstand gegen den Krieg und für die Freiheit Österreichs. 1944 wurde sie verhaftet, ebenso wie ihr Mann.

Im Frauengefängnis Kaplanhof, wo sich heute die Pädagogische Akademie des Bundes befindet, machte sie den verheerenden Bombenangriff mit, dem zahlreiche Frauen zum Opfer fielen. Und während sie selbst im Lager Schörgenhub schmachtete, wurde ihr Mann Karl Reindl noch am 29. April 1945 auf direkten Befehl des blutbefleckten Gauleiters August Eigruber ermordet. In Schörgenhub war sie die letzte Gefangene, die eine andere tapfere Kämpferin, Gisela Tschofenig-Taurer, lebend gesehen hat, denn am nächsten Tag, nachdem Gisela aus dem Lager gebrach wurde, bemerkte Resi, daß die Aufseherin bereits die Schuhe der Ermordeten trug.

Aus solchen grauenvollen Einzelheiten setzt sich Zeitgeschichte zusammen. Es gehört ein großes und starkes Herz dazu, solche Zeiten ohne Licht und Brot durchzustehen, aufrecht, wachsam und geschmeidig zu bleiben, sich selbst treu und seinen Idealen. Wer das alles mitgemacht hat, der braucht wahrlich keine Belehrung über Demokratie und Freiheit, im Gegenteil, sie kann, wie Resi Reindl vielmehr Lektionen darüber erteilen, über Charakterstärke und Pflichterfüllung im Dienste Österreichs und der Arbeiterklasse.

Der kämpferische und politische Weg von Resi Reindl ist jedoch nur die eine Seite ihres langen Lebens. Es gilt auch zu würdigen, was für ein guter Mensch sie gewesen ist. Ganze Generationen von einstigen Kindern erinnern sich an sie, als unermüdliche Helferin bei den Kinderland-Erholungsaktionen in Kirchschlag. Sie, die heute selbst schon Frauen und Männer sind, reden von ihr als der berühmten ”Tante Resi”, die mit Strenge und doch unendlich viel Verständnis für die kindlichen Wünsche und Bedürfnisse viele Jahre Klang ihres Amtes gewaltet hat. Alle drei ”Andi” Enkel und Kinder der Nichten hat sie heiß geliebt und sie mit großer Fürsorglichkeit umgeben, wie eine vorbildliche Oma und auch diese einstigen Kinder werden das gute Andenken an Resi weitertragen.

Resi Reindl war viele Jahre lang im Bund Demokratischer Frauen tätig, in der Organisation Kinderland und im KZ-Verband. Überall hat sie aktiv mitgewirkt mit Hingabe und sarkastischem Humor. Sie hat gerne gesungen und bis ins hohe Alter Sport betrieben und dabei Erholung gefunden. Trotz der ungemein harten Schläge, die auf sie niedergegangen sind, hat sie sich ein mitfühlendes Herz bewahrt und davon auch immer ihrer Umgebung reichlich und hilfsbereit abgegeben. Es war nicht nur ein hartes und tapferes Leben, das sich in Resi Reindl vollendet hat, sondern auch ein reiches Leben, trotz alledem und alledem.

Franz Kain, Nachruf beim Begräbnis von Theresia Reindl, 20. April 1989

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