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Memorandum zum Kominformkonflikt

  • Mittwoch, 17. September 2008 @ 08:00
Geschichte Memorandum des Bundesvorstands der KPÖ zum Kominformkonflikt 1948 anlässlich des 50. Jahrestages des Bukarester Beschlusses der kommunistischen und Arbeiterparteien.

Die slowenische antifaschistische Befreiungsfront war in Kärnten die breiteste bewaffnete Widerstandsbewegung und -Organisation gegen die Naziherrschaft. Ihre Existenz, an die 1.000 Gefallene und Opfer aus ihren Reihen dienten nach 1945 bei den Verhandlungen um die Wiedererstehung Österreichs genauso als Beleg für den von den Alliierten geforderten eigenständigen Beitrag Österreichs zu seiner Befreiung wie der Widerstandkampf und die Opfer der österreichischen Kommunisten und Kommunistinnen sowie Angehöriger anderer Parteien und Weltanschauungen.

Basis für die Entwicklung der slowenischen Befreiungsfront in Kärnten war die Verbindung des seit Jahrzehnten existierenden slowenischen Netzwerks im ländlichen Gebiet mit der unter der Führung der jugoslawischen bzw. slowenischen KommunistInnen sich herausbildenden Befreiungsfront im okkupierten Jugoslawien. Die von der KPÖ inspirierte, geleitete oder mit ihr im Zusammenhang stehende Widerstandsbewegung stand zur slowenischen Befreiungsfront in einem engen Naheverhältnis, was unter anderem auch in der Gründung der Österreichischen Freiheitsbataillone in Slowenien zum Ausdruck kam.

Sieht man von den sozial-emanzipatorischen Implikationen der slowenischen OF ab, verstand sie sich genauso wie die KPÖ-dominierte Widerstandsbewegung auch als nationale Befreiungsbewegung, allerdings aufgrund der historischen Erfahrungen mit dem deutschösterreichischen Nationalismus als slowenische. Sie orientierte sich auf die Herstellung der eigenen (slowenischen) nationalen Souveränität im Rahmen des neuen sozialistischen Jugoslawiens, d. h., für einen neuen Grenzverlauf im Süden Österreichs, und fand dabei Unterstützung in einem relevanten Teil der slowenischen Bevölkerung.

Obwohl diese Orientierung im Widerspruch stand zu jener der KPÖ, die sich als österreichisch-patriotische Partei verstand und mit dem Hinweis auf die Moskauer Deklaration nach Kriegsende auch gegenüber der Führung der KPJ jede Grenzänderung ablehnte, stand sie nach Kriegsende einer Eingliederung Kärntner slowenischer Kommunistinnen und Kommunisten in die KPÖ nicht im Wege. Das Engagement der slowenischen Mitglieder für einen Anschluss Südkärntens in Jugoslawien wurde von Seiten der KPÖ-Führung nicht gebilligt, aber stillschweigend geduldet. Auf diese Weise wurde der Widerspruch in den nationalen Orientierungen zwar eingedämmt, jedoch nicht aufgehoben.

Mit der Bukarester Resolution des Informationsbüros der kommunistischen und Arbeiterparteien vom 18. Juni 1948, die den Führungsanspruch der sowjetischen Parteiführung gegenüber der jugoslawischen Partei- und Staatsführung durchsetzen sollte, in deren Folge die KPJ aus der kommunistischen Gemeinschaft exkommuniziert und ihre Mitgliedschaft zum Widerstand gegen die eigene Führung aufgefordert wurde, änderte sich die Situation grundlegend.

Die Sowjetunion und ihre Verbündeten kündigten unter Rechtsbruch alle vertraglichen Bindungen auf, brachen die diplomatischen Beziehungen ab, verhängten über Jugoslawien einen politischen und wirtschaftlichen Boykott. Die Kominformparteien starteten eine Kampagne zur politischen und ideologischen Verunglimpfung Titos und der KPJ. In den europäischen Ländern des sowjetischen Einflussbereiches zog der Antititoismus jahrelang eine blutige Spur.

Obwohl die KPÖ kein Mitglied des Kominformbüros war, unterstützte sie die Resolution. Sie erhob in Kärnten den Führungsanspruch über die slowenische Befreiungsfront und forderte von den slowenischen Mitgliedern, sich auf den Boden der Resolution zu stellen. Ihr überwiegender Teil weigerte sich, viele wurden ausgeschlossen, hunderte traten von selbst aus. Das war nicht nur ein gewaltiger Aderlass für die Landesorganisation, eine existenzielle Enttäuschung für viele, die im aktiven Widerstand gegen den Faschismus zu Kommunistlnnen geworden waren, sondern gleichzeitig auch ein großer Rückschlag für die Linke in der slowenischen Bevölkerung und ein Verlust für die fortschrittliche Bewegung in Kärnten und Österreich. Mehr noch: die darauf folgende Polemik der KPÖ wurde derart aggressiv und diffamierend („Titofaschisten“, Agenten des Imperialismus“, „Verräter“) geführt, dass die Beziehung zur slowenischen Linken auf Jahre hinaus vergiftet wurde und ihre Folgen bis in die Gegenwart zu spüren sind.

Die Resolution des Kominformbüros und ihre kritiklose Unterstützung durch die damalige Führung der KPÖ wurde somit zunächst Anlass für eine nationale Spaltung innerhalb der kommunistischen Bewegung und anschließend für eine Ausgrenzung des slowenischen Teils aus der KPÖ. Der aufgrund konkreter geschichtlicher Umstände innerhalb der KPÖ wirkende Widerspruch zwischen österreichischer und slowenischer nationaler Orientierung konnte nicht produktiv gelöst werden, sondern wirkte sich zerstörerisch und demoralisierend für beide Konfliktpartner aus.

Die schrittweise Verbesserung der Beziehungen zur KPJ bzw. zum BdK Jugoslawiens und Sloweniens nach 1953 war nicht mit einer parteioffiziellen Selbstkritik in Hinblick auf den Umgang mit den ehemaligen slowenischen Mitgliedern der KPÖ verbunden. Es kann auch heute nicht darum gehen, das sowjetische Sozialismusmodell zugunsten des jugoslawischen zu verdammen und umgekehrt - beide sind gescheitert. Worum es geht, ist eine Klarstellung bezüglich innerparteilicher Vorgänge in der KPÖ.

Ein Fehler der damaligen Führung der KPÖ - aus der damaligen Situation in der kommunistischen Bewegung erklärbar - war, dass Erkenntnisse aus dem Kominformkonflikt parteiintern weder gründlich vertieft und verallgemeinert noch öffentlich breit und wirksam vertreten worden sind.

Der Bundesvorstand der KPÖ bedauert die Haltung der damaligen Führung. Er spricht allen jenen slowenisch sprechenden Antifaschisten und Antifaschistinnen und ihren Angehörigen, die sich von den gehässigen Tönen der Kominform-Polemik nicht beirren ließen und ungeachtet der Ausgrenzung durch die KPÖ-Führung auch weiterhin für Völkerfreundschaft, nationale Gleichberechtigung und sozialen gesellschaftlichen Forschritt tätig waren und sind, seine Anerkennung und Hochachtung aus.

Beschlossen vom Bundesvorstand der KPÖ am 50. Jahrestag der Bukarester Resolution des Informbüros vom 17. September 1949. Anlässlich des Empfanges für Angehörige der slowenischen antifaschistischen Widerstandsgeneration am 18. Dezember 1999 in Klagenfurt vom Bundesvorsitzenden Walter Baier dem Obmann des Verbands der Kärntner PartisanInnen Peter Kuchar und dem stellvertretenden Obmann Lipej Kolenik überreicht. Drei Tage danach vom Landesvorstand des Verbands der Kärntner PartisanInnen einstimmig gebilligt und zur Kenntnis genommen.

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