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Der kalte Krieg und das Kommunistische Informationsbüro

  • Samstag, 15. September 2007 @ 08:00
Geschichte Am 15. September 1947 wurde das „Informationsbüro der Kommunistischen und Arbeiterparteien“ (Kominform) gegründet, das bis 1956 bestand. Mitglieder des Kominform waren die Kommunistischen Parteien der Sowjetunion, von Polen, Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien (bis 1948), Albanien (ab 1947), Frankreich und Italien. Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) erhielt nach der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) 1949 Beobachterstatus. Sitz des Kominform war anfangs Belgrad, nach dem Ausschluss Jugoslawiens 1948 wurde der Sitz nach Bukarest verlegt. Nachstehend ein Auszug aus dem Artikel „Internationale kommunistische Bewegung: Vom VII. Kongress der Komintern bis zum XX. Parteitag der KPdSU“ von Harald Neubert zur Geschichte des Kominform.

I.

Wie bereits gesagt, kamen die Grundpositionen und Orientierungen des VII. Kongresses erst nach der Auflösung der Komintern wieder zum Tragen. Es handelte sich in der Endphase des Kampfes gegen den Faschismus in den meisten der betroffenen kapitalistischen Länder um die Orientierung auf eine breite antifaschistische Bündnispolitik und auf die Verteidigung der Demokratie ohne unmittelbare sozialistische Zielstellung. Dies war besonders der Fall in Italien und Frankreich, wo sich die kommunistischen Parteien in die vorderste Front der antifaschistischen Widerstands- und Befreiungsbewegungen einreihten und mit anderen antifaschistischen Kräften verbündeten.

Im Unterschied hierzu verstanden die Kommunisten in Jugoslawien und Griechenland den Kampf gegen die faschistische Okkupation, für Frieden und nationale Unabhängigkeit zugleich als Kampf für eine sozialistische, proletarische Revolution, der im Falle Jugoslawiens erfolgreich war, im Falle Griechenlands mit einer Niederlage endete. Stalin hatte in beiden Fällen aus außenpolitischer Staatsräson die Verknüpfung des antifaschistischen Befreiungskampfes mit der sozialistischen revolutionären Option nicht gebilligt und demnach auch nicht unterstützt, was ihm generell von links, so vor allem von Trotzkisten, den Vorwurf einbrachte, er habe Verrat an der Sache der Revolution geübt.

Auch verbreitete sich nach dem zweiten Weltkrieg in mehreren Ländern wie auch international ein Streben, die Spaltung zwischen den beiden Hauptströmungen der politischen Arbeiterbewegung abzubauen und nach Möglichkeit zu überwinden. Dies war vor allem das bestreben der kommunistischen Bewegung, an den Erkenntnissen des VII. Kongresses der Komintern anknüpfend, die Aktionseinheit, vor allem mit den Sozialdemokraten, und breite Bündnisse mit antifaschistischen bürgerlichen Kräften zustande zu bringen. Dies geschah vor allem infolge der bitteren Erfahrungen mit dem Faschismus und der positiven Erfahrungen im antifaschistischen Widerstandskampf. Es dominierte zunächst die Überzeugung, man müsse den Kapitalismus überwinden, da dieser mit seinen aggressiven imperialistischen Ambitionen für die zwei Weltkriege die Verantwortung trüge.

Von großer Bedeutung war, dass die UdSSR als sozialistisches Land nicht nur dem Angriff des deutschen Faschismus standgehalten hatte, sondern den Hauptbeitrag zu seiner Zerschlagung geleistet hatte. Sie besaß am Ende des zweiten Weltkrieges ein sehr hohes internationales Ansehen. Diese hoffnungsvollen Ansätze einer Wiederannäherung von kommunistischer und sozialdemokratischer Arbeiterbewegung wurden jedoch sehr bald zerstört. Dies hatte mehrere Gründe: Beide Strömungen erwiesen sich dialogunfähig und beharrten auf ihren überlieferten ideologischen Maximen. Dies betraf vor allem das völlig unterschiedliche Verständnis des Verhältnisses von Sozialismus und Demokratie.

Sodann wurden kurz nach dem Kriege beide Strömungen der Arbeiterbewegung in die machtpolitische Blockspaltung und in den kalten Krieg einbezogen, jede auf einer anderen Seite der neuen Frontlinie. Es kam zur nationalen und internationalen Polarisierung der politischen Kräfte in Europa, also zur Parteinahme für die eine oder andere Seite. Verbunden war dies mit gegenseitigen Fehlwahrnehmungen hinsichtlich angeblicher militärischer Aggressions- und Expansionsabsichten. Eine Ausnahme bildete bis in die zweite Hälfte der 50er Jahre die Italienische Sozialistische Partei unter Pietro Nennis Führung, in der polarisierten Welt auf entgegengesetzten Seiten der Frontlinie.

Die erneute unversöhnliche Gegnerschaft zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten gründete sich also auf unterschiedliche Wertvorstellungen von Demokratie, Menschenrechten und Sozialismus, schließlich auf ein entgegengesetztes Verhältnis zum Kapitalismus und zum realen Sozialismus. Sie schloss jeglichen Gedanken an einen verbindenden Internationalismus und an übereinstimmende Vorstellungen von sozialem Fortschritt aus. Von großer Bedeutung war zunächst auch eine neue Orientierung für den Kampf um Sozialismus. In Anbetracht der Möglichkeit, dass sich neue Staaten zum Sozialismus entwickeln, bekannte man sich zur Vielfalt von („nationalen“) Wegen des Übergangs, und zwar auch ohne Diktatur des Proletariats und ohne Übernahme des sowjetischen Modells. Damit schien sich bei aller Halbheit eine gewisse Pluralisierung in der kommunistischen Bewegung und ein Abbau wesentlicher Differenzen mit der Sozialdemokratie abzuzeichnen.

II.

Viele der neuen Politikansätze entsprachen einer Euphorie, die nicht lange anhielt. 1946-47 zerbrach die Antihitlerkoalition der Alliierten. Es kam zur Ost-West-Konfrontation und zum kalten Krieg. Der Grund bestand vor allem in der Furcht der Westalliierten vor dem internationalen Prestige- und Einflussgewinn der UdSSR, vor der Ausbreitung des Sozialismus und dem Anwachsen der kommunistischen Parteien in den kapitalistischen Ländern. Bekanntlich war der Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki zu einer Zeit, als der Krieg gegen Japan bereits entschieden war, ein Bedrohungssignal der USA an die Adresse der UdSSR.

Die Sowjetunion sah sich deshalb angesichts der von den USA ausgehenden atomaren Bedrohung und der Gefahr eines dritten Weltkrieges - zu recht oder zu unrecht - gezwungen, in Verteidigungsstellung zu gehen, sich jeder Öffnung zu verweigern und die unter ihrem Einfluss stehenden Kräfte rigoros an sich zu binden. Es kam zu einer derartigen internationalen Polarisierung der politischen Kräfte, dass neutralen Kräften jeglicher Boden entzogen wurde und alle politischen Kräfte zur Parteinahme für die eine oder andere Seite gezwungen wurden. Sowohl in den USA wie in der Sowjetunion kam es zur massenhaften Verfolgung und Repression von Leuten, die sich nicht fügten, die sich nicht in das Schema der Polarität einordnen ließen.

Gegenüber den kommunistischen Parteien der Welt wurde in diesem Sinne der Führungsanspruch der Stalinschen KPdSU wieder verstärkt. Ihre Parteinahme für die UdSSR im kalten Krieg wurde rigoros durchgesetzt. Im September 1947 wurde das Kommunistische Informationsbüro (Kominformbüro) gegründet, dem allerdings nur wenige auserwählte Parteien angehörten. Neben der KPdSU waren es die Parteien aus Bulgarien, der CSR, Jugoslawien, Polen, Rumänien, Ungarn sowie aus Frankreich und Italien. Die weltweite kommunistische Bewegung war damit nicht repräsentiert, obwohl das von der KPdSU dominierte Kominformbüro de facto, vor allem in ideologischer Hinsicht, einen Universalitätsanspruch gegenüber der ganzen Bewegung beibehielt.

In diesem Sinne bestand also in Anbetracht der internationalen Kräftepolarisierung die Funktion des Kominformbüros darin, die kommunistischen Parteien in eine einheitliche politisch-ideologische Frontlinie auf Seiten der UdSSR zu bringen. Dem entsprach die Einschätzung, dass die Welt in zwei feindlich gegenüberstehende Lager gespalten sei, wie es tatsächlich bereits der Fall war. Ohne hier konkret auf die Ursachen der Frontenbildung und Spaltung einzugehen, muss betont werden, dass die wesentlichen Impulse hierzu vom Westen, von den USA ausgingen.

Offiziell wurden die Aufgaben des Kominformbüros darin gesehen, dass sie „in der Organisierung des Erfahrungsaustausches zwischen den Parteien und nötigenfalls in der Koordinierung ihrer Tätigkeit auf der Grundlage gegenseitigen Übereinkommens bestehen“ sollten. Dass das Kominformbüro aber den Zweck haben sollte, die „Weltrevolution“ voranzutreiben und damit Revolutionsexport in die westlichen Länder vorzubereiten, war eine unbegründete antikommunistische Unterstellung, die wohl vordergründig die Formierung eines westlichen antisowjetischen Bündnisses rechtfertigen sollte. Gebildet wurde ein zentrales Büro aus Vertretern der beteiligten Parteien, das bis 1948 seinen Sitz in Belgrad hatte und nach dem Zerwürfnis mit den jugoslawischen Kommunisten nach Sofia umsiedelte. Es hatte zwar den Anschein, dass auch in der kommunistischen Bewegung der Zentralismus durch die Gleichberechtigung der Parteien ersetzt worden wäre. In Wirklichkeit ging es um die Erneuerung bzw. Zementierung der unanfechtbaren Führungsrolle der KPdSU in der internationalen kommunistischen Bewegung. Der Weg der Demokratisierung, Pluralisierung und der Anerkennung bestehender unterschiedlicher Interessen in der kommunistischen Bewegung war erneut versperrt.

Schon auf der Gründungstagung 1947 war es im Geiste ideologischer Unversöhnlichkeit und Missachtung der Eigenständigkeit von Parteien zu einem Eklat gekommen, der das unveränderte disziplinierende Internationalismusverständnis bestätigte: Im Mai 1947, also zu Beginn des kalten Krieges, waren in Italien und Frankreich die Vertreter der kommunistischen Parteien auf amerikanischen Druck aus den Regierungen ausgeschlossen worden. Edvard Kardelj als Leiter der Delegation der Kommunistischen Partei Jugoslawiens nahm dies zum Anlass, beiden Parteien in sehr aggressiver und ideologisch orthodoxer Weise den Vorwurf parlamentarischer Illusionen, des Opportunismus, der unzulässigen Zusammenarbeit mit Kräften der Bourgeoisie, des Verzichts auf die Machtergreifung durch einen Aufstand, ungenügender Orientierung auf die Sowjetunion usw. zu machen.

III.

Im Jahre 1948 vollzog sich sodann offiziell und unerbittlich die Wende in der weiteren Entwicklung der kommunistischen Bewegung. Zunächst traf der Bannfluch des Kominformbüros, das heißt Stalins, ausgerechnet die jugoslawischen Kommunisten selbst, die sich bemerkenswerter Weise der KPdSU ideologisch sehr eng verbunden fühlten. Es begann eine feindselige ideologische und politische Kampagne gegen sie, nachdem Tito den Anspruch seiner Partei und seines Landes auf Gleichberechtigung mit der UdSSR und der KPdSU kundgetan hatte. Hierdurch wurde auch die Option nationaler Wege zum Sozialismus zunichte gemacht und als Ausdruck von Revisionismus unversöhnlich bekämpft. Adressaten der Angriffe waren vor allem der Führer der polnischen Partei, Wladislaw Gomulka, und das Führungsmitglied der SED, Anton Ackermann.

Im Kampf gegen den sogenannten Kosmopolitismus und gegen angebliche Westorientierung kam es zu sogenannten Säuberungen in den kommunistischen Parteien, der viele hervorragende Funktionäre ungerechterweise zum Opfer fielen. Dafür nutzte die Stalinsche KPdSU Ende der 40er, Anfang der 50er Jahre das Kominformbüro. Wiederum, wie schon in der zweiten Hälfte der 30er Jahre, wurde gegen prominente Kommunisten der Vorwurf des Verrats, der Verschwörung, der Zusammenarbeit mit dem Imperialismus und nunmehr auch der Vorwurf des „Titoismus“ erhoben. Der Höhepunkt dieser perfiden Kampagne waren spektakuläre Prozesse, in denen zum Beispiel in Ungarn Laszlo Rajk, bis 1949 Innenminister, in Bulgarien Traicho Kostov, Führungsmitglied der BKP und stellvertretender Ministerpräsident, in der CSR Rudolf Slansky, bis 1951 Generalsekretär der KPC, und viele andere zum Tode verurteilt und sodann hingerichtet wurden.

Das Kominformbüro musste schließlich scheitern, weil die von ihm angewandten Stalinschen Methoden zu verheerenden Resultaten führten, von denen sich die KPdSU-Führung nach Stalins Tode beschämend distanzieren musste, wenngleich das nur halbherzig geschah. Dies war auch der Grund, weshalb es nicht zu einer weltumspannenden Organisation ausgebaut werden konnte. Noch unter Stalin gab es einen solchen recht fragwürdigen Versuch, verbunden mit der Absicht, Togliatti zum Generalsekretär dieser Organisation zu berufen, der dies jedoch entschieden ablehnte. Nach dem XX. Parteitag der KPdSU wurde das Kominformbüro, das nur noch dem Namen nach existierte, wegen seiner unrühmlichen Rolle aufgelöst.

Quelle: Weg und Ziel Dossier Nr. 1, März 2002, Materialien zum Seminar der KPÖ 24./25. November 2001 in Reichenau

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