Willkommen bei KPÖ Oberösterreich 

EL-Vorstand zum EU-Reformvertrag

  • Sonntag, 8. Juli 2007 @ 12:37
Europa Nein zu einem minimalen Europa! Ja zu einem sozialen Europa!

Beschluss des Vorstandes der Partei der Europäischen Linken, Porto, 8.7.2007

1. Die Vereinbarung des Mandats für eine weitere Regierungskonferenz, die einen neuen EU-Vertrag ausarbeiten soll, wie es die Staats- und Regierungschefs auf dem jüngsten EU-Gipfel beschlossen haben, ist ein klares Zeichen dafür, dass das offizielle Europa der Verbesserung des Lebens seiner Bürger auch gegenwärtig keinen höheren Wert beimisst.

Die Regierungen haben entschieden, durch Ergänzung der früheren EU-Verträge den Hauptteil des Verfassungsvertrages, den das französische und das niederländische Volk abgelehnt haben, in den neuen Vertrag zu übernehmen. Die Partei der Europäischen Linken kritisiert diesen Beschluss aus zwei Gründen – der Methode und des Inhalts.

2. Für jeden ist ersichtlich, dass der wesentliche Inhalt unverändert bleiben soll. Das bedeutet, dass der Rat den sozialen und demokratischen Gründen für das Nein bei den Referenda in Frankreich und den Niederlanden keine Beachtung schenkt. Dem Rat ging es vor allem darum, den abgelehnten Vertrag zu retten und eine Mitsprache der Bürger zu vermeiden. Diese Entscheidung kann die wachsende Legitimationskrise der europäischen Institutionen nur weiter vertiefen. Was die Öffentlichkeit betrifft, so ist die Botschaft des Rates klar: Es hat keinen Sinn, unsere Vorschläge abzulehnen, wir werden sie trotzdem durchsetzen.

Die Partei der Europäischen Linken fordert ein Referendum in allen EU-Ländern als notwendige Voraussetzung für einen fairen und demokratischen Ratifizierungsprozess.

3. Der Rat hat sich gegenüber den Gründen für das französischen und das niederländische Nein taub gezeigt. Er hat vor allem den Stimmen Gehör geschenkt, die ein minimales Europa wollen, wo allein der Wille der Regierungen gilt.

4. Um seine Hauptziele zu erreichen – dass die neoliberale Agenda unangetastet bleibt, die EU weiterhin von einem Direktorium regiert wird und die Bürger nicht gefragt werden – hat der Rat die Idee einer Verfassung für Europa aufgegeben und zugleich den Weg zur Beteiligung der Bürger blockiert. Die EL besteht darauf, dass eine Politik des freien Marktes nicht vor Demokratie und Teilhabe der Bürger rangieren darf.

5. Die führenden Politiker Europas haben stets Wert darauf gelegt, die wichtigsten Gesetze und Prinzipien der Union in einem Dokument zusammenzufassen. Der Versuch, das Recht der Union in eine „Verfassung“ zu gießen, war allerdings die schlechteste Lösung. Jetzt haben sie ihr eigenes Vorhaben aufgegeben und schlagen statt dessen einen neuen Grundlagenvertrag vor, der die früheren EU-Verträge ergänzen und mit den nötigen Anlagen und Protokollen versehen soll. Das EU-Recht wird damit nur noch konfuser und undurchschaubarer werden.

6. In der so genannten Reflexionsperiode haben die EU-Führungsgremien davon gesprochen, dass ein „soziales Signal“ an die Europäer ausgesandt werden soll. Aber die beiden vom Rat kürzlich ausgesandten „Signale“ sind nichts als ein Schwindel. Zwar taucht der freie Wettbewerb jetzt nicht mehr unter den Zielen der EU auf. Aber mit einem Zusatzprotokoll soll garantiert werden, dass er das Hauptinstrument der wirtschaftlichen Integration bleibt. Der Europäische Gerichtshof wird dafür mit weitreichenden Vollmachten ausgestattet.

Das zweite Signal betrifft die Grundrechtecharta. Der Rat hat für das Mandat der Regierungskonferenz akzeptiert, dass selbst diese minimalistische Version der Grundrechte in der EU nicht mehr allgemeingültig sein soll. Zudem „erweitert die Charta den Anwendungsbereich des EU-Rechts nicht über die Vollmachten der EU hinaus und gründet, beziehungsweise modifiziert auch keine anderen Vollmachten und Aufgaben für die EU, die nicht in den Verträgen vorgesehen sind“. Mit anderen Worten, die EU soll nicht verpflichtet werden, etwas Neues zu unternehmen, um diese Rechte durchzusetzen. Was die Klimaveränderungen und die Umweltpolitik betrifft, so sind die Beschlüsse des Rates zu begrenzt, um den großen derzeitigen Problemen gerecht zu werden.

7. Die führenden Repräsentanten Europas behaupten, die Vereinbarung gewährleiste eine wirksame Außen- und Sicherheitspolitik. Das ist von der Wahrheit weit entfernt. Die Regierungskonferenz kann über die Außen- und Sicherheitspolitik der EU auch weiterhin nur mit Einstimmigkeit der Regierungen entscheiden. Das Europäische Parlament hat kein Recht auf Mitentscheidung. Die Europäische Linke kritisiert außerdem, dass die neue juristische Person für die EU keinerlei Konsequenzen im Hinblick auf ihre Mitgliedschaft in internationalen Institutionen, insbesondere in der UNO, haben wird. Wir wenden uns auch strikt gegen die Militär- und Verteidigungsstrategie, insbesondere gegen die Unterordnung der EU-Verteidigungspolitik unter die NATO.

8. Die Europäische Linke ruft alle ihre Mitgliedsparteien, Mitglieder und Aktivisten der sozialen Bewegungen auf, sich zu mobilisieren, um das Recht der Völker auf Entscheidung über die Zukunft der Europäischen Union durchzusetzen. Daher beschließt die Europäische Linke, eine groß angelegte Informationskampagne über den Inhalt der Beschlüsse des Europäischen Rates vom Juli zu starten.

Die EL beschließt, in mehreren Ländern Veranstaltungen und Debatten durchzuführen, um ihre Vorschläge für eine alternative Politik in der EU zu verbreiten.

Die EL ruft alle Mitgliedsparteien auf, die Durchführung einer gemeinsamen Kampagne, unterstützt von Petitionen für Referenda, in ganz Europa ins Auge zu fassen.

Schließlich kündigt die Europäische Linke eine öffentliche Veranstaltung während des Gipfels in Lissabon im Oktober an, der die Regierungskonferenz beenden und den neuen EU-Vertrag beschließen soll.

Themen