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Maria Ehmer (1910-1992)

  • Donnerstag, 15. Oktober 2015 @ 08:00
Biografien Maria Ehmer wurde am 15. Oktober 1910 in Gmünd (NÖ) als eines von elf Kindern einer Eisenbahnerfamilie geboren. Der Vater verlor im 1. Weltkrieg ein Bein und wurde mit einer geringen Pension frühpensioniert. Die Eltern starben 1941 im Alter von 56 bzw. 63 Jahren, vier Brüder und eine Schwester kamen im 2. Weltkrieg ums Leben.

Maria Ehmer besuchte fünf Klassen Volksschule und drei Klassen Bürgerschule. Bereits im Alter von sechs Jahren wurde sie Mitglied der Kinderfreunde, mit zwölf Jahren im Turnverein und bei der SAJ. Nach Absolvierung der Schulpflicht arbeitete sie eineinhalb Jahre in einer Wirkwarenfabrik, dann zwei Jahre als Verkäuferin in einer Tabakfabrik. Im Alter von 18 Jahren heiratete sie den Telefonarbeiter und SP-Funktionär Josef Ehmer und übersiedelte nach Gmunden, 1929 wurde ihr Sohn Bruno geboren.

Bereits 1930 wurden Maria Ehmer und ihr Mann Josef Mitglied der KPÖ und traten gleichzeitig aus der katholischen Kirche aus. Die Familie war bereits in der Zeit vor 1938 als kommunistisch bekannt und Josef Ehmer während des Ständestaates zweimal in Haft und arbeitslos gewesen. Im selben Jahr wurde ihr Mann entlassen und war bis 1939 wegen seiner politischen Tätigkeit arbeitslos. Während der Haft ihres Mannes blieb sie mit ihrem Sohn ohne jegliche Unterstützung zurück und erfuhr bereits in dieser Zeit den Zusammenhalt der kommunistischen Genossinnen als Rettung.

Nach der Machtübernahme durch die NSDAP beteiligte sich das Ehepaar Ehmer an Flugblattaktionen in Betrieben rund um Gmunden: „Flugblätter haben wir verteilt und abgezogen, wir haben alles miteinander gemacht, mein Mann hat sie in den Betrieben verteilt und in der Nacht haben wir sie in Briefkästen gesteckt, und da waren schon noch mehr Genossen, die alle mitgeholfen haben. Dann ist der Genosse Hohenberger eingesperrt worden, seine Frau und sein Kind haben halt nichts gehabt, jetzt haben wir halt Geld gesammelt, damit wir sie unterstützen konnten.“

Maria Ehmer hatte sich geweigert, der NS-Frauenschaft beizutreten oder sich an Sammlungen für das Winterhilfswerk zu beteiligen, und befürchtete bereits ihre Verhaftung, als Mitglieder der Roten Hilfe aus Gmunden und dem Salzkammergut festgenommen wurden.

Josef Ehmer wurde 1942 zur Wehrmacht einberufen und geriet in französische Gefangenschaft, aus welcher er erst 1946 heimkehrte. Das bedeutete eine schwere Zeit für die Familie, die Maria Ehmer als „schlimmsten Moment in ihrem Leben“ bezeichnete. Sie nahm viele Strapazen und Entbehrungen auf sich, um Flugblätter weiterzubefördern, Nachrichten für den antifaschistischen Widerstand entgegenzunehmen und Geld für die „Rote Hilfe“ zu sammeln, die sie an Cäcilia Spitzbart aus Gmunden weiterleitete, die sie dann an hilfsbedürftige Personen verteilte oder zum Teil auch an die versteckten Partisanen im Salzkammergut weiterleitete. Diejenigen, die unterstützt wurden, wussten in den meisten Fällen nicht, von wem das Geld stammte.

Dieses System der Konspiration sollte die Möglichkeit von Verrat und Erpressung bei Verhören eindämmen: „Im 43er, im 44er Jahr haben ja wir Frauen alles übernommen, was zuerst die Männer übergehabt haben. Hauptsächlich haben wir die Gelder für die Rote Hilfe gesammelt. Viele Männer sind eingesperrt gewesen oder im Krieg, und die Frauen haben nichts gehabt. So bin ich halt immer zu den Leuten sammeln gegangen, zum Bankdirektor, zu Geschäftsleuten in Gmunden, die keine Kommunisten waren, aber auch nicht bei den Nazis.“

Am 3. Oktober 1944 wurde Maria Ehmer in Gschwandt verhaftet und nach Linz transportiert. Sie wurde verdächtigt, für die Rote Hilfe tätig gewesen zu sein und ein kommunistisches Netzwerk aufrecht zu halten. Ihr 15-jähriger Sohn Bruno blieb mit der knappen Information „Bruno, sei tapfer, ich bin verhaftet“ allein zurück und wurde im März 1945 gerade 15jährig zum Volkssturm einberufen, blieb aber unversehrt. Gleichzeitig mit ihr wurden auch Cilli Spitzbart, Hilde Hohenberger und Fanny Kurz verhaftet, wobei letztere dem Bombenangriff auf das Frauengefängnis in der Kaplanhofstraße zum Opfer fielen.

In Linz wurde sie verhört, geprügelt und beschimpft. Sie wurde in das KZ Mauthausen gebracht, weiter verhört und geschlagen und in das Frauenlager nach Linz zurücküberstellt. Gemeinsam mit anderen inhaftierten Frauen konnte Maria Ehmer im Frauengefängnis Kaplanhofstraße durch Klopfsignale und Kassiber ein Informationssystem entwickeln, mit dem andere Frauen vom Wissenstand der Gestapo in Kenntnis gesetzt und über Foltermethoden und Gewaltausschreitungen informiert wurden.

Am 31. März 1945 wurde das Lager bombardiert und Maria Ehmer unternahm einen Fluchtversuch. Sie wurde aber von einer SS-Wache angeschossen und bleibt von vier Kugeln getroffen auf den brennenden Barackenteilen liegen. An diesen Verbrennungen litt sie bis zum Lebensende. Erst Stunden nach den Angriff wurde sie in ein Lazarett gebracht, wo sie nur durch die Hilfe zweier Krankenschwestern aus dem Salzkammergut überlebt hat.

Später berichtete sie: „Nachdem sie informiert waren, dass ich wegen Roter Hilfe von der Gestapo verhaftet wurde, so legte man mir nahe, als Soldatenfrau dürfte ich die Bitte um Entlassung aussprechen. Ich gab zur Antwort, dass ich keine Bitte habe. Kaltenbrunner fragte, ob ich Kinder habe, ich sagte einen Sohn 15 Jahre alt. Eigruber schrie mich an, dass dieser Bub auch geholt wird und ich Zuschauen darf, wie Er zugrunde geht. Eigruber holte sodann von meiner Zelle ein 15-jähriges Mädl heraus. Er besah sie von allen Seiten und sagte dann. So ein hübsches oberösterreichisches Bauerndirndl. Darauf das Mädl: Ich bin Russin. Eigruber zur Wachtmeisterin, was kann das Mädl denn angestellt haben, die lassen wir frei. Nun konnten wir wieder zurück in die Zelle. Alle waren wir aufgeregt, was wird geschehen? Das Russenmädel wurde nächsten Tag mit dem Auftrag: ‘Alles mitnehmen’, herausgeholt. Was mit Ihr geschah, erfuhren wir nicht. Ich hatte Angst, dass man meinen Sohn auch holt. Er wurde nicht verhaftet, aber er mußte mit 15 Jahren zum Volkssturm einrücken, wie ich später erfuhr. Von den Versprechung, dass alle Soldatenfrauen freigelassen werden, wurde nichts gehalten. Keine kam frei.“

Bis Mai 1945 war Maria Ehmer inhaftiert, nach einem anschließenden Spitalsaufenthalt kehrte sie erst im August 1945 schwer verletzt aus der Gefangenschaft heim und war künftig Hausfrau. Josef Ehmer nahm seine Arbeit als Telegrafenbediensteter wieder auf. 1948 wurde ihr zweiter Sohn Josef geboren.

In den folgenden Jahrzehnten gehörte sie zu den unermüdlich tätigen AktivistInnen der KPÖ, des BDF und des KZ-Verbandes im Bezirk Gmunden. Für ihren Beitrag im Widerstand wurde sie mit dem Ehrenzeichen um die Befreiung Österreichs ausgezeichnet. Maria Ehmer starb am 23. November 1992 im 83. Lebensjahr.

Quelle: Gugglberger Martina, „Versuche, anständig zu bleiben“...

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