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60 Jahre Betriebsrätegesetz: Eine Rückschau

  • Mittwoch, 28. März 2007 @ 09:35
Arbeit Vor 60 Jahren, am 28. März 1947, wurde vom Nationalrat das Betriebsrätegesetz beschlossen. Die KPÖ stimmte gegen dieses Gesetz, weil es keinerlei Mitbestimmungsrechter bei der Führung und Verwaltung der Betriebe vorsah. De facto bedeutete dieses Gesetz, dass die bis dahin ausgeübten Rechte der ArbeiterInnen in den Betrieben eingeschränkt, statt gesetzlich fixiert und ausgebaut wurden. In diesem Sinne hatte die KPÖ eine intensive Kampagne in den Betrieben und auch im Parlament geführt, konnte sich aber nicht gegen die Mehrheit von ÖVP und SPÖ durchsetzen.

Das 1947 beschlossene Gesetz gewährte den Betriebsräten keinen ausreichenden Einfluss auf Aufnahme und Entlassungen und bot ihnen selbst keinen ausreichenden Kündigungsschutz, es ging damit nicht über das seit 1919 bestehende Gesetz hinaus und fiel hinter real bestehende Rechte zurück, die nach der Befreiung vom Faschismus und der Übernahme der Verwaltung in zahlreichen Betrieben durch die Beschäftigten im Zuge des Wiederaufbaues entstanden waren.

Mit dem Gesetz von 1947 wurden vielmehr die de facto ausgeübten weit reichenden Rechte der ArbeiterInnenschaft empfindlich eingeschränkt und wichtige Grundlagen für wirtschaftpolitische Entscheidungen aus den Betrieben in gesetzlich genau geregelte partnerschaftlich zusammengesetzte Gremien und Institutionen verlagert. Zusammen mit anderen Maßnahmen bildete das Betriebsrätegesetz von 1947 daher einen Baustein im Zuge der kapitalistischen Restauration Österreichs nach 1945. Das Betriebsrätegesetz war also keineswegs jener Meilenstein, als der es vom ÖGB heute gepriesen wird, vielmehr eine Schiene zur sozialpartnerschaftlichen Kanalisierung der Lohnabhängigen.

Kleine Fortschritte gab es erst fast drei Jahrzehnte später mit dem am 1. Juli 1974 beschlossenen Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) mit dem auch die Rechte der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter im Betrieb etwas erweitert und die Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten und Gewerkschaften bzw. Arbeiterkammern rechtlich verankert wurde und mit dem ein Ausbau der Mitbestimmung im Betrieb erfolgte, der durch mehrere Novellierungen ausgebaut und erweitert wurde.

Nachstehend einige kritische Beiträge zur Entstehung des Betriebsrätegesetzes und zur Entwicklung der betrieblichen Mitbestimmung:

Beitrag A: Das Betriebsrätegesetz 1947 - eine Chance wird vertan

Im Verlauf des Jahres 1946 begann die Auseinandersetzung um das Betriebsräte- und Kollektivvertragsgesetz. Bereits am 15. Jänner 1946 wurde vom Sozialministerium die Beratung darüber aufgenommen.

Die Kommunisten forderten: »Schaffung eines fortschrittlichen Betriebsräte- und Kollektivvertragsgesetzes. Beseitigung aller die freie Entwicklung der Gewerkschaftsbewegung hemmenden gesetzlichen Bestimmungen, Streikverbot, Antiterrorgesetz und ähnliche, die Koalitionsfreiheit die Arbeiter und Angestellten einengende gesetzliche Bestimmungen müssen beseitigt werden.«

Im Einzelnen machten die kommunistischen Gewerkschafter für das Betriebsrätegesetz folgende Vorschläge:
1. Von einem neuen Betriebsrätegesetz müssen wir einen viel stärkeren Einfluss im ganzen Betrieb durch den Betriebsrat fordern. In erster Linie muss der Betriebsrat das Recht haben, bestimmend bei der Aufnahme und Entlassung von Arbeitnehmern mitzuwirken.
2. Es müssen nicht nur die gewählten Betriebsräte, sondern auch deren Ersatzmänner und die Betriebsratskandidaten gegen die Entlassung geschützt sein.
3. Die Betriebsräte haben das Recht, Lohnlisten zu überprüfen, Lohnauszahlungen zu kontrollieren, Einsicht in die Gehaltslisten der Direktoren, Prokuristen und Angestellten zu nehmen.
4. Versetzungen, Kündigungen von Arbeitnehmern, Auflassung des Betriebes, Verlegung des Betriebes nur mit Zustimmung der Betriebsräte und der zuständigen Gewerkschaft.
5. Der Betriebsinhaber ist verpflichtet, Beratungen über den Produktionsumfang, Planung, Betriebseinrichtungen, Geschäftspolitik, Gewerkschaftsaufträge mit dem Betriebsrat abzuhalten.
6. Recht des Betriebsrates, Einsicht zu nehmen in die Bilanz, Gewinne und Verluste. Bei statistischen Aufstellungen Auskünfte über die Grundlage der Bilanz, Kredite und flüssige Mittel, Einsicht in die Betriebskonten.
7. Mitbestimmungsrecht und Vetorecht des Betriebsrates hinsichtlich der Verteilung des Gewinnes, Dividenden, Tantiemen, ferner bei Einschränkungen oder Stilllegung des Betriebes.
8. Bei Aktiengesellschaften, in denen ein Betriebsrat an der Mitverwaltung teilnehmen kann, müssen solche gewählte Betriebsräte zu den Sitzungen beigezogen werden können, die nicht im Betrieb selbst arbeiten, sondern Angestellte der Gewerkschaft oder Arbeiterkammer sind und welche die Praktiken der Unternehmer auf Grund ihrer Schulung besser kennen.

Im Jänner 1946 stellten die kommunistischen Kammerräte Wiens den Antrag, dass die Arbeiterkammer einen eigenen Gesetzesentwurf ausarbeiten sollte. Damals war die Mehrheit dagegen. Später allerdings erkannte auch die Mehrheit im ÖAKT diesen Wunsch an: ein Unterausschuss wurde eingesetzt, um den Gesetzentwurf zu formulieren.

Die kommunistischen Kammerräte gehörten zu den aktivsten Mitgliedern des Unterausschusses; fast zu allen Paragraphen des Betriebsrätegesetzes kamen von ihnen Vorschläge oder Abänderungsanträge. In den Entwurf wurden auf Vorschlag der Kommunisten unter anderem so wichtige Punkte aufgenommen wie:
• Einbeziehung der Landarbeiter in das Betriebsrätegesetz,
• Einbeziehung der Jugend in das Betriebsrätegesetz,
• Aufnahmen, Kündigungen, Entlassungen und Versetzungen nur mit Zustimmung des Betriebsrates,
• Einsichtnahme durch die Betriebsräte in die Bilanz,
• gesetzlicher Schutz der Betriebsräte und der Kandidaten.

In dem Entwurf, den der Arbeiterkammertag dann dem Bundesministerium für soziale Verwaltung vorlegte, fehlten allerdings viele Punkte, die die Kommunisten für wesentlich hielten. So wird man zum Beispiel das Wort »Mitbestimmung« vergeblich suchen. Die Mehrheit hatte Angst vor zuviel Macht der Betriebsvertretungen und nahm deswegen die Forderung nicht in den Gesetzentwurf auf. Insgesamt war er aber trotzdem so fortschrittlich, dass es die kommunistischen Kammerräte mit ihrer politischen Haltung vereinbaren konnten, ihm zuzustimmen. Sie verpflichteten sich allerdings gleichzeitig, für eine weitere Verbesserung einzutreten und vor allem das Mitbestimmungsrecht für die Betriebsräte zu erkämpfen.

Im Jänner 1946 wurde der erste Entwurf des Betriebsrätegesetzes ausgearbeitet, im Parlament beschlossen wurde es 15 Monate später, im März 1947. Die Gewerkschaftsführung hielt es aber nicht für notwendig, die Meinung der Arbeiter einzuholen. Nur einmal, am 25. März, drei Tage vor der Annahme des Gesetzes, trat der Bundesvorstand aus seiner Reserve heraus und veröffentlichte eine Erklärung, in der er feststellte, »dass über die entscheidende Frage der Mitbestimmung der Betriebsräte bei Aufnahmen und Kündigungen keine Einigung erzielt werden konnte« und dass er »die Verantwortung für weitere Zugeständnisse in grundsätzlicher Hinsicht gegenüber den von den Vertretern der SPÖ im Unterausschuss vorgelegten Anträgen nicht übernehmen« könne.

Er drohte der ÖVP mit einer breiten Informationskampagne, falls keine Einigung über die bisher ausgehandelte Kompromisslösung zustande kommen würde. Entgegen ihrer Erklärung machte die SPÖ jedoch weitere Zugeständnisse, und zwar ohne die Mitglieder darüber zu informieren; diese erfuhren erst aus der Zeitung, was die Vertreter der ÖVP und SPÖ untereinander ausgehandelt hatten. So sah das Mitbestimmungsrecht der Mitglieder in den Gewerkschaften aus.

Während die SP-Presse das Betriebsrätegesetz als einen Sieg feierte und es den Arbeitern als das »beste Betriebsrätegesetz« anpries, verwies die ÖVP einfach auf die ursprüngliche Fassung des sozialistischen Initiativantrages und stellte mit Recht fest, dass es ihr gelungen war, alle Bestimmungen auszumerzen, die gegen den »Herr im Haus«-Standpunkt der Unternehmer gerichtet waren. »Der Grundsatz«, schrieb die »Österreichische Volkspresse« am 19. April 1947, »den Präsident Raab und die anderen Vertreter des Wirtschaftsbundes immer wieder verkündet hatten, >Der Unternehmer muss Herr in seinem Betrieb sein und bleiben<, konnte absolut aufrecht erhalten bleiben.« Die SPÖ hat gerade in der Frage der Mitbestimmung der Betriebsräte bei Aufnahmen und Entlassungen vollständig kapituliert.

Die kommunistischen Nationalratsmandatare stimmten gegen dieses Gesetz. Sie wurden deshalb von den SP-Führern als »Demagogen« bezeichnet. Welche Haltung hatten die Kommunisten wirklich eingenommen? Um eine einheitliche Stellungnahme der Arbeiterkammer und des Gewerkschaftsbundes herbeizuführen, hatten- sie ihre eigenen weitergehenden Forderungen zurückgestellt.

Sie waren bereit gewesen, den von der SP eingebrachten Initiativantrag, der zumindest in seinen wesentlichen Punkten dem Gutachten der Arbeiterkammer entsprach, zu unterstützen und für ihn zu stimmen. Aber die SP hatte ihren eigenen Antrag fallengelassen und sich mit der ÖVP gegen die Vorschläge der Arbeiterkammer verbündet. Nicht die Kommunisten, die bereit gewesen waren, für den sozialistischen Initiativantrag zu stimmen, verdienten die Bezeichnung als »Demagogen«, den vollen Anspruch auf diesen Titel hatten jene, die Anträge nur aus demagogischen Gründen einbrachten und nicht daran dachten, für ihre Durchsetzung zu kämpfen.

Unter Hinweis auf den Einfluss, den sich die Arbeiter und Angestellten nach dem Ende des faschistischen Unternehmertums in den Betrieben erobert hatten, stellten die Kommunisten klar, dass dieses Betriebsrätegesetz statt Fortschritt Rückschritt bedeutete: »Ob ein Gesetz fortschrittlich ist, messen wir auch daran, inwieweit es dazu beiträgt, bereits gewonnene Rechte gesetzlich zu verankern, und als Ausgangspunkt dienen kann, neue zu erobern.

In vielen Betrieben, besonders dort, wo .es die Unternehmer vorzogen, sich nach dem Westen abzusetzen, üben heute die Arbeiter einen entscheidenden Einfluss auf die Führung der Betriebe aus. Weit zahlreicher noch sind die Betriebe, in denen sie bei Aufnahmen und Entlassungen bestimmenden Einfluss besitzen. Das neue Betriebsrätegesetz hilft nicht, diese Errungenschaften zu verankern. Bereits heute beginnen die Unternehmer unter Berufung auf das Betriebsrätegesetz, den Arbeitern die gewonnenen Rechte streitig zu machen. Ein Gesetz, das von den Unternehmern für solche Zwecke benützt werden kann, ist nicht fortschrittlich.«

Die Kritik der Alpine-Betriebsräte

Am 29. März 1947 fand im Werkshotel in Donawitz eine Konferenz der Alpine-Betriebsräte statt; 226 Vertreter der insgesamt 2.400 Arbeiter und Angestellten aus allen Bereichen der Alpine Montan Gesellschaft waren bei dieser Konferenz anwesend. Als Betriebsratsobmann Eckmann aus Eisenerz gleich zu Beginn der Konferenz verlangte, das vom Nationalrat verabschiedete Betriebsrätegesetz auf die Tagesordnung zu setzen, fand dieser Antrag die Zustimmung der ganzen Konferenz.

Nach dem Referat eines sozialistischen Abgeordneten und Gewerkschaftssekretärs, der die sozialistische Politik verteidigte, kam es zu einer stürmischen Debatte, an der sich außer den kommunistischen Gewerkschaftern Pölzl und Hütter auch Betriebsratsobmänner aus den wichtigsten Alpine-Betrieben beteiligten. Pölzl sagte voraus, dass die Unternehmer versuchen würden, die Rechte der Betriebsräte mit Hilfe des neuen Gesetzes auf das bescheidene Maß zurückzuschrauben, das es vorsah; Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer hätten ein ganz anderes Gesetz gefordert. Es wurde darauf hingewiesen, dass es den Betriebsräten vor allem auch in mehreren Großbetrieben der Alpine gelungen war, sich durch die Einrichtung der Direktionsbeiräte ein weitgehendes Mitbestimmungsrecht bei der Führung der Betriebe zu sichern.

An der Diskussion beteiligten sich nur Kommunisten, während die sozialistischen Betriebsräte schwiegen. Sie hatten in ihrer Fraktionsversammlung den Auftrag bekommen, keine Stellungnahme abzugeben. Aber sie teilten die Meinung der Kommunisten, so dass folgende Resolution die Zustimmung der gesamten Konferenz fand:

»Die am 29. März 1947 in Donawitz tagende Konferenz der Betriebsräte aller Betriebe der Alpine Montan Gesellschaft protestiert gegen die Fassung des Betriebsrätegesetzes, wie sie am 28. März 1947 vom österreichischen Nationalrat beschlossen wurde. Die Konferenz vermisst im neuen Betriebsrätegesetz die Erfüllung der Forderungen der Arbeiter und Angestellten, welche vom Österreichischen Gewerkschaftsbund und dem Arbeiterkammertag gestellt wurden.

Das Mitbestimmungsrecht bei der wirtschaftlichen Führung der Betriebe, das Mitentscheidungsrecht bei Aufnahmen und Kündigungen von Arbeitern und Angestellten und ein entsprechender Schutz der Betriebsräte haben keine Erfüllung gefunden. Die Betriebsräte der Alpine Montan Gesellschaft sind gewillt, durch ihre Tätigkeit unter Führung der Gewerkschaft alle Mängel des Betriebsrätegesetzes zu beseitigen und an den bereits erkämpften Rechten festzuhalten.«

Aus: Rudolf Streiter, Österreichs kommunistische Gewerkschafter in der 2. Republik, Verlag des ÖGB, Wien, 1989, Seite 40-45

Beitrag B: Die Mitbestimmung

Die Diskussion über die Mitbestimmung hat unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg als Folge des Zusammenbruchs und der Auswirkungen der Oktoberrevolution eingesetzt. Der proletarischen Diktatur, die von den Kommunisten gefordert wurde, setzte die SP die Alternative des schrittweisen, friedlichen Überganges zum Sozialismus entgegen.

„Die Arbeiter“, schrieb Otto Bauer in seiner „Geschichte der österreichischen Revolution“, „wollten nicht mehr lebende Werkzeuge der Unternehmer sein. Der Arbeiter wollte mitherrschen, wo er mitarbeitete; die Industrie mitregieren, in der er mitproduzierte. Sollte auch nur der erste Schritt zur Sozialisierung im Sinne der Arbeiter erfolgen, so galt es vor allem, die Arbeiterschaft jedes Betriebes als Ganzes, als eine Gemeinde zu konstituieren und sie mit eigenen Organen auszustatten, die in ihrem Auftrag den Betrieb ihrer Kontrolle, ihrer Mitbestimmung unterwerfen sollen.“ (Seite 166.)

So kam es zum Entwurf des ersten Betriebsrätegesetzes, das nach Otto Bauer die entscheidende Waffe im Kampf um die Sozialisierung werden sollte. Das Betriebsrätegesetz wurde vom Nationalrat am 15. Mai 1919 beschlossen. In diesem Gesetz wird man vergebens nach einer wirklichen Mitbestimmung der Arbeiter suchen. Sie durften mitbestimmen, solange es darum ging, die durch den Krieg ruinierten Betriebe mit Kohlen und Rohstoffen zu versorgen, um sie in Gang zu bringen. Dann war es aus mit der Mitbestimmung.

Das Gleiche wiederholte sich nach dem zweiten Weltkrieg. Die Arbeiter und Angestellten hatten ein unbeschränktes Mitbestimmungsrecht beim Aufbau der von den Unternehmern im Stich gelassenen Betriebe. Nachdem die Betriebe funktionierten, kamen die geflüchteten Unternehmer wieder zurück, die Mitbestimmung hörte auf.

In dem Betriebsrätegesetz der Zweiten Republik, das im März 1947 beschlossen wurde, ist es beim „Mitwirken“ und „Mitberaten“ geblieben. Das Betriebsrätegesetz 1947 enthält nichts, was nur im Geringsten die Alleinentscheidung des Unternehmers im Betrieb einschränkt. Mit Recht konnte damals die „österreichische Volkspresse“ (19. April 1947) schreiben, dass der Grundsatz, den Präsident Raab vertreten hatte, „der Unternehmer muss Herr in seinem Betrieb sein und bleiben“, absolut aufrechterhalten werden konnte. So ist es bis heute geblieben.

Auch der jüngste, von der Kreisky-Regierung vorgelegte Entwurf zur Novellierung des Betriebsrätegesetzes enthält nichts, was als echte Mitbestimmung bezeichnet werden kann. In seinem letzten Buch „Chance oder Illusion?“ bezeichnet Fritz Klenner die Mitbestimmung als „systemimmanente Institution“. Klenner ist für die Mitbestimmung, aber nur in dem Maße, als die „Entschlußfreiheit der Betriebsführung nicht so weit beschränkt wird, dass eine erfolgreiche Führung des Betriebes unmöglich wird“.

Für Klenner bedeutet die Mitbestimmung im extremsten Fall „Machtgleichgewicht der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite bei der Durchsetzung von Entscheidungen“. Aber zwischen Unternehmern und Arbeitern gibt es kein Gleichgewicht und keine Parität, Rudolf Hilferding sagte einmal darüber („Die Sozialisierung und die Machtverhältnisse der Klassen“): „Parität bedeutet in Wirklichkeit Majorität des Kapitals. Der Unternehmer als Eigentümer des Betriebes hat von vornherein das entscheidende Übergewicht. Er kann den Arbeiter jederzeit entlassen, umgekehrt ist das nicht möglich. Wo bleiben da das Machtgleichgewicht und die Parität?

Die Mitbestimmung, die Klenner und mit ihm die ÖGB-Führung anstreben, ist nicht auf die Brechung der Alleinherrschaft des Unternehmers im Betrieb ausgerichtet, sie macht vielmehr die Betriebsräte zu Erfüllungsgehilfen des Unternehmers, die ihm die „erfolgreiche Führung“ des Betriebes erleichtern sollen.

In der Resolution des 19. Parteitages der KPÖ über die Mitbestimmung heißt es: „In den Ländern des entwickelten Kapitalismus besteht die Aufgabe der Arbeiterbewegung darin, Etappenziele auf dem Weg zum Sozialismus aufzustellen, deren Realisierung die Macht der Monopole einengen und einschränken, die Machtpositionen der Arbeiterklasse erweitern und die Spannweite der Demokratie erhöhen. Zu diesen Etappenzielen gehören die Verstaatlichung der entscheidenden Schlüsselpositionen der Wirtschaft, die Verdrängung des Großkapitals aus diesen Positionen; zu diesen Etappenzielen gehören der Kampf um Mitbestimmung im gesamten öffentlichen Leben und die Beseitigung der alleinigen Entscheidungsgewalt des österreichischen Großkapitals und der ausländischen Monopole durch die Mitbestimmung der Arbeiterschaft in Betrieb und Wirtschaft.“

Wir sind uns im klaren darüber, dass es auf der Basis der Sozialpartnerschaft echte Mitbestimmung nicht gibt. Sie kann nur durchgesetzt werden im schärfsten Kampf gegen die Unternehmer, die niemals freiwillig auf ihr Alleinentscheidungsrecht im Betrieb verzichten werden. Die Mitbestimmung — auch darüber darf es keine Illusionen geben - bedeutet weder die Aufhebung des kapitalistischen Eigentums, noch die Beseitigung der Ausbeutung. Was durch die Mitbestimmung erreicht werden kann und erreicht werden muss, ist die Erweiterung des Einflusses der Arbeiterschaft in Wirtschaft und Betrieb, auf einem höheren Niveau der Klassenkämpfe, die Einschränkung und Zurückdrängung der Macht der Monopole und damit eine bessere Möglichkeit, die Interessen der Arbeiterschaft zu vertreten und günstigere Ausgangspositionen für unseren Kampf um den Sozialismus zu schaffen.

Die Mitbestimmung muss wirksam werden bei Aufnahmen und Kündigungen, bei der Festsetzung der Löhne, bei der Sicherung der Arbeitsplätze, bei der Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen, bei der Änderung der Betriebsorganisation und des Betriebszweckes, bei der Einschränkung oder Verlegung des Betriebes, aber auch bei der Erstellung der Betriebspläne und der Investitionen, wie bei allen Fragen, die die Interessen der Belegschaft berühren.

Von größter Bedeutung ist die ständige Information des Betriebsrates und der Belegschaft. Volle Informationsfreiheit erfordert die Beseitigung des im Betriebsrätegesetz verankerten Verbots, „Betriebsgeheimnisse“ weiterzugeben, was bedeutet, dass der Betriebsrat auch die Belegschaft nicht entsprechend informieren darf.

Eine besondere Rolle im Kampf um die Mitbestimmung fällt den verstaatlichten Unternehmungen zu. In seiner „Stellungnahme zur Wirtschaftspolitik, Sozialpolitik und Kulturpolitik“ hat der 3. ÖGB-Kongress gefordert, dass in den verstaatlichten Unternehmungen der gemeinwirtschaftliche Charakter klar zum Ausdruck kommen soll durch eine entsprechende Vertretung der Öffentlichkeit, der Konsumenten und der Arbeitnehmer im Verwaltungsrat. Von den verstaatlichten Unternehmungen wurde verlangt, dass sie „echte Pionierleistungen“ auf dem Gebiete der Betriebsdemokratie vollbringen sollen. Wo sind diese Pionierleistungen geblieben?

In den zahlreichen von den Sozialisten verwalteten Gemeinden, Institutionen und Betrieben besteht die Möglichkeit, die Mitbestimmung zu verwirklichen. Von ihr müsste Gebrauch gemacht werden.

Seit mehr als einem halben Jahrhundert fordern SPÖ und Gewerkschaften die Mitbestimmung. Warum gibt es auf diesem Gebiet keine wesentlichen Fortschritte? Heute wie eh und je liegt die letzte Entscheidung im Betrieb wie in der Wirtschaft bei den Unternehmern. Wenn die Paritätische Kommission als Musterbeispiel überbetrieblicher Mitbestimmung hingestellt wind, so ist zu sagen, dass die Mitbestimmung bei Preiserhöhungen und beim Bremsen von Lohnbewegungen mit Mitbestimmung, wie sie die Arbeiter verstehen, nichts zu tun hat, ebenso wenig wie die Mitbestimmung der SPÖ in der Wirtschaftspolitik, die sich ausschließlich in kapitalistischen Bahnen bewegt und der Erhaltung des Systems dient.

In der Tatsache, dass weder die SPÖ noch die Gewerkschaftsführung bereit sind, gegen den Kapitalismus zu kämpfen, dass die Mitbestimmung, die sie anstreben, auf die Erhaltung des kapitalistischen Systems gerichtet ist, liegt die Wurzel des Misserfolges des bisherigen Kampfes um die Mitbestimmung. Das müssen wir allen, die aufrichtig um die Mitbestimmung kämpfen, bewusst machen. Mitbestimmung ohne die Überwindung der Politik der Sozialpartnerschaft gibt es nicht.

Quelle: Leopold Hornik, Für eine klassenorientierte Gewerkschaftspolitik. In: Für eine klassenorientierte Gewerkschaftspolitik, Protokoll der Theoretischen Konferenz vom 15. Mai 1971, KPÖ, Wien, 1971, Seite 17-19

Beitrag C: Das Arbeitsverfassungsgesetz novellieren!

Die Erfahrung der ersten vier Jahre der Anwendung des 1974 verabschiedeten neuen Arbeitsverfassungsgesetzes zeigte, dass die Zeit für eine Novellierung reif war. Diese Reform sollte nach der Vorstellung des GLB vor allem vom Grundsatz einer echten Mitbestimmung ausgehen, einer Mitbestimmung, die den Spielraum des Monopolkapitals einschränkt. Als Voraussetzung dafür bestand der Linksblock auf einem vollen Immunitätsschutz für Betriebsräte.

Die Bundesvorstandsmitglieder des ÖGB, Anton Hofer und Ernst Schmidt, richteten im Namen des GLB im Februar 19JZ8 einen Brief an ÖGB-Präsident Anton Benya, der die Mängel des ArbVG aufzeigte und Vorschläge für dessen Novellierung enthielt:

»Unsere Fraktion hat bekanntlich vom Anfang an auf etliche gravierende Mängel des ArbVG hingewiesen und vor allem kritisiert, dass die breite Masse der Betriebsräte, ja selbst die zuständigen Gewerkschaftsgremien, von der Erarbeitung und Durchsetzung des Gesetzes ausgeschlossen wurden. Diese Vorgangsweise erweist sich nun angesichts der Wirtschaftskrise als bitterer Fehler. Anstatt den Betriebsräten den notwendigen gesetzlichen Rückhalt zu geben, wird ihre Position durch das Arbeitsverfassungsgesetz in mancher Hinsicht geradezu geschwächt.

So hat der Salzburger Arbeitsrechtler Dr. Klaus Firlei auf die nachteilige Ausgestaltung der Verschwiegenheitspflicht für die Betriebsratsmitglieder hingewiesen. Schon im Jahr 1975 kritisierte der Hofrat des Obersten Gerichtshofes, Dr. Kuderna, in der Zeitschrift >Das Recht der Arbeit< (129. Heft) die Konstruktion des heute so wichtigen allgemeinen Kündigungsschutzes, welchen er wörtlich als >nicht fortschrittlich< bezeichnete.

Am 2. Februar 1978 sah sich der Angestelltenbetriebsrat der GFM-Maschinenfabrik in Steyr gezwungen, zu demissionieren. Die Firmenleitung akzeptierte von Anfang an nicht das Ergebnis der am 7. November 1977 durchgeführten Betriebsratswahlen, setzte den gewählten Betriebsrat unter Druck und drohte mit Betriebsstilllegung, falls der Angestelltenbetriebsrat in Funktion bleibt.

So macht die im Zusammenhang mit dem Krauland-Verfahren erstmals praktizierte Haftung der Betriebsratsmitglieder im Aufsichtsrat für Schulden des Unternehmens das Mitwirkungsrecht im Aufsichtsrat zu einem untragbaren Risiko. Die Teilnahme an Gewerkschaftsveranstaltungen wurde erheblich eingeschränkt und Betriebsratsmitglieder, die Informationen aus Betriebsversammlungen über bestimmte wirtschaftliche Schwierigkeiten des Betriebes an Journalisten weitergeben, ist der Entlassungsbestand der Untreue im Sinne des § 122 des ArbVG als gegeben anzusehen.

Wir meinen daher, dass es jetzt an der Zeit wäre, eine Novellierung des Arbeitsverfassungsgesetzes vorzunehmen, um gerade in der derzeit schwierigen wirtschaftlichen Situation den Betriebsräten den Rücken zu stärken. Unsere Fraktion beantragt daher, dass sich der nächste ÖGB-Bundesvorstand mit dieser Frage beschäftigen möge. Eine detaillierte Zusammenstellung der Vorschläge unserer Fraktion für eine Novellierung des ArbVG legen wir diesem Schreiben bei . . .

Vorschläge des Gewerkschaftlichen Linksblocks im OGB

I. Voller Immunitätsschutz
• Voller Immunitätsschutz für Betriebsratsmitglieder und Betriebsratskandidaten.
• Wirkungsvolles Diskriminierungsverbot wegen früherer Tätigkeit im Betriebsrat, um ehemalige Betriebsratsmitglieder vor nachträglichen Benachteiligungen zu schützen.
• Ersatzlose Streichung des Untreuebegriffs (§ 122 ArbVG) aus den Entlassungstatbeständen sowie Einschränkung der Verschwiegenheitspflicht für Betriebsratsmitglieder auf das zum Schutz des Wettbewerbs vertretbare Mindestmaß.
• Ausdehnung der Strafsanktionen des § 160 ArbVG auf Unternehmer, die mit Methoden der Einschüchterungen oder des Betriebsterrors das Zustandekommen oder Funktionieren einer Betriebsratsvertretung zu be- oder verhindern versuchen. Verschärfung der im § 160 ArbVG angeführten Strafsanktionen.
II. Keine Haftung für Verluste der Unternehmer
• Ausschluss jeglicher zivilrechtlicher Haftung aus der Betriebsrattätigkeit für Mitglieder des Betriebsrates beziehungsweise des Betriebsratsfonds, insbesondere für die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat.
III. Volle Bewegungsfreiheit
• Bezahlte Freizeit für Betriebsratsmitglieder, die eine bis zu einem Tag dauernde Gewerkschaftsveranstaltung besuchen.
• Unbeschränkte Freizeitgewährung für Gruppengespräche.
• Verbot jeglicher Beschränkung der Interessenvertretungstätigkeit der Betriebsratsmitglieder, insbesondere Verbot der Beschränkung auf einzelne Betriebsabteilungen.
• Bezahlte Freizeit für Betriebsratssitzungen.
• Absoluter Versetzungsschutz für Betriebsratsmitglieder und Ersatzbetriebsratsmitglieder sowie Betriebsratskandidaten.
• Recht auf Beschäftigung für Betriebsratsmitglieder, Ersatzbetriebsratsmitglieder und Betriebsratskandidaten.
IV. Wirkungsvoller Kündigungs- und Entlassungsschutz
• Einführung eines effizienten Kündigungs- und Entlassungsschutzes im ArbVG.
• Beweislastumkehr bei der Kündigungsanfechtung wegen eines verpönten Motivs: der Unternehmer soll beweisen müssen, dass der Kündigung ein verpöntes Motiv zugrunde lag.
• Beseitigung der Vorrangstellung des »betrieblichen Erfordernisses« gegenüber den sozialen Interessen der gekündigten Arbeitnehmer.
V. Uneingeschränktes Anfechtungsrecht durch den Gekündigten
• Gleichzeitige Verständigung des Betriebsrates und des von einer Kündigung Bedrohten durch den Unternehmer.
• Anfechtungsrecht für den gekündigten Arbeitnehmer, wenn der Betriebsrat eine solche Anfechtung unterlässt.
• Beseitigung jener Befugnisse des Betriebsrates, die diesen bei der Kündigung in eine Position eines Vertreters des Unternehmers drängen können.
VI. Erweiterung der Rechte des einzelnen Arbeitnehmers
• Die Aufnahme der Grundrechte des Arbeitnehmers in das ArbVG.
• Die Garantie des Rechts auf freie gewerkschaftliche und politische Betätigung im Betrieb.
• Die Garantie der Menschenrechte auf persönliche Freiheit, Schutz der Persönlichkeits- und Privatsphäre sowie der Menschenwürde.
• Die Garantie des Rechtes auf freie und uneingeschränkte Meinungsäußerung im Betrieb.
VII. Demokratisierung des Betriebsratswahlrechts
• Abschaffung des Unterschriftenerfordernisses für die Wahlvorschläge zur Betriebsratswahl.
• Die Verpflichtung zur Verwendung eines einzigen Stimmzettels, auf dem alle wahlwerbenden Gruppen aufscheinen.
• Die Begrenzung der Zahl der Wahllokale, um das Wahlgeheimnis zu wahren.
• Beseitigung der Anfechtungsmöglichkeit von Betriebsratswahlen durch den Unternehmer.«

Anton Benya antwortete auf diese Initiative des GLB: »Da die von Euch aufgeworfenen Fragen weit reichende Bedeutung haben, bin ich der Ansicht, dass eine grundsätzliche Prüfung des gesamten Fragenkomplexes erfolgen muss. Es ist aber nicht möglich, dies bis zur nächsten Bundesvorstandssitzung am 3. März durchzuführen. Das Sozialpolitische Referat des ÖGB wird im Einvernehmen mit den zuständigen Sachbearbeitern des Arbeiterkammertages Eure Vorschläge sowie eine Reihe von Anträgen zum Arbeitsverfassungsgesetz, die von verschiedenen Gewerkschaftlichen Institutionen beschlossen wurden, prüfen, und ich werde Euch über das Ergebnis dieser Prüfung und über die weiteren Schritte selbstverständlich informieren.«

Der Bundesvorstand des ÖGB wurde über die Vorschläge des Gewerkschaftlichen Linksblocks informiert. Aber die Methode der Gewerkschaftsführung, die Arbeiter und Angestellten von der Mitbestimmung und Mitentscheidung auszuschließen und mit den Unternehmern Geheimverhandlungen zu führen, blieb aufrecht.

Aus: Rudolf Streiter, Österreichs kommunistische Gewerkschafter in der 2. Republik, Verlag des ÖGB, Wien, 1989, Seite 203-206

Beitrag D: Die Rolle des Betriebsrates

Eine klassenorientierte Betriebsratspolitik muss der im Arbeitsverfassungsgesetz angelegten sozialpartnerischen Tendenz der Abkoppelung des Betriebsrates von der Belegschaft und seine Verwandlung in das Organ zur Kontrolle über die Belegschaft bewusst entgegenwirken. Ein Beispiel für letzteres ist das so genannte Sperrecht im Arbeitsverfassungsgesetz, das heißt, die dem Betriebsrat eingeräumte Möglichkeit, dem gekündigten Kollegen durch die Zustimmung zur Kündigung den Weg zum Einigungsamt zu versperren.

Wir haben daher in den Thesen formuliert: „Die KPÖ wendet sich gegen eine bloße Stellvertreterpolitik. Sie tritt für die engste Verbindung der Belegschaft mit den Betriebsräten ein.“ Der Betriebsrat ist nach der österreichischen Gewerkschaftsstruktur nicht nur gewähltes Organ der Belegschaft, sondern zugleich das Bindeglied zur Gewerkschaft. Da die Betriebsratswahlen derzeit nach der Praxis der sozialistischen Mehrheitsfraktion auch über die fraktionsmäßige Zusammensetzung der Gewerkschaftsleitungen entscheiden, besitzen Betriebsratswahlen daher eine wichtige Bedeutung bei der Veränderung des Kräfteverhältnisses in den Gewerkschaften.

Auf der anderen Seite liegt aber hier eines der Kernprobleme der innergewerkschaftlichen Struktur. Die Gewerkschaft ist faktisch vom Betrieb abgeschnitten, und in Betrieben, wo die Betriebsräte nicht zugleich aktive Gewerkschafter sind oder wo es gelbe Betriebsräte gibt, die mit dem Unternehmer packeln und betriebsegoistische Positionen beziehen, in diesen Betrieben ist die Gewerkschaft faktisch nicht existent. Selbst nach dem Arbeitsverfassungsgesetz, das von der SPÖ in der Zeit ihrer absoluten Mehrheit geschaffen wurde, haben Gewerkschaftsfunktionäre nur über Einladung des Betriebsrates und nach vorheriger Information des Betriebsinhabers Zutritt zum Betrieb. Damit besitzen ÖGB und Einzelgewerkschaften den Charakter von Funktionärsgewerkschaften. Die Mitglieder der Gewerkschaft sind aus der gewerkschaftlichen Willensbildung faktisch weitgehend ausgeschlossen. Umgekehrt ist der Gewerkschaftsapparat damit weitgehend von der Kritik und der Einflussnahme durch die Basis abgeschirmt.

Diese innergewerkschaftliche Struktur entspricht nahezu ideal den Erfordernissen der Sozialpartnerschaft nach reibungsloser Durchsetzung der Politik von oben nach unten und widerspricht im selben Ausmaß der Aufgabe der Mobilisierung der Gewerkschaftsbasis im Kampf gegen die Krisenoffensive des Kapitals. Sie ist eine der Ursachen für die Passivität der Gewerkschaftsmitglieder, für die fehlende innere Bindung von Gewerkschaftsmitgliedern zur Gewerkschaft.

Quelle: Walter Silbermayr, Zur Gewerkschaftspolitik der KPÖ. In: Zur Gewerkschaftspolitik der KPÖ, Protokoll der theoretischen Konferenz vom 18./19. Oktober 1985, KPÖ, Wien, 1985, Seite 28-29

Beitrag E: 4.1. Für echte Mitbestimmung

Der Alltag in den Betrieben zeigt deutlich, dass die „Partnerschaft“ nicht einmal formal existiert und in allen entscheidenden Fragen ausschließlich der Unternehmer das Sagen hat.

a) Ohne Klassenkampf keine Mitbestimmung

Wirkliche Mitbestimmung im Betrieb erfordert umfassende Information und Kontrolle der Belegschaft über die Vorgänge im Betrieb, breiteste Aktivierung und Mobilisierung der Arbeiter und Angestellten für die Durchsetzung ihrer Interessen, Erweiterung des demokratischen Einflusses und der Kontrolle auf alle wesentlichen wirtschaftlichen und sozialen Entscheidungen im Betrieb.

Die Mitbestimmung kann nicht als endgültiges Ziel angesehen werden, aber sie stellt einen wichtigen Schritt im Kampf um die Verbesserung der Positionen der Arbeiterschaft zur Zurückdrängung und Überwindung der Unternehmermacht dar. Der Kampf um wirkliche Mitbestimmung kann kein Ersatz für eine grundlegende Änderung des kapitalistischen Profitsystems in Richtung Sozialismus sein, es ist ein Teil des Kampfes zur langfristigen Durchsetzung dieser großen Perspektive. Im Rahmen der „Sozialpartnerschaft“ besteht die Gefahr, dass die Mitbestimmung ausschließlich zur Mitwirkung der Betriebsräte bei der Durchsetzung von Belastungen der Arbeiter und Angestellten missbraucht wird.

Der Kampf um reale Mitbestimmung beginnt im Betrieb mit der Entwicklung von Initiativen und Aktionen für die Sicherung und den Ausbau der wirtschaftlichen und sozialen Rechte. Auf dieser Grundlage muss ein konsequenter Kampf der Arbeiterschaft und ihrer Gewerkschaft um einen bestimmenden Einfluss auf all jene Faktoren geführt werden, die für die Entwicklung des Betriebes oder Unternehmens und damit für die Belange der Belegschaft entscheidend sind. Vor allem geht es um die Kontrolle und Mitbestimmung bei den Investitionen und Finanzierungsentscheidungen, bei den Entscheidungen über Produktionsprogramme, Fabrikations- und Arbeitsmethoden, Rationalisierungen, Kooperations- und Fusionsvorhaben und sonstige Betriebsänderungen. Diese Ziele können aber nur gegen den Widerstand der Unternehmer, also durch konsequenten Klassenkampf, erreicht werden.

Der GLB ist die einzige Fraktion im ÖGB, die zur Frage der Mitbestimmung heute auf der Grundlage der am 1. ÖGB-Bundeskongress einstimmig beschlossenen Resolution steht:

„Die Beherrschung der Wirtschaft durch einseitige Nutznießer derselben muss dem Mitbestimmungsrecht der Arbeiter und Angestellten weichen. Der demokratische Einfluss der Arbeiter auf die Führung der Wirtschaft und der Betriebe muss aber auch verhindern, dass jemals wieder Volksvermögen zur Unterdrückung der demokratischen Freiheiten und Rechte des Volkes missbraucht werden. Der Kongress verpflichtet deshalb den neuen Bundesvorstand und alle angeschlossenen Gewerkschaften, den Kampf um das Mitbestimmungsrecht der Arbeiter und Angestellten bis zum vollen Erfolg fortzusetzen und durch systematische Schulung aller Funktionäre die notwendigen Voraussetzungen für die richtige Erfüllung dieser großen Aufgaben und für den weiteren Aufstieg der Arbeiter und Angestellten zu schaffen.“

b) Das Arbeitsverfassungsgesetz bringt keine wirkliche Mitbestimmung

Mit dem Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG), das im Jahre 1973 von SPÖ, ÖVP und FPÖ gemeinsam im Parlament beschlossen wurde, ist die SPÖ-Führung voll auf den Unternehmerkurs in der Mitbestimmungsfrage eingeschwenkt. Dieses Gesetz wurde in Geheimkonferenzen der „Sozialpartner“ geschaffen, unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ja selbst der Betriebsräte und der Gewerkschaftsleitungen. In keinem einzigen wirklich wesentlichen Punkt behindert das ArbVG die Rechte der Unternehmer als Herren im Haus.

Es ist daher keine Verfassung der Demokratie; es orientiert nicht auf die Interessen der Mehrzahl der Angehörigen eines Betriebes, sondern schützt die wesentlichen Interessen der Unternehmer vor dem Einfluss der Belegschaft. Die bescheidenen Rechtspositionen für Betriebsräte und Belegschaft, welche zudem noch durch die Rechtssprechung ausgehöhlt wurden, erwiesen sich vor allem unter dem Druck der Krise als völlig ungenügend.

Die Forderung nach einer Verbesserung des Gesetzes erfasste immer mehr Betriebsräte, Gewerkschaftsleitungen und die Arbeiterkammern und führte schließlich nach einer entsprechenden Forderung des ÖGB zum Novellierungsvorschlag, dem so genannten 29-Punkte-Programm. Auch diese grundsätzlich positiven, wenngleich bei weitem nicht den Anforderungen realer Mitbestimmung entsprechenden Novellierungs-vorschläge wurden durch die Mühlen der „Sozialpartnerschaft“ getrieben. Dementsprechend war das Ergebnis: Die Herrschenden konnten zufrieden sein, weil es zu keiner Einschränkung der unternehmerischen Freiheit, zu keiner wirklichen Stärkung der Positionen von Belegschaft und Betriebsrat gekommen ist.

c) GLB für die Veränderung des ArbVG

Die umfassende Veränderung des ArbVG in Richtung auf die Schaffung wirksamer Mitbestimmungsrechte ist für den GLB gerade unter den gegenwärtigen Umständen ein wichtiges Ziel. Der Kampf um Mitbestimmung ist aber nicht allein eine Frage der gesetzlichen Regelungen. Entscheidend ist der Kampf der Belegschaften und der Betriebsräte um die Verwirklichung und Vertiefung schon bestehender Rechte, vor allem um die Erweiterung des tatsächlichen Einflusses über den gesetzlichen Rahmen hinaus.

Dabei geht es um die Erreichung von wirkungsvollen Machtpositionen der Lohnabhängigen im Betrieb. Es nützt der Arbeiterschaft wenig, wenn sie Vertreter in die Aufsichtsräte entsenden kann, diese aber bei Informationen über Existenzfragen der Belegschaft an die Verschwiegenheitspflicht gebunden sind. Durchsetzung einer paritätischen Mitbestimmung im Aufsichtsrat ist daher nur dann zielführend, wenn es gelingt, zugleich auch alle gesetzlichen Beschränkungen zu beseitigen, die den Betriebsrat daran hindern, seine Informationsmöglichkeiten voll im Interesse der Belegschaft zur Geltung zu bringen. Vertretern der Belegschaft im Aufsichtsrat müssen die gleichen Rechte, insbesondere gleichen Stimmrechte wie den Unternehmervertretern zukommen.

Es darf keine Illusionen darüber geben, dass die eigentliche Geschäftspolitik nicht in den Aufsichtsräten, sondern in der Regel in den Vorständen der Unternehmungen entschieden wird. Daher gibt auch die Durchsetzung einer paritätischen Mitbestimmung noch keine Gewähr eines wirklichen Einflusses der Belegschaft auf die Geschäftspolitik, wenngleich sie ein Fortschritt in Richtung einer wirksamen Mitbestimmung wäre.

Das Eintreten für ein paritätisches Mitbestimmungsrecht im Aufsichtsrat darf daher nicht ein Ersatz sein für die Durchsetzung eines direkten Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates bei Investitions- und Finanzierungsentscheidungen, beim betrieblichen Produktionsprogramm, bei der Einführung von Rationalisierungen, bei Kooperations- und Fusionsvorhaben sowie bei sonstigen Betriebsänderungen. Die bloßen Informations-, Beratungs- und Vorschlagsrechte des Betriebsrates sind in echte Mitentscheidungsrechte umzuwandeln. In diesem Zusammenhang verlangt der GLB nachdrücklich, dass die völlig ungenügende Arbeitsgemeinschaft der Betriebsräte auf Konzernebene durch einen echten Konzernbetriebsrat ersetzt wird, wobei die Zusammensetzung desselben ähnlich wie beim Zentralbetriebsrat entsprechend dem Verhältniswahlrecht zu erfolgen hat.

Das zentrale Organ der betrieblichen Interessenvertretung ist der Betriebsrat. Damit dieser seine Tätigkeit im Interesse der Belegschaft durchführen kann, ohne Schikanen der Unternehmensleitung befürchten zu müssen, ist ein wirksamer Schutz für Betriebsräte unerlässlich. Wesentlicher Bestandteil desselben ist ein Kündigungs- und Entlassungsschutz, der diesen Namen verdient. Aus dem gelten Arbeitsverfassungsgesetz sind daher insbesondere jene Bestimmungen, welche die Entlassung und Kündigung der Betriebsräte zulassen, zu streichen. Der GLB verlangt einen Diskriminierungs- und Versetzungsschutz für Betriebsräte und Ersatzbetriebsräte, wobei die Versetzung nur mit Zustimmung des Betreffenden wirksam werden soll. Notwendig sind ferner die Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht sowie das Recht auf uneingeschränkte Freizügigkeit bei der Verwirklichung der Interessenvertretungsaufgabe.

Der GLB fordert eine Verstärkung der Befugnisse und der Rechtsstellung der einzelnen Betriebsratsmitglieder. Damit die Betriebsräte ihrer Aufgabe als Organe betrieblicher Gegenmacht wirklich gerecht werden können, brauchen sie die Unterstützung und Solidarität der Belegschaft. Der GLB tritt daher entschieden für die Beseitigung aller Hindernisse ein, die einen Keil zwischen Betriebsrat und Belegschaft treiben könnten. Deswegen fordern wir, dass die Funktion des Betriebsrates während der gesamten Funktionsperiode vom Prinzip der ständigen Rechenschaftslegung und der Kontrolle, der jederzeitigen Abwählbarkeit und unmittelbaren Bindung an die Belegschaft (=imperatives Mandat) getragen sein muss. Diese Prinzipien sollen auch für die Vertreter der Belegschaft im Aufsichtsrat gelten.

Der GLB lehnt entschieden ein Mitbestimmungsverständnis ab, nach welchem Betriebsräte mithelfen, die Probleme des Kapitals zum Nachteil der Beschäftigten zu lösen, etwa in Form einer falsch verstandenen Mitbestimmung der Betriebsräte darüber, welche Kollegen infolge von Fehlentscheidungen der Unternehmer und zutage tretenden Widersprüchen des kapitalistischen Systems gekündigt werden sollen. Bei einer Novellierung des Arbeitsverfassungsgesetzes wird es auch darauf ankommen, alle Gesetzesvorschriften, die den Betriebsrat in die Rolle eines Mitverantworters der kapitalistischen Betriebspolitik drängen, zu beseitigen.

Letztlich hängen das Ausmaß und der demokratische Gehalt der Mitbestimmung vom Klassenbewusstsein und der Aktivität der Belegschaften, ab. Je stärker die Aktivität der Belegschaft, umso stärker ist auch die Stellung des Betriebsrates. Eine Erweiterung der Mitbestimmungsrechte ist daher vor allem in Richtung auf die Erweiterung der Belegschaftsrechte und der Rechte des/der einzelnen Beschäftigten voranzutreiben.

In diesem Zusammenhang ist nachdrücklich zu fordern, dass Änderungskündigungen und Vereinbarungen, die Ansprüche der Arbeitnehmer verschlechtern, nur dann rechtswirksam werden sollen, wenn der Betriebsrat und die Betroffenen diesen zustimmen. Der GLB verlangt, dass den auf die Einführung neuer Technologien gestützten Kontrollmaßnahmen der Unternehmer auch durch das ArbVG wirksam Einhalt geboten wird. Dazu ist der Ausbau der Vetorechte des Betriebsrates im Sinne des Paragraphen 96 ArbVG insbesondere bei Personalinformationssystemen, Personalbeurteilungen und Systemen zur Betriebsdatenerfassung durchzusetzen.

Das schließt die Garantie der Grundrechte auf Meinungsfreiheit, auf Schutz der Persönlichkeits- und Privatsphäre und der Menschenwürde sowie des Rechtes auf freie gewerkschaftliche und politische Betätigung im Betrieb ein. Ein wirksamer allgemeiner Kündigungsschutz ist ebenso nötig, der nicht von vorneherein — wie gegenwärtig — bei den so genannten personenbedingten oder betriebsbedingten Kündigungen den Interessen der Unternehmer untergeordnet wird. Alle Bestimmungen, die einer Bevormundung des Beschäftigten gleichkommen, dürfen in einer demokratischen Arbeitsverfassung keinen Platz haben.

Der GLB tritt für das Initiativrecht der Gewerkschaften ein, in Betrieben mit weniger als 20 Arbeitnehmern die Wahl eines Betriebsrates einzuleiten.

Im Sinne einer Entwicklung der Demokratie im Betrieb liegt es auch, dass der Belegschaft ein Recht auf bezahlte Abhaltung von Kleingruppen-, Abteilungs- und Betriebsversammlungen in der Arbeitszeit eingeräumt wird. Der GLB befürwortet auch eine Erweiterung der Mitbestimmung am Arbeitsplatz, die dem einzelnen Beschäftigten im Zusammenwirken mit dem Betriebsrat größere Möglichkeiten geben soll, bessere Arbeitsplatzbedingungen durchzusetzen.

In diesem Zusammenhang verlangen wir, dass die Einführung von wirksamen Unfallverhütungsmaßnahmen und Maßnahmen zur menschengerechten Arbeitsplatzgestaltung als Gegenstände erzwingbarer Betriebsvereinbarungen in das ArbVG aufgenommen werden. Wir wenden uns aber gegen alle Konzepte, die unter dem schönen Titel einer „Humanisierung der Arbeitswelt“ in Wirklichkeit die Kollegen stärker an den Betrieb binden wollen. An Verbesserung der Arbeitsbedingungen kann nur soviel durchgesetzt werden als den Unternehmern im betrieblichen Kampf abgetrotzt wird.

Eine wirkliche Mitbestimmung der Belegschaft als Gegenmachtposition gegen die Unternehmer hat schließlich die volle Entfaltung demokratischer Verhältnisse in den Institutionen der betrieblichen Interessenvertretung selbst zur Voraussetzung. Der GLB tritt daher für eine Beseitigung aller undemokratischen Bestimmungen des ArbVG und der Betriebsratswahlordnung ein, die eine demokratische Wahl behindern. Hier handelt es sich um die Abschaffung des Unterschriftenerfordernisses für die Wahlvorschläge, um die Einführung eines einheitlichen Stimmzettels sowie um eine Begrenzung der Zahl der Wahllokale.

4.2. Für eine Kodifikation des Arbeitsrechtes

Das österreichische Arbeitsrecht ist insgesamt noch ein von „sozialpartnerschaftlichen“ Kompromissen gekennzeichnetes Stückwerk. Der GLB fordert daher die rasche Schaffung eines umfassenden Arbeitsgesetzbuches, das nicht auf „sozialpartnerschaftlicher“ Basis steht, sondern den Interessen der arbeitenden Menschen verpflichtet ist und zu einer Stärkung ihrer faktischen Positionen gegenüber den Unternehmern beiträgt. Insbesondere notwendig sind:
• Verstärkung der Mitbestimmungsrechte der Belegschaften und ihrer Vertreter im Sinne unserer Forderungen zum Arbeitsverfassungsgesetz;
• volle arbeitsrechtliche Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten auf der jeweils entwickeltsten Grundlage; volle faktische Gleichstellung von Mann und Frau ohne Verzicht auf bestehende Schutzbestimmungen; volle Gleichstellung auch von ausländischen Beschäftigten;
• Verbesserung der arbeitsrechtlichen Stellung für alle Beschäftigten;
• eine stärkere Ausprägung des Schutzcharakters des Arbeitsrechtes;
• Verbot aller diskriminierenden und benachteiligenden Arbeitsverhältnisse, insbesondere von Leiharbeit, kapazitätsorientierter variabler Arbeitszeit und Teleheimarbeit;
• Zusammenfassung des Arbeitsrechtes in einem einzigen Arbeitsgesetzbuch, das in einer verständlichen Sprache abzufassen ist;
• Schaffung eines erleichterten Zugangs der arbeitenden Menschen zu ihrem Recht, vor allem Beschleunigung der Verfahren und besserer Rechtsbeistand.

4.3. Für mehr demokratische Rechte gegen die kapitalistische Rationalisierungspolitik

Neue Technologien finden in den österreichischen Betrieben immer stärkere Verbreitung. Ob und wieweit sie von den Unternehmern gegen das Interesse der Belegschaft eingesetzt werden oder ob sie dazu genutzt werden, die Arbeit zu erleichtern und interessanter zu gestalten, hängt weitgehend von den betrieblichen und gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen ab.

Bei der Einführung neuer Technologien muss den Belegschaften und ihren Vertretern ein umfassendes Mitbestimmungsrecht gesichert sein, um die Einhaltung aller Maßnahmen zum Beschäftigtenschutz zu gewähren, der Leistungserfassung und Monotonisierung entgegenzutreten, die Verbreitung von Personalinformationssystemen zu verhindern. Dabei ist es unbedingt notwendig, dass die Betriebsräte ein absolutes Vetorecht gegen die Einführung von Personalinformationssystemen bzw. sonstigen Kontrolltechnologien haben. Den Betriebsräten oder Fachleuten ihres Vertrauens ist der unbeschränkte Zugang zu allen betrieblichen Datenträgern zu gewähren, um eine wirksame Kontrolle zu gewährleisten.

Im Paragraphen 109 des ArbVG wird den Betriebsräten ein Mitwirkungsrecht bei der Einführung von Rationalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen eingeräumt, das auf vier Stufen erfolgen soll: Informations- und Beratungsrecht der Betriebsräte, Recht zur Unterbreitung von Vorschlägen, Abschluss von (erzwingbaren) Betriebsvereinbarungen (Sozialpläne), Einspruch gegen die Wirtschaftsführung. Alle diese Rechte reichen aber, wie auch die Praxis beweist, zum Schutz der Arbeiter und Angestellten bei weitem nicht aus.

Der GLB verlangt:
• ein umfassendes volles Informationsrecht des Betriebsrates und der Belegschaft bei beabsichtigten Rationalisierungen durch die Unternehmer mit ausreichendem zeitlichem Abstand (unter anderem durch genaue schriftliche Unterlagen, Berechnungen usw.);
• ständige Informationspflicht des Unternehmers bei allen Schritten zur Einführung und Durchführung von Rationalisierungen und Automatisierungen (von der Vorplanung bis zur unmittelbaren praktischen Einführung) und ein ständiges Überwachungsrecht für den Betriebsrat;
• echtes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates und der Belegschaft einschließlich des Vetorechtes gegen Betriebsstilllegungen, Stilllegungen von Betriebsabteilungen oder Personalabbau, wenn nicht entsprechende Ersatzarbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden. Das Vetorecht muss dem Betriebsrat auch bei der Durchführung von Rationalisierungsmaßnahmen zustehen, die nachteilige Folgen für die Belegschaft oder Teile derselben mit sich bringen. Die betriebliche Qualifikation muss erhalten, die erworbenen sozialen Rechte müssen gesichert bleiben;
• wirkungsvolle Sanktionen, wenn Unternehmer diese Rechte verletzen oder einengen;
• Mitbestimmungsrecht für Arbeitsgruppen, die von Rationalisierungen betroffen sind, unter Beiziehung des Betriebsrates;
• Einführung eines wirkungsvollen Kündigungs- und Versetzungsschutzes gegen Rationalisierungskündigungen und -Versetzungen;
• keine Rationalisierungen auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten; volle Berücksichtigung des Arbeitnehmerschutzgesetzes und volle Abgeltung der durch die Rationalisierung entstandenen Mehrleistungen.

Besondere Bedingungen im öffentlichen Dienst beachten:

Die öffentlich Bediensteten haben zwar ein gesetzliches Vertretungsrecht, doch ist die Mitbestimmung der Bediensteten unzureichend. Den nicht in die Sozialpartnerschaft eingebundenen Gruppen wird die Kandidatur vielfach erschwert oder unmöglich gemacht. Die Personalvertretungsorgane repräsentieren daher oft nicht den gesamten Wählerwillen. Wirtschaftliche Mitbestimmung ist im Gesetz nicht verankert, denn das Personalvertretungsgesetz beschränkt sich nur auf Information und Beratung.

Trotz Trennung von Personalvertretung und Gewerkschaft werden in vielen Bereichen keine Gewerkschaftswahlen durchgeführt. Insbesondere im Ruhestand stehende Gewerkschaftsmitglieder werden dadurch von jeder Mitbestimmung ausgeschlossen. Das widerspricht den demokratischen Vorstellungen der Gewerkschaftsbewegung. In wesentlichen Fragen (z. B. bei Gehaltsabschlüssen) entscheidet ein kleiner Kreis von Gewerkschaftsfunktionären. Personalvertreter und Bedienstete werden vor vollendete Tatsachen gestellt.

Der GLB fordert daher Gewerkschaftswahlen im gesamten öffentlichen Dienst sowie demokratische Mitbestimmung der Bediensteten. Änderungen des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechts dürfen nicht ohne vorherige ausführliche Diskussion und Beschlussfassung auf den Dienststellen vorgenommen werden.

Quelle: Für kämpferische Gewerkschaften, Grundsatzprogramm des Gewerkschaftlichen Linksblocks im ÖGB, GLB, Wien, 1987, Seite 88-95

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