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Gibt es zu wenig Reiche?

  • Samstag, 6. Januar 2007 @ 14:07
Kapital „Weil es zu wenig Reiche gibt, werde die SPÖ beginnen, andere zur Kasse zu bitten“ befürchtet Schüssel-Berater Claus Raidl laut „Österreich“. Raidl wird mit seiner Befürchtung betreffend Abkassieren durch die „Steinzeitsozialisten“ (O-Ton Raidl) wohl Recht haben – aber nicht etwa weil es zuwenig Reiche gibt, sondern weil die SPÖ gar nicht vorhat, diesen Reichen etwas wegzunehmen.

Wenn sich im Zuge der Privatisierung der einstigen VEW zu Macht und Einfluss gekommene Chef des Böhler-Uddeholm-Konzerns und stramme ÖVP-Mann sorgt, dass es „nicht genügend Reiche gibt“, muss man ihm (und wohl auch der SPÖ) ein wenig auf die Sprünge helfen. Die Fakten sind nämlich eindeutig:
• Laut „World Wealth Report“ von Cap Gemini Ernst & Young und Merill Lynch ist die Zahl der Privatpersonen mit einem Finanzvermögen ohne Immobilien von mehr als einer Million Dollar in Österreich 2005 auf bereits 67.700 gestiegen.
• Die Dynamik dieses Wachstums ist bezeichnend: 1985 gab es 14.000, 1999 bereits 28.000, 2004 bereits 63.000 Dollar-MillionärInnen. Allein die hundert reichsten ÖsterreicherInnen besitzen laut „trend“ ein Vermögen von 61 Milliarden Euro.
• Ein Prozent der Bevölkerung besitzt in Österreich ein Drittel des privaten Vermögens, weitere neun Prozent das zweite Drittel, während die restlichen 90 Prozent sich das letzte Drittel teilen müssen.
• 92 Prozent der Steuereinnahmen kommen aus den Erwerbseinkommen und über die Mehrwertsteuer deren Verwendung durch die Lohnabhängigen. Nur sechs Prozent kommen von den Geld- und Sachvermögen.
• Durch die Abschaffung der Vermögenssteuer, die Schaffung steuerschonender Privatstiftungen, die Senkung der Körperschaftssteuer und zahlreiche andere Begünstigungen werden Kapital und Vermögen immer geringer besteuert. In den mittlerweile 2.911 Privatstiftungen lagern steuerschonend rund 55 Milliarden Euro.

Das Geld ist also da, wie nicht nur statistische Fakten, sondern auch die täglichen Berichte in den Klatschspalten über „Reich & Schön“ und die Profite in den Bilanzen der großen Banken und Konzerne beweisen. Es muss nur abgeholt werden um der immer größeren Zahl jener, die unter die Räder des Turbokapitalismus kommen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.

Der wachsenden Zahl der MillionärInnen in Österreich stehen nämlich bereits 1,04 Millionen armutsgefährdete Menschen gegenüber, die mit weniger als 848 Euro im Monat auskommen müssen. 467.000 Personen davon sind akut von Armut betroffen, 253.000 gelten als „Working Poor“ trotz Arbeit als arm.

Durch eine Vermögenssteuer von fünf Prozent – wie sie die KPÖ in ihrer Petition „Euro-Millionenvermögen besteuern“ fordert – würden die MillionärInnen nicht einmal etwas verlieren, weil der Durchschnittsertrag ihrer Vermögen deutlich über diesem Steuersatz liegt. Laut „World Wealth Report“ können diese Reichen trotz flauer Konjunktur und Börsenflaute mit einem komfortablen Jahreswachstum von sieben Prozent (!) rechnen.

Eine Anhebung des Spitzensteuersatzes für Jahreseinkommen ab 100.000 Euro von derzeit 50 auf 55 oder 60 Prozent ist für Raidl & Co. ebenso ein Schreckgespenst wie eine Wertschöpfungsabgabe als Grundlage zur Bemessung der vom Kapital als störend empfundenen Lohnnebenkosten wie etwa der Sozialversicherungsbeiträge der Unternehmerseite.

Raidls präventiver Rundumschlag wird sich angesichts der realen Politik der SPÖ wohl als überflüssig erweisen, hat die Gusenbauer-Partei doch gar nicht ernsthaft vor, die Privilegien der Reichen anzutasten, weil sie sich längst damit arrangiert hat. Letztlich wird sich die Debatte nur als Verhandlungslärm im Zuge des Koalitionsgerangels entpuppen. Allerdings zeigt die Reaktion des neoliberalen Scharfmachers Raidl auch, wie sensibel das Establishment reagiert, wenn die Grundfrage der Politik schlechthin, nämlich die Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums angeschnitten wird.

Bertolt Brecht brachte das Thema mit zwei markanten Aussagen auf den Punkt: „Wär` ich nicht arm, wärst du nicht reich“ und „Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen eine Gründung einer Bank.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

© Leo Furtlehner

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