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Den weiblichen Widerstand würdigen

  • Donnerstag, 22. Februar 2007 @ 08:09
Geschichte Das Mauthausen-Komitee Österreich hat seine Aktivitäten und die traditionellen Befreiungskundgebungen bei den Gedenkstätten an den Widerstand und die Opfer des Naziregimes im Jahre 2006 unter den Schwerpunkt Frauen gestellt. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass ohne den Anteil der Frauen ein Großteil des politischen Widerstandes gegen den NS-Terror nicht möglich gewesen wäre, aber des weiblichen Widerstandes bislang nicht in dem ihm zustehenden Umfang gedacht wurde.

So schreibt etwa Ingrid Moser in einem Artikel über Frauen im Widerstand im Salzkammergut: „Die historisch belegten Kontakte zwischen Arbeitern, Jägern, Geschäftsleuten und einer Reihe von Pfarrhöfen des Salzkammergutes wurden vor allem von Frauen hergestellt. In den meisten Fällen nützten sie die gängigen weiblichen Rollenbilder dazu, um möglichst unscheinbar zu wirken.“ So blieben die Verdienste der Frauen in der Widerstandsbewegung des Salzkammergutes aus der Geschichtsschreibung ausgespart.

Kammerstätter als Pionier

Erst der Arbeiterhistoriker Peter Kammerstätter (1911-1993) hat die Thematik des weiblichen Widerstandes in dieser Region in seiner „Materialiensammlung“ zu aktualisieren vermocht. Einen wesentlichen Beitrag zur Dokumentation und Aufarbeitung der Beteiligung von Frauen am kommunistischen Widerstand in Oberösterreich hat Kammerstätter geleistet.

Auf eigene Erfahrungen aufbauend, sammelte er ab den 1950er Jahren Dokumente und Materialien und führte unter anderem Interviews mit ca. 25 Widerstandskämpferinnen. Sein Nachlass im Stadtarchiv Linz bildet eine wichtige Quellenbasis für alle diesbezüglichen Forschungen.

Dass diese Leistungen großteils jahrzehntelang nicht erkannt und daher auch nicht entsprechend gewürdigt wurden, machte auch Elisabeth Reichart in ihrer 1983 an der Universität Salzburg approbierten Dissertation deutlich. Vor allem die Erinnerungskultur an den Widerstand hat hier massive Defizite und wurde eindeutig männlich definiert.

Eine wissenschaftliche Würdigung des politischen Widerstandes von Frauen erfolgte 2006 durch einen umfassenden Beitrag der Historikerin Martina Gugglberger „Versuche, anständig zu bleiben - Widerstand und Verfolgung von Frauen im Reichsgau Oberdonau“ in dem von Gabriella Hauch herausgegebenen Sammelband „Frauen im Reichsgau Oberdonau, Geschlechtsspezifische Bruchlinien im Nationalsozialismus“.

Würdigung der Kommunistinnen

Ein Motiv dieser Dokumentation ist daher nicht nur, den Anteil der Frauen am antifaschistischen Widerstand der KPÖ zu würdigen, sondern auch zur Überwindung der angesprochenen Defizite bei der Darstellung und Aufarbeitung des kommunistischen Widerstandes beizutragen.

Ein Blick auf die vom Arbeiterhistoriker Peter Kammerstätter erstellte keineswegs vollständige Liste der Opfer der KPÖ im antifaschistischen Widerstand von 1934 bis 1945 in Oberösterreich zeigt , dass von den dort angeführten ca. 160 Personen nur 14 Frauen waren.

Allerdings täuscht dieser Anteil über die Bedeutung der Frauen vielfach hinweg. Denn ohne ihren Anteil bei der Logistik des Widerstandes, also der Unterbringung von illegal tätigen WiderstandskämpferInnen und deren Versorgung, bei Transport- und Kurierdiensten usw. wäre der Widerstandskampf schlichtweg nicht möglich gewesen.

Defizite in der Aufarbeitung

Kritisch zum Thema „Frauenwiderstand“ äußern sich etwa Winfried Garscha und Claudia Kuretsidis-Haider im 1993 erschienen Endbericht des von der KPÖ finanzierten Forschungsprojekts über „Die Rolle des antifaschistischen Widerstands in der Politik der KPÖ nach 1945 vor dem Hintergrund der „Vergangenheitsbewältigung in Österreich“. Demnach blieb Frauenwiderstand, als Spezialgebiet der Widerstandsforschung, lange Jahre auf das Interesse einzelner Frauen, zuerst jener, die selbst im Widerstand aktiv gewesen waren, später auf jüngere Historikerinnen beschränkt.

Die Geschichte des kommunistischen Widerstands im Reichsgau Oberdonau ist keine kontinuierliche, da weder zeitlich noch räumlich ein flächendeckendes Widerstandsnetz existierte. Bedeutende Zentren des Widerstands waren Linz, Steyr und Wels sowie das Salzkammergut, wo meist Industriestandorte traditionelle, der Arbeiterbewegung zuzuordnende Organisationsstrukturen hervorgebracht hatten, die die Bildung von Widerstandsgruppen förderten.

Eine zentrale Funktion

Frauen hatten dabei zentrale Funktionen im Widerstand, nach 1945 wurde in der „offiziellen“ Diskussion ihr Anteil jedoch fast völlig negiert. Frauenspezifische Formen des Widerstands (Verstecken von Verfolgten, Unterstützung von Kriegsgefangenen mit Lebensmitteln etc.) blieben aus einer Geschichtsschreibung ausgeblendet, die sich fast ausschließlich am Anteil des Widerstands an der Wiederherstellung der österreichischen Unabhängigkeit orientierte.

Aber selbst dort, wo Frauen beispielsweise am Partisanenkampf teilnahmen, wurde ihre Rolle nach 1945 weitgehend ignoriert. Peter Kammer¬stätter führt als Beispiel hierfür das Erinnerungsbuch von Sepp Plieseis an, in dem als „Kämpfer“ nur Männer vorkommen, obwohl die „Partisanen der Berge“ nicht nur verhungert, sondern auch militärisch hilflos gewesen wären, wenn ihnen nicht von Frauen aus dem Tal (allen voran Resi Pesendorfer) Essen und Kochgelegenheiten, ja sogar Sprengstoff und Munition gebracht worden wären.

Würdigung im öffentlichen Raum

Deutlich wird die Unterbewertung des weiblichen Widerstandes auch in den öffentlichen Symbolen. Auf den zahlreichen dem antifaschistischen Widerstand gewidmeten Gedenktafeln und Denkmälern scheinen kaum Frauen auf. Cäcilia Zinner wird auf einem Grab¬stein am Linzer Barbara-Friedhof gewürdigt. Auf dem Areal des ehemaligen Arbeitslagers Schörgenhub gibt es zwar einen Gedenkstein, jedoch nur mit einer allgemeinen Würdigung. Risa Höllermann scheint namentlich auf der Gedenktafel im Pollheimerpark in Wels auf.

Abgesehen vom Sonderfall Steyr, wo schon im Sommer 1945 vor allem auch auf Initiative von Auguste Zehetner (geborene Moser) bei der Benennung zahlreicher Straßen im Stadtteil Münichholz nach Widerstandskämpfern auch eine Frau, nämlich Herta Schweiger, berücksichtigt wurde, gab es bis vor kurzem im ganzen Bundesland keine nach einer oberösterreichischen Widerstandskämpferin benannte Straße.

In Ebensee wurde im Jahre 2001 auf Antrag des Vereins Zeitgeschichte Museum der Hermine-Schleicher-Weg nach der 1945 im KZ Ravensbrück ermordeten Widerstandskämpferin Hermine Schleicher benannt.

Initiativen der KPÖ

Die Linzer KPÖ-Frauengruppe unternahm im Gedenkjahr 2005 auf Initiative von Margit Kain einen Vorstoß in Form eines Briefes an Bürgermeister Franz Dobusch für eine Würdigung von Gisela Tschofenig-Taurer der eine Vorsprache am 25. April 2005 folgte. Dobusch sagte dabei zu, bei nächster Gelegenheit eine solche Straßenbenennung zu berücksichtigen, ebenso sicherte er zu, dass an der Stelle des ehemaligen Frauengefängnisses Kaplanhof eine Gedenktafel angebracht werden soll. Zu Jahresbeginn 2006 erfolgte die Mitteilung des Stadtarchivs, dass der Linzer Stadtsenat die Benennung einer Straße im Stadtteil Ebelsberg nach Gisela Tschofenig-Taurer beschlossen hat.

In Wels wurde von der KPÖ im Dezember 2005 als Erinnerung zum Budget 2006/07 die Forderung erhoben, eine Straße nach Risa Höllermann zu benennen und durch einen Brief Anfang Mai 2006 bekräftigt. Nach Prüfung dieses Anliegens teilte der Welser Bürgermeister Peter Koits bei der Jahreskonferenz des OÖ Netzwerkes gegen Rassismus und Rechtsextremismus am 14. Oktober 2006 mit, dass zwei Straßen in Wels nach Widerstandskämpferinnen, und zwar nach der Kommunistin Risa Höllermann und der Sozialdemokratin Rosa Jochmann, benannt werden.

Eine weitere Initiative wurde von der KPÖ in Bad Ischl unternommen: In einem Brief an den Bürgermeister wurde vorgeschlagen, eine Straße nach der Antifaschistin Theresia Pesendorfer zu benennen. Dieses Anliegen ist noch offen, der Bürgermeister versuchte das Anliegen auf die Nachbargemeinde Ebensee abzuschieben wo Pesendorfer in den letzten Lebensjahren gewohnt hatte und kann sich höchstens eine Gedenktafel in Bad Ischl vorstellen.

Die jetzt erreichte Benennung von Straßen nach Tschofenig-Taurer und Höllermann ist auch insoferne bemerkenswert, weil bislang SPÖ und auch Grüne auf die Forderung Straßen nach lokalen Widerstandskämpferinnen zu benennen eher Benennungen nach international bekannten Persönlichkeiten wie Anne Frank oder Sophie Scholl forcierten, weil der überwiegende Teil der oberösterreichischen Widerstandskämpferinnen Kommunistinnen waren.

Handlungen sichtbar machen

Worum es letztlich geht, fasst Martina Gugglberger in ihrer Arbeit recht treffend zusammen: „Auf der Spurensuche nach Frauen im Widerstand gegen das NS-Regime in Oberdonau begegnete ich beeindruckenden Persönlichkeiten und tragischen Schicksalen. Die Leistungen, Aktivitäten und Protesthandlungen dieser Frauen haben bisher nur wenig Beachtung gefunden, und ihre Darstellung blieb ebenso untergeordnet wie die Einschätzung ihrer Bedeutung für den Widerstand in Oberösterreich. Es geht nicht darum, neue Heldinnen des Widerstands zu stilisieren und diese den männlichen Helden gegenüber zu stellen, sondern darum, Frauen, ihre Handlungen und den Kontext, in dem diese passiert sind, sichtbar zu machen.“

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