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Gewöhnlicher Kapitalismus…

  • Sonntag, 26. November 2006 @ 14:19
Kapital Meldungen eines Tages (24. November 2006): „Tiefer Korruptionssumpf in Deutschland“, „Stiegl-Brauerei droht Anklage“, „Kartnigs Millionen-Spiel wird zum Kriminalfall“, „Teure Arbeitsessen, luxuriöse Ausflüge und edle Weine“. Das alles nicht etwa im neokapitalistischen von Putin abwärts mafiös regierten Russland, sondern in so „zivilisierten“ Ländern wie Deutschland oder Österreich.

Der Siemens-Konzern, gemeinhin als „Bank mit angeschlossener Industrie“ bezeichnet, ist nicht zum ersten Mal wegen Bestechung in den Schlagzeilen. Vielmehr gehört das beim deutschen Atom- und Rüstungskonzern zum üblichen Geschäft, damit die Geschäfte wie „geschmiert“ laufen und die Profite stimmen. Diesmal wird über einen Schaden von 200 Millionen Euro ermittelt, allein hundert Millionen flossen nach Österreich, im großen Stil geschmiert wurde bei Aufträgen für die Sommerolympiade 2004 in Athen.

Die Liste der skandalgeschüttelten Unternehmen in Deutschland ist freilich viel umfangreicher: Ex-VW-Betriebsrat Klaus Volkert wurde verhaftet, er ließ sich vom inzwischen abgehalfterten Vorstand Peter Hartz – Erfinder des berüchtigten „Hartz IV“-Programms zur Züchtigung von Arbeitslosen – Luxusreisen und Bordellbesuche zahlen. Infineon-Vorstand Andreas von Zitzewitz musste 2005 wegen Korruptions- und Untreueverdacht zurücktreten.

Schmiergeld im großen Stil floss 2005 auch bei den Frankfurter Immobilien. Ein BMW-Manager soll Schmiergelder bis 200.000 Euro angenommen haben. Bilanzfälschungen im großen Stil wurden einem Spitzenmanager von Nici, Hersteller des Fußball-Maskottchens „Goleo“ zum Verhängnis. Die (noch) staatliche Deutsche Bahn soll auf dem Weg an die Börse einen ehemaligen Politiker „eingekauft“ haben. Und der Chef des (österreichischen) Baukonzerns Alpine, Wildmoser, wurde wegen Absprachen und Schmiergeld beim Bau der Münchner Allianz Arena verurteilt.

Verhältnismäßig bescheiden nimmt sich da die Stiegl-Brauerei in Salzburg aus, der von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wird, von 1993 bis 1997 hunderte Wirte mit Bier auf Scheinrechnungen beliefert und die Finanzämter um Steuern von drei Millionen Euro gelinkt zu haben. Zwei Manager der Brauerei Sigl aus Obertrum wurden dem gleichen Delikt verurteilt, die betroffenen Wirte mussten 85 Millionen Euro Steuern für den Zeitraum von 2000 bis 2003 nachzahlen. Mit solchen Praktiken können gewöhnliche ArbeiterInnen oder Angestellte nicht mithalten: Ihnen wird die Steuer via Lohnverrechnung nämlich sicherheitshalber gleich abgezogen, gelegentlich kassieren dafür manche Unternehmen diese Steuern für die eigene Tasche und lassen das Finanzamt um diesen Durchlaufposten dumm sterben…

Vergleichsweise elegant ist hingegen Hannes Kartnig unterwegs. Der Konkurs des von ihm präsidierten Fußballvereins Sturm Graz ist bereits sein dritter, nachdem er 1976 mit seiner Werbefirma eine erste Pleite gebaut hatte und 1996 den Eishockeyverein EC Graz in den Konkurs geführt hatte. Bezeichnend für den medialen Blender ist die hemmungslose Vermischung der Gelder.

Kartnig sah Sturm Graz, seine Werbefirma Perspektiven und seine privaten Gelder stets als Einheit, deponierte beispielsweise 581.000 Euro Erlös für einen Spielertransfer in seinem privaten Safe und deckte private Spielschulden im Casino durch eine A-Kontozahlung des Vereins ab. Seine (derzeit freilich etwas demütige) mediale Präsenz hat darunter nicht gelitten, in der Klasse der oberen zehntausend gehört das offensichtlich zum guten Ton. Wenn man erwischt wird, gibt es dafür tröstende Worte von Gleichgesinnten…

Wie das Verhalten aus der Wirtschaft auf die Politik abfärbt demonstriert nunmehr seit Jahren der Paschinger SPÖ-Bürgermeister Fritz Böhm, sich als Manager verstehend wie immer elegant ganz in schwarz mit Porsche unterwegs und alle Regeln missachtend. Nicht nur dass Böhm seit Jahren das Gesetz und alle Auflagen mit Füßen tritt, er macht sich geradezu lustig über die Hilflosigkeit der Landesregierung.

Jüngste Feststellung eines Kontrollberichts: Ein Abendessen zu seinem 67. Geburtstag für drei Personen um 640 Euro auf Gemeindekosten. Dazu luxuriöse Betriebsausflüge in den Piemont, und eine Reisekostenpauschale von monatlich 564 Euro für den Bürgermeister. So läßt´s sich leben, und die SPÖ war bis heute nicht einmal in der Lage diesen Dorfpascha auszuschließen.

Unwillkürlich kommt einem dabei Karl Marx in den Sinn: „Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit … Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens.“

Was Marx vor fast 150 Jahren im „Kapital“ schrieb gilt offensichtlich immer noch, auch in den so genannten zivilisierten Ländern. Und es muß ja nicht gleich ein Krieg sein, um genügend Profit zu erzielen, es beginnt mit ganz gewöhnlich mit Schmiergeld, Bestechung, Steuerbetrug…

Leo Furtlehner

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