Willkommen bei KPÖ Oberösterreich 

„… das Portemonnaie muss rechts sein“

  • Mittwoch, 29. November 2006 @ 23:02
Kapital Es gibt Industrielle, die sich ausschließlich dem Geschäft widmen und allenfalls gelegentlich in den Klatschspalten oder am Opernball reüssieren. Hannes Androsch ist keiner von denen: Dem ehemaligen Vizekanzler liegt das Politisieren im Blut. Er fühlt sich berufen, gefragt oder ungefragt, seine Weisheiten via Medien auf das Volk loszulassen. Und da er zu den „oberen Zehntausend“ gehört, fällt ihm das auch nicht schwer, geneigte Medien gibt es genügend.

Jüngst philosophierte er im „Format“ (20/06) über die Globalisierung um zu dem Schluss zu kommen, dass diese „Millionen aus der Armut befreit“ habe. Warum dann etwa in Lateinamerika, seit Anfang der 70er Jahre Experimentierfeld der neoliberalen „Chicago Boys“ die Menschen massenhaft revoltieren und ein Linksruck unübersehbar ist, kann er damit freilich nicht erklären.

Nutznießer der Privatisierung

Verstaatlichungen wie etwa durch Morales in Bolivien kann Androsch nichts abgewinnen, kein Wunder ist er doch ein Paradefall eines Nutznießers der Privatisierung. Viele der Unternehmen, in die er im Laufe der letzten Jahre eingestiegen ist, haben schon früher seinen Weg gekreuzt, sei es als SPÖ-Finanzminister oder später als Chef der staatlichen Creditanstalt.

Ein Paradefall ist das Leiterplattenwerk AT&S, das er 1994 gemeinsam mit Willibald Dörflinger und Helmut Zoidl um 90 Millionen Schilling – vorfinanziert von der Raiffeisenbank Oberösterreich – günstig aus dem Bestand der ÖIAG übernommen und dank Handy-Boom zur Goldgrube, zu einem „Musterbeispiel der Globalisierung“, entwickelt hat. In alter Parteiverbundenheit gelang es Androsch die Metallarbeitergewerkschaft von der Notwendigkeit der Aufhebung des Nachtarbeitsverbotes für Frauen zu überzeugen.

AT&S produziert mittlerweile auch im Billiglohnland China. Befragt über die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards meint der Sozialdemokrat Androsch treuherzig „wir können nicht alles kontrollieren“, denn dann käme er „nicht mehr zum produzieren“. Dass er unisono mit seinem Nach-Nachfolger Grasser als Finanzminister nichts von einer Tobin-Tax, der Besteuerung von Finanztransaktionen, hält, verwundert da nicht mehr, er handelt lieber „risiko- und verantwortungsbewusst“. Zwischendurch beteiligte er sich an Betandwin.com mit neun Prozent, an der http High Tech Plastics AG mit 13 Prozent sowie dem britischen Risikokapitalfonds nCoTec und übernahm die Loser Bergbahnen sowie Paysafecard.com.

Interessiert hätte Androsch auch die staatliche DDSG: Dass der Deal nicht zustande kam fertigte er locker mit „Das war ein Trainingsmatch für das, was noch kam“ ab. Der dicke Brocken war die Salinen AG samt ihren Anhängseln Fischer und Cubit. Das Rezept des passionierten Jägers Androsch mit Wahlheimat Bad Aussee: „Lange sitzen und oft auf Pirsch gehen, um zu einem sinnvollen Abschuss zu kommen“.

Der Aufstieg zum Salzbaron

1997 übernahmen Androsch und der oberösterreichische Raiffeisen-Boss Ludwig Scharinger (Spitzname „Luigi Moneti“) die staatliche Salinen AG: Heute halten jeweils 36 Prozent Androschs AIC und Scharingers Invest Holding, 10 Prozent gehören einer Mitarbeiterstiftung – wohl eine Art Schweigegeld für die Zustimmung des Betriebsrates zur Privatisierung – 3,5 Prozent hält Salinen-Boss und Gusenbauer-Berater Joszeffi und 14,5 Prozent sind Streubesitz.

Das Konsortium Androsch/Scharinger bot zunächst 700 Millionen Schilling, ein Konsortium der bayrischen Südsalz und der Wiener Raiffeisen-Tochter Agrana 750 Mio. S, der französisch-amerikanische Salzriese Salins du Midi (13 Salinen, 3.5 Mio. Tonnen Produktion) mit 900 Mio. S. Der belgische Solvay-Konzern und der US-Salzriese Harris Corp. hatten schon vorzeitig das Handtuch geworfen.

Der „rote“ Androsch und der „schwarze“ Scharinger besserten durch ein mit 200 Millionen Schilling bewertetes Tourismus-Konzept für das strukturschwache Salzkammergut und Ausseerland sowie Gewerbeparks für Ebensee und Bad Aussee nach. Die Frage, warum ein florierender Betrieb wie die Salinen AG überhaupt verkauft werden musste, wurde außer von der KPÖ und den Grünen in Bad Ischl gar nicht mehr gestellt. Salinen-Betriebsratschef Rainer Wimmer hatte seine Erklärung „Der Eigentümer Staat weiß gar nicht, was er an uns hat“ längst vergessen.

Das großkoalitionäre Duo zog mit seinen Versprechen nicht nur die Gemeinden der Region und die Landespolitiker, sondern auch die um ihre Arbeitsplätze fürchtenden 320 Beschäftigten auf ihre Seite gebracht. Der SPÖ-Nationalratsabgeordnete und frenetischer Euro-Vorkämpfer Rainer Wimmer erwies sich als eifrigster Verfechter einer solchen österreichischen Lösung und sprayte höchstpersönlich „Kein 2. Semperit” auf Plakate der Bürgerinitiative „Unser Salz”. Der Salinen-Betriebsrat Friedrich Egglmaier drohte gar „Sollte Androsch nicht den Zuschlag bekommen, droht im Ausseerland der Streik“. Das ist die ideale Verbindung von Patriotismus und Klassenkampf…

Die Salinen AG war freilich schon vor der Privatisierung durch eine Umstrukturierung in eine Holding mit den Teilbereichen Produktion-Verkauf, Tourismus und Immobilien so scharf rationalisiert worden, dass Scharinger als neuer Co-Eigentümer recht süffisant erklären konnte, eine Beschäftigungsgarantie sei „kein Problem“. Der Salzbergbau in Hallein wurde geschlossen, der Personalstand deutlich reduziert. 1997 hielt die Salinen AG – nach dem Fall des Salzmonopols mit dem EU-Beitritt – bei Speisesalz 90 und bei Streusalz 70 Prozent Marktanteil in Österreich und lieferte dem Finanzminister immerhin 40 Millionen Schilling Dividende ab.

Versprechen als Schall und Rauch…

Die Salinen AG übernahmen 1998 auch die 74 Prozent Bundesanteile an der Dachstein AG verbunden mit großspurigen Versprechungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung für das Salzkammergut (Verdoppelung der Besucherzahl der Schaubergwerke auf eine Million, Straßenbauten etc.). Ganz nach dem neoliberalen Motto „Gewinne privatisieren, Defizite verstaatlichen“ wollten sie offenbar mit ihrer Beteiligung satte Gewinne einstreifen, die dafür notwendigen Investitionen jedoch von der öffentlichen Hand tätigen lassen und erwiesen sich als typische Vertreter eines „Strizzi“-Kapitalismus.

Nachdem diese durchsichtige Rechnung nicht aufgegangen ist, werden die Mehrheitsanteile an der DAG dem Land Oberösterreich zum Kauf angeboten. Ein Hintergrund dafür war ein massiver Kursverfall von Androschs Paradeunternehmens AT&S. Die Versprechungen erwiesen sich nun als Schall und Rauch: Statt das bei der Übernahme vereinbarte Investitionsprogramm zu realisieren, wurde auf Betreiben von Androsch der Seilbahnbetrieb auf den Krippenstein in der Wintersaison stillgelegt und von drei Teilstrecken nur mehr eine und auch diese nur im Sommer betrieben. Schon mit der Schließung des Schaubergwerkes Bad Ischl der Salinen AG wurde der Salzkammergut-Tourismus in der zum „Welt-Kultur- und Naturerbe“ erklärten Region negativ beeinflusst.

Der Anteil der Salinen AG an der DAG wurde bis 2004 auf 18,9 Prozent reduziert, nachdem zwischenzeitlich ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel Kaufinteresse angemeldet hatte. Haupteigentümer ist nunmehr das Land Oberösterreich mit 65,9 Prozent, weitere 6,6 Prozent gehören den Bundesforsten, 8,4 Prozent der Gosauer Seilbahn und Skilift GmbH, der Rest ist Streubesitz. Die großspurig angekündigten Investitionen „durfte“ anstelle von Androsch und Raiffeisen dann wieder das Land Oberösterreich aus Steuermitteln übernehmen.

Turbulenzen um FACC

Übers Kreuz mit seinem Financier und Kompagnon Scharinger geriet Androsch Ende Oktober 2005 bei der FACC, zu 47,5 Prozent Tochter der Salinen AG (weitere 47,5 Prozent gehören der Skifabrik Fischer, fünf Prozent FACC-Chef Walter Stephan): Anlass dafür war das Tauziehen über die Errichtung des – vom Land Oberösterreich massiv geförderten – 56-Millionen-Neubaues eines dritten Werkes mit 250 Arbeitsplätzen.

Androsch forcierte dafür Fohnsdorf (Steiermark) wo er eine Absichtserklärung der Landesregierung für eine Beteiligung in der Tasche hatte, sein Partner Scharinger Reichersberg (OÖ). Androsch verlor drei gegen fünf Stimmen, legte den Aufsichtsratsvorsitz der FACC zurück und war für einige Zeit auf den Raiffeisen-Boss nicht gut zu sprechen.

Ein lukrativer Großauftrag über 300 Millionen US-Dollar für die Airbusflotte ließen die beiden Kontrahenten freilich bald wieder zusammenrücken: „Wir fahren keinen Kuschelkurs, haben aber ein gemeinsames Commitment für das weitere Wachstum von FACC beschlossen“, so Stephan. Scharinger signalisierte sogar, dass die Salinen AG die ganze FACC übernehmen will. Das Verhältnis zwischen den beiden Haupteigentümern Fischer und Salinen ist nicht friktionsfrei. Der Skipatriarch „Pepi“ Fischer setzte daher 2004 seinen Finanzexperten Florian Keiper-Knorr als Verbindungsmann zur FACC ein, wohl auch, weil das Tochterunternehmen der „Mutter“ Fischer durch expansives Wachstum über den Kopf zu wachsen droht.

Die auch im Rüstungsgeschäft tätige FACC mit Sitz in Ried im Innkreis sitzt auf einem Auftragspolster von 900 Millionen Euro, wobei auch Gegengeschäfte zum Eurofighter-Ankauf mit Goodrich über 300 Millionen abgefallen sind. Androschs Winkelzüge beim Zustandekommen des Abfangjäger-Deals haben sich sichtlich gelohnt. Gemeinsam mit Stronach war er nämlich laut einem Strategiepapier der ehemaligen Vizekanzlerin Riess-Passer an der Einfädelung des Eurofighter-Geschäfts beteiligt.

Androsch – der Patriot

Androsch war einer der ersten, der den Verkauf der BAWAG durch den ÖGB verlangten und äußerte auch selber Interesse an einer Übernahme. Sein „Lehrling“ Gusenbauer griff das Thema willfährig auf, der ÖGB beschloss in einer Nacht- und Nebel-Sitzung den Verkauf. Solche „patriotischen“ Kaufambitionen hatte Androsch schon bei Steyr-Daimler-Puch, Lenzing, Telekom, Assmann und der voestalpine geäußert.

Den kürzeren zog der 1997 von einer geneigten Journalisten-Jury zum „Wirtschaftsmann des Jahres“ gewählte Androsch etwa beim Verkauf der Steyr-Daimler-Puch AG – für die er früher als CA-Chef zuständig war: Das Rennen machte der in Kanada zum Milliardär gewordene Frank Stronach, die Konkurrenten Androsch, GSM (Deutschland), Borg Warner und Dana (beide USA) blieben auf der Strecke.

Seinen Platz als Kapitalist sieht der gerne in Lederhosen und mit Wetterfleck posierende „Paradeösterreicher“ Androsch sehr pragmatisch: Einerseits plädiert er dafür, dass „nicht weiter diesem sadomasochistischen Ausverkauf gehuldigt wird, den es in keinen anderen europäischen land gibt“. Gleichzeitig ist er offen für das Auslandskapital „je mehr ins Land kommt, desto willkommener“. Das Kapital richtet es sich, wie es gerade gefällt…

Rosarotes Doppelspiel

Bereits 2002 wurde im Wahlkampf ein bezeichnendes Doppelspiel inszeniert: Einerseits wetterte die SPÖ in knallroten Flugblättern gegen den Ausverkauf, wobei sie schamhaft verschwieg, dass bereits in der Regierungszeit der SPÖ der Großteil der Verstaatlichten ausverkauft wurde. Der frühere Verstaatlichtenminister und ÖIAG-Chef Rudolf Streicher hatte das schon im Jahre 2000 treuherzig mit dem Ausspruch „Unser Katechismus ist das Aktienrecht“ auf den Punkt gebracht. Andererseits präsentiert Gusenbauer mit Salinen-Chef Thomas Joszeffi als einen ihrer Wirtschaftsberater und Ex-Finanzminister Hannes Androsch (Eigentümer der ehemals staatlichen Salinen AG und der ehemals zur ÖIAG gehörenden AT&S) als wirtschaftspolitischen Mentor im Hintergrund ausgerechnet die Nutznießer des Ausverkaufs.

Ein Musterbeispiel wohin Privatisierung führt ist der seinerzeit unter Androsch als CA-Chef durchgeführte Verkauf von Semperit an den deutschen Conti-Konzern, der 2002 das Reifenwerk nach Kassieren enormer Förderungen zusperrte. Gusenbauer hingegen stellte schon 2002 klar: „Es wird keine Privatisierung rückgängig gemacht” und ergänzte „Aufstocken halte ich nicht für sinnvoll. Das betrachte ich für das gesamte Wirtschaftsklima als nicht günstig“.

Ezzes für den Sozialabbau

Europa ist für den Globalisierungsfan Androsch „viel zu protektionistisch und verkrustet“. Um das zu ändern gibt er periodisch Ezzes. Schon bei der Regierungsbildung im Jahre 2000 forderte er einen „österreichischen Blair“, Schüssel erfüllte diese Rolle freilich grandios. Jüngst forderte Androsch etwa, dass bei Lohnerhöhungen nur eine „Kerninflation“ ohne die besonders stark steigenden Energiepreise abgegolten und darüber hinaus vom jeweiligen Gewinn abhängige „betriebliche Zuschläge“ erfolgen sollten. Damit würden freilich nicht nur die Lohnabhängigen um den ihnen zustehenden Anteil am Produktivitätswachstum betrogen, sondern durch die verstärkte Verlagerung von Lohnverhandlungen auf die betriebliche Ebene zunehmend auch die Gewerkschaften ausgeschaltet.

Wie der Rückgang der bereinigten Lohnquote seit Anfang der 80er Jahre verdeutlicht, erfolgte schon in den letzten 25 Jahren kaum eine Produktivitätsabgeltung. Während die Kaufkraft der Lohnabhängigen gesunken ist, sind die Gewinne gestiegen. Kapital und Vermögen wurden massiv begünstigt, verstärkt steuerliche Entlastungen wie Abschaffung der Vermögenssteuer, Schaffung steuerschonender Privatstiftungen und Senkung der Körperschaftssteuer.

Nicht zum ersten Mal agiert Androsch als Vorreiter massiver Verschlechterungen. Bereits 2002 verlangte er eine Überwindung des „Kartells der wohlerworbenen Rechte“ und forderte „schmerzhafte Maßnahmen“ bei Pensionen und Gesundheitswesen, die Anhebung der Lebensarbeitszeit, Aufhebung der Schutzbestimmungen für ältere Beschäftigte, Abschaffung der Wohnbauförderung und Senkung der Unternehmerbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds.

Weiters kann er sich in modifizierter Form sowohl die Studien- als auch die Ambulanzgebühren vorstellen. Seine Philosophie brachte er mit Aussprüchen wie „Wir haben den Wohlfahrtsstaat angepeilt und den Versorgungsstaat produziert. Eine Befürsorgung der Bevölkerung kann aber nicht Sinn des Wohlfahrtsstaates sein“ auf den Punkt. Im Gleichklang mit Schüssel-Berater Claus Raidl tritt Androsch auch für ein „Abspecken“ im öffentlichen Dienst – vor allem bei den Ländern die 215.000 der 500.000 öffentlich Bediensteten beschäftigten – ein, was im Klartext massive Arbeitsplatzvernichtung bedeutet. Ansonsten gilt für ihn die Maxime „größte Kostenschlankheit, Flexibilität und Geschwindigkeit“.

Die auf unverhüllte soziale Verschlechterungen zielenden Vorstöße Androschs konterkarieren nicht nur die verbale Kritik der SPÖ an der Politik der Schüssel-Regierung, sondern weisen gleichzeitig sehr deutlich in Richtung einer unsozialen großen Koalition von SPÖ und ÖVP nach deutschem Muster nach der Herbstwahl.

Androsch hätte die Körperschaftssteuer (sie wurde von Grasser von 34 auf 25 Prozent gesenkt) nur um die Hälfte reduziert, dafür aber vorzeitige Abschreibungen und eine Investitionsprämie eingeführt, was die Unternehmer steuerlich noch mehr entlastet hätte, wenn laut Androsch „50 Prozent der Investitionssumme vorweg abgeschrieben werden könnten“. Kritisiert wurde von Androsch auch, dass Grasser den Höchststeuersatz mit 50 Prozent unverändert ließ.

Im Dunstkreis der Netzwerke

Androsch hat sein laut „trend“ auf 180 Millionen Euro geschätztes Vermögen steuerschonend in einer Privatstiftung geparkt und rangiert auf Platz 58 der reichsten ÖsterreicherInnen. Er gehört sowohl zum Netzwerk der Berater von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer als auch zu jenem des oö Raiffeisen-Chefs Ludwig Scharinger (ÖVP).

Verankert ist Androsch gemeinsam mit Charly Blecha als prominenter SPÖ-Vertreter auch im Netzwerk um den ÖVP-Anwalt Gerhard Wildmoser. Dieser vertrat Blecha im Noricum-Prozess – für den Wirtschaftsanwalt der „einzige Strafrechtsprozess meines Lebens“ – und ist auch an Blechas Marktforschungsinstitut Mitropa beteiligt. Androsch wiederum kennt Wildmoser über Scharinger. Berührungsängste zur roten Reichshälfte gibt es keine: „Androsch und Blecha gehören für mich zu den gescheitesten Leuten dieser Republik. Es ist unheimlich spannend, mit ihnen zu diskutieren.“ Umgekehrt sagt Androsch über Wildmoser: „Ich schätze ihn sehr. Er ist ein geschickter Anwalt und durch seinen familiären Hintergrund industriell verbunden.“

Steuerschonender Mäzen

Wenig Freude hat der Ex-Finanzminister hingegen mit dem Steuerzahlen: „Der gequälte Hund“ (der Steuerzahler), „wird beim Schwanz gepackt und über den Kopf gedreht. Wenn man ihn dann auslässt, wird man doch auch nicht erwarten, dass er sich für die Schmerzen bedankt, die man ihm zugefügt hat.“ Das sagt einer, der in den 70er Jahren bei der Einführung der Mehrwertsteuer plakatieren ließ „Mehrwertsteuer ist keine Mehrsteuer“, was die gewöhnlichen Menschen ohne Anspruch auf Vorsteuerabzug freilich anders sahen.

Wer dank der von Androschs Nachfolger Ferdinand Lacina eingeführter Privatstiftung wenig Steuern zahlt kann sich leicht als Mäzen gebärden. Androsch stiftete entsprechend seinem „Selbstverständnis als Citoyen“ der das „Glück hat, zu einem gewissen Wohlstand gekommen zu sein“ zehn Millionen Euro für eine in aller Bescheidenheit nach ihm benannten Stiftung bei der Akademie der Wissenschaften zur Förderung von Arbeiten über „Arbeit und Festigung des sozialen Ausgleichs und Friedens“. In den 70er Jahren erklärte er noch treuherzig ein „Leider Nein“ (Schilling-)Millionär zu sein. Das hat sich freilich gründlich geändert.

Mit der Aussage, Sponsoringgelder seien heute für die Unis „unerlässlich“ wird die Unterwerfung der Universitäten unter die Interessen des Kapitals voll und ganz eingestanden. Dass dies nicht nur in Linz so ist, wo Raiffeisen-Boss Scharinger Präsident des Unirates ist, zeigt die Nominierung des Industriellen Helmut List (AVL) für den Unirat der TU Graz oder von Androsch für den Unirat der Montanuni Leoben.

Und auch die altkatholische Kirche kann sich über die Großzügigkeit ihres Gemeindemitglieds Hannes A. nicht beklagen. Bekannt sind Androschs patriotische Gesten, so initiiert er 2005 die Großausstellung im Schloss Belvedere und betätigte sich als Geldeintreiber dafür. Der Wandel zum „Elder Statesman“ war ihm gelungen…

Dekadenz der Sozialdemokratie

Der gelernte Wirtschaftstreuhänder Androsch galt in den 70er Jahren als „größtes politisches Talent nach Kreisky“. Als jüngster Finanzminister und Vizekanzler der zweiten Republik galt er jahrelang als Kronprinz. Seine Steuerberatung Consultatio hatte er zwar treuhändisch seiner Familie und einem Geschäftsführer übergeben, doch wundersamer Weise nahm sie einen Aufschwung der auch Kanzler Bruno Kreisky argwöhnisch werden ließ. Prüfungsaufträge der Verstaatlichten häuften sich und der zuständige Finanzminister konnte immer weniger erklären, damit nichts zu tun zu haben.

Verschärft wurde dies durch den flotten Lebenswandel samt nobler Villa in Neustift am Waldo. Das Floridsdorfer Arbeiterkind Hannes A. hatte es wahrlich weit gebracht. Parallelen zum im Jetset umtriebigen amtierenden Finanzminister Karl-Heinz Grasser wie zum BAWAG-Boss und Golfer Helmut Elsner drängen sich auf. Was später unter den Banker und Managern Vranitzky und Klima für die SPÖ selbstverständlich wurde, dafür war Ende der 70er Jahre die Zeit noch nicht reif.

Im August 1980 gelang es dem ÖVP-Abgeordneten Steinbauer eine politische Bombe via Anfrage hochgehen zu lassen. Der damalige Finanzminister und Vizekanzler Androsch konnte fehlende Sicherheiten für einen Kredit für seine Villa nicht glaubwürdig erklären. Der Rest war einem klassischen Königsdrama nicht unähnlich. Binnen weniger Monate hatte sich Kanzler Kreisky seinem „Kronprinzen“ soweit entfremdet, dass er ihn aus der Regierung entließ. Die Vertrauenskrise hatte freilich schon 1974 begonnen, als Androsch gemeinsam mit Leopold Gratz Kreisky auf den Posten des Bundespräsidenten wegloben und nach dem Kanzlerposten greifen wollte.

Selbst eine Anklage wegen Steuerhinterziehung konnte Androsch aber wenig anhaben. Auf den lukrativen Posten als CA-Chef abgeschoben begann er mit dem Aufbau eines Netzwerkes in seinem „zweiten Leben“ als Industrieller, der nunmehrigen Berufsbezeichnung des Sozialdemokraten. Wie dazu der ÖVP-Politiker Erhard Busek spitz bemerkte haben sich die Sozialdemokraten freilich längst als die „besseren Kapitalisten“ erwiesen. Androschs Philosophie ist freilich sehr eindeutig: „Mein Herz schlägt zwar links, aber das Portemonnaie muss rechts sein.“

© Leo Furtlehner, Mai 2006

Themen