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Wann kommt das Aus für Atomkraft in Europa?

  • Mittwoch, 26. April 2006 @ 09:30
Umwelt 20 Jahre nach Tschernobyl

Jubiläen und Jahrestage gab es in den letzten Monaten viele. Doch nur wenige Ereignisse hatten dermaßen einschneidende Auswirkungen wie der 26. April 1986. Zum zwanzigsten Mal jährt sich heuer die Katastrophe im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl. Ein Super-GAU, der zwar das Leben zigtausender Menschen, aber offenbar nicht die Energiepolitik Europas und der Welt grundlegend verändert hat.

Am 26. April 1986 geriet ein Experiment außer Kontrolle und löste im damals noch sowjetischen Kernkraftwerk eine folgenschwere Katastrophe aus. Tonnen radioaktiven Materials wurden freigesetzt und eine riesige giftige Wolke begann sich über Europa auszubreiten. Radioaktive Isotope gelangten in Form von Niederschlägen auch auf österreichisches Gebiet. Die Bevölkerung fühlte sich durch den Super-GAU in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber einem Atommeiler im eigenen Land bestätigt. Bereits im November 1978 hatten die Österreicherinnen ein antiatomares Machtwort gesprochen: Die Volksabstimmung zur In-Betriebnahme des AKW Zwentendorf hatte ein knappes aber klares Ergebnis gebracht: 50,47 Prozent der Österreicherinnen sagten Nein!

Kernkraft weiterhin Option

Seit diesem Meilenstein in der heimischen Energiepolitik lehnt Österreich die störfallanfällige, risikoreiche, teure, unwirtschaftliche und nicht nachhaltige Energieform ab. Jenseits der heimischen Grenzen wurden die Reaktoren jedoch keineswegs kalt gestellt. Im Gegenteil: Die Atomindustrie findet in der EU nach wie vor Unterstützung - immer noch halten 8 von 25 EU-Staaten aktiv an der Atomkraft fest. Erstmals seit 10 Jahren wird innerhalb der EU zurzeit auch ein neues Kernkraftwerk - in Finnland - errichtet, weitere sind geplant! Auch in der künftigen europäischen Energiepolitik soll Kernkraft eine Rolle spielen. Ab 2007 werden für Atomforschung jährlich 773 Mio. Euro ausgegeben - Österreich muss mit zahlen! In die Forschung von Erneuerbaren Energieträgern fließen lediglich 216 Mio. aus europäischen Fördertöpfen.

Wo bleibt Nachhaltigkeit?

Anfang März 2006 präsentierte Energiekommissar Andris Piebalgs das Grünbuch zur europäischen Energiepolitik, das die weitere Debatte über die Energiezukunft in der EU bestimmen wird. Die drei Säulen, auf die sich die Europäische Energiepolitik demnach in Zukunft stützen soll, sind: Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Doch finden sich in dem Werk keine konkreten langfristigen Ziele in den Bereichen Erneuerbare und Energieeffizienz, im Gegenteil: Die EU-Kommission schlägt vor, die Atomkraft in einer „transparenten und objektiven Debatte neu zu bewerten“. Sprich: Atomenergie wird im EU-Grünbuch zur Zukunft der Energiepolitik weiterhin als mögliche Versorgungsvariante betrachtet! Doch Atomenergie trägt weder zu mehr Energieunabhängigkeit bei - Uranimporte bringen ebenso eine 100 Prozent ige Abhängigkeit von wenigen Ursprungsländern, die Uranvorräte reichen noch maximal für zwei Generationen -, noch schaffen verlängerte Laufzeiten oder gar neue AKWs Versorgungssicherheit. Im Gegenteil: Sie verhindern Investitionen in moderne effiziente Kraftwerke und in eine wettbewerbsfähige und innovative Energieversorgung durch Erneuerbare Energieträger. Ferner ist Strom aus AKWs hoch subventioniert - die Haftungsfrage wird vom Unternehmen auf die Allgemeinheit abgewälzt und auch die Endlagerung ist bis dato weltweit nicht gelöst. Ganz abgesehen von den Risiken eines atomaren Unfalls und der Gefahr terroristischer Anschläge. Ein Ausbau der Atomkraft kann deshalb aus Sicherheits- und wirtschaftlichen Gründen keine Option für die künftige Energieversorgung der EU sein und ist ein absolut falsches Signal für eine nachhaltige Energiepolitik!

Energiewende jetzt starten

Steigende Ölpreise, die Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten, der steigende Energiebedarf und der zunehmende Klimawandel erfordern ein radikales Umdenken in der EU-Energiepolitik - nur die verstärkte Nutzung und Förderung Erneuerbarer Energieträger und eine Steigerung der Energieeffizienz können uns aus der atomaren Sackgasse und der drohenden Energiekrise führen. Dazu braucht es zunächst auch ein Umdenken in der Energienutzung. Solange der Stromverbrauch Jahr für Jahr ansteigt, werden auch die Zuwachsraten an Ökostrom regelrecht aufgefressen. Energiesparen ist also angesagt, und: Die Energiewende muss gestartet werden! Der Appell des Umweltdachverbandes richtet sich daher an die EU-Kommission und den österreichischen Ratsvorsitz: Stellen Sie jetzt die richtigen Weichen für Europas Energiezukunft! Setzen Sie sich für eine wirklich nachhaltige Energiepolitik, den Ausstieg aus der Atomenergie, den Ausbau Erneuerbarer Energien und eine Steigerung der Energieeffizienz ein!

Atomkraft - nein danke!

Fazit: 20 Jahre nach Tschernobyl ist Atomkraft in Teilen Europas immer noch salonfähig. Der Großteil der Bevölkerung will allerdings etwas anderes. Laut einer Euro-Barometer-Umfrage des Vorjahres sind nur 7 Prozent der Befragten voll und ganz und 30 Prozent eher für die Kernenergie. Am größten war die Pro-Haltung in Ungarn, Schweden und der Tschechischen Republik. Im Gegenzug erklärten jedoch insgesamt 31 Prozent der Bürgerinnen der EU-25 eher und 24 Prozent voll und ganz gegen die Kernenergie zu sein. Die vehementeste Ablehnung gab es in Österreich (88 Prozent), Griechenland (86 Prozent) und Zypern (81 Prozent). Es wäre also hoch an der Zeit, dass dieser Großteil der Bevölkerung, der klar gegen Atomkraft ist, erneut ein antiatomares Machtwort spricht - diesmal europaweit!

Unterschreiben auch Sie für den Europäischen Atomausstieg!
Mehr dazu auf http://www.atomstopp.at/1million

Quelle: fact.um, Die Zeitschrift des Umweltdachverbandes, 1/06

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