Willkommen bei KPÖ Oberösterreich 

1987: Bürgerinitiativen für Verstaatlichte und Gemeinwirtschaft

  • Mittwoch, 24. Oktober 2012 @ 08:00
Geschichte Das Kesseltreiben konservativer Politiker und Medien gegen Verstaatlichte und Gemeinwirtschaft ist nicht neu. Nach Beginn der Verstaatlichtenkrise - ausgelöst im Herbst 1985 durch die Ölspekulationen der Voest-Intertrading - steigerten sich diese Angriffe enorm.

Gegen die ersten Pläne von Regierung und ÖIAG zur Zerschlagung der Verstaatlichten gab es massiven Protest: Am 16. Jänner 1986 demonstrierten am Linzer Hauptplatz 40.000 Menschen. Damals hätte die Chance bestanden, durch breite Mobilisierung eine starke eigenständige Verstaatlichte zu erhalten.

Doch die Spitzen von SPÖ und ÖGB pfiffen zurück, Verhandlungen „am grünen Tisch“ waren angesagt. Die Zerlegung der Verstaatlichten als Vorleistung für den EG-Anschluss wurde Bestandteil der Koalitionsabkommen von 1986 und 1990.

Engagierte GewerkschafterInnen fanden sich damit nicht ab. 1986 entstanden die Bürgerinitiativen „Solidarität mit der Verstaatlichten und Gemeinwirtschaft“ (BISVG). Am 24. Mai 1987 trafen sich die BISVG in Steyr zur ersten bundesweiten Konferenz. Der Schriftsteller Peter Turrini und Bürgermeister Schwarz eröffneten, Universitätsprofessor Rothschild hielt das Hauptreferat. Ergebnis der Konferenz war der „Steyrer Appell“, den hunderte Betriebsräte, Gemeinderäte und Gewerkschafter sowie - unter Druck ihrer Basis - viele SPÖ-Funktionäre unterzeichneten.

Im Sommer 1987 erschien die erste Nummer der BISVG-Zeitung „Steyrer Appell“. Lokale Bürgerinitiativen entstanden in Linz, Braunau und Steyr. Ende Mai 1987 demonstrierten die AMAG-Beschäftigten in Braunau, im Juli 1987 in Wien für den Neubau der Elektrolyse.

Am 24. Oktober 1987 demonstrierten 40.000 Menschen in Wien gegen Sozialabbau und für Verstaatlichte und Gemeinwirtschaft. Voest-Werkspfarrer Hans Wührer war dort einer der Redner. Am 1. Dezember 1987 überreichten Vertreter der BISVG dem damaligen Verstaatlichtenminister Streicher ein Memorandum.

Ein Umdenken in der Wirtschaftspolitik verlangte die zweite Solidaritätskonferenz am 26. und 27. März 1988 in Linz, die von Voest-Pfarrer Wührer und Betriebsrat Oberchristl eröffnet wurde. Die Wissenschaftlerin Margit Scherb ordnete die Entwicklung der Verstaatlichten in den von der Regierung angestrebten EG-Anschluss ein. In Arbeitskreisen wurden Alternativen dazu entwickelt. Die Konferenz wandte sich gegen die Zertrümmerung der Verstaatlichten und gegen einen EG-Beitritt Österreichs.

In der Folge bröckelte die Bewegung ab: Durch den Konjunkturaufschwung schien die „Sanierung“ der Verstaatlichten gelungen zu sein, viele Unterstützer des „Steyrer Appells“ ordneten sich der Regierungspolitik unter. Wie sich heute zeigt, geht ihre Liquidierung der Verstaatlichten aber rapid weiter.

Leo Furtlehner

Themen