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Aktuelle wohnpolitische Vorschläge der KPÖ

  • Samstag, 1. Januar 2005 @ 13:05
Wohnen Einleitung

Wohnen ist für uns ein unverzichtbares Menschenrecht. Dies schließt die Anforderung an eine zeitgemäße und menschenwürdige Wohnung in einem ordentlichen Zustand mit ein. Entsprechend dem Mietrecht bedeutet zeitgemäß eine Wohnung im brauchbaren Zustand, deren Nutzfläche mindestens 30 Quadratmeter beträgt, die zumindest aus Zimmer, Küche, Vorraum, WC und Bad besteht und über eine gemeinsame Wärmeversorgungsanlage oder eine Etagenheizung und über eine Warmwasseraufbereitung verfügt, also eine sogenannte Kategorie-A-Wohnung. Heute muss es auch selbstverständlich sein, dass eine solche Wohnung über ausreichende Möglichkeiten der Kommunikationstechnologie verfügt.

Das Gebäude, indem sich das jeweilige Mietobjekt befindet, muss in einem ordentlichen Zustand sein und besonders die Versorgungsleitungen müssen funktionstüchtig und mit ausreichender Kapazität versehen sein. Besonders für alte Menschen und für Menschen mit Kindern sollte es zum zeitgemäßen Standard gehören, dass ein Aufzug vorhanden ist. Ebenso sind Abstellräume für Kinderwägen und Fahrräder eine notwendige Bedingung für ein als zeitgemäß einzustufendes Wohnen.

Die Immobilienwirtschaft ist jedoch an einem knappen Wohnraum interessiert um so – entsprechend dem Prinzip Angebot und Nachfrage - höchste Renditen erzielen zu können. Der privatwirtschaftliche, profitorientierte Wohnbau produziert nicht Wohnungen nach Bedarf, sondern investiert nur dann materielle Mittel in diesen Sektor, wenn es zu einer maximal profitablen Verwertung des eingesetzten Kapitals kommt. Damit steht aber diese Anlageform in Konkurrenz zu anderen Kapitalverwertungsformen. Um dem Privatkapital die Anlageform Wohnbau schmackhaft zu machen, wurden in den verschiedenen Mietrechts-„Reformen“ die Schutzrechte mehr und mehr abgebaut.

Weitere mieterInnenfeindliche Vorhaben der Immobilienwirtschaft und des Finanzkapitals werden vorbereitet:

+ Die noch vorhandene Kategorie D (als letzte Bastion des Kategoriesystems) soll ebenfalls in das Richtwertesystem übernommen werden, was zu einer Erhöhung dieser Mieten führen wird.

+ Im Eintrittsfall unter Familienmitgliedern und Lebensgefährten soll statt der gegenwärtigen Höchstgrenze von € 2,64 (Kategorie A) der Richtwert (zwischen 3,94 und 6,63 € pro Quadratmeter je nach Bundesland) möglich sein, was durchschnittlich einer Verdoppelung gleichkommt. Diese Maßnahme soll als Einstieg vorerst über eine entsprechende Änderung im Wohnungsgemeinnützigkeits-Gesetzes (WGG) erfolgen.

+ Völlige Eliminierung des WGG

+ Privatisierung der Wohnbauförderung durch Verkauf der aushaftenden Darlehen an Banken

+ Weitere Eingriffe in Altverträge durch Erleichterung der Eigenbedarfskündigungen.

+ Schaffung weiterer Ausnahmetatbestände, d.h. gänzliche wie teilweise Herausnahme weiterer Mietobjekte aus dem Mietrecht

+ Flankiert werden sollen alle diese Maßnahmen durch Einführung der Kostenpflicht bei den derzeit noch kostenlosen Außerstreitverfahren, also allen Verfahren, die mietrechtliche Angelegenheiten betreffen

Wohnungen müssen für alle Menschen leistbar sein, es bedarf daher Maßnahmen um der Preistreiberei und der Willkür auf dem Wohnungssektor Einhalt zu gebieten und unsere aktuellen wohnpolitischen Vorschläge leiten daraus folgende Forderungen ab:

Mietzinsstopp! Entkoppelung der Mieten von der Inflationsrate!

Jeweils per April steht die jährliche Anpassung der Richtwert-Mietzinse an die Inflationsrate an. Von April 1994 (Einführung des Richtwerte-Systems) bis April 2003 hat dies zu einer Erhöhung von insgesamt 17,91 Prozent geführt. Für die Kategoriemietzinse muss innerhalb der nächsten 12 Monate - indexbedingt - ebenfalls eine 5prozentige Erhöhung befürchtet werden. MieterschützerInnen fordern - wie übrigens auch die Arbeiterkammer Wien - die Entkoppelung der Mietzinse von der Inflationsrate! Die Bindung der Mieten an die Teuerungsrate gerät langsam aber sicher zu einer außerordentlichen Bedrohung für eine große Anzahl von Haushalten mit kleinen und mittleren Einkommen.

Die Mieten sind auf dem derzeitigen Stand einzufrieren und die völlig überhöhten Richtwert-Mietzinse wieder auf die Kategoriemietzinse zurückzuführen! Das stellt auch klar, dass wir keine Überführung der Kategorie D-Mieten in das Richtwertsystem akzeptieren. Die kommende Erhöhung der Kategoriemietzinse bei Altverträge sollte besonders bei den Gemeindewohnungen zum Anlass genommen werden, um dort Widerstandsmaßnahmen zu organisieren. Wir meinen, dass es richtig wäre den Gedanken einer kollektiven Verweigerung gegenüber weiteren Mietzinssteigerungen in die Mietendiskussion einzubringen.

Keine Mieterhöhung für Angehörige!

Derzeit darf beim Eintritt von Familienangehörigen (Lebensgemeinschaften sind derzeit diesem nur im Todesfall gleichgestellt!) in ein Mietverhältnis eine Anhebung der Mieten bis zur Kategorie A (derzeit € 2,64/qm) erfolgen. Dies ungeachtet der Tatsache, dass kategorieanhebende Baumaßnahmen in den meisten Fällen von den MieterInnen auf eigene Kosten durchgeführt wurden. Die Immobilienwirtschaft beharrt seit Jahren darauf, dass in diesen Fällen in Zukunft der Richtwertmietzins verlangt werden kann. Es ist zu befürchten, dass bei der bereits wieder anstehenden Mietrechts-„Reform“ ein weiterer Schritt in diese Richtung gemacht wird.

Befristungsverbot!

Befristungen sind per se spekulationsfördernd, denn mit jedem befristeten Mietvertrag steigt die Preisdifferenz zwischen der noch geschützten belegten und der tendenziell freiwerdenden Wohnung, was den Absiedlungsdruck auf die geschützten AltmieterInnen entsprechend erhöht. Die Einführung der vielfältigen Befristungsmöglichkeiten im Mietrecht haben den Kündigungsschutz stark durchlöchert, insbesondere dann, wenn sie nicht auf bestimmte eingrenzbare Sondertatbestände (etwa ein echter, bereits mit Mietbeginn vereinbarter und überprüfbarer Eigenbedarf) beschränkt sind. Für Hauseigentümer erhöhen Befristungen die Dispositionsmöglichkeiten über das Haus in Richtung höherer Verwertung, für die MieterInnen stellen sie einen massiven Eingriff in die soziale und familiäre Sicherheit dar. Jeder aufgezwungene Wohnungswechsel führt zu erheblichen Mehrkosten, besonders für Familien mit Kindern.

Die bisherigen Erfahrungen mit befristeten Mietverträgen zeigen deutlich die Unvereinbarkeit zwischen Anspruch und Wirklichkeit gegenüber einer verantwortungsvollen Familien- und Gemeinschaftspolitik. Völlig unglaubwürdig wird eine Gesellschaftspolitik, die einerseits der Familie eine zentrale Rolle in der sozio-kulturellen Hierarchie zuweist, sie aber über eine familienfeindliche Wohnungspolitik jeder stabilen und vorausschauenden Grundlage beraubt. Das Hauptanliegen jeder Familie oder Lebensgemeinschaft ist es, verlässliche äußere und innere Verhältnisse zu schaffen, wobei die Wohnung den zentralen und unverzichtbaren Ort gemeinsamer und langfristiger Lebensplanung darstellt.

Ist selbst für Erwachsene ein ständiger Wechsel des sozialen Umfeldes problematisch, so ist dies für heranwachsende Kinder geradezu unverantwortlich. Die Folgen ständigen Wechsels von Kindergarten, Schule, Freundes- und Bekanntenkreises und damit des Verlustes jeglicher sozialer Eingebundenheit und Orientierung führen nachweislich zu pädagogischem und sozialem Fehlverhalten. Im innergemeinschaftlichen Verhältnis wird die Frage nach der Finanzierbarkeit und dem Finden einer neuen Wohnung zum alles beherrschenden Thema.

Der Preistreiberei auf dem Wohnungssektor über die Befristung von Mietverträgen muss durch die Beendigung genereller Befristungsmöglichkeiten Einhalt geboten werden! Der ständige durch die Zeitverträge erzwungene Wohnungswechsel führt zu erhöhten Kostenbelastungen: Provisionen, Kautionen, Mieterhöhungen, Erneuerung von Einrichtungsgegenständen etc., ganz zu schweigen von den unerträglichen Abhängigkeiten von den VermieterInnen.

Keine Privatisierung und Zweckentfremdung der Wohnbauförderung!

Die Wohnbauförderung muss zweckgebunden für den sozialen Wohnbau verwendet werden um wieder mehr und leistbare Mietwohnungen bauen zu können. Immer mehr Länder gehen angesichts der Maastrichtkriterien und des Stabilitätspakts daran, die aushaftenden Wohnbaudarlehen unter hohen Verlusten an Banken zu verkaufen. So haben die NÖ Landesregierung ihre Darlehensforderungen von € 472 Millionen um 254 Mill. und die OÖ Landesregierung in Höhe von € 469 Millionen ebenfalls mit bis zu 50 Prozent Abschlägen verkauft. Auch in Wien wurde mit einer Änderung des Wohnbauförderungsgesetzes diese Möglichkeit bereits gesetzlich vorbereitet. Dem auf diese Art erreichten verlustreichen Einmaleffekt für die Länder- bzw. Gemeindebudgets stehen dann die fehlenden jährlichen Rückflüsse aus den laufenden Darlehen gegenüber.

Der öffentliche bzw. soziale Wohnungsneubau, aber auch selbst dringend erforderliche Sanierungsmaßnahmen im öffentlichen Altbau, können dann nur mehr über hochverzinste auf dem Kapitalmarkt aufgenommene Darlehen durchgeführt werden, was zu einer Verdoppelung bis Verdreifachung der Kosten führt, die dann wieder auf die MieterInnen überwälzt werden. Da dies aber ab bestimmten Schmerzgrenzen nicht mehr möglich ist, wird es zu einer großflächigen Stagnation des öffentlichen Wohnbaus und in der Folge zu einer steigenden Wohnungsnot kommen.

Kein Verkauf von Genossenschafts-, Gemeinde- und Bundeswohnungen

Unter Umgehung fachlicher und parlamentarischer Begutachtung wurde, versteckt im Budgetbegleitgesetz 2001, die Gemeinnützigkeit der Bundeswohnungen (BUWOG) aufgehoben. Über 61.000 werden damit auf den freien Wohnungsmarkt geworfen. Durch den Verkauf dieser Wohnungen, ob nun an die einzelnen MieterInnen selbst (wie vorgetäuscht) oder an Investorengruppen (wie von Anfang an geplant) verlieren diese im Neuvermietungsfall ihren Gemeinnützigkeits-Status und unterliegen dann dementsprechend den privatkapitalistischen Verwertungsbedingungen. In Wien stehen rund 40.000 Gemeindewohnungen zum Verkauf an. Dabei schreckt Wiener Wohnen nicht davor zurück, die darin wohnenden MieterInnen selbst an stadtbekannten Spekulanten auszuliefern.

Für die Reformierung des WGG unter tatsächlichen genossenschaftlichen Prinzipien, wie Selbstfinanzierung, demokratisch kontrollierter Selbstverwaltung und öffentlicher Förderung!

Jede Gesetzesreform im Bereich des WGG hatte bisher zum Ziel, das Geschäftsfeld der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften auszuweiten, privatkapitalistische Durchdringung zu fördern und in den Genossenschaftsorganisationen selbst Versorgungsposten für Parteifunktionäre zu schaffen. Wenn wir von Wohnbaugenossenschaften sprechen, dann sprechen wir von rund 450.000 Wohnungen mit ca. 1,5 Mill. MieterInnen. Rund 75 Prozent dieser Wohnungen haben allerdings mit dem ursprünglichen Genossenschaftsgedanken, nämlich gemeinsames Eigentum anzusparen und auch gemeinsam zu verwalten, nichts mehr zu tun, sondern sind vollständig dem Banken- bzw. Versicherungskapital unterworfen.

Der Wert der Gemeinnützigen Bauvereinigungen wird auf Grund hoher Rücklagen und der aushaftenden Wohnbauförderungsgelder auf ca. 25,4 Mrd. € geschätzt und ist dieser Reichtum bezüglich der politischen Einflussnahme zwischen SPÖ und ÖVP im Verhältnis von 60:40 Prozent aufgeteilt. Das bedeutet aber auch, dass sämtliche für die MieterInnen negativen Entwicklungen im WGG ohne Zustimmung oder zumindest stillschweigender Duldung von SPÖ und ÖVP kaum möglich wären.

Vor allem um die milliardenschweren Rücklagen und damit um den wirtschaftlichen Einfluss tobt seit Beginn der schwarz/blauen Koalition ein erbarmungsloser Kampf. Um die soziale Disponibilität aufrecht zu erhalten, muss mit allen nur möglichen Mitteln der Verkauf dieser mit öffentlichen Geldern geförderten Wohnungen gestoppt und wieder zum ursprünglichen genossenschaftlichen Prinzip zurückgekehrt werden.

100prozentige Förderung bei Sanierungsmaßnahmen!

Über die Wohnbauförderung müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um in den nächsten Jahren im Rahmen einer großen Sanierungsoffensive sämtliche - für die heutige Zeit als menschenunwürdig zu deklarierende - Substandardwohnungen in leistbare und zeitgemäße Wohnungen umzuwandeln. Sanierungs- und Erhaltungsarbeiten müssen schneller erzwungen werden können und mehr als 50 Jahre alte Versorgungsleitungen (Gas, Wasser, Strom) müssen generell erneuert werden.

Diese Erneuerungspflicht muss durch 100prozentige Förderung sowohl im öffentlichen wie im privaten Wohnbau gestützt werden, um die Kosten für die MieterInnen möglichst gering halten zu können. Ein entsprechendes Programm könnte auch dem regionalen heimischen Klein- und Mittelgewerbe große Impulse geben. EigentümerInnen, die sich weigern, notwendige Erhaltungsarbeiten durchzuführen, sind zu enteignen oder deren Häuser zumindest unter Zwangsverwaltung zu stellen. Außerdem muss die Gemeinde als Antragstellerin bei zu erzwingenden Erhaltungsarbeiten ihre im Mietrecht vorgesehene Parteienstellung endlich wahrnehmen.

Bereicherungsverbot!

Ein besonderes – für alle MieterInnen besonders kostenintensives - Kapitel stellt für viele betroffenen MieterInnen die Frage dar, wer für Reparaturen und sogar Erneuerungen von selbst die Kategorie einer Wohnung bestimmenden Geräten ( Durchlauferhitzer, Elektroboiler, Heizthermen, Herde und ähnliche Geräte) auf zu kommen hat. In den meisten Mietverträgen werden diese Kosten auf die MieterInnen überwälzt und ist diese Vorgangsweise ist auch in den meisten Fällen tatsächlich rechtswirksam. Gleichzeitig ist in den meisten Mietverträgen auch vorformuliert, dass entsprechende Investitionen vom Vermieter nicht abgegolten werden müssen.

Das ganze wird aber besonders absurd und zeigt welche Interessen hinter solchen Gesetzen stehen, wenn es sich um befristete ( also die derzeit überwiegend abgeschlossenen) Verträge handelt. Diese Bereicherung auf Seiten der VermieterInnen ist energisch zu bekämpfen. Es ist nicht einzusehen, dass neben dem vereinbarten Mietzins solche enormen Kosten über meist vorformulierte und für die MieterInnen kaum verständliche Verträge den MieterInnen aufgebürdet werden können. Insbesondere sollten solche Überwälzungen von Reparatur- und Erneuerungskosten innerhalb von befristeten Verträgen nicht zulässig sein.

Keine Kostenpflicht bei mietrechtlichen Verfahren!

Nach Wünschen der Immobilienwirtschaft und ihrem Justizminister soll in Zukunft die Kostenpflicht in die sogenannten Außerstreit-Verfahren - und das sind alle Mietrechtsverfahren - eingeführt werden. Damit wird aber der Rechtszugang für viele MieterInnen und auch WohnungseigentümerInnen erschwert. Künftig sollen die MieterInnen die Rechtsanwaltskosten der Gegenseite bezahlen, wenn sie im Verfahren unterliegen. Dieses Kostenrisiko wird viele MieterInnen davon abhalten ihre immerhin formal ja noch vorhandenen Rechte auch durchzusetzen. Sollte dieses Gesetzesvorhaben aber tatsächlich durchkommen, dann stellt sich für die MieterInnenorganisationen sehr dringlich die Existenzfrage, denn MieterInnen werden keine Beiträge bezahlen, wenn mietrechtliche Verfahren zusätzliche hohe Kosten verursachen.

Im Gegensatz zu diesen Vorhaben fordert die KPÖ, dass sämtliche Wohnungen betreffende Verfahren, die schon heute nur kostenpflichtig bei Gericht durchgeführt werden können, wie z.B. Kündigungen, Räumungsklagen, Besitzstörungsklagen, Kautionsstreitigkeiten, etc. ebenfalls der Regelung des derzeitig gültigen Außerstreitverfahren unterworfen werden.

Fazit

Die KPÖ tritt für die Umsetzung dieser Forderungen im Interesse der MieterInnen ein. Die KPÖ unterstützt nach ihren Kräften und Möglichkeiten Aktionen von MieterInnen und MieterInnenorganisationen.

Beschlossen vom Kommunalpolitischen Arbeitskreis am 23. Mai 2003 in Linz

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