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Positionspapier EU-Hausbriefkästen

  • Montag, 31. Oktober 2005 @ 13:58
Wohnen Als Folge der EU-weiten Liberalisierung der Postdienste mit sehr negativen Auswirkungen für die meisten Postkunden sollen bis 2009 Hausbriefkästen installiert werden, zu denen auch private Postdienste Zugang haben. In Österreich erfolgt dieser Austausch schon bis 1. Juli 2006. Minister Gorbach glaubt offenbar, mit seiner Verordnung die 1,7 Millionen Haushalte überrumpeln zu können.

Die teilweise schon angelaufene Umtauschaktion führte bereits zu massiver Kritik und offener Ablehnung durch die Betroffenen. Es gibt kein Verständnis dafür den bisherigen Standard des Briefgeheimnisses und Datenschutzes einer EU-Richtlinie und der Husch-Pfusch-Umsetzung der Regierung zu opfern.

Die offenen Einwurfschlitze der EU-konformen Hausbriefkästen – laut ÖNORM 230 bis 400 mm lang und 30 bis 35 mm breit – sind nicht nur ein Freibrief für eine unerträgliche Werbeflut, sondern es ist damit auch sehr einfach, den Inhalt der darin befindlichen Post festzustellen oder sogar Post aus dem Fach zu entnehmen, so z.B. Benachrichtigungen für hinterlegte RsA- und RsB-Briefe.

Das kann auch Spekulanten zugute kommen. Ein Schriftstück, das trotz erfolgter Hinterlegungsanzeige nicht abgeholt wird, gilt nämlich als zugestellt – mit allen Konsequenzen! So kann die gerichtliche Aufkündigung über eine Wohnung rechtswirksam werden, ohne dass der Mieter etwas davon weiß, wenn die Benachrichtigung von der Hinterlegung verschwunden ist.

Die Kosten – geschätzt 100 bis 170 Mio. Euro – für diese Umstellung sollen nicht die davon profitierenden privaten Postdienste, sondern die Hauseigentümer tragen. In Miethäusern werden diese Kosten allerdings – jedenfalls über den Umweg über die Verringerung der Mietzinsreserve – im Ergebnis von den MieterInnen zu tragen sein, bis zu 100 Euro pro Haushalt. Folgekosten wie Haustorschlüssel für private Zusteller, größere Altpapiercontainer etc. noch gar nicht mitgerechnet.

Der Umtausch der bisherigen Hausbriefkästen der Post zugunsten von EU-konformen und auch für private Postdienste zugänglichen Hausbriefkästen ist in den letzten Monaten verstärkt thematisiert worden:
- Von Regierungsseite wird mit der Novellierung des Postgesetzes jenen HauseigentümerInnen, die nicht bis 1. Juli 2006 die laut Verordnung von Minister Gorbach die Umrüstung vornehmen mit Strafen bis zu 30.000 Euro gedroht.
- In Wien verlangte die ÖVP demagogisch, die Stadt solle die Kosten für die Umrüstung übernehmen um die MieterInnen nicht zu belasten.
- Die Arbeiterkammer hat eine Prüfung auf Verfassungskonformität angekündigt, da es sich um einen „unangemessenen Eingriff in eine private Angelegenheit" handelt und durch die Umrüstung nicht die Konsumenten, sondern nur die privaten Konkurrenten der Post profitieren.
- In der Steiermark und in Wien wurde von der KPÖ das Thema im Wahlkampf aufgegriffen und es gab dazu bislang schon zahlreiche Reaktionen, etwa nach dem Erscheinen des Grazer „Stadtblattes" an alle Haushalte.
- Sicher hat zu dieser Debatte auch der Anfang Juli veröffentlichte und von zahlreichen kommunalen und gewerkschaftlichen MandatarInnen, MietervertreterInnen etc. als Erstunterzeichner getragene und Online bisher von über 600 Personen unterstützter Aufruf beigetragen.

Der Umtausch der bisherigen posteigenen Hausbriefkästen durch EU-konforme durch die HauseigentümerInnen zu finanzierende ist auch vor dem Hintergrund der Privatisierung der Österreichischen Post AG zu sehen, deren Börsengang von der Regierung für 2006 vorgesehen ist. Die Post AG ist – etwa durch die Übernahme der Werbemittelvertriebsfirma feibra - schon längst nach privatkapitalistischen Kriterien am „Markt" tätig. Der Vorstand der Post AG agiert im Auftrag der Regierung durch eine enorme Rationalisierung, Personalabbau verbunden mit massiven Mobbing, Schließung hunderter Postämter usw. sogar als Vorreiter in diesem Prozess. Die damit verbundene Ausdünnung der Infrastruktur geht zu Lasten der Bevölkerung, insbesondere in den ländlichen Regionen.

Die KPÖ fordert im Zusammenhang mit der Thematik EU-Hausbriefkästen den sofortigen Stopp der Umtauschaktion, die Erhaltung des österreichischen Standards des Briefgeheimnisses und Datenschutzes bei Hausbriefkästen, die Übernahme der Kosten nach dem Verursacherprinzip durch die privaten Postdienste sowie eine missbrauchssichere Verständigung von Hinterlegungen.

KPÖ-Kommunalpolitik 31. Oktober 2005

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