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Illusion der Sicherheit

  • Sonntag, 26. April 2020 @ 08:00
Demokratie Casimir Paltinger mit zwei Gedanken zu Corona oder sind wir wirklich noch immer schon wieder im Krieg?

Wer sich etwas intensiver mit Erzählungen und Berichten von Überlebenden nicht nur des Zweiten Weltkriegs auseinandergesetzt hat, der kennt wohl diese Vielzahl an Aussagen, die versuchen eine (zu) späte Flucht zu erklären, keinen Widerstand angedacht oder geleistet zu haben oder warum sie ganz einfach in Schockstarre verfielen.

Ich spreche hier vornehmlich von Aussagen österreichischer und deutscher Verfolgter der NS-Zeit.

Es sind Aussagen wie: Es wird nicht so schlimm werden! Die kriegen sich schon wieder ein! Sowas ist doch unmöglich/undenkbar, eine Kulturnation ist zu so etwas nicht fähig! Warum sollen wir von hier weg? Wir haben hier ein Leben lang gelebt. Wer weiß, ob es anderswo überhaupt besser ist, oder sie uns überhaupt hineinlassen? Wir haben hier unser Leben (unsere Routinen), hier kennen wir uns aus, hier kann uns nichts passieren! Und einige weitere Aussagen in diesem Sinne. In okkupierten oder kollaborierenden Ländern stellte sich die Situation teilweise sehr anders dar.

Aussagen, die ich in, durchaus abgeänderter, Form aber mit demselben Inhalt auch jetzt zu Beginn der Corona-Quarantäne gehört habe. Menschen, die über ein gewisses Maß an Bildung verfüg(t)en, Bildung im klassischen Sinn einer Schulbildung, weiger(t)en sich standhaft, dräuende oder schon eingetretene Änderungen anzuerkennen. Die persönliche Verweigerung eine Änderung gesellschaftlicher oder auch politischer Umstände zur Kenntnis zu nehmen. Eine neue Realität anzuerkennen, die sich soeben, vielleicht nur vorübergehend, einstellt und adäquat darauf zu reagieren.

Sondern sich damit auch selber der Freiheit zu berauben, sich über die Möglichkeiten und Formen von Widerstand Gedanken zu machen. Sich selber also zum Spielball der Machthabenden und zum Opfer der Umstände machen zu lassen. Es ist interessant, wie sich unter anscheinend ähnlichen Bedingungen, Aussagen nach nahezu 90 Jahren wiederholen können. Es ist erstaunlich, wie sich abermals Menschen auf die Illusion einer Sicherheit zurückziehen, wie sie selbstgeschaffene Routinen als Sicherheit und Referenz annehmen und sich auf deren Verlässlichkeit versteifen.

Politisch läuft in den letzten Jahren und speziell jetzt in der Corona-Zeit ein klares Muster ab. Es wird politikseits ein Feindbild, oder besser noch mehrere, geschaffen, das können Flüchtlinge, Ausländer, Menschen anderen Glaubens, etc. sein, es wird die nötige Gefahrenlage kreiert und Panik geschaffen. Die Grundaussage, dass es „schlechte“ Menschen oder Gruppen gibt, in unserem Fall diesmal ein Virus, ist ein uralter Topos. Dazu gehört auch die explizite Drohung, dass diese Menschen/der Virus uns etwas wegnehmen wollen. Wir, die Guten, Aufrechten, die Volksgemeinschaft etc. sind jetzt in Gefahr.

Der Hühnerhaufen Volk braucht jetzt eine starke und ordnende Hand und wer könnte das besser als ein Bundeskanzler und seine Minister. Sie, die Machthabenden oder in solchen Situationen Machtergreifenden, wissen auch, wie sie uns Hühnerhaufen, davor schützen können. Dazu werden ein paar Alltagsknechte zu Held*innen gekürt und leider ist es notwendig per Dekret zu regieren, also den Parlamentarismus ein bisserl auszuschalten und da kann es schon passieren, dass sich einer nicht mit juristischen Spitzfindigkeiten auseinandersetzen will.

Darüber hinaus bleiben die Demokratie und die Grundrechte natürlich unangetastet. Irgendwie erinnern mich diese Sätze an die Zeit nach dem Reichstagsbrand, ein bisserl gemäßigter noch. Sie nehmen uns ganz wenig von unserer Eigenständigkeit, ein bisserl Grundrechte futsch, eine kleine politische Einschränkung hier und dort. Es ist ja nur für die nächsten paar Jahre, dann wird eh wieder alles normal. Und bald haben sie sich die Welt nach ihren klein-diktatorischen Träumen gerichtet. Für große Diktatoren ist Österreich zum Glück zu kurz. Wehret den Anfängen und bleibt’s aufrecht!

Casimir Paltinger ist Guide in Linz

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