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Positionspapier Reichensteuer

  • Samstag, 12. November 2005 @ 15:17
Kapital Als Placebo um die massiven Belastungen durch die neue große Koalition in Deutschland zu entschärfen und ihr ramponiertes soziales Image nicht noch weiter selbst zu zerstören hat die SPD die so genannte „Reichensteuer" in die politische Debatte eingebracht. Ausgehend von Deutschland wurde dieser Terminus flugs auch in Österreich übernommen und von der SPÖ aufgegriffen.

So wie Platzek und Müntefering in Deutschland ist auch für Gusenbauer und die hiesige SPÖ die Reichensteuer nur ein Alibi dafür, um die Reichen nicht wirklich belasten zu müssen. Zu sehr ist nämlich auch die SPÖ auf den „Mittelstand" orientiert und will sich die wirklich Reichen in diesem Land und vor allem die Konzerne nicht verärgern.

Der Reichtum weniger wächst immer rascher

- In Österreich besitzt ein Prozent – darunter die 63.000 Euro-Millionäre – ein Drittel des Vermögens, weitere neun Prozent ein weiteres Drittel, während sich 90 Prozent das letzte Drittel teilen müssen.

- Allein die hundert reichsten ÖsterreicherInnen besitzen laut „trend" ein Vermögen von über 52 Milliarden Euro, zumeist steuerschonend in Privatstiftungen angelegt. Die Zahl dieser Privatstiftungen ist von 1999 bis 2005 von 1.245 auf 2.700 gewachsen, das darin veranlagte Vermögen hat sich von 35 auf 70 Milliarden Euro fast verdoppelt.

- 2002 gab es laut Lohnsteuerstatistik in Österreich 124.539 Personen die mehr als 70.000 Euro verdienten.

Die Kehrseite des Reichtums ist wachsende Armut

- Laut Sozialbericht stieg die Zahl der armutsgefährdeten von 1999 bis 2003 von 876.000 auf 1.044.000, die von „verfestigter Armut" von 313.000 auf 467.000. 57.000 „working poor" haben trotz Arbeit nicht genug zum Leben. 2004 waren 800.000 Menschen mindestens einmal von Arbeitslosigkeit betroffen.

- Laut Statistik Austria ist die Zahl der Sozialhilfeempfänger von 1996 bis 2003 um 64,3 Prozent von 90.962 auf 148.966 gestiegen, wobei nach wie vor eine Vereinheitlichung der Sozialhilfesätze fehlt und nicht einmal 50 Prozent der Anspruchsberechtigten tatsächlich Sozialhilfe erhalten.

- 160.000 Menschen haben keine Krankenversicherung.

- 230.000 Menschen sind auf die Ausgleichszulage angewiesen.

Neoliberale Steuerpolitik seit SP-Finanzminister Lacina

Die skandinavischen Länder weisen mit bis zu 60 Prozent die höchsten Spitzensteuersätze aus. Verbunden mit der Veröffentlichungspflicht für Einkommen ist dort aber die Spanne zwischen „normalen" Einkommen und jenen der Manager oder Politiker deutlich geringer als etwa in Österreich. Gleichzeitig weisen die nordischen Länder die höchste Sozialquote – also den Anteil von Steuern und Sozialabgaben aus – und sind damit nicht nur sozialpolitisch nach wie vor federführend, sondern weisen auch eine bessere Situation am Arbeitsmarkt aus.

Bedingt durch unzählige Gestaltungsmöglichkeiten klaffen zwischen den offiziellen Steuersätzen und der tatsächlichen Steuerleistung Welten: Selbständige und unselbständige Einkommen werden abgestuft bis zu 50 Prozent, Gewinne von Kapitalgesellschaften bisher mit 34 (jetzt mit 25 Prozent ) und Zinserträge mit 25 Prozent besteuert. Real werden Löhne und Gehälter durchschnittlich mit 13,3 Prozent, Gewinne und Selbständigeneinkommen mit 7,7 Prozent besteuert.

Nicht erst durch die seit 2000 amtierende schwarzblauorange Regierung, sondern schon in der Ära der rotschwarzen Regierung erfolgte eine massive steuerliche Entlastung und Begünstigung von Kapital und Vermögen. So wurden 1994 durch SPÖ-Finanzminister Lacina die steuerschonenden Privatstiftungen geschaffen und die Vermögenssteuer abgeschafft. Ebenso wurde der Spitzensteuersatz auf 50 Prozent gesenkt. Fortgesetzt wurde die Begünstigung von Kapital und Vermögen durch zahlreiche Teilmaßnahmen bei den jeweiligen Steuerreformen, zuletzt durch die Senkung der Körperschaftssteuer von 34 auf 25 Prozent.

Die Steuerpolitik ist schieflastig

Die bereinigte Lohnquote – also der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen – sank von 1981 bis 2003 von 71 auf 59 Prozent, umgekehrt stieg der Anteil der Gewinne von 29 auf 41 Prozent. Während aber die Lohnabhängigen aus ihren Einkommen bzw. als KonsumentInnen einen immer größeren Teil leisten müssen, wird die Steuerleistung von Unternehmen, Kapital und Vermögen immer geringer. 42 Prozent der Steuereinnahmen kommen aus Umsatz und Verbrauch, 30 Prozent aus Löhnen und Gehältern, hingegen nur 16 Prozent aus selbständigen Einkommen, Gewinnen und Kapitalertrag. Aus einer anderen Sicht resultieren 50 Prozent der Steuern auf Konsum, 42 Prozent auf Arbeit und nur sechs Prozent auf Vermögen.

Die „bearbeitenden Steuerrückstände" stiegen laut Finanzministerium von 2001 auf 2002 von 1,53 auf 1,64 Milliarden Euro. Davon entfallen 981 Mio. Euro auf Umsatzsteuer, 407 Mio. € auf Einkommensteuer, 170 Mio. Euro auf Körperschaftssteuer und 87 Mio. Euro auf Lohnsteuer. Mit der Verringerung der Zahl der Betriebsprüfer in Jahresfrist um 97 auf 1.863 ermuntert de facto die Regierung die Unternehmen zu einer schlechteren Steuermoral.

2002 wurden bei den neun Gebietskrankenkassen im 845 Mio. Euro Beitragsrückstände der Unternehmer verzeichnet, um 63 Mio. Euro mehr als zwei Jahre zuvor. Außer Dienstgeberanteilen zur Sozialversicherung wurden auch 382 Mio. Euro einbehaltene Dienstnehmerbeiträge von Beschäftigten nicht an die Krankenkassen abgeführt.

Weitere Alibis nach jahrelanger Entsteuerung der Reichen?

Als Vorschläge für eine Reichensteuer werden von SPÖ-Seite die Einbeziehung von Einnahmen aus Vermietung und die Anhebung der Höchstbemessung bei der Bemessung von Sozialversicherungsabgaben (Gusenbauer) oder die Erhöhung der Grundsteuer (Lacina) eingebracht. Das macht aber schon deutlich, dass es der sich jetzt als „Partei der sozialen Mitte" positionierten SPÖ eigentlich nicht um die mögliche Besteuerung des wirklichen Reichtums geht, sondern um Alibimaßnahmen. Bezeichnenderweise wird etwa das Steuerprivileg der Privatstiftungen nicht in Frage gestellt.

Unsere Vorschläge

Eine wirkliche Reichensteuer ist demnach keine neue Steuer, sondern die konsequente Anwendung bzw. Verbesserung des vorhandenen Instrumentariums der Steuerpolitik.

- Eine Reichensteuer wäre demnach die Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 60 Prozent, wie er vor 1994 bestand, für hohe Einkommen etwa ab 7.000 Euro

- die Aufhebung der Steuerprivilegien der Privatstiftungen und „normale" Besteuerung derselben, Besteuerung von Zinseinkünften progressiv mit der Einkommensteuer anstatt mit 25 Prozent Kapitalertragssteuer.

- die Wiedereinführung der Vermögenssteuer für Vermögen ab 400.000 Euro und die Abschöpfung von Spekulationsgewinnen durch eine Tobin-Tax.

- Dazu gehört auch die Bemessung der Unternehmerbeiträge zur Sozialversicherung und der Kommunalabgabe nach der gesamten Wertschöpfung anstatt nur nach der Lohnsumme.

Festzuhalten ist, dass ohne eine grundlegende Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums weder Impulse für mehr Beschäftigung noch die Sicherung und ein Ausbau des Sozialstaates möglich sind. Das Instrument dazu ist vor allem die Steuerpolitik, welche durch Abschöpfung von Gewinnen und Vermögen die notwendigen Mittel zur Finanzierung dringender Maßnahmen über den Staatshaushalt beschaffen muss.