Dienstag, 23. Juli 2013 @ 10:31
Ein ausgesprochen reaktionärer Neoliberalismus und die Verteidigung der Geldsäcke ist das konzertierte Lamentieren aus der rechten politischen Ecke sowie von den Kapitalvertretungen gegen die angemessene Besteuerung von Millionenvermögen und Superprofiten, kritisiert KPÖ-Landessprecher Leo Furtlehner. „Wer so wie der neoliberale Klüngel von ÖVP, FPÖ, BZÖ, Team Stronach und NEOS im Gleichklang mit WKO und Industriellenvereinigung lautstark nach Steuersenkungen ruft, will einen schwachen Staat, dem jegliche politische Gestaltungsmöglichkeit verlorengeht“ meint Furtlehner. Besonders absurd dabei ist, wenn die in Wien oder Linz oppositionelle ÖVP lautstark gegen Tarif- und Gebührenerhöhungen wettert, gleichzeitig aber wo sie regiert wie etwa in Graz eine Gebührenautomatik nach Wiener oder Linzer Muster eingeführt hat.
Österreich weist im EU-Vergleich die niedrigste Besteuerung von Vermögen auf, nachdem Vermögens- und Erbschaftssteuer abgeschafft wurden. Bei der Körperschaftssteuer liegt Österreich auch nur im Mittelfeld. Durch das hartnäckig verteidigte Bankgeheimnis und steuerschonende Privatstiftungen werden betuchte MillionärInnen angezogen, durch die Gruppenbesteuerung und andere Gestaltungsmöglichkeiten drücken große Konzerne ihre Steuerleistung gegen null. Angesichts dieser Fakten über eine zu hohe Steuer- und Abgabenquote zu jammern ist schon ein starkes Stück.
Tatsache ist, dass der Löwenanteil der Steuern von den Unselbständigen geleistet wird: So entfallen von den 76,9 Mrd. Euro Steuereinnahmen im Voranschlag 2013 lediglich 15 Prozent auf die Einkommensteuer (3,3), Kapitalertragssteuer (3,2) und Körperschaftssteuer (5,8 Mrd. Euro), hingegen allein auf die Lohnsteuer 23,9 und die ebenso wie sonstige Verbrauchssteuern durchwegs von den Lohnabhängigen geleistete Mehrwertsteuer 25,1 Mrd. Euro.
Das Argument, eine Steuersenkung würde die Wirtschaft ankurbeln ist ähnlich falsch wie das Leitl-Motto „Die Gewinne von heute sind die Arbeitsplätze von morgen“. Von 1994 bis 2012 stieg laut Arbeiterkammer-Studie die Produktivität um 23,9 Prozent, die Bruttolöhne um 5,2 Prozent, während die Nettolöhne um 0,5 Prozent gesunken sind. „Wenn also eine steuerliche Entlastung notwendig ist, dann für die Lohnabhängigen durch die Senkung der überhöhten Eingangsbesteuerung von derzeit 36,5 Prozent“ so Furtlehner. Wären die vom Kapital den Lohnabhängigen vorenthaltenen Lohnzuwächse wie von Leitl versprochen in die Unternehmen investiert worden, müsste die Arbeitslosigkeit gegen Null tendieren. Tatsächlich wurde dieser Extraprofit überwiegend auf dem Kapitalmarkt investiert und verspekuliert.
Es verwundert auch nicht, wenn die Lohnschreiber des Kapitals im Zusammenhang mit der angeblich untragbaren Belastung die Senkung der Lohnnebenkosten verlangen, dabei aber wohlweislich einen Vergleich der Gesamtarbeitskosten vermeiden, weil Österreich dabei im Europa-Vergleich nur an neunter Stelle liegt. Und unterschlagen wird auch, dass diese Lohnnebenkosten maßgeblich für die Finanzierung elementarer Sozialleistungen sowie der Kommunen dienen.
Eine besondere Glanzleistung bei der aktuellen Steuerdebatte liefert ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch, der sogar von einer „Schädlichkeit von Steuern“ spricht und eine Abwanderung von Betrieben aus Österreich beklagt und damit seiner ÖVP-Finanzministerin und seinem ÖVP-Wirtschaftsminister ein denkbar schlechtes Zeugnis ausstellt. Zu der von Vizekanzler Michael Spindelegger angekündigten „Entfesselung“ der Wirtschaft durch welche angeblich 420.000 Arbeitsplätze geschaffen werden, vorausgesetzt es würden keine Steuern erhöht oder eingeführt, ist zu fragen, warum diese „Entfesselung“ nicht längst stattgefunden hat, wo doch in den letzten zwei Jahrzehnten sukzessive Steuern gesenkt oder abgeschafft wurden. Aber wahrscheinlich meint die ÖVP damit nicht mehr Arbeitsplätze sondern nur explodierende Profite.
Der populistische Wettlauf in der Steuerpolitik führt sogar zu Bestrebungen eine Abgabenquote verfassungsrechtlich zu verankern. Das würde im Klartext auf eine Selbstentmündigung der Politik hinauslaufen. Wohin das führt wurde in Kalifornien vorexerziert, wo per Volksabstimmung Steuern soweit gesenkt wurden, dass der Bundesstaat letztendlich faktisch pleite war.
„Nur ein Staat der entsprechende Einnahmen hat kann politisch gestalten. Wer ständig Steuer- und Abgabensenkungen das Wort redet und Vermögenssteuern als Teufelswerk sieht liefert die nicht mit Reichtum gesegneten Menschen – und das ist die große Mehrheit der Gesellschaft – vollends unter die Räder des sogenannten „freien Marktes“ gerät“ so Furtlehner abschließend.