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1952: Die Linzer Konferenz gegen die Kriegslohnsteuer

  • Freitag, 7. Dezember 2012 @ 08:00
Geschichte Steuerpolitik war schon immer eine Klassenfrage. Ein Beispiel dafür war der Kampf gegen die Kriegslohnsteuer Anfang der 50er Jahre. Am 7. Dezember 1952 hatten sich im Linzer Märzenkeller 1.037 Betriebsräte und Delegierte aus allen Bundesländern bei der „Linzer Konferenz gegen die Kriegslohnsteuer“ getroffen und berieten zu diesem Thema.

Die Zusammensetzung der 1.037 Delegierten aus 547 Betrieben war sehr breit: 234 gehörten der SPÖ an, 40 der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP), 346 der KPÖ, 285 waren parteilos und 132 Delegierte hatten keine Angaben über ihre Parteizugehörigkeit gemacht. Diese Breite ist insofern bemerkenswert, als nach dem von der SPÖ zum „Kommunistenputsch“ verfälschten Oktoberstreik von 1950 die Ächtung von Kommunisten als Parole ausgegeben und jede Zusammenarbeit mit der KPÖ abgelehnt wurde.

Initiative aus Hallein

Dieser Konferenz war eine Initiative der Beschäftigten im Zellulosewerk Hallein (Salzburg) vom 8. Oktober 1952 vorausgegangen, dem sich in den folgenden Wochen hunderte andere Betriebe anschlossen. Die „Halleiner Vorschläge“ forderten eine Senkung der Lohnsteuer von derzeit 8-10 Prozent auf 1-3 Prozent gestaffelt nach dem Einkommen, einen Kinderfreibetrag sowie Steuerfreiheit für Überstunden, Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen. Weiters sollte eine Trennung der Lohnsteuer von der Einkommensteuer erfolgen.

Die Halleiner Zellulose war in der US-amerikanischen Besatzungszone, womit auch die Argumentation der SPÖ-Führung, nur die Beschäftigten in den USIA-Betrieben (Betriebe unter sowjetischer Verwaltung) wären gegen die nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 an Hitlerdeutschlands von den Nazis eingeführte Lohnsteuer widerlegt wurde.

Schon 1948 hatte der ÖGB-Bundeskongreß einstimmig einen Beschluß zur Abschaffung der von den Nazis zur Finanzierung des 2. Weltkrieges eingeführten Steuer gefaßt und die Wiederherstellung der Grundsätze des österreichischen Steuerrechts gefordert.

In den ersten Jahren nach der Befreiung vom Faschismus im Jahre 1945 war diese Steuer noch mit der Finanzierung des Wiederaufbaues gerechtfertigt worden. Doch im Zusammenhang mit dem Marshall-Plan und den Lohn- und Preisabkommen – deren viertes zum Oktoberstreik 1950 geführt hatte – zeigte sich, dass entgegen den Hoffnungen vieler Arbeiter das Kapital seine Macht immer mehr festigte und auch die Steuerpolitik als Umverteilungsinstrument diente.

Von der ESG aufgegriffen

Das Thema Kriegslohnsteuer war nach der Initiative aus Hallein von der Belegschaft der Linzer ESG aufgegriffen und zur Linzer Konferenz eingeladen worden, in deren Betriebsrat nach dem Oktoberstreik die der KPÖ nahestehende Gewerkschaftliche Einheit (GE) die Mehrheit hatte und mit Karl Wiesinger den Betriebsratsobmann stellte, der bei der Linzer Konferenz auch den Vorsitz führte.

In einem ausführlichen Referat ging der Betriebsratsobmann der Austro-Fiat in Wien-Floridsdorf, Ernst Schmidt, auf den Klassencharakter der Lohnsteuer ein, die gemeinsam mit anderen Belastungen wie etwa der von vielen Arbeitern nach dem damaligen SPÖ-Sozialminister benannte „Maisel-Steuer“ bezeichneten Wohnhauswiederaufbauabgabe von Jahr zu Jahr eine unerträglichere Belastung darstellte. Zahlten 1948 Arbeiter und Angestellte im Jahresdurchschnitt noch 300 Schilling Lohnsteuer, so waren es 1952 bereits 1.000 Schilling.

Doppelspiel der SPÖ

Den Konferenzteilnehmern war klar, dass von der größten Regierungspartei, der ÖVP, keine Bereitschaft zur steuerlichen Entlastung der Lohnabhängigen vorhanden war. Besonders wurde daher auf das Doppelspiel der SPÖ-Spitze eingegangen. So berichtete am 7. November 1952 der SPÖ-Betriebsreferent Skritek am SPÖ-Parteitag „die Frage der Lohnsteuer findet in den Betrieben ein weites und bedeutendes Echo und überall besteht der Wunsch, die derzeit nicht gerechte Progression zu ändern“ und gefordert „wir können nicht ruhig zusehen, wie die Kommunisten diese Aktion aufbauen“. Und das oberösterreichische SPÖ-Organ „Linzer Tagblatt“ kritisierte am 3. November 1952 „seinen Arbeitern und Angestellten setzt der Staat die gierigsten Schröpfköpfe an, den Großverdienern aber schreibt er Bettelabgaben vor“.

Die SPÖ war aber in Wirklichkeit nicht gewillt, dem Rechnung zu tragen und verlegte sich daher auf antikommunistische Ablenkungsmanöver durch angebliche Steuerschulden der USIA-Betriebe, die hohen Besatzungskosten und dem sowjetischen Anspruch auf die Erdölförderung in Zistersdorf.

Ein Antrag des Linksblocks

In der Sitzung des Nationalrates vom 12. November 1952 hatten die Abgeordneten des Linksblocks (KPÖ und SAP) in einem Antrag eine Novelle verlangt, die der „einmütigen Forderung der Arbeiter und Angestellten nach Abschaffung der Kriegslohnsteuer Rechnung trägt und die österreichische Gesetzgebung auf dem Gebiet der Lohnsteuer wiederherzustellen“. Wie nicht anders zu erwarten wurde dieser Antrag von ÖVP, SPÖ und VdU gemeinsam niedergestimmt und auch führende Gewerkschafter wie Böhm, Maisel, Proksch, Altenburger, Olah, Frühwirth, Holzfeind, Hillegeist und Skritek stimmten dabei – im offenen Widerspruch zum ÖGB-Beschluß von 1948 – brav mit.

Der Linksblock hatte bei seinem Antrag auch darauf hingewiesen, wie der dadurch entstehende Steuerausfall gedeckt werden könnte: Schon 1951 hatten Kapitalisten und Grundbesitzer Steuerrückstände von 700 Mio. S, viele verstaatlichte Banken und Betriebe zahlten ihre Steuern nicht oder blieben sie schuldig und darüber hinaus verschwanden Profite dieser Unternehmen spurlos.

Zuspitzung auf die Nationalratswahl

Ernst Schmidt wies daher in seinem Referat auch darauf hin, dass die Profite der Unternehmen in den letzten Jahren ständig gestiegen waren, die Steuerbelastung des Kapitals aber hinter jener der Lohnabhängigen immer mehr zurückblieb. Auf Vorschlag Schmidts beschloss die Konferenz eine Protestwoche gegen die Kriegslohnsteuer vom 10. bis 17. Dezember 1952 sowie die Erarbeitung eines Entwurfes über ein neues, soziales und gerechtes Lohnsteuergesetz und forderte auf nach dem Motto „Wahltag ist Zahltag“ bei der bevorstehenden Nationalratswahl am 22. Februar 1953 allen Verteidigern dieser Steuerbelastung einen Denkzettel zu erteilen. Diese Zuspitzung auf den Wahltag hat allerdings auch die Breite der Bewegung beeinträchtigt und eingeengt, allerdings erreichte die Volksopposition – welcher die KPÖ, die SAP, die Demokratische Union und andere Gruppen angehörten – die höchste Stimmenanzahl links von der SPÖ in der 2. Republik.

In der Diskussion gab es zahlreiche Wortmeldungen. Als Vertreter oö Betriebe erklärte etwa Kollege Ohneiser (Siemens-Halske, Linz): „Wir wollen uns das Recht nicht nehmen lassen, zusammenzukommen und einen Ausweg zu suchen, unser Einkommen den Verhältnissen entsprechend zu verbessern.“ Und der ESG-Arbeiter Brudl appellierte an die Konferenz, unter den sozialistischen Arbeitern und Betriebsräten aufklärend zu wirken und mit ihnen unermüdlich zu diskutieren, denn „ohne sie kann die Arbeiterschaft nicht erfolgreich kämpfen.“

Zwar nicht kurzfristig aber doch zeigte die Protestbewegung gegen die Kriegslohnsteuer Wirkung. Beim 16. Parteitag der KPÖ im Jahre 1954 konnte Parteivorsitzender Johann Koplenig berichten, dass es zu einer Entlastung der Unselbständigen bei der Lohnsteuer gekommen war.

Quelle: Bericht über die Linzer Konferenz gegen die Kriegslohnsteuer, 1952

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