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Ein Spatenstich als Wahlkampfspektakel

  • Samstag, 4. Juli 2015 @ 19:24
Linz
Mit großem Pomp zelebrieren die politischen Handlanger der Bau- und Betonlobby weit entfernt von der künftigen Baustelle am 5. Juli 2015 einen „Spatenstich“ am Linzer Hauptplatz für den künftigen Linzer Westring, offiziell als A26 tituliert.

Als besonderer Zynismus bei diesem von der staatlichen ASFINAG organisierten Spektakel ist die Ankündigung als „Familienfest“ – ausgerechnet auf dem (zumindest am Wochenende) autofreien Hauptplatz. Zu diesem Zweck wird der Hauptplatz zu einer Event-Location aufgerüstet, werden nicht weniger als 7.000 Paar Würstel werden unters Volk gebracht, Schulkinder dürfen für eine Gage von 20 Euro die ausführenden Politiker begleiten und ein Kinderchor sowie Musikgruppen wie Opus spielen auf.

Die maßgeblichen Politiker – Vizekanzler Mitterlehner, Minister Stöger, LH Pühringer, LHStv. Hiesl, Bgm. Luger – haben es eilig. Obwohl das Mega-Projekt rechtlich noch keineswegs in trockenen Tüchern ist und bei einigen Verfahren noch Einsprüche anhängig sind, gilt es den Westring vor der Wahl am 27. September als Beweis für die Macher-Qualitäten der etablierten Politik zu präsentieren. Wirklicher Baubeginn wird nämlich erst 2016 sein. Bis dahin erfolgt nur der Einbau von Lärmschutzfenstern, die Baufeldfreimachung und die Verlegung von Radwegen.

Der ominöse „Spatenstich“ am Hauptplatz ist der Vorgeschmack auf eine 15 Jahre andauernde Megabaustelle mit täglichem gesundheitsschädigenden Lärm und Dreck mit welcher einer vorgestrigen Verkehrspolitik in Oberösterreich ein Denkmal gesetzt wird. Während der öffentliche Verkehr weit unter seinen Notwendigkeiten ausgebaut, in manchen Bereichen wie etwa bei den Regionalbahnen ausgedünnt wird, spielt Geld für Projekte des Autoverkehrs keine Rolle.
Die Kosten für die nur 4,7 Kilometer lange, weitgehend als Tunnel gebührte A26 werden mit Stand von 2009 offiziell mit 650 Millionen Euro angegeben, aus Erfahrung mit solchen Projekten kann man freilich davon ausgehen, dass es schlussendlich wohl eine Milliarde sein wird. Dabei lassen sich Land und Stadt nicht lumpen: So wurden das Land zu einer zehnprozentigen und die finanziell ohnehin ziemlich maroden Stadt Linz zu einer fünfprozentigen Mitfinanzierung ohne Limit nach oben genötigt. Bezeichnend für die Verlogenheit etablierter Politik, dass die ÖVP in Linz ständig gegen die hohen Schulden der Stadt wettert, aber wenn es darum geht diese Schulden durch solche Verpflichtungen noch weiter zu steigern die Goschn hält.

Dabei hat man aus taktischen Gründen, um den Widerstand zu spalten, den Nordteil als Verbindung von der künftigen Donaubrücke durch Urfahr mit Anbindung an die bestehende A7 vorläufig auf Eis gelegt. Wohl aber ist damit zu rechnen, dass wie Ansagen der Wirtschaftskammer schon vor Jahren zu entnehmen ist, diesen Lückenschluss zu passender Zeit wieder auf die Tagesordnung kommen wird.

Wie die überparteiliche Plattform gegen den Westring bei einer Pressekonferenz zum jetzigen „Spatenstich“ mitteilte, sind die Einsprüche sowohl gegen das Umweltverträglichkeits-, als auch gegen das Wasserrechts- und das Naturschutzverfahren immer noch anhängig. Bei letzterem hat sich überdies Bgm. Luger besondere negative Lorbeeren erworben, indem er das Verfahren recht brutal der zuständigen Umweltstadträtin Schobesberger (Grüne) entzog. Die Umweltorganisation VIRUS spricht deswegen sogar von einem „Schwarzbau“. Und überhaupt noch ausständig sind alle notwendigen Enteignungsverfahren für die Grundeigentümer_innen unter deren Grundstücken der Tunnel gebaut wird. Ebenso die Ausschreibungsverfahren für Brücke, Tunnel und Straßenbau.

Überhaupt ist für den jahrelangen Konflikt um den Westring charakteristisch, dass Gesetze dem Zweck im Interesse der Bau- und Betonlobby entsprechend repariert und anlassbezogen „hingebogen“ wurden. So wurde etwa das Bundesgesetz über die strategische Prüfung im. Verkehrsbereich (SP-V-Gesetz) nach einer Beschwerde der Grünen beim Europäischen Gerichtshof „repariert“ um eine strategische Umweltprüfung zu umgehen. Ähnlich wurde die Lärmschutzverordnung durch eine Anlassgesetzgebung per Verordnung des Ministeriums als Freibrief für überdimensionierte Autobahnprojekte außer Kraft gesetzt.

Angesichts der aktuellen Entwicklung der Motorisierung dürfte wohl auch Nicht-Experten klar bewusst sein, dass ein Projekt wie der Westring keine Verkehrsprobleme löst. Als Hauptargument wird von Baureferent Hiesl (ÖVP), der sich mit dem Westring erklärtermaßen ein Denkmal setzen und als Betonlandesrat in die Geschichte eingehen will, die Entlastung von Urfahr-West und des Bereichs der Rudolfstraße und der Nibelungenbrücke vom ständig wachsenden und durch täglich mehrmalige Mega-Staus gekennzeichneten Autoverkehrs angeführt.
Dabei hatte man manchmal das Gefühl, dass Betreiber des Westrings wie der frühere Bürgermeister Dobusch allen Ernstes glaubhaft machen wollten, der aus dem oberen Mühlviertel kommende Autoverkehr würde im Tunnel verschwinden und nicht mehr daraus hervorkommen. Das ist freilich ein Humbug, denn der Verkehr kommt beim Bahnhof aus dem Berg und überlastet von dort aus bzw. in Weiterführung über den Bindermichl- und Niedernharter-Tunnel alle Bereiche Richtung Innenstadt. Es ist wohl kein Zufall, dass sogar das Land künftige Wohnbauten in diesem Umfeld wegen der hohen Abgas- und Feinstaubwerte ausgeschlossen hat.

Mit dem für den Westring verpulverten Geld könnte ein großzügiger Ausbau für einen leistungsfähigen öffentlichen Verkehr erfolgen. Linz leidet im Gegensatz zu anderen Landeshauptstädten besonders darunter, dass es nach wie vor kein leistungsfähiges Schnellbahnsystem gibt, durch welches Menschen im Radius von etwa 30 Kilometern schnell und umweltfreundlich in die Landeshauptstadt gelangen können.

Stattdessen wird im Zusammenspiel von Bund, Land und Stadt mit den ÖBB die Mühlkreisbahn als Vollbahn systematisch umgebracht, wie die Planungen für eine neue Brücke neben der alten Eisenbahnbrücke und auch die für 27. September angesetzte Volksbefragung darüber beweisen. Dieser Aspekt wurde allerdings nur von der KPÖ entsprechend thematisiert. Die sich sonst stets für den ÖV erwärmenden Grünen befinden sich dabei in einer Front mit den Westring-Parteien. Ähnlich wie einzig die KPÖ die umwelt- und auch sozialpolitisch wichtige Forderung nach einer allgemeinen Freifahrt auf Öffis als Kernpunkt einer zukunftsorientierten Verkehrspolitik erhoben hat.

Die laufend von der ÖVP in Linz, wahrscheinlich zur Ablenkung von ihrem Primat für den Autoverkehr, erhobene Forderung nach der Errichtung von Park+Ride-Plätzen ist bislang nicht bis zu ihren Landesbaureferenten Hiesl durchgedrungen. Dessen hohes Straßenbaubudget wird offensichtlich für Schnellstraßen, Begradigungen und Umfahrungen benötigt, für P+R bleibt da nichts mehr übrig. Und dass das ÖV-Budget des Landes hoffnungslos unterdotiert ist, braucht nicht extra betont zu werden.

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