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Rechnungsabschluss der Stadt Linz 2016

  • Donnerstag, 29. Juni 2017 @ 08:00
Linz Auch der Rechnungsabschluss 2016 ist wie die gesamte Budgetpolitik der Stadt Linz seit 2011 vor dem Hintergrund des Swap-Debakels zu sehen. Unabhängig davon hat sich die Finanzlage bereits in den letzten Jahren spürbar verschärft und Linz hat den Ruf einer finanzstarken Stadt verloren.


Durch die Klage gegen die BAWAG-PSK mit einem langwierigen Rechtsstreit und der Einstellung der desaströsen Zahlungen für den Swap wurde zwar der unmittelbare Druck auf die Stadtfinanzen genommen und schlägt sich nicht mehr direkt im Budget nieder. Bei einem negativen Ausgang für die Stadt oder einem teuren Vergleich wird die Stadt Linz aber vor enorme Finanzprobleme gestellt.

Der Rechnungsabschluss 2016 ist im oHH mit 780,30 Mio. Euro (VA 782,83) ebenso wie im aoHH mit 87,57 Mio. Euro (VA 99,50) und als Gesamtbudget mit 867,86 Mio. Euro (VA 882,33) niedriger als der Voranschlag. Dem Abgang bei der laufenden Gebarung im VA von 3,62 Mio. Euro steht ein Überschuss von 1,06 Mio. Euro im RA gegenüber.

Der Finanzspielraum wurde durch Auflagen von EU, Bund und Land immer mehr eingeengt. Der Budgetvollzug durch die Geschäftsgruppenbudgetierung und Druck auf Dienststellen findet in dem seit Beginn der Maastricht-konformen Budgetierung 1996 definierten „öffentlichen Sparen“ als freie Mittel Ausdruck. Laut RA 2016 betrug dieser Wert 1,06 Mio. Euro (VA minus 3,62).

Das Maastricht-Ergebnis verzeichnete 2016 nach einem Zwischenplus 2015 wieder ein Minus von 5,37 Mio. Euro (VA minus 14,65). Die Maastricht-Kriterien zwar durch die Krise faktisch obsolet geworden weil die meisten EU-Länder den Euro-Stabilitätspakt nicht mehr eingehalten können, wirken aber als Druckmittel. Eine Modifizierung durch soziale Kriterien lehnt die EU ab, fordert hingegen hartnäckig die Einhaltung der Budgetkriterien und hat dies im Fiskalpakt und Schuldenbremse verankert. Diese Budgetauflagen zwingen verstärkt zu Tarif- und Gebührenerhöhungen, Ausgliederung und Privatisierung kommunaler Einrichtungen und bedeuten ebenso einen massiven Druck auf das Personal durch eine wachsende Leistungsverdichtung.

Der Schuldenstand ist von 783,34 Mio. Euro per Jahresanfang auf 777,97 Mio. Euro per Jahresende 2016 erstmals leicht gesunken, die Pro-Kopf-Verschuldung beträgt 3.814 Euro und somit das 19fache von 1991. Damit befindet sich Linz im Spitzenfeld der Verschuldung der Städte.

Von den aushaftenden Anleihen und Darlehen entfallen 622,58 Mio. Euro auf inländische Banken, 154,68 Mio. Euro auf ausländische Banken und 0,71 Mio. Euro auf Bund und Land. Stellten die Banken 1986 nur 73,2 Prozent aller Darlehen, so waren es 2016 bereits 99,9 Prozent. Der Bund gewährt nach Eliminierung der günstigen Fondsdarlehen so gut wie gar keine Darlehen mehr, die Abhängigkeit vom Finanzkapital wird also immer stärker. Daraus erklärt sich auch die jahrelang praktizierte leichtgläubige Bereitschaft riskante Spekulationsgeschäfte (Fremdwährungsdarlehen, Cross Border Leasing, Public Private Partnership, Swaps etc.) auf dem Finanzmarkt einzugehen, deren Risiken nach der Finanzkrise 2008 zutage traten.

Die Problematik der Fremdwährungsgeschäfte durch 1992 aufgenommene, 2003 verlängerte und 2014 mit großen Verlusten in EUR-Kredite konvertierte CHF-Fremdwährungsanleihen wird in Verbindung mit dem Swap-Debakel deutlich. Die BAWAG macht aus dem Swap4175 gegenüber der Stadt bis 2017 Zahlungen von über 418 Mio. Euro, inklusive Zinsen sogar 598 Mio. Euro für Anleihen von nur 135 Millionen Euro (195 Mio. CHF) geltend und „lockt“ mit einem Vergleich in Höhe von 292 Mio. Euro.

Ermöglicht wurde das Swap-Geschäft maßgeblich durch die 2004 erfolgte Selbstentmächtigung des Gemeinderates durch Übertragung der Kompetenz für das Dept-Management an die Finanzverwaltung, was die politische Verantwortung des damaligen Finanzreferenten bzw. Bürgermeisters freilich keineswegs aufhebt.

Der Zinsendienst erreichter 2016 mit 16,64 Mio. Euro den bisherigen Höchstwert, die Zinsen verschlangen 2016 etwa dreiviertel der Grundsteuer (20,15 Mio. Euro). Zum Vergleich betrug die Tilgung 49,47 Mio. Euro.

Die Leasingfinanzierung erweitert die offiziell ausgewiesenen Schulden und ist durch die Maastricht-Budgetierung bedingt. 2016 betrugen die Leasing-Zahlungen 5,82 Mio. Euro. Bisher als Leasing aufscheinende Zuschüsse für Linz AG, AEC etc. wurden mittlerweile in Gesellschafteranteile umgewandelt.

Die Rücklagen stiegen nach dem absoluten Tief von 6,46 Mio. Euro 2011 bis 2016 wieder auf 16,03 Mio. Euro an und betrugen damit 1,85 Prozent des Gesamtbudgets.

Das Vermögen weist 2016 mit 1.333,14 Mio. Euro nach 2014 den zweitniedrigsten Wert , gemessen an der Budgetsumme mit 154 Prozent den bislang niedrigsten Wert aus.

Die Investitionen wiesen 2016 mit 57,66 Mio. Euro den niedrigsten Wert seit 2006 und mit 6,6 Prozent des Gesamtbudgets den bislang niedrigsten Wert überhaupt aus, zum Vergleich war 1993 die Investitionsquote mit 26,3 Prozent am Höchsten.

Für Wohnbauförderung wurde 2016 im oHH und aoHH zusammengerechnet ein Zuschuss von 0,47 Mio. Euro gewährt. In den Jahren 1985-91, 1993-96 und 1998-2001 sowie 2007 und 2010-2012 wurde ein Überschuss bedingt durch größere Rückzahlungen als neue Förderungen verzeichnet. Die Wiederaufnahme eines eigenen städtischen Wohnbaus für den dringendsten Bedarf an Sozialwohnungen wäre notwendig.

Der Zuschussbedarf für wichtige Posten im Sozialbereich (Kindergärten, Horte, Seniorenheime, Essen auf Rädern, Krippen) betrug 28,80 Mio. Euro bzw. 3,54 Prozent des oHH.

Die Ertragsanteile erreichten 2016 mit 250,23 Mio. Euro einen neuen Rekordwert, sie waren 1994-95, 1999 sowie 2002-03 und 2005 sowie 2009-2010 durch Finanzausgleich und Budgetpolitik der Regierung gegenüber dem Vorjahr rückläufig. Die Relation zwischen dem Anteil der Gemeinden am FAG (13 Prozent) und ihrem Anteil an den öffentlichen Investitionen (39 Prozent ohne Wien) ist schieflastig.

Die Gemeinden sind daher auf Bittgänge beim Land um Bedarfszuweisungen angewiesen. Oberösterreich ist trotz Rückgang vom Spitzenwert 298 (2010) auch weiterhin mit 112 (von 442) Abgangsgemeinden (Stand 2015) bundesweit negativer Spitzenreiter, die Schuldenfreiheit des Landes von 2003-2011 wurde neben Privatisierungen (Energie AG, Hypo, Wohnbaudarlehen), Ausgliederungen (Gespag) wesentlich auch durch die hohen Abgaben an das Land (Landesumlage, Sprengelbeitrag) erkauft.

Die eigenen Steuern haben 2016 mit 180,20 Mio. Euro den bisherigen Höchstwert erreicht. Langfristig negativ wirkte sich für die Gemeinden die 2002 erfolgte Abschaffung der Getränkesteuer als Folge einer EuGH-Entscheidung und die Umwandlung der Anzeigen- und Ankündigungsabgabe in die Werbeabgabe seit 1995 aus. Die 2009 erfolgte Einigung von Städte- und Gemeindebund mit dem Handel über die Rückzahlung von Getränkesteuer ist ein Verlust für die Gemeinden und ein Betrug an den Konsument_innen, von welchen diese Steuer kassiert wurde.

Die Kommunalabgabe hat 2016 mit 140,06 Mio. Euro einen neuen Höchstwert erreicht, sie lag 2001, 2004 und 2010 unter dem Vorjahreswert. Linz hat mit einer Pro-Kopf-Quote von 687 Euro Kommunalabgabe pro Einwohner_in den Spitzenplatz der Landeshauptstädte. Durch die verstärkte Rationalisierung und den Ersatz von Vollarbeitsplätzen durch Teilzeitarbeitsplätze und geringfügige Beschäftigung bleibt sie jedoch weit hinter der Produktivität zurück. Die Umstellung der KoA auf eine Bemessung nach der gesamten Wertschöpfung statt wie bisher nur drei Prozent der Bruttolohnsumme wird immer dringender.

Eine Zweckbindung für Parkgebühren und Verkehrsstrafen, drei Posten mit insgesamt 4,59 Mio. Euro, für Förderung des öffentlichen Verkehrs in Richtung Freifahrt wäre sinnvoll und notwendig.

Die Beiträge stellen weiterhin eine große Belastung dar. Der Sprengelbeitrag ist mit 47,39 Mio. Euro wieder steigend und ist gemeinsam mit der Landesumlage, die mit 25,26 Mio. Euro leicht gesunken ist eine hohe Belastung für Linz, besonders bei der Spitalsfinanzierung.

Die Transferbilanz der Zahlungen von und an EU, Bund, Land und andere Gemeinden weist vor dem Jahre 2000 nur vereinzelt (1986, 1992, 1998), seit 2000 aber kontinuierlich das Land als Nutznießer der Transferzahlungen aus. Die Stadt Linz zahlte 2016 mit dem bisherigen Höchstwert von 100,25 Mio. Euro mehr an das Land als es von diesem erhalten hat.

Laut einer Studie des KDZ muss Linz pro Einwohner_in 790 Euro, Innsbruck hingegen nur 329, Salzburg 312 und Graz 168 Euro netto an das Land abzuführen hat. Nach dem Abgang der Transferzahlungen verbleiben in Graz 89, Salzburg 83, Innsbruck 82, in Linz hingegen nur 57 Prozent der Finanzkraft. Bei Transferzahlungen wie in Graz hätte Linz 2010 statt einer freien Finanzspitze von minus 50 Mio. Euro ein Plus von 76 Mio. Euro und keine Darlehensaufnahme benötigt.

Die Kosten für Politiker_innen und Parteien betragen laut RA 2016 5,99 Mio. Euro, davon 2,80 Mio. Euro für Stadtsenat, Reisekosten und Gemeinderat bzw. 3,19 Mio. Euro Parteienfinanzierung und Wahlzeug_innenentschädigungen.

Der Personalaufwand betrug laut RA 2016 121,57 Mio. Euro, der Pensionsaufwand 58,95 Mio. Euro. Die Personalpolitik ist seit Jahren durch niedrige Gehaltsabschlüsse und Druck auf Arbeitsplätze gekennzeichnet. Die Magistratsreform wurde vor allem zur Kostenersparnis beschlossen und hat den Leistungsdruck erhöht. Pro Beschäftigten betrug 2016 die Haushaltssumme 535.701 Euro (das 6,35-fache gegenüber 2000), die Personalkosten 75.040 Euro (das 3,47-fache gegenüber 2000).

Der Personalstand wurde mit 1.620 Vollzeitäquivalenten gegenüber dem Voranschlag von 1.721 auch 2016 weiter reduziert. Einen verstärkten Druck erzeugt die geltende Geschäftsgruppenbudgetierung und die Magistratsreform.

Die Betriebsrechnung erfolgte seit der Ausgliederung von Friedhöfen, Wirtschaftshof und Müllabfuhr aus dem Budget und Übertragung an die Linz AG, Herausnahme der Seniorenheime aus der Betriebsrechnung und der Ausgliederung des AKH und der Museen in eine eigene Gesellschaft vor dem Hintergrund einer Maastricht-konformen Budgetierung nur mehr für die Märkte.

Aus linker Sicht sind die Ausgaben für die Stadtwache (1,4 Mio. Euro) ebenso abzulehnen wie Subventionen zur Wirtschaftsförderung (Krone-Stadtfest, City-Ring, Weihnachtsbeleuchtung etc.). Ebenso lehnt die KPÖ laufende Gebührenerhöhungen (Marktgebühren, Botanischer Garten, Musikschule etc.) ab. Weiters den Druck auf Gebühren- und Tariferhöhungen durch die jährliche Tarifautomatik für Kinder- und Senioreneinrichtungen.

Die Beteiligungen wurden 2005 mit der Bildung der Immobiliengesellschaft deutlich erhöht und wurden 2016 auf 14.31,32 Mio. Euro leicht erhöht. Hauptbeteiligungen der Stadt sind bei Linz AG, KUK, SZL, GWG, Flughafen Linz und ILG. Sollte die Swap-Klage negativ für die Stadt ausgehen, wird der Druck für Privatisierungen (Stromsektor der Linz AG…) zunehmen.

Im Sinne der Bürger_innennähe und einer partizipativen Demokratie wäre ein für die Allgemeinheit verständliches Budget erforderlich, das damit beginnt, dass Budgetposten klar erkennbar bezeichnet werden (und nicht etwa, dass die Parteienförderung als „Lfd. Transferzahlungen an priv. Institutionen“ verschleiert wird).

Zu betrachten ist der RA 2016 auch in Hinblick auf das als Ergebnis der Stadtsenatsklausur vom Februar 2015 beschlossene Sparprogramm und das im Oktober 2016 beschlossene Maßnahmenpaket zur Budgetkonsolidierung, das neben durchaus sinnvollen Maßnahmen auch eine neuerliche Magistratsreform sowie Kürzungen bei sozialen Leistungen und der Kulturförderung beinhaltete, hingegen an den wirklich aufwendigen Projekten (Westring, Abfahrt A7, Med-Fakultät, Stadtwache usw.) festhält.

Grundlagen sowohl für den VA als auch den RA sind die VRV 1997, das FAG 2008, der Stabilitätspakt 2012 sowie das Statut 1992 und die Haushaltsordnung 2006.

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