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Ihre Sprache verrät das Wesen der FPÖ

  • Samstag, 13. Oktober 2018 @ 20:00
Antifa Rede von Hans-Henning Scharsach bei der Jahreskonferenz des OÖ Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus am 13.10.2018 in Wels-Puchberg.

Liebe Freundinnen und Freunde. Ich will heute nicht auf den Inhalt meines Buches eingehen. Ich will erklären, wofür es geschrieben wurde. Es ist ein Buch für den zivilgesellschaftlichen Widerstand gegen den Abbau demokratischer Freiheitsrechte.

Das beginnt bei der Pressefreiheit. Joseph Goebbels hat Begriffe wie Systemmedien oder Lügenpresse einst als Waffe gegen Demokratie und Meinungsvielfalt eingesetzt. Mit genau diesen Nazi-Ausdrücken attackiert die FPÖ heute die seriösen Medien. „Faschismuskeule“, „Rotfunk“, „linke Gesinnungsstasi“, „Menschenjagd“, „Lynchjustiz“: Wir alle kennen die Ausdrücke.

Und wer sich zeitgeschichtlich ein wenig auskennt, erkennt auch das System: Das ist die Täter-Opfer-Schuldumkehr der Nazis, mit der korrekt arbeitende Journalistinnen und Journalisten zu Tätern gemacht werden, während FPÖ-Politiker, die braune Sprechblasen absondern, in die Rolle von Opfern schlüpfen dürfen.
- Schon als Generalsekretär der FPÖ hat Herbert Kickl kritischen Journalisten den Zutritt zu Parteiveranstaltungen verwehrt.
- Als Innenminister hat er den Chef von „unzensuriert“ – einer der schlimmsten medialen Fälscherwerkstätten Österreichs – zu seinem „Kommunikations-Verantwortlichen“ gemacht.
- Danach hat er versucht, FPÖ-kritische Medien wie den Kurier, den Standard oder die Wiener Stadtzeitung Falter vom Informationsfluss abzuschneiden.
- Als nächstes läuft der ORF in Gefahr, unter die Kontrolle der FPÖ zu geraten. Durch die Abschaffung der Rundfunkgebühren droht dieser zu einem aus Steuergeldern finanzierten Staatsfunk zu werden.
- Was das bedeuten würde, hat Norbert Steger deutlich gemacht. Der neue Chef des ORF-Stiftungsrates hat Auslandskorrespondenten mit Entlassung gedroht, wenn sie nicht so schreiben, wie die FPÖ sich das vorstellt.

Liebe Freundinnen und Freunde, dieser Kampf gegen die Pressefreiheit ist alles andere als harmlos. Das ist der Versuch, die wichtigste Kontrollinstanz unserer Demokratie zu beschädigen.

Es ist die Zivilgesellschaft, die gemeinsam mit der Opposition dafür kämpfen muss, dass die Einschüchterung von Journalisten folgenlos bleibt, dass Zeitungen und ORF vor dem Zugriff der Regierungsparteien geschützt werden – notfalls durch ein neues ORF-Volksbegehren, das, nebenbei bemerkt, viele meiner Freundinnen und Freunde für unvermeidlich halten.

Widerstand gilt es auch gegen Einschränkungen des Demonstrations-Rechts zu leisten: Wir haben einen Innenminister, der „Platzverbot statt Denkverbot“ gefordert hat. Platzverbot heißt Einschränkung des Demonstrationsrechtes. Denkverbot ist jenes Neonazi-Vokabel, mit dem Rechtsextreme seit Jahrzehnten gegen das Verbot nationalsozialistischer Wiederbetätigung agitieren.

Es ist nicht das erste Mal, dass Kickl mit Nazi-Anspielungen in die Schlagzeilen nationaler und internationaler Medien geriet.
- Nach seiner Ernennung zum Innenminister sorgte er mit der Ankündigung für Empörung, Migranten „konzentriert an einem Ort halten“ zu wollen.
- Im Parlament verhöhnte er jene, die einst vor dem Nazi-Terror geflüchtet waren, als Davongelaufene die heute „verhätschelt“ würden.
- Zu der von ordentlichen Gerichten als „nationalsozialistische Verbrecherorganisation“ eingestuften Waffen-SS fiel ihm ein, man dürfe diese „nicht kollektiv schuldig sprechen“.

Nichts beschreibt den Zustand unserer Demokratie besser als ein Innenminister, der demokratische Errungenschaften wie die Pressefreiheit oder das Demonstrationsrecht attackiert und dabei immer wieder in die typische Nazi-Terminologie verfällt.

Unseres Schutzes bedarf auch der Rechtsstaat. Wann immer FPÖ-Politiker wegen schweren Betrugs, Untreue, Vorteilsnahme, Bestechlichkeit, falscher Zeugenaussage verurteilt werden, reagiert die Parteiführung mit Vorwürfen wie „Polit-Prozess“, „Gesinnungsjustiz“, „Politwillkür“. Unser Innenminister empfindet die Verurteilungen von FPÖ-Politikern nicht als Schandfleck für seine Partei, sondern als „Schandfleck für Österreichs Justiz“.

Und was das Wichtigste ist. Liebe Freundinnen und Freunde, wir müssen versuchen, den Österreicherinnen und Österreichern die Angst zu nehmen. Die Regierungsparteien lassen keine Gelegenheit aus, Angst vor Asylsuchenden zu verbreiten. Die Kriminalstatistik aber belegt etwas ganz anderes: Noch nie war Österreich so sicher wie heute. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Anzeigen gesunken, die Aufklärungsquote gestiegen. Die Flüchtlingskrise des Jahres 2015 hat zu keinem Anstieg der Kriminalität geführt.

Zuletzt müssen wir endlich damit beginnen, Widerstand gegen das Netzwerk des Hasses zu leisten, das die Freiheitlichen im Internet etabliert haben: Von der kleinsten Ortsgruppe bis zur Bundespartei, vom einfachen Mitglied bis zur Parteispitze werden die unglaublichsten Lügen ins Netz gestellt und Hass-Postings verbreitet.

Strache veröffentlicht auf seinem Internet-Auftritt frei erfundene Überfälle auf die Supermärkte Billa und Hofer. Der ehemalige Kärntner FPÖ-Chef schildert den Mord in einem Flüchtlingslager, den es nie gegeben hat. Auf FPÖ-Seiten wird behauptet, eine Frau sei gestorben, weil die Rettung wegen des Flüchtlingschaos zu spät gekommen sei; ein Kind habe wegen der Behandlung von Flüchtlingen keine Therapie bekommen; in Kindergärten dürften christliche Fest dürften nicht mehr gefeiert werden. Alles nicht wahr, alles frei erfunden. Aber was einmal im Netz ist, das lässt sich nicht mehr einfangen, das wird tausendfach geteilt und lebt auch dann noch weiter, wenn die Lügen längst widerlegt sind.

Sogar die Fotos, die den von der FPÖ behaupteten Horror beweisen sollen, sind gefälscht. Seinen Bericht über gewalttätige Proteste gegen den Akademikerball belegt Strache mit Bildern von brennenden Barrikaden. Fotos, die Angst machen. Aber sie stammen nicht vom Akademikerball. Sie sind Jahre zuvor bei Straßenschlachten in der Türkei aufgenommen worden.

Nach einem Terroranschlag mit zahlreichen Toten postet Strache das Video einer „islamistischen Freudenkundgebung“. Da sieht man dunkelhaarige Männer, die sich jubelnd um den Hals fallen. Aber es sind keine Islamisten. Und sie jubeln nicht über den Terror. Das Video zeigt die pakistanische Cricket-Nationalmannschaft, die jubelt, weil sie gerade den Weltcup gewonnen hat. Was solche Fälschungen auslösen, liest man anschließend auf Straches Facebook-Auftritt: „An den Galgen“, „an die Wand“, „eine Kugel“, „Einäschern“. Oder: -- „KZ muss seine Türen wieder öffnen“. -- „Mauthausen aufsperren – und ich bin der erste Heizer“, -- „Adolf Hitler, wir brauchen dich“.

Liebe Freundinnen und Freunde, es liegt an uns, FPÖ-nahe Medien und freiheitliche Facebook-Auftritte zu beobachten. Wir müssen derartige Fälschungen und Hasstiraden öffentlich machen. Wir müssen dafür sorgen, dass sie dokumentiert werden, dass seriöse Medien sie zum Thema machen. Nicht zuletzt sind es die sozialen Rechte, die wir verteidigen müssen. Immer weiter öffnet sich die Einkommens- und Vermögensschere zwischen Arm und Reich.

Oxfam, eine weltweit operierende Entwicklungsorganisation, die sich der Bekämpfung der Armut verschrieben hat, machte 2014 aus nüchternen Zahlen ein einprägsames Bild: In einem einfachen Reisebus hätten jene 85 Männer Platz, die so viel besitzen, wie die ärmere Hälfte der Welt, wie 3,6 Milliarden Menschen. Aber dieses Bild musste drei Jahre später bereits neu gezeichnet werden. 2017 genügte bereits ein Kleinbus für nur acht Männer, die so viel besitzen, wie die ärmere Hälfte der Welt.

Star-Ökonomen wie Thomas Piketty und Nobelpreisträger wie Joseph Stiglitz oder Paul Krugman bieten Rezepte gegen diese Fehlentwicklung an – nicht um die Armen zu schützen, sondern um die Marktwirtschaft zu retten, weil dieses System, das die Ärmsten aushungert während wenige Superreiche zu Herren der Welt werden, in einen weltweiten Wirtschaftskollaps zu münden droht.

Unter dem Eindruck solcher Szenarien wird in den meisten westlichen Ländern versucht, dieser Entwicklung gegenzusteuern. Nicht in Österreich. Hier hat ein junger Bundeskanzler der ÖVP die christliche Soziallehre außer Kraft gesetzt, in der Solidarität und die Sozialpflichtigkeit des Eigentums festgeschrieben sind. Gemeinsam mit seinem Koalitionspartner sorgt er dafür, dass die Ärmsten noch ärmer werden, damit die Reichen noch reicher werden können. Auch dagegen müssen wir Widerstand leisten: Im Parlament, auf unseren Internet-Seiten, durch Leserbriefe in den Medien, notfalls auf der Straße.

Liebe Freundinnen und Freunde, Auf der Website des Freiheitlichen Akademikerverbandes Salzburg fand ich folgenden Eintrag: (Zitat) „Demokratie schafft immer Unordnung. Sie spaltet das Volk. Sie ist ,eine Fehlgeburt der Geschichte‘ ,die Hure des Westens‘„. Demokratie als „Fehlgeburt der Geschichte“ und „Hure des Westens“: Präziser kann man es nicht auf den Punkt bringen, was Österreich droht, wenn Opposition und Zivilgesellschaft sich den Anschlägen auf unsere Freiheitsrechte nicht entschlossen in den Weg stellen. Und darum bitte ich euch!

Hans-Henning Scharsach, Stille Machtergreifung. Hofer, Strache und die Burschenschaften. K & S, Wien 2017, ISBN 978-3-218-01084-9.
Infos zur Person: https://de.wikipedia.org/wiki/Hans-He..._Scharsach

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