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Schleichende Privatisierung durch Trend zu Wahlärzten

  • Dienstag, 7. August 2018 @ 10:00
News Reformbedarf bei den Krankenkassen sieht die KPÖ-Oberösterreich in Hinblick auf die Besetzung einer ausreichenden Zahl von Kassenärzten. Der schleichenden Privatisierung und damit dem Trend zu einer Zweiklassengesellschaft im Gesundheitswesen durch Abdrängen von Versicherten zu Wahlärzten infolge von zu wenig Kassenärzten und nicht mehr besetzte Kassenarztpraxen muss entgegengewirkt werden, fordertr KPÖ-Landessprecher Leo Furtlehner.


In Oberösterreich gab es im April 2018 für 95 unbesetzte Praxen von Haus- und Fachärzten nur 46 Bewerbungen. Nicht nur in ländlichen Regionen, sondern sogar in Bezirksstädten wie Braunau, Schärding und Wels und in der Landeshauptstadt bleiben Kassenarztstellen – so etwa eine gut eingeführte Kinderarztpraxis in Urfahr seit 2016 – unbesetzt. Gleichzeitig wird darüber geklagt, dass die Ambulanzen in den Spitälern den Andrang nicht mehr bewältigen können und sogar mit Ambulanzgebühren oder anderen Regelungen gedroht.

Da in den nächsten zehn Jahren 75 Prozent der Kassenärzte in Pension gehen wird sich bei fehlender rechtzeitiger Gegensteuerung das Problem massiv verschärfen. Aktuell hat die OÖGKK 666 praktische und 438 Fachärzte unter Vertrag. Von Seiten der Ärztekammer wird als eine der Ursachen angesehen, dass das Medizinstudium viel zu spitalslastig ausgerichtet ist. Anreize wie Niederlassungsprämien der Gemeinden von 10.000 oder 20.000 Euro können jedoch den Ärztemangel nicht aufheben.

In Linz haben aktuell von 198 niedergelassenen praktischen Ärzten nur 42 Prozent einen Kassenvertrag, von 120 Zahnmedizinern 58 Prozent und von 450 Fachärzten sogar nur 26 Prozent. Mit Stand von 2015 standen in Oberösterreich laut Angaben des Gesundheitsministeriums 1.559 Wahlärzten nur 1.159 Vertragsärzte gegenüber. Somit entfielen auf einen Wahlarzt 887 Versicherte, auf einen Vertragsarzt jedoch 1.194 Versicherte.

Die Bestrebungen dem Ärztemangel mit der Einrichtung von Ärztezentren als Primary Health Care (PHC) entgegenzuwirken sind bislang über das Anfangsstadium nicht hinausgekommen. Allerdings haben solche Zentren den Vorteil, dass an einem Ort neben Allgemeinmedizinern auch Fachärzte verschiedener Richtungen sowie Therapeuten, Sozialarbeiter, Labors etc. konzentriert sind und sich Patient_innen damit viele Wege ersparen können. Auch ermöglichen solche PHC längere Öffnungszeiten und bessere Arbeitszeitregelungen für die Ärzte.

Als grundsätzliches Problem für wachsende nicht mehr besetzte Kassenarztstellen sind allerding wie von Betroffenen zu hören ist zu geringe Kostenersätze der Krankenkassen für medizinische Leistungen bei den Kassenärzten zu sehen: „Man kann sich nämlich des Eindruckes nicht erwehren, dass die Krankenkassen die Kostenersätze bewusst niedrig hält um immer mehr Menschen zu veranlassen, Wahlärzte in Anspruch zu nehmen“ vermutet Furtlehner. Das bedeutet im Klartext freilich, die vollen Kosten zu übernehmen und nur einen Teil als Rückerstattung der Krankenkasse oder im Wege des Jahresausgleichs vom Finanzamt vergütet bekommen. Laut einer Anfragebeantwortung stiegen bundesweit die Ausgaben der Krankenkassen für Wahlärzte von 2010 bis 2017 um 48 Prozent von 139 auf 206 Mio. Euro, in Oberösterreich sogar um 69 Prozent.

Vor diesem Hintergrund sind die Attacken gegen die Wiener GKK unverständlich, wenn diese mit höheren Honoraren der Ausdünnung im System der Kassenärzte gegenzusteuern versucht. Der Kostensenkungswahn der schwarz-blauen Regierung, die bekanntlich die neun Länder-GKK fusionieren will zielt immer offener darauf, das bewährte Gesundheitswesen auszudünnen und Kosten auf die Patient_innen abzuwälzen. Wenn sich im Vergleich dazu Gebietskrankenkassen wie etwa in Oberösterreich stets brüsten effizient zu wirtschaften und Überschüsse zu erzielen – 2017: 3,4 Mio. Euro Bilanzgewinn, 519 Mio. Euro Rücklagen – ist dies nur die eine Seite der Medaille, die andere ist, dass durch den Druck Wahlärzte in Anspruch nehmen zu müssen Kosten auf die Versicherten abgewälzt werden.

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