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Knappe Mehrheit gegen schwarz-blaue soziale Kälte

  • Donnerstag, 25. Januar 2018 @ 22:00
Linz Alles etwas anders war bei der 22. Sitzung des Linzer Gemeinderates am 25. Jänner 2018: Deutlich spürbar der Schulterschluss von ÖVP und FPÖ nach der bereits 2015 erfolgten Landeskoalition nunmehr auch auf Bundesebene. Was sich etwa bei der Debatte über das Linzer Tarifmodell für die Gebühren für die Nachmittagsbetreuung in den Kindereinrichtungen niederschlug.

Deutlich wurde auch, dass der FPÖ mit ihrer Regierungsbeteiligung offenbar die Adressaten für Resolutionen abhanden gekommen sind. Was freilich die SPÖ nicht hinderte in treuer Verbundenheit zum rot-blauen Koalitionspakt auf Linzer Ebene gemeinsam mit den Blauen die meisten Anträge anderer Fraktionen niederzustimmen.

KPÖ-Anfrage unbeantwortet

Zu Beginn der Sitzung beantwortete Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) mehrere Anfragen, musste sich allerdings von Grünen-Stadträtin Eva Schobesberger fragen lassen, ob die Delegierung von Anfragebeantwortungen an andere Stadtsenatsmitglieder geschäftsordnungsmäßig zulässig ist, was nunmehr geprüft wird. Nicht beantwortet wurde vom Bürgermeister die KPÖ-Anfrage zum aktuellen Stand des Rechtsstreits mit der BAWAG-PSK in der Causa Swap 4175. Bgm. Luger ließ auch offen, ob er die Anfrage schriftlich oder bei der nächsten Sitzung beantworten wird.

„Heißes Eisen“ Nachmittagsbetreuungsgebühren

Das eigentliche Thema der Sitzung war der Antrag für das Linzer Tarifmodell für die Nachmittagsbetreuung in den Linzer Kinderbetreuungseinrichtungen. Laut der schwarz-blauen Landtagsmehrheit sind die Gemeinden nämlich verpflichtet ab Februar 2018 für die Nachmittagsbetreuung Gebühren zwischen 42 und 110 Euro pro Monat einzuheben, widrigenfalls ihnen die Kürzung von Bedarfszuweisungen droht. Von StR Eva Schobesberger (Magistratskindereinrichtungen) und VBgm. Karin Hörzing (Förderung privater Kindereinrichtungen) wurde als Alternative zur Entlastung von Familien bzw. Alleinerziehenden mit geringen Einkommen für 2018 ein Modell vorgelegt, das Gebühren zwischen null und maximal 54 Euro vorsieht, was von ÖVP und FPÖ heftig bekämpft wurde.

VBgm. Detlef Wimmer (FPÖ) demaskierte die sozialen Ansprüche seiner Partei mit dem Gerede über ein „Geschenk mit Pferdefuß“ und einem „trojanischen Pferd“, das spätere Generationen belasten würde. Zu Zwischenrufen aus den Reihen der Grünen meinte er, dass „sich die Grünen nicht beherrschen“ könnten und warf ihnen vor, die Magistratsreform abgelehnt zu haben, aber bei der Verwendung daraus erzielter Einsparungen an erster Stelle zu stehen. Die FPÖ plädiere dafür, das Landesmodell zu übernehmen, statt mit dem Linzer Modell Menschen nach Linz zu locken. Man dürfe „nicht den ersten Sonnenschein im Budget gleich wieder abdunkeln“, so Wimmers rein fiskalische und unsoziale Argumentation.

Die NEOS-Gemeinderätin Elisabeth Leitner-Rauchdobler betonte die Bedeutung der Kindergärten als erste Bildungseinrichtung, zu welcher man den Zugang nicht erschweren dürfe und verwies auf einen NEOS-Änderungsantrag zur Finanzierungsfrage durch verschiedene Einsparungen. Ihr Fraktionskollege Felix Eypeltauer meinte, die SPÖ könne eine solide Finanzierung nicht liefern.

Land agierte überfallsartig

StR Schobesberger (G) kritisierte, dass das Land überfallsartig und ohne Gespräche mit den Gemeinden die Gebühren beschlossen habe und bezeichnete das als „perfide Vorgangsweise“. Das Land liefere damit die rechtliche Ermächtigung für die Gemeinden sich das Geld bei den Eltern zu holen, wovon Familien mit kleinen Einkommen und Alleinerzieherinnen am stärksten betroffen sind. Schobesberger betonte, dass der Antrag keinen Nulltarif vorsieht, wohl aber eine Entlastung jener die es schwer haben. Aus der von ihr genannten Nachmittagsquote von 94 Prozent läßt sich schließen, dass es ÖVP und FPÖ vor allem auch darum geht mit den Gebühren Frauen aus dem Beruf zu verdrängen.

Bgm. Luger sprach von einer „prekären Finanzsituation des Landes“ und zeigte Verständnis, dass ÖVP und FPÖ die Parteilinie ihrer Landesparteien vertreten müssten. Er kritisierte, dass er von den Gebühren aus der Zeitung erfahren habe, er vom Land aber weder als Landesobmann des Städtebundes noch als Bürgermeister frühzeitig kontaktiert worden sei. Der Vorbehalt einer abweichenden Regelung sei bei einem Gespräch im Dezember jedoch akzeptiert worden und sei auch laut Verordnung möglich. Eine völlige Beitragsfreiheit sei unrealistisch, der Antrag erfolge analog dem Tarifmodell und sei auch keine Dauerlösung, sondern sei zunächst nur für 2018 gedacht.

Im Voranschlag 2018 habe sich das nicht niederschlagen können, weil das Budget bis Ende Oktober zur Einhaltung der Fristen fertig sein musste. Weiters verwies Luger auf Entlastungen der Stadt durch die vom Land verordnete Aussetzung der Erhöhung der Mindestsätze für die Mindestsicherung, eine Zahlung des Bundes für die Flüchtlingshilfe, den Entfall von Zuschüssen durch die Schließung des Kursana-Pflegeheimes die eine Finanzierung des Tarifmodells für 2018 sicherstellen.

KPÖ-Gemeinderätin zeigt die andere Realität

Für die KPÖ verwies GR Gerlinde Grünn auf schon von den Befürworter_innen genannten Argumente und erklärte, dass die KPÖ den Antrag mittragen werde. Die Vorgaben des Landes bezeichnete sie als bedauerlich, weil damit Menschen mit geringen Einkommen getroffen werden. Zu VBgm. Wimmers Argument von „Geschenken“ meinte sie, das sei aus der Sicht von Menschen mit entsprechend hohen Einkommen gesprochen, sie kenne aus ihrer beruflichen Tätigkeit freilich „eine andere Realität“.

Grünn führte als Beispiel Frauen, vielfach Alleinerzieherinnen, die in der Endreinigung von Baustellen arbeiten und für 30 Wochenstunden gerade 960 Euro monatlich verdienen, an. Für die Einsparungsvorschläge der NEOS habe sie Sympathie, denn Alternativen seien denkbar. Sie habe aber den Eindruck, der Änderungsantrag der NEOS sei ein Vorwand sich vor einer Entscheidung zu drücken.

Zurück zu Heim und Herd?

Ein bezeichnend konservatives Familienbild zeichnete der ÖVP-Gemeinderat Michael Rosenmayr, der die „Familie als erste Anlaufstelle“ bezeichnete und von ideologischen Differenzen sprach und versuchte eine Ungleichbehandlung städtischer und privater Kindereinrichtungen herbeizureden. Hingegen sprach Klubobfrau Ursula Roschger (G) von Chancengleichheit und dem politischen Willen als der entscheidenden Frage. Klubobmann Martin Hajart (ÖVP) kritisierte, dass SPÖ und Grüne das Modell vorgeschlagen hätten ohne dafür eine Mehrheit zu haben und meinte „die NEOS spielen Zinnober“. Idealerweise seien alle Leistungen kostenlos, aber man müsse auch Einnahmen lukrieren. Schobesberger stellte hingegen richtig, dass der Gemeinderat bereits im Herbst eine Resolution an das Land beschlossen habe, welcher sich freilich die ÖVP verweigert habe und meinte Grünn (KPÖ) habe „die Sache plakativ auf den Punkt gebracht“.

VBgm. Bernhard Baier (ÖVP) warf Bgm. Luger vor kein Gespräch mit der ÖVP gesucht zu haben und mit zweierlei Maß zu messen. Worauf Luger meinte, die ÖVP benötige „Argumentationsschleifen für die Ablenkung vom Kern der Sache“. Rosenmayrs wertkonservatives Familienbild stehe für die „neue ÖVP“, die SPÖ stehe hingegen für in „sozialliberales Modell“, der Antrag nütze einem Drittel der Betroffenen. Eypeltauer meinte ergänzend, die NEOS stünden zwar nicht für das Landesmodell, zweifelten aber an der Finanzierung des Linzer Modells.

Bei der Abstimmung wurde der Antrag mit 31 Pro-Stimmen gegen 30 Enthaltungen beschlossen, wobei Leitner-Rauchdobler (NEOS) und Grünn (KPÖ) die Mehrheit für SPÖ und Grüne sicherten. Die Änderungsanträge von NEOS, ÖVP und FPÖ fanden keine Mehrheit.

Diverse Anträge von Stadtsenat und Ausschüssen wurden durchwegs einstimmig beschlossen, der Bericht von Kontrollamtsdirekt Gerald Schönberger zur Prüfung des Rechnungsabschlusses 2016 wurde zur Kenntnis genommen.

Drei Stunden fast ergebnislose Debatte

Ein Novum bei den 14 Fraktionsanträgen war, dass davon nur ein einziger eine Mehrheit fand, weil die meisten von der rot-blauen Mehrheit niedergestimmt wurden und diese nicht einmal eine Zuweisung an Ausschüsse zulassen wollte. Im Klartext wurde gut drei Stunden so gut wie ohne Ergebnis debattiert.

Diese Debatte war freilich nicht frei von Polemik. Etwa als StR Markus Hein (FPÖ) dem Grünen-Gemeinderat Klaus Grinninger bei der Behandlung des ÖVP-Antrages für eine wechselweise Einbahnregelung im Mona-Lisa-Tunnel vorwarf im Ausschuss zu „schweigen wie ein Mäuschen“, woraufhin Roschger meinte „vorher war Hein seriös, jetzt ist er entgleist“. Oder als Klubobmann Günther Kleinhanns (FPÖ) beim NEOS-Antrag über die Planung des ÖBB-Areals an der Unionkreuzung von „Luftschlössern ohne Fundament“ sprach woraufhin KO Lorenz Potocnik (NEOS) meinte aus Kleinhanns „wird kein Stadtentwickler mehr, weil er zu klein denkt“, was ihm eine Rüge der vorsitzenführenden VBgm. Karin Hörzing SPÖ) einbrachte.

Ausgerechnet der „Arbeitnehmervertreter“ FPÖ-Gemeinderat Manfred Pühringer polemisierte in sattsam bekannter FPÖ-Manier gegen „Durchschummler“ und bezeichnete die SPÖ-Resolution gegen einen Vermögenszugriff bei Arbeitssuchenden als unseriös, Hajart sprach dazu von „Angstmache der SPÖ“, woraufhin Roschger meinte, mit Hajart „kommen wir auf keinen grünen Zweig“, was wohl eher ein schwarzer Zweig wäre. Die NEOS erwiesen sich mit ihrer Ablehnung dieses Antrages als Teil des rechten Blocks.

Zum einzigen, dank Zustimmung der NEOS, beschlossenen Fraktionsantrag der Grünen zum Thema Familienbonus und dessen negative Auswirkungen auf die Gemeinden im Wege des Finanzausgleichs sprach GR Wolfgang Grabmayr (FPÖ) von einer Themenverfehlung und stellte damit das allgemeinpolitische Mandat des Gemeinderates in Frage. Dass gerade die FPÖ bis zu ihrem Regierungseintritt bei jeder Sitzung zahllose Resolutionen an Land und Bund eingebracht hatte ließ er wohlweislich unerwähnt.

GR Gerlinde Grünn (KPÖ) unterstützte den Antrag und meinte, das Thema könne der Stadt nicht egal sein und wertete es analog der Gebühren für die Nachmittagsbetreuung. Der Familienbonus sei eine Ungleichbehandlung und nütze den Gutverdienenden. Antragstellerin Marie Edwige Hartig (G) verwies darauf, dass der Bonus zwar für 1,2 Millionen Kinder positiv sei, aber 0,6 Millionen Kinder und 45 Prozent berufstätiger Frauen durch geringe Einkommen steuerlich davon nichts haben.

Die Grauslichkeiten des Tages demonstrierte hingegen der FPÖ-Mandatar und Burschenschafter Wolfgang Grabmayr: Gleich zu Beginn der Sitzung hatte er die Ablehnung eines Antrages für eine Subvention für Sprachkurse der Volkshochschule mit dem Argument wegen fortschreitender Kriminalität sei Sprachförderung nicht mehr sinnvoll und damit alle Flüchtlinge und Migrant_innen pauschal als kriminell denunzierte. Der unrühmliche Schluss der Sitzung war dann ein mit klarer Mehrheit abgelehnter Antrag Grabmayrs die Förderung an Vereine die in irgendeiner Weise mit dem Islam zu tun haben einzustellen.

Was sogar GR Cornelia Polli (ÖVP) veranlasste sich mit Verweis auf Einzelfallprüfungen, Islamgesetz und Auslandseinfluss sowie Stimmenthaltung der ÖVP zu distanzieren. Der Bürgermeister wandte sich gegen eine Ausgrenzungspolitik. Als Grabmayr dann scheinheilig meinte, es gehe mit diesem Antrag (Titel „Förderung der Islamisierung stoppen“) „nicht um die Verteufelung einer bestimmten Religionsgemeinschaft“ – was auffällig an den Strache-Sager „Burschenschaften haben grundsätzlich nicht mit der FPÖ zu tun“ erinnert – wurde dies mit großem Gelächter quittiert.

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