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Splitter aus der Linzer Budgetdebatte

  • Donnerstag, 14. Dezember 2017 @ 22:00
Linz Eine neue Form der Budgetpräsentation wählte Bgm. Klaus Luger (SPÖ): Er ließ die Fakten von Finanzdirektor Christian Schmidt präsentieren, er selbst beschränkte sich auf die Interpretation.

Der 100-Millionen-Transaktion im Zusammenhang mit der Bildung der Linz Holding ist das sanierte Budget ohne Abgang und Neuverschuldung bis 2021 und erstmals im Umfang von mehr als einer Milliarde Euro geschuldet stellte FD Schmidt klar.

Von „können, dürfen, sollen, müssen“ sprach Bgm. Luger in Hinblick auf die Meinungsbildung der sechs Gemeinderatsparteien bei der Budgetdebatte. Dass für ihn „die Gesetze der Betriebswirtschaft auch für die öffentlichen Hände gelten“ verdeutlicht sein Verständnis von der Stadt als Unternehmen.

Ganz nach dem Motto „Den Letzten beißen die Hunde“ klagte der Bürgermeister, dass die Gemeinden kein Verhandlungspartner seien, ihnen werde von Bund und Land Maßnahmen und Entscheidungen vorgesetzt,

„Die Solidarbereitschaft der Stadt ist dramatisch überschritten“ betonte Luger mit Verweis auf die Abschaffung des Regress bei der Pflege, die Steuerreform und andere Maßnahmen auf Kosten der Gemeinden. Er plädierte für eine Aufgabenorientierung und Kompetenzentflechtung: Spitäler beim Land, Kindereinrichtungen bei den Gemeinden.

An die Adresse der ÖVP gerichtet rechnete Luger vor, dass die SPÖ von 1998-2016 100 Prozent, die ÖVP 95 Prozent, die FPÖ 96 Prozent, die Grünen 97 Prozent, die KPÖ seit 2009 88 Prozent und die NEOS seit 2015 100 Prozent aller Darlehensaufnahmen mitbeschlossen haben. Er verschwieg, dass nicht die Zustimmung zu den Schulden an sich, sondern für welche Projekte sie gemacht werden, entscheidend ist.

Von einem „Diktat der Landestarifordnung“ sprach der Bürgermeister im Zusammenhang mit der von der schwarz-blauen Landeskoalition beschlossenen Kindergartengebühr für die Nachmittagsbetreuung. Auch blockiere das Land bei der Zweitwohnsitzabgabe, klagte er und forderte mehr Autonomie für die unterste Ebene. Während die Tourismusgemeinden eine solche Abgabe einheben können, lässt man Linz mit 26.000 Nebenwohnsitzen im Regen stehen.

Von einer Anpassung der Dienstposten an das Personalbudget sprach Personalstadträtin Regina Fechter (SPÖ). Die umgekehrte Anpassung wäre freilich richtiger.

„Im vierten Jahr des notwendigen Konsolidierungskurses“ sah sich VBgm. Karin Hörzing als SPÖ-Fraktionsrednerin angekommen und ortete 2017 die Trendwende. Sie feierte mit bekannten Schlagworten wie Linz als „Lebensstadt für alle“, „Fit für die Zukunft“, „Innovativste Industriestadt Österreichs“ und „Jobmotor des Landes“ das Budget als Jubelbilanz und den dafür verantwortlichen Finanzreferenten Bgm. Luger ab.

„Abgerechnet wird zum Schluss“ erklärte FPÖ-Gemeinderat Peter Stumptner als Fraktionssprecher seine Rede einleitend ganz in Westernmanier. Der Verzicht von FPÖ-Stadtrat Markus Hein auf die Mandatszurücklegung sei ein „heißer Tropfen auf den Stein“.

„Die Förderungswerber stärker durchleuchten, insbesondere die Migrantenvereine“ will Stumptner ganz in der üblichen FPÖ-Manier und verlangte Förderungen und Leistungen zugunsten der heimischen Bevölkerung umzuschichten. Bei der Kultur sei das Augenmaß verloren gegangen, eine Rückkehr zur Volkskultur sei notwendig demonstrierte Stumptner das nicht vorhandene Kulturverständnis seiner Partei.

Weiters beklagte der FPÖ-Sprecher die Belastung des Budgets durch die Mindestsicherung und feierte die Kürzung durch den Landtag als Erfolg seiner Partei. Und er freue sich, dass jetzt auch die SPÖ erkannt habe, dass Änderungen bei der BMS notwendig seien.

Als „Hausverstand und Sachverstand“ feierte Stumptner eine Jubelbilanz der Arbeit der FPÖ-Stadtsenatsmitglieder VBgm. Detlef Wimmer – der mit einem intellektuellen Image (Bart, Brille, Glatze, krawattenlos) zu punkten versucht – und StR Markus Hein. Als er von „Neudeutsch Nice to have“ sprach, löste dies heftiges Gelächter aus.

Das Budget sei kein großer Wurf, aber so schlecht wie es ÖVP und Grüne erklärten, sei es nicht, meinte Stumptner. Woraufhin ihm entgegengehalten wurde, dass die beiden Parteien noch gar keine Fraktionserklärung zum Budget abgegeben hatten.

ÖVP-Klubchef Martin Hajart richtete dann als Fraktionssprecher seine Rede an „Kamerad Stumptner und Genossin Hörzing“. Und ortete als drei Probleme des Budgets Zuwanderung, Verkehr und Schulden, wo von der rot-blauen Koalition blockiert werde.

In sattsam bekannter populistischer Stammtisch-Manier meinte Hajart „Linz wächst ausschließlich durch Zuwanderung, das ist nicht negativ, aber…“. Er musste aber einräumen, dass Probleme durch Sucht, Gewalt und Sicherheit nicht nur mit Ausländern verbunden seien.

Hajart sprach von einem „medialen Sinneswandel“ des Bürgermeisters mit dessen Aussage Drittstaatsangehörige aus der Mindestsicherung auszugliedern. Als die ÖVP bei der letzten Gemeinderatssitzung mit einem Antrag die Nagelprobe machen wollten sei aber ein „Sinneswandel vom Sinneswandel“ erfolgt. Unterschlagen wurde von ihm, dass nicht einmal die FPÖ diesen Antrag mitgetragen hatte.

Die ÖVP setzt offenbar auf die familiäre Inszenierung als politische Methode. So begrüßte Hajart demonstrativ Gattin mit Sohn auf der Galerie, später Kulturstadträtin Doris Lang-Mayrhofer ihre Mutter.

„Transparent und Wahrheit“ forderte Hajart ein um zu erklären dass der Bürgermeister zwar nicht die Unwahrheit sage, wohl aber nur die halbe Wahrheit, wobei die Auslagerung von Schulden aus dem Kernbudget gemeint war.

Einmal mehr nützte der ÖVP-Klubchef die Debatte zur Klage über die „Aktenaffäre“ mit nichteingehobenen Verwaltungsstrafen. Dabei fällt auf, dass sich Bgm. Luger schon im Oktober dabei für befangen erklärte und die Causa an VBgm. Hörzing abgetreten hatte, sehr wohl aber im Widerspruch dazu kürzlich umfangreich bei einer Pressekonferenz dazu Stellung genommen hatte.

Grünen-Stadträtin Eva Schobesberger als Fraktionsrednerin überraschte das Gremium mit der Präsentation von Keimlingen, weil im Vorjahr der damalige Finanzreferent VBgm. Christian Forsterleitner das Budget mit einem Keimling verglichen hatte.

Weil Bgm. Luger wegen eines während der Rede von Hajart getätigten Zwischenrufes gerügt wurde meinte er zu Zwischenrufen zur Rede Schobesberger „Wenn ich nicht reden darf, dürfen die anderen das auch nicht“.

Schobesberger sprach von einem „zynischen Zugang“ durch die Einführung der Nachmittagsgebühren, weil damit die Bedeutung der Kindergärten als Bildungseinrichtungen verkannt und Frauen vom Arbeitsmarkt verdrängt werden.

Dem „Machtkalkül und Großprojekten“ untergeordnet und nicht „auf die essentielle Daseinsvorsorge reduziert“ sei das Budget kritisierte NEOS-Fraktionssprecher Felix Eypeltauer. Dazu als schon bekanntes Steckenpferd der NEOS die Kritik an den drei Vizebürgermeister_innen, während London nur einen Vizebürgermeister habe.

„Die Zukunft des Landes liegt in Linz und nicht am Land“ so Eypeltauer weiter um zu konstatieren „es modert unter der schönen Fassade des Landes“.

Das Budget sei mit dem Verkauf der Stadtwohnungen an die GWG und der Linz AG an die Holding gerettet worden: „Das Pferd ist zwar gesattelt, aber krank, darüber kreist der Pleitegeier“ so das Urteil Eypeltauers über das Budget.

KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn in ihrer Fraktionsrede: „Keine Angst – ich nehme mir nicht Peter Handkes wohl bekanntestes Bühnenstück „Publikumsbeschimpfung“ zum Vorbild für meinen Beitrag, obwohl einiges wirklich zum Haare raufen ist.“

„Wer bestimmt was „Nice to have“ ist oder was in die Kategorie „Gratismentalität“, der wenig wertschätzenden Umschreibung der Neoliberalen für soziale Leistungen, gehört?“, so Grünn.

Die KPÖ-Sprecherin zitierte den Behindertenaktivisten und Schriftsteller Erwin Riess, der den gesellschaftlichen Spaltungsprozess mit den Worten von „Flüchtlingen und Fürchtlingen“ skizziert, dem jedes humanitäre Augenmaß zu entgleiten droht.

Offensichtlich wolle Bürgermeister Luger, Sozialreferentin Hörzing und Integrationsreferentin Fechter mit ihrer Forderung Schutzberechtigten die Mindestsicherung zu verwehren die ÖVP und FPÖ rechts überholen, meinte Grünn: „Der Applaus von Kickl und Co war Euch ja sicher“. Und sie meinte, da sei ja sogar die Wirtschaftskammer OÖ derzeit fortschrittlicher als die Linzer Sozialdemokratie.

Zur 130.000-Euro-Subvention für das O3-Spektakel „Weihnachtwunder“ wies Grünn auf einen auffallenden Gegensatz hin: „Almosen und Spendenbettelei des ORF auf Kosten der Stadt vor dem alten Rathaus ist also erwünscht, gleichzeitig ist den Armutsreisenden das Betteln für ihren Lebensunterhalt in der Innenstadt verboten. Eine seltsames Weihnachtswunder das da zu Tage tritt.“

Die mehrmals mit Beifall der Grünen quittierten Ausführungen der KPÖ-Sprecherin erinnerten Bgm. Luger daran, auf die den Gemeinderäten vorliegenden Erinnerungen der KPÖ zum Budget hinzuweisen.

Mit 48 Wortmeldungen dümpelte die Spezialdebatte von Mittag bis in die Nachstunden wenig aufregend dahin, bot aber zahlreichen „Hinterbänkler_innen“, die sonst höchstens Amtsberichte referieren dürfen, Gelegenheit sich auch einmal inhaltlich zu äußern. Freilich vor einer fast leeren Besuchergalerie.

Tenor der Spezialdebatte waren Lobhudeleien und Danksagungen der Mandatar_innen auf die Leistungen der jeweiligen roten, blauen, schwarzen und grünen Stadtsenatsmitglieder. Während die SPÖ die Sozialpolitik beschwor, kritisierte die ÖVP in bekannter Manier um ihren Sparwillen umgehend durch zusätzliche Forderungen zu konterkarieren und unter dem Motto „Anleitung zur Selbsthilfe“ indirekt einer Privatisierung das Wort zu reden und stellte sich die FPÖ als neues „Bindeglied zwischen Land und Stadt“ dar.

Mit der Denunzierung von „Linz als Subventionsbiotop“ und einer wüsten Attacke auf Kulturschaffende und freie Szene bestätigte FPÖ-Klubchef Gunter Kleinhanns das Image der FPÖ als einer „Partei der Unkultur“. Übertroffen wurde er freilich von der als „Gruselda“ auftretenden FPÖ-Mandatarin Brigitte Riha, die ein Zerrbild von Linz als Stadt von Angst und Schrecken zeichnete, an dem, wenig verwunderlich, natürlich die Ausländer schuld seien.




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