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Kombi-Lösung: Oberirdische Straßenbahn plus Hafen-S-Bahn

  • Mittwoch, 1. März 2017 @ 17:01
Verkehr In einem „Offenen Brief“ an den Linzer Bürgermeister Klaus Luger, den Linzer Verkehrsstadtrat Markus Hein sowie an Landeshauptmann Josef Pühringer und Verkehrslandesrat Günther Steinkellner warnt die Initiative Verkehrswende jetzt! vor sündteuren und kurzsichtigen Fehlentscheidungen bei der Anbindung der Mühlkreisbahn an den Hauptbahnhof und bei der zweiten Linzer Straßenbahnachse.

Als Alternative könnte nach Meinung der Initiative Verkehrswende jetzt! eine Kombi-Lösung von oberirdischer Straßenbahn plus Hafen-S-Bahn wichtige Betriebs- und zukünftige Wohngebiete im Linzer Osten erschließen und käme zugleich ungleich billiger. Die Unterzeichner des „Offenen Briefes“, Lukas Beurle, Hayk Pöschl und Gerald Oberansmayr stellen daher die Frage: „Was spricht dagegen, mit deutlich weniger Geld deutlich mehr zu erreichen?“

Der „Offene Brief“ im Wortlaut:

Sehr geehrte Herren, dass Linz zusätzlich zur vorhandenen Straßenbahnachse neben den 6 stark belasteten Achsen für den Kfz-Verkehr in Nord-Süd Richtung eine zusätzliche Schienenachse benötigt, ist unbestreitbar Für den möglichen Verlauf der zweiten Straßenbahnachse und die Durchbindung der Mühlkreisbahn gibt es viele Möglichkeiten, wobei die bestmögliche Variante nur durch eine offene Variantenuntersuchung ermittelt werden kann.

Dass diese beste Lösung eine unterirdische Straßenbahnlinie ist, die kurvig durch die östliche Innenstadt läuft, und überdies den Tunnel auch noch mit Schnellbahnen teilen soll, darf stark in Frage gestellt werden. Es spricht vieles dafür, dass diese Überlagerung (mit Ausnahme der Donaubrücke) in Hinblick auf die Errichtungskosten und den Betrieb, nicht zielführend ist.

Wir begrüßen eine zweite Straßenbahnlinie im Osten von Linz, die die bestehende Achse zumindest etwas entlasten und ein weiteres Gebiet in Linz straßenbahnmäßig erschließen kann. Wir sind auch dafür, dass die Mühlkreisbahn in ein sternförmiges S-Bahn-System eingebunden und durch Linz durchgebunden wird.

Mit einer oberirdischen Führung der zweiten Straßenbahnachse und der Nutzung der Hafenbahn könnte dies mit einer Gesamtsumme an Investitionskosten und Betriebskosten in 25 Jahren, die um rund 150 Millionen Euro geringer ist als für die unterirdische zweite Schienenachse, erreicht werden. Außerdem würde sich dadurch für eine wesentlich größere Zahl an Fahrgästen eine deutlich bessere Versorgung in der Fläche mit schienengebundenen Verkehrsmitteln ergeben, vor allem auch im Hafenviertel und nahe des VOEST-Areals, städtischen Entwicklungsgebieten mit tausenden Arbeitsplätzen.

Was spricht dagegen, mit deutlich weniger Geld deutlich mehr zu erreichen? Eine Möglichkeit dieser getrennten Führung ist beispielhaft im Artikel von DI Lukas Beurle dargestellt, der im Dezember in der Fachzeitschrift Regionale Schienen erschienen ist.

Was spricht für diese Kombilösung oberirdische Straßenbahnachse plus Hafen-S-Bahn? Die Kombilösung lässt alle Entwicklungen für zukünftige Steigerungen der Verkehrsmengen offen. Dies hat auch der Schweizer Gutachter als wichtige Bedingung angeführt! („Keine möglichen Optionen verbauen!“). Die ausschließliche Tunnellösung würde einen Flaschenhals schaffen, der bald schon an Leistungsgrenzen stoßen wird, genauso wie die Straßenbahnunterfahrung Hauptbahnhof jetzt schon an ihre Leistungsfähigkeitsgrenzen stößt und den Engpass auf der Achse Landstraße darstellt.

Keiner weiß heute, wie im Detail die postfossile Mobilität aussehen wird. Für einen wirklichen Klimaschutz werden aber viel größere, auf den ÖV verlagerte Verkehrsmengen erforderlich sein. Selbst ein (nicht absehbarer) schneller Übergang auf ein (wirklich) nachhaltiges Antriebssystem bei den Kfz wird bei einer fortgeschriebenen Motorisierung wie in den letzten Jahrzehnten das Ausmaß des Verkehrschaos und der Stauzeiten in Linz erhöhen, und daher ein wirklich leistungsfähiges ÖV- System notwendig sein.

Die Führung von Schnellbahn und Straßenbahn durch den Tunnel würde den langsamsten Schnellbahnbetrieb Österreichs ergeben. 40-50 km/h sind Standard, hier würde es weniger als 30 km/h sein. Bei getrennter Führung von Straßenbahn und S-Bahn ist 100 Prozent barrierefreier Betrieb möglich, bei gemeinsamer Führung ist das nicht möglich.

Um die Zusatzkosten der Aufweitung des Tunnels für die S-Bahn und der Errichtung der Verbindung Europaplatz - Westbahnstrecke kann auch die Hafenbahn mit Haltestellen für den S-Bahnbetrieb adaptiert werden und damit alle Unwägbarkeiten des Mischbetriebes vermieden werden, wobei wir den langen Tunnel und die unterirdischen Haltestellen v.a. aus Kostengründen ablehnen. 400 Millionen Euro Mehrkosten können nicht einfach weggesteckt werden!

Bei einer wirklichen ÖV-Offensive kann der Kfz-Verkehr in diesem Bereich der Stadt (zumindest auf den Straßen abseits der A7) so weit umgelagert werden kann, dass die bisher von der Politik in den Vordergrund gestellte, aber unbegründete Angst, mit der Straßenbahn an der Oberfläche die Stauzeiten beim Autoverkehr massiv zu erhöhen, kein Thema mehr sein darf. Im Hinblick auf die Kosten und die Attraktivität des Öffentlichen Verkehrs ist es sonnenklar, dass die zukünftige Straßenbahn im Osten von Linz auf der Oberfläche fahren muss.

Vor allem spricht die enorme Kosteneinsparung bei der zweiten Straßenbahnachse durch den Wechsel vom Untergrund auf die Oberfläche von rd. 400 Millionen Euro für Investitions- und Betriebskosten in 25 Jahren eine eindeutige Sprache.

An allen Ecken und Enden fehlt das Geld, in vielen Bereichen wie z.B. im Sozialbereich macht sich das immer stärker bemerkbar und dann soll derart viel Geld für ein einzelnes Projekt im wahrsten Sinn vergaben werden. Und der vom Steigerungspotenzial in ähnlicher Größenordnung liegende Radverkehr muss schon seit Jahren mit im Vergleich dazu mickrigen Geldmitteln auskommen und muss das laut Ankündigungen auch weiterhin tun.

Die Bedeutung dieses ÖV Projektes, das dreimal mehr kosten soll als das bisher teuerste ÖV–Projekt in Linz, wurde bisher im Vergleich zu den sonst im ÖV noch notwendigen Projekten eindeutig zu hoch dargestellt. Das Hauptproblem im Linzer Verkehr sind die stark belasteten Zielachsen nach Linz, und diese werden mit diesem Projekt nur sehr untergeordnet abgedeckt.

Das Ausmaß der geplanten unterirdischen zweiten Straßenbahnachse zeigt auch folgender Sachverhalt: Während in der Bundeshauptstadt Wien das U-Bahnnetz in 40 Jahren sukzessive gewachsen ist, würde im fast nur ein Zehntel so großen Linz mit einem Schlag hier eine Tunnellänge der Öffis entstehen, die pro Einwohner länger ist als in Wien.

Obwohl im Herbst eine Variantenuntersuchung angekündigt wurde, gab es diese auf der Linzer Seite nicht. Die Schweizer Gutachter mussten mit einer vorgegebenen unterirdischen Achse Vorlieb nehmen. Bei derart großen Potenzialen der Kosteneinsparung kann man nicht (mit einem Zweizeiler in den Presseunterlagen) über weitere Varianten hinweggehen, ohne diese im erforderlichen Umfang zu vergleichen.

Wenn es wirklich darum ginge, bei der Landstraße als wichtigste Achse durch Linz, nicht nur geringfügige, sondern große Entlastungen zu erzielen und jene Maßnahmen zu setzen, die den größten Anteil an Zielwegen nach Linz (und die führen ins Zentrum!) übernehmen können, dann müsste eine zweite Schienenachse im Bereich der Landstraße und nicht ein Kilometer entfernt, im Bereich der derzeit projektierten zweiten Straßenbahnachse entstehen!

Dass im Bereich der bisherigen Eisenbahnbrücke bald wieder eine neue Brücke über die Donau, vor allem für den Öffentlichen Verkehr und Fuß- und Radverkehr, stehen muss, ist klar. Bei der zweiten Schienenachse ist dieser Zeitdruck nicht im gleichen Maße gegeben. Es ist unangemessen, mit Schnellschüssen wie das Zuasphaltieren von bestehenden Bahntrassen, ohne ein schlüssiges Gesamtkonzept vollendete Tatsachen zu schaffen.

Dies erzeugt vor allem eines: Sinnlose und enorm hohe Kosten für den Steuerzahler, wenn in Zukunft statt der heute noch vorhandenen Trassen, sündteure Tunnelstrecken notwendig sein werden! Erst ein umfassendes und schlüssiges Gesamtverkehrskonzept für den Großraum Linz kann sagen, welche Ausbauvorhaben in den nächsten Jahrzehnten denkbar sind. Bis dahin ist es unbedingt erforderlich, dass alle möglichen Trassen und Varianten für die zukünftigen Entwicklungen freigehalten werden!

Mit freundlichen Grüßen
DI Lukas Beurle Mag. Hayk Pöschl Mag. Gerald Oberansmayr

Die Initiative Verkehrswende jetzt! Ist ein Netzwerk von mittlerweile 19 Bürgerinitiativen und Vereinen, die sich für eine umwelt- und menschenfreundliche Verkehrswende in Oberösterreich einsetzen.

Info: www.verkehrswende-jetzt.at/


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