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Vom Streichen und Kürzen und den Alternativen dazu

  • Donnerstag, 15. Dezember 2016 @ 12:00
Linz Budgetrede von KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn zum Voranschlag 2017 bei der Sitzung des Linzer Gemeinderates am 15. Dezember 2016.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Kollegen und Kolleginnen, sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne und bei Dorf-TV, ich bin nun seit sieben Jahren Mitglied des Linzer Gemeinderates und beteilige mich jedes Jahr an der Generaldebatte in der Budgetsitzung, um die Positionen der Linzer KPÖ zum Voranschlag darzulegen.

Im Zentrum meiner Betrachtungsweise steht die soziale Frage. Soziale Gerechtigkeit und die Vorstellung einer Stadt für alle sind meine Maßstäbe der Beurteilung. Seit fünf Jahren steht nun diese Debatte unter dem Zeichen von Sparprogrammen. Erstmals seither weist der Voranschlag in der laufenden Gebarung keinen Abgang mehr auf. Dennoch gibt es keine Entwarnung.

Die volkswirtschaftlichen Indikatoren sind ernüchternd. Das reale Wachstum des Bruttoinlandproduktes wird mit 1,5 Prozent, der Verbraucherpreisindex mit 1,6 Prozent und die Arbeitslosenquote mit 9,5 Prozent angenommen. Die sozialen Verwerfungen bilden sich in den stetig wachsenden Ausgaben etwa für die Mindestsicherung oder Sozialhilfe für Alten- oder Pflegeeinrichtungen ab. Die demographische Veränderung durch den Zuzug und Geburtenhochs erfordert den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen durch entsprechende Investitionen.

Die Einnahmen der Stadt aus der Kommunalabgabe sind beachtlich und damit im Spitzenfeld. Unserem Finanzreferenten ist zu zustimmen, wenn er in seinen Ausführungen darauf verweist, dass die hohe Transferbelastung durch die Landesumlage mit 26,2 Millionen Euro und den Sprengelbeitrag mit 55,3 Millionen Euro ungerecht ist und hier dringender Handlungsbedarf besteht. Die Schuldenproblematik bleibt trotz leichter Verbesserung allerdings ungelöst. Das in aller Kürze zu den Rahmenbedingungen der Budgeterstellung, die wahrlich kein leichtes Unterfangen ist.

Unser Finanzreferent Forsterleitner sieht sich bestätigt in seinem Konsolidierungskurs. Einem Mix aus Kürzungspolitik, restriktiver Personalpolitik und Verkauf städtischer Immobilien. Die finanzielle Enge bleibt, ist es doch ein Fakt, dass es sich beim größten Brocken der Ausgaben um Pflichtausgaben handelt, die Stadt sich in Abhängigkeit von Bedarfszuweisungen von Bund und Land befindet. Aber auch hausgemachter Faktoren belastet das Budget.

Die finanzielle Enge ist nun kein Linzer Sonderfall, sondern betrifft alle Kommunen, die zwischen steigenden Pflichtausgaben und unzureichenden Einnahmen als Folgen der kapitalistischen Krise lavieren. Auch die Stoßrichtung der Konsolidierungsversuche ist ähnlich. Ausgabenkürzungen werden hauptsächlich in personellen, sozialen und kulturellen Belangen vorgenommen und damit ist auch klar wer die Lasten für die Konsolidierung zu tragen hat.

Sehr geehrte Damen und Herren, müssen wir uns also an die Kürzungspolitik gewöhnen? Sind die Antworten und vorgeschlagenen Maßnahmen der Budgetkonsolidierung der Stadtregierung der einzig wahre Ausweg? Ist die Kürzungspolitik bei Kultur, Sozialem und Bildung gerechtfertigt? Wer leidet unter dem Rückbau der städtischen Wohlfahrt? Wer profitiert von weniger Stadt, wenn sich die Stadt auf Kernaufgaben zurückzieht und alles andere an von privaten Interessen geleitete Investoren überlässt?

Ist der Umbau der städtischen Verwaltung und der städtischen Unternehmen nach privatwirtschaftlichen Kriterien demokratiepolitisch vertretbar? Welche Folgen hat es wenn die Stadt öffentliches Eigentum zum Budgetlöcher stopfen verkauft? Sind Effizienz und steigender Leistungsdruck aufs Personal nicht zwei Seiten einer Medaille? Wer bestimmt was „Nice to have“ ist oder was in die Kategorie entbehrliches „Geschenk“ gehört, um hier unseren Finanzreferenten Vizebürgermeister Forsterleitner sinngemäß zu zitieren. Das sind also die Fragen die ich heute in meinem Beitrag in aller gebotenen Kürze behandeln möchte.

Das Interessante an der Kommunalpolitik ist, dass sich gesellschaftliche Prozesse auf lokaler Ebene konkretisieren und damit erfahrbar werden. Und so gilt es umso mehr das trockene Zahlenwerk des Voranschlages ins Leben zu übersetzen. Ist es ja nichts Anderes als die in Zahlen gegossene Politik des kommenden Jahres und auch mit der Mittelfristigen Finanzplanung richtungsweisend weit darüber hinaus. Wobei ich mich natürlich auf das Soziale und damit auf die Daseinsvorsorge konzentrieren möchte.

Die Lebensqualität einer Stadt für alle hängt nun mal an leistbaren Wohnraum, einem funktionierenden Nahverkehr, Betreuungseinrichtungen für Jung und Alt, vielfältigen Freizeit- und Bildungsangeboten, Strom und Wärme, bunter kultureller Nahversorgung und verlässlicher sozialer Stütze, wenn man nicht auf die Butterseite des Lebens gefallen ist. Und das kostet nun Mal.

Sehr geehrte Damen und Herrn, der heutigen Budgetsitzung ging ja vorbereitend der mehrheitliche Beschluss für ein vom Stadtsenat vorgeschlagenes Sparpaket in der Höhe von 20 Millionen Euro voraus. Das auf Basis der Vorschläge des KDZ erstellte Sparpaket wurde ja nicht nur im Gemeinderat diskutiert, sondern fand auch sein Echo in der Öffentlichkeit. Die darin angedrohte Schließung des Salzamtes führte sogar zu öffentlichen Protesten. Ich habe die Schlagseite der Kürzungspolitik im Sozialen, Kulturellen und bei der Bildung kritisiert und auch nicht zugestimmt.

Dass Sparpakete im Gegensatz zu Programmen nicht reine Papiertiger sind, sieht man daran, dass am Jahresende die Stadtteilbibliothek Neue Heimat geschlossen wird. Die Schließung von vier weiteren Stadtteilbibliotheken im Linzer Süden ist in Vorbereitung. Unserer für Bildung zuständigen Stadträtin Eva Schobesberger ist Recht zu geben, wenn sie den Abbau von dezentralen Bildungsangeboten als Sparen an der Zukunft ablehnt. Auch die IG-Autoren hat sich hier kritisch zu Wort gemeldet.

Wie sehr etwa das finanzpolitische Primat des Sparens die Vorgaben der im Linzer Gemeinderat nach langen Vorberatungen beschlossenen Programme wie Sozialprogramm oder Kulturentwicklungsplan torpediert, kann man etwa auch am beabsichtigten Ende des Ausbaus der Stadtteilzentren sehen. Ob es in Zeiten von krisenbedingten sozialen Verwerfungen klug ist, sich aus der Versorgung mit sozialen Dienstleitungen vor Ort zurückzuziehen? Ich denke nicht.

Alleine die seit Jahren stetig steigenden Ausgaben für die Mindestsicherung beweisen zur Genüge wie sehr sich die Kluft zwischen arm und reich geöffnet hat. Hohe Lebenserhaltungskosten, geringe Löhne und steigende Arbeitslosigkeit sind seit Beginn der Wirtschaftskrise hier die Treiber. Und überwiegend Frauen sitzen in der Armutsfalle. 20,6 Millionen Euro stehen für die Versorgung der ärmsten Bevölkerungsteile, das sind ungefähr zwei Prozent der StadtbewohnerInnen, zur Verfügung. Ungesagt soll hier aber auch nicht werden, dass bei weitem nicht allen Bedürftigen in Linz Anspruch auf Mindestsicherung haben.

Der Umgang der Stadtregierung mit Bettlern und Bettlerinnen ist schändlich. Bettelverbote und Räumung von Armutslagern ohne Gegenangebote ist eine Bankrotterklärung an die gebotene Mitmenschlichkeit. Im Gegensatz zu ÖVP und FPÖ, die gemeinsam auf Landesebene Verschlechterungen bei der Mindestsicherung gegen massive Proteste durchgedrückt haben, halte ich arme Menschen nicht für reine Kostenfaktoren und auch nicht für selber schuld an ihrer Lage. Besonders infam ist es in diesem Zusammenhang die Schuld für steigende Armut wider besseren Wissens den Flüchtlingen in die Schuhe zu schieben.

Generell muss man feststellen, dass es eng geworden ist für emanzipatorische Elemente der Daseinsvorsorge. Darunter verstehe ich Maßnahmen, die dazu beitragen ökonomisch Benachteiligten oder von Diskriminierungen betroffene Bevölkerungsgruppen durch Teilhabe besonders zu fördern. Eine Stadt die ihre Sozialpolitik auf die Pflicht reduziert, nährt die Armut Denn erst die Kür eröffnet neue soziale Perspektiven für von Armut betroffene Menschen.

Sehr geehrte Damen und Herren, besonders auffällig ist auch die Kluft zwischen Realität und Umsetzung der Ziele des Kulturentwicklungsplans. Die etablierte freie Szene wartet nach wie vor auf die im KEP versprochene Erhöhung der Förderungen, sich neuformierende Initiativen hängen mangels Förderzusagen in der Luft und städtische Einrichtungen wie das Salzamt oder die Medienwerkstatt stehen vor der Schließung. Das Stadtmarketing schmückt sich ja gerne mit dem vielfältigen Kulturangebot der Stadt, die Lage der Kulturschaffenden der freien Szene ist jedoch auch hier eine andere. Nämlich prekär. Und das nicht erst seit gestern.

Man wird sehen welche Vorschläge die heute neu angelobte Kulturstadträtin Lang-Mayerhofer zur Behebung der Misere machen wird. Mit der laut Statut möglichen und bei allen Fraktionen üblichen Praxis auf das Gemeinderatsmandat zu verzichten hat sie ja nicht gebrochen. Das wäre ein Zeichen dafür gewesen, dass auch die Politik ihren Beitrag zu ausgerufenen Sparsamkeit leistet. Die durch das Nachrücken eines ÖVP Mandatars entstehenden zusätzlichen Kosten von 40.000 Euro würden dringend auch gerade im Kulturressort gebraucht.

Auch ist es ja mit diesem im Oktober beschlossenen Einsparungen nicht getan. Im sogenannten Themenspeicher, dessen Sparvorschläge ja weiterverfolgt werden, liegen noch einige Hunde begraben. Exemplarisch möchte ich hier auf die rot-blauen Pläne bezüglich der Verschlechterung des Aktivpasses verweisen. Der entsprechende Antrag der FPÖ harrt ja nach wie vor im Sozialausschuss auf Behandlung. Ich hoffe ja das die laufende Kampagne der KPÖ „Aktivpass: Bleib wie du bist!“ die bei Linzern und Linzerinnen auf große Unterstützung stößt hier noch ein Einlenken bringt.

Bemerkenswert ist aber im Zusammenhang mit dem eingeschlagenen Weg der Kürzungspolitik auch, dass nicht unbedingt alle Vorschläge des KDZ mit derselben Verve umgesetzt werden. Wenn es um die Interessen der Wirtschaft geht und es von dieser Seite Einspruch gibt, ist man da weit konzilianter. So kann sich etwa der City Ring auch heuer wieder trotz gegenteiliger Empfehlung des KDZ über die Subvention von 100.000 Euro für die Parkmünzenaktion „Gratisparken in Linz“ freuen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wie sehr unter dem finanzpolitischen Spardogma das soziale Augenmaß verloren gehen kann, sieht man oft im Kleinen besonders deutlich. Die Erhöhung der Werkbeiträge in den städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen ist ein gutes Beispiel dafür. Und steht damit in der Tradition der Rücknahmen einst in besseren Zeiten und von der SPÖ durchgesetzten sozialen Verbesserungen wie Gratis-Kindergartenessen oder Befreiung von Werk- und Kochbeiträgen. Heute ist der Umgang damit ein anderer.

Und es ist schon wahr, dass eine Tariferhöhung von elf auf 48 Euro keinen gut Situierten mit betreuungspflichtigen Kindern wanken lässt. Klar ist aber auch, dass GeringverdienerInnen, die ohnehin von Teuerung und sinkenden Realeinkommen überproportional betroffen sind, hier das Nachsehen haben. Was für den einen ein Geschenk sein mag, kann für einen anderen eine unerlässliche Entlastung des ohnehin knappen Haushaltsbudgets sein. Das die 324.000 Euro Mehreinnahmen aus dieser recht unsozialen Maßnahme auch dann gleich wieder als Ausgabe für die Weihnachtsbeleuchtung verpuffen – das sei hier auch noch angemerkt.

Bei Betrachtung der Maßnahmen des Sparpakets fällt also auf, dass die Verantwortlichen – vor allem jene von SPÖ und FPÖ – recht mutig sind, wenn es um kräftige Einschnitte im Sozial- und Kulturbereich geht. Völlig vom Mut verlassen sind sie hingegen, wenn es um Anliegen der Wirtschaft geht, da geht’s dann mehr nach dem Prinzip „Wer hat, dem wird gegeben“ und zählen die Empfehlungen des KDZ nicht mehr. Und damit kann ich die anfangs gestellte Frage ob Konsolidierungspolitik zu Lasten von Kürzungen im Sozialen, Kultur und Bildung gerechtfertigt ist mit einem klaren Nein beantworten.

Umso mehr da ja die Pfründe der Wirtschaft unangetastet bleiben. Ich erinnere hier an die Ausgaben für die Weihnachtsbeleuchtung oder die Subvention für die Parkmünzen. Die Kaufleute und die großen Handelskonzerne der Landstraße, übrigens die zweitumsatzstärkste Einkaufsstraße Österreichs, müssen sich um ihr Wohlergehen keine Sorgen machen, für ihren Reibach ist gerade im weihnachtlichen Konsumrausch gesorgt. Und das Jammern zum Geschäft der Kaufleute gehört ist wohl auch eine sattsam bekannte Binsenweisheit. Der Versuch eine Schicksalsgemeinschaft in der neoliberalen Standortkonkurrenz zu konstruieren verschleiert die Tatsache, dass sich private Gewinninteressen meist nicht mit dem Allgemeinwohl decken.

Auch eine Konsolidierungspolitik zu Lasten von öffentlichem Eigentum halte ich für kurzsichtig. Besonders dann, wenn sogenannte nicht-strategische Flächen, die auch dem dringend benötigten sozialen Wohnbau dienen könnten, veräußert werden. Auch den Verkauf der städtischen Wohnungen an die GWG zu Gunsten der Verbesserung der Vermögensgebarung sehe nicht nur aus demokratiepolitischen Bedenken kritisch. Ist doch die Gemeinnützigkeit der GWG zumindest für Stadtrat Hein laut einem im Sommer getätigten Interview nicht sakrosankt.

Sehr geehrte Damen und Herren, hier sind nun auch noch einige Worte zur Personalpolitik angebracht. Der Personalrückbau ist zwar kein Novum, sondern eine stetige Entwicklung des letzten Jahrzehnts. Von 2006 bis 2017 stieg zwar das Volumen des Haushalts um 75 Prozent, die Personalkosten um 30 Prozent, während der Personalstand um sechs Prozent gesunken ist. Diese Rationalisierung belegt als die Arbeitsverdichtung für die städtischen Bediensteten. Die Belastbarkeit des Personals ist aber endend wollend.

Und ob es wirklich kostengünstiger ist auf den Aufbau von stadteigenen Kompetenzen etwa in der Stadtplanung oder Finanzwirtschaft unter dem Spardruck zu verzichten und stattdessen Beratungsleistungen zuzukaufen, halte ich für fragwürdig. Der Verweis auf die Enge beim Personal ist ja auch ständige Begleitmusik, wenn über städtische Dienstleistung wie die Pflege der öffentlichen Flächen im Gemeinderat diskutiert wird. Aber dazu werden wir sicherlich in der Spezialdebatte noch einiges hören.

Nun will auch nicht verhehlen, wie jedes Jahr, dass auch ich ausgabenseitig durchaus Sparpotential sehe. Einiges zur Wirtschaftsförderung habe ich ja schon erwähnt und nun wird natürlich niemanden überraschen, wenn ich die Ausgaben für die Stadtwache mit 1,36 Millionen Euro für entbehrlich halte. Investitionen in Herrschaftstechniken, die auf Überwachung und Bestrafung zur Bewältigung von gesellschaftlichen Spannungen setzen, wie Videoüberwachung oder Bespitzelungsorgane, entsprechen nicht meiner Vorstellung eines gedeihlichen Zusammenlebens. Diese Gelder wären besser in Maßnahmen die den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken investiert.

Dass die KPÖ für eine Verkehrswende eintritt – also einem hin zu öko-soziale verträglichen Mobilitätsformen und weg von der Bevorzugung motorisierten Individualverkehr ist ja bekannt. Welche positive Wirkung der Verzicht auf die Beteiligung an eigentlich dem Bund zustehenden verkehrspolitischen Projekten haben könnte, ist diesmal sogar im Vorbericht des Voranschlags vermerkt. Dort heißt es nämlich auf Seite 8 „die Ausgabenreduktion begründet sich im Wesentlichen auf die zeitliche Verschiebung bei den Projekten Westring und Anschlussstelle Dornach.“ Hier sei auch noch angemerkt, dass es sich hier um zwei teure Projekte handelt die nichts zu einer öko-sozialen Verkehrswende beitragen.

Sehr geehrte Damen und Herren, „Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld“ heißt es in einem populären Schlager aus den Wirtschaftswunderjahren. Und da sind wir bei der Verteilungsfrage angelangt. Eine Debatte über ein kommunales Budget ohne die ungerechte Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums anzusprechen ist ein Ablenkungsmanöver. Bertolt Brecht bringt die Verteilungsfrage recht gut auf den Punkt: Reicher Mann und armer Mann, standen da und sah'n sich an. Und der Arme sagte bleich: „Wär´ ich nicht arm, wärst du nicht reich“.

Wo das Geld zu holen ist? Hier sei exemplarisch auf die Vorschläge von Attac Österreich verwiesen. Laut der Vermögens- und Schuldenuhr von Attac besitzt das derzeit reichste Prozent ein Privatvermögen an Geld und Immobilien von 742 Milliarden Euro. Die aktuelle Staatsverschuldung weist 305 Milliarden Euro aus. Das heißt, dass alleine das Privatvermögen des reichsten Prozents in Österreich mehr als doppelt so groß ist wie die gesamte Staatsverschuldung.

Eine Vermögenssteuer von fünf Prozent auf das reichste eine Prozent der Bevölkerung würde 30 Milliarden Euro jährlich in die Staatskassen spülen. Damit könnte man wichtige Investitionen in Bildung, Soziales und Infrastruktur leisten und damit auch die Situation der Gemeinden entspannen. Laut einer SORA Studie sprechen sich auch inzwischen 70 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen für eine Vermögenssteuer aus. Worauf wartet also die Regierungspartei SPÖ, die sich zumindest programmatisch zu Vermögenssteuern bekennt?

Die Schuldenkrise der öffentlichen Hand ist also Teil der Verteilungskrise und kann nur auf der Ebene einer gerechten Steuerpolitik gelöste werden. Wer also den leicht sinkenden Schuldenstand der Stadt mit 762 Millionen Euro beklagt ohne über die Verteilungsfrage reden zu wollen, wird wohl auch nur das Lied vom „Streichen und Kürzen“ auf Kosten der Allgemeinheit singen können. Neoliberale Budgetkonsolidierung im Zeichen von Streichen und Kürzen bei kommunalen Dienstleistungen, der Veräußerung von kommunalen Eigentums und dem Umbau der kommunalen Verwaltung in ein nach privatwirtschaftlichen Kriterien agierendes Unternehmen trennt die Stadt immer mehr in Verlierer und Gewinner.

Als direkte Profiteur der Schuldenkrise lassen sich hier die Banken ausmachen, die sich die Zinsen mit 16,41 Millionen Euro einverleiben und sich auch Einfluss sichern können. Unerwähnt soll hier auch nicht das hausgemachte Swap-Debakel bleiben, das mit laufenden Ausgaben für Gutachten und Rechtsbeistand das Budget belastet. Es ist zu hoffen, dass sich die Rechtsmeinung der Stadt im laufenden Prozess gegen die BAWAG durchsetzt und die Gültigkeit des Geschäfts für nichtig erklärt wird.

Um die Wichtigkeit der Verteilungsfrage nochmals zu unterstreichen möchte ich hier noch den deutschen Armutsexperten Christoph Butterwegge, im übrigen Kandidat der Linken für den deutschen Bundespräsidenten, erwähnen. Nicht weil uns dieses Jahr die Bundespräsidentenwahlen über Gebühr beschäftigt und gekostet haben, sondern wegen seiner klaren Aussage: „Mit Reichtum verhält es sich wie Mist, auf einem Haufen stinkt er, fein verteilt leistet er hingegen gute Dienste.“ Man sollte sich diese Weisheit zu Herzen nehmen!

Sehr geehrte Damen und Herrn, gerade bei der Budgetherstellung täte auch eine Attraktivierung gut. Mehr Dialog zwischen Stadtgesellschaft und Stadtpolitik wäre angesagt. Und zwar nicht nur mit den Eigentümern, Unternehmern und Geschäftsleuten. Dieser Dialog funktioniert ja ohnehin gut. Die Budgeterstellung ist derzeit alleiniges Metier der Stadtsenatsparteien. Partizipative Budgetgestaltungselemente wie etwa BürgerInnenversammlungen fehlen in Linz völlig. Hier gäbe es also noch viel zu tun. Die Veröffentlichung des Budgets auf der Homepage ist aber sicherlich ein kleiner Fortschritt.

Zu guter Letzt noch Vorschläge meiner Partei zur Einnahmensteigerung: Die durchaus beachtlichen Einnahmen aus der Kommunalsteuer von 145 Millionen Euro könnten mit einer Umstellung der Bemessung von drei Prozent der Lohnsumme auf die gesamte Wertschöpfung noch weiter gesteigert werden. Mehreinnahmen für die Stadt könnte auch eine Zeitwohnsitzabgabe bringen. Dafür gibt es ja auch einen gültigen Gemeinderatsbeschluss.

Ebenso wäre auch eine Leerstandsabgabe, die etwa über die Stromrechnung eingehoben werden könnte, wenn der Stromverbrauch eine regelmäßige Nutzung ausschließt, anzugehen. Die Linderung der Wohnungsnot durch „Vermieten statt Spekulieren“ und zusätzliche Einnahmen für die Stadtkassen sprechen dafür. Angesichts des Zuzugs zum Zentralraum und des nur schleppenden Vorankommens des öffentlichen Wohnbaus wird es nicht ausbleiben, hier auch am privaten Wohnungsmarkt Maßnahmen zu setzen um dem Menschenrecht nach einem Dach über dem Kopf gerecht zu werden. Zu verweisen ist auch auf die Ausstände bei der Kommunalabgabe und die Befreiung der Religionsgemeinschaften von der Grundsteuer. Nicht zu vergessen auch auf eine Nahverkehrsabgabe zur Finanzierung des öffentlichen Verkehrs.

Ich werde wie in den vergangenen Jahren dem Voranschlag aus grundsätzlichen Erwägungen nicht zustimmen. Das heißt nicht Ablehnung aller Maßnahmen, die darin enthalten sind. Im Laufe des kommenden Jahres werde ich allen auf der Tagesordnung stehenden Maßnahmen zustimmen, wenn diese Verbesserungen für die das Gedeihen der Stadt bringen. Gleichzeitig möchte ich den Mitarbeitern und MitarbeiterInnen der Finanzverwaltung Dank und Anerkennung für die Erstellung des Voranschlags aussprechen. Respekt! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Es gilt das gesprochene Wort.


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