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Faktenbox Offshore-Geschäfte

  • Montag, 4. April 2016 @ 15:06
Kapital Panama gilt als klassische Steueroase. Im Ranking des Tax Justice Network (TJN) liegt Panama auf Platz 13 von 90 Staaten (Österreich auf Platz 24). In Panama sind Unternehmen nicht verpflichtet den Behörden die Eigentumsverhältnisse bekannt zu geben, auch existiert kein Firmenbuch. Auf Druck der Financial Action Task Force (FATF) wurden jedoch 2015 einige Regeln verschärft.

11,5 Millionen Dokumente (4,8 Mio. e-Mails, 3,05 Mio. Datenbankformate, 2,15 Mio. PDFs, 1,12 Mio. Bilder, 0,32 Mio. Textdokumente) über die Offshore-Geschäfte der Firma Mossack Fonseca (MF oder Mossfon) in Panama im Zeitraum von 1977 bis 2015 wurden der „Süddeutschen Zeitung“ von einem Informanten zugespielt.

Mit einem Umfang von 2,6 Terabyte stellt damit Panama-Leaks alle bisherigen Leaks wie Offshore-Leaks (260 Gigabyte), Lux-Leaks (4,0 GB), Wiki-Leaks (1,7 GB), Swiss-Leaks (3,3 GB) in den Schatten.

Rund 400 Journalist_innen aus 78 Ländern, darunter aus Österreich von ORF und Falter, haben international koordiniert diese Dokumente analysiert und als „Panama Papers“ veröffentlicht.

Mit Niederlassungen in über 40 Ländern und über 500 Angestellten in aller Welt ist die vom Deutschen Jürgen Mossack und vom Panamesen Ramon Fonseca gegründete MF führendes Unternehmen bei Offshore-Geschäften.

MF richtet für Kunden direkt oder über 14.000 zwischengeschalteten „Clients“ weltweit Briefkastenfirmen ein, übernimmt die Kontoführung, fungiert als bevollmächtigter Vertreter, stellt Scheindirektoren, erstellt Steuererklärungen und Jahresabschlüsse, stellt das handelsrechtlich benötigte Personal und übernimmt behördlich notwendige Dokumentationspflichten – errichtet also Konstrukte zur Steuerhinterziehung oder Geldwäsche.

Von den von MF eingerichteten 214.000 Briefkastenfirmen in rund 20 Steuerparadiesen entfallen 113.648 auf die Britischen Jungferninseln, 48.360 in Panama, 15.915 auf die Bahamas, 15.182 auf die Seychellen, der Rest auf andere Länder.

Zu den Kunden von MF gehören 29 Milliardäre aus der Forbes-Liste der 500 reichsten Menschen der Welt.

Die Preisliste von MF umfasst etwa folgende Leistungen: Gesellschaftsgründung 1.350 Dollar, Firmensiegel 98 Dollar, Übersiedlung einer Gesellschaft 1.240 Dollar, Strohmann-Direktor 800 Dollar, Aufbewahrung der Firmenbücher 115 Dollar, Rückdatierung von Dokumenten 8,75 Dollar pro Monat.

Sehr beliebt ist die „Panama Privatstiftung“ gewährt Steuerfreiheit und völlige Anonymität der Kunden, genutzt unter anderem um NS-Raubkunst den Erben von Holocaust-Opfern zu entziehen.

MF hilft unter anderem ihren Kunden auch durch Zwischenschaltung (Re-Invoicing) einer nicht steuerpflichtigen Offshore-Gesellschaft zwischen zwei Unternehmen Gewinne abzuschöpfen und damit Steuern zu hinterziehen, ebenso durch Verschiebung (Re-Domiciliation) einer Gesellschaft in eine günstigere oder steuerfreie Steuerdestination wie Panama, Malta oder Kanalinseln.

Bis 2008 verweigerte MF in hunderten Fällen Auskünfte an Strafverfolgungsbehörden über Briefkastenfirmen auf den Jungferninseln, auch nach Verschärfung der Gesetze blieb jede fünfte Anfrage trotz Strafzahlungen unbeantwortet.

Die herausragendsten globalen Skandale mit Beteiligung von MF fanden in Brasilien (Lava-Jato), Island (Regierungsmitglieder), Schweiz (FIFA), Ukraine (Poroschenko), Saudi-Arabien (Al-Qaida-Unterstützer), Russland (Putin-Netzwerk), Guinea (Milliardär Steinmetz), Deutschland (Banken, Siemens), Syrien (Umgehung von Sanktionen), Iran (Ölgeschäfte) und China (Vermögen von Eliten) statt.

Neben Drogendealern, Terroristen, Firmen auf Sanktionslisten wurden in den Panama-Leaks auch 128 Politiker_innen entdeckt, darunter die Präsidenten Russlands, Syriens und Chinas, die Ministerpräsidenten Pakistans und Islands sowie der König von Saudi-Arabien.

Allein über ein Offshore-Netzwerk des Freundeskreises „Osero“ um Putin sollen rund zwei Milliarden Dollar geflossen sein.

Aus Österreich sind die Hypo Vorarlberg und Raiffeisen International sowie der Wiener Investor Heinrich Pecina in Offshore-Geschäfte via Panama involviert, durchwegs in Verbindung mit Finanztransaktionen russischer, kasachischer und ukrainischer Oligarchen.

Die Dienste von MF hat unter anderem die Liechtensteiner Steuerkanzlei Marxer & Partner, deren Vertreter als Vorstand der Privatstiftung von Ex-Finanzminister Karl Heinz Grasser agieren, durch Gründung von mindestens 69 Briefkastenfirmen in Panama in Anspruch genommen.

Weltweit sind laut dem Steueroasen-Forschen Gabriel Zucman rund 5.800 Milliarden Euro zwecks Steuervermeidung oder als Geldwäsche in Offshore-Firmen in Steueroasen gebunkert.

Laut Zucman könnte allein Frankreich durch Bekämpfung der Offshore-Praktiken die Staatsverschuldung von 94 auf 70 Prozent senken.

Nach einem Modell der OECD für automatischen Informationsaustausch müssen Banken, Versicherungen und Fonds sowie Unternehmen, Trusts und Stiftungen ab 250.000 Dollar Veranlagungssumme Informationen von ausländischen Kunden den Steuerbehörden melden, welche sie an die Finanzbehörden der jeweiligen Länder weitergeben. Der Datenaustausch betrifft Zinseinkünfte, Veräußerungserlöse und Dividenden.

Infolge der Schwarzgeldabkommen Österreichs mit der Schweiz (2013) und Liechtenstein (2014) stieg die Zahl der Selbstanzeigen von 1.020 (2009) auf 4.439 (2011) bis 14.008 (2014) und 7.301 (2015). 80 bis 90 Prozent der Selbstanzeigen erfolgten so rechtzeitig, dass sie Straffreiheit zur Folge hatten, in den anderen Fällen wurden Finanzstrafverfahren eingeleitet.

Quelle: www.sueddeutsche.de, www.falter.at, www.derstandard.at

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