Willkommen bei KPÖ Linz 

Budgetdebatte als Vorwahlgeplänkel

  • Donnerstag, 11. Dezember 2014 @ 22:00
Linz Nach fast elfstündiger Debatte wurde bei der 50. Sitzung des Linzer Gemeinderates am 11. Dezember 2014 von den vier Stadtsenatsparteien SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grüne der Voranschlag der Stadt Linz für 2015 trotz teilweise recht hitziger verbaler Rundumschläge die als Vorgriff auf den Wahlkampf für die am 27. September 2015 anstehenden Gemeinderatswahlen zu werten sind beschlossen.

Um die Übereinstimmung nicht allzu deutlich werden zu lassen, gab es zu einzelnen Posten Gegenstimmen bzw. Enthaltungen von FPÖ, Grünen und ÖVP, letztere lehnte auch das Kapitel 9 (Finanzen) und die Mittelfristige Finanzplanung ab. Nur die KPÖ stimmte gegen das Budget 2014, der Ex-BZÖ-Mandatar Reimann enthielt sich der Stimme.

Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) begrüßte bei der Eröffnung der Sitzung ehemalige Stadtsenats- und Gemeinderatsmitglieder sowie führende Beamten des Magistrats und des Managements der Unternehmensgruppe Linz (UGL). Weiters verwies Luger auf die zum Budget eingebrachten 25 Erinnerungen des KPÖ-Bezirksvorstandes. Von einer Abordnung der Hochschülerschaft der Johannes-Kepler-Universität wurde der Bürgermeister mit einem Transparent konfrontiert, auf dem gegen die untragbare Preiserhöhung beim Semester-Ticket für Studierende ohne Hauptwohnsitz in Linz um bis zu 256 Prozent protestiert wurde.

Wie neu ist die neue Linzer Finanzpolitik?

Ganz im Stile des New Public Management präsentierte Finanzreferent VBgm. Christian Forsterleitner (SPÖ) den Voranschlag 2015 unter dem überaus optimistischen Motto „Neue Linzer Finanzpolitik greift“ und per Prezi-Präsentation. Er zeigte einleitend „großen Respekt vor dieser Aufgabe“ und meinte „alle Fraktionen sitzen in einem Boot“ um „gemeinsam Linz weiterzuentwickeln“, setzte dabei aber wohl stillschweigend voraus, dass die SPÖ das Steuerrad in der Hand hält.

Die Rahmenbedingungen und Wirtschaftsprognosen bezeichnete er als schlecht, ebenso beklagte er die finanziellen Vorgaben durch Stabilitätspakt, Pflichtausgaben und Großprojekte. Die Einnahmen seien erst 2013 wieder auf dem Niveau von 2008 angelangt. Weiters beklagte er, dass Linz Nettozahler gegenüber dem Land sei und der zu leistende Anteil weit über dem Bevölkerungsanteil liegt. Kennzeichnend für die Lage sei auch dass zwar die Bevölkerung von Linz steigt, aber auch die Arbeitslosigkeit.

Mit dem Sager „Wie verspeist man ein Mammut? Stück für Stück“ stellte Forsterleitner dar, dass ein Wandel in der Finanzpolitik nicht als einmaliger großer Schritt möglich ist. Als Maßnahmen nannte er die Teilkonvertierung der CHF-Anleihe und das Sparprogramm der Stadtsenatsklausur mit bislang 2,1 Mio. Euro. Weiters die Überprüfung der Transferbeziehungen, wobei er sich dazu bekannte, dass Linz Nettozahler ist, jedoch „das Ausmaß zu hinterfragen“ sei. Das „öffentliche Sparen“ sei verbunden mit einer Ausgabensperre von 10-15 Prozent und einem Kostendämpfungsprogramm bei Bauten zu sehen. Schließlich wären eine strategische Analyse des Immobilienbestandes und der Verkauf von Grundstücken um 10 Mio. Euro und die Magistratsreform solche Schritte.

Ziel seiner Budgetpolitik sei es die laufende Gebarung wieder ins Plus zu drehen um Spielraum zu gewinnen. Ertragsanteile und Kommunalabgabe nannte Forsterleitner als größte Einnahmen, die jedoch konjunkturabhängig seien. Der Zuwachs sei bei den Ausgaben geringer als bei den Einnahmen, dies sei ein Zeichen für das Sparen. Bei den Fremdwährungsanleihen habe man „Sicherheit gegen höhere Kosten getauscht“.

Personal, Betriebsaufwand und Transferbelastung seien die größten Ausgaben, wobei der Sozialbereich mit 202 Mio. Euro der größte Sachbereich sei. Als Eckpunkte des Budgets nannte Forsterleitner ein Minus von 4,66 Mio. Euro bei der laufenden Gebarung und relativ konstante Investitionen von 63,7 Mio. Euro. Die Mittelfristige Finanzplanung von 2016-2019 zeige beim Saldo eine Verbesserung, analog auch beim Maastricht-Defizit. Die Netto-Darlehensaufnahme habe sich halbiert, er rechne mit einem Schuldenabbau ab 2017. Er verwies dazu auch auf Investitionen von 312 Mio. Euro für die Daseinsvorsorge im Jahr 2014 durch die Unternehmensgruppe Linz.

„Linz macht seine Hausaufgaben“ zeigte sich Forsterleitner optimistisch durch „Konzentration auf Kernaufgaben und Sparen“ und nannte dazu als Ziele „Sparsam, sozial, sicher“. Die Situation von Linz sei so wie die anderer Gemeinden und auch des Landes, daher „muss man mit gleichem Maß messen“, so der Finanzreferent in Richtung ÖVP.

Seit Jahren sinkender Personalstand

Bgm. Luger stellte als Personalreferent den Dienstposten- und Stellenplan 2015 vor und sprach von einem „hohen Standard der Dienstleistungen, Qualität und Quantität des Personals und Sparsamkeit“. Derzeit gliedere sich der Magistrat in sechs Geschäftsgruppen mit 23 Dienststellen plus das Kontrollamt sowie zwei Unternehmen laut Statut (Kinder- und Jugendservice und Museen). Der Personalstand für 2015 sieht für Magistrat 1.780, für KJS 967 und für die Museen 28 Vollzeitäquivalente vor, insgesamt also 2.775 Posten und Stellen, wobei Luger eine hohe Teilzeitquote einräumte.

Stolz berichtete der Bürgermeister, dass die klassische Verwaltung von 2005-2015 von 898 auf 764 reduziert wurde, welcher 1.016 Arbeitsplätze im Dienstleistungsbereich gegenüber stehen „der in Konkurrenz mit anderen Anbietern zu sehen“ sei. Luger erinnerte an die letzte Magistratsreform von 2005 und bestätigte, dass klassische Effizienzsteigerungen wie EDV-Einsatz etc. „mit einer Mehrbelastung verbunden“ sind.

2015 stehen 20,45 Auflassungen 39,75 Neuschaffungen von Posten und Stellen gegenüber, letztere im Zusammenhang mit dem Ausbau im Sozialbereich. Luger verwies auf die Veränderungen von 2002 bis 2015 im Kern-Magistrat (ohne AKH und SZL) von 2.385 auf 1.780, beim KJS von 720 auf 967, bei den Museen von 31 auf 28 und damit für den Gesamt-Magistrat von 3.136 auf 2.775 Vollzeitäquivalente entspricht.

Der Personalreferent sprach von einer „hervorragenden Verwaltung“, bei welcher „weitere Sparmaßnahmen nicht mehr möglich“ seien. Daher gelte es eine Strukturreform politisch zu vereinbaren. Die Vorschläge für eine Magistratsreform seien jedoch widersprüchlich, jetzt gelte es einen Konsens zu finden um effizienter zu werden und Hierarchien zu verändern. Es gebe keine Deadline für eine Magistratsreform, aber man solle die Zeit vor Weihnachten noch nützen.

Schönfärberei des Budgets durch die SPÖ

Als erster Fraktionsredner stellte Sozialstadtrat und SPÖ-Klubobmann Stefan Giegler die nicht überraschende Haltung der SPÖ zum Voranschlag dar. Er sprach von der „Einigkeit für Linz zu arbeiten“, was bei Wahlen gemessen werde. Die Unterschiede seien „ideologisch begründet“, was „strategisch legitim“ sei: „Die Bürger_innen erwarten seriöse Argumente, Fairness und einen korrekten Umgang mit Fakten“. Giegler betonte, dass es ab 2017 keine neuen Schulden mehr geben werde und beklagte, dass die Krise und die Rezession anhalten.

Die Schulden der Stadt seien hoch, aber man „darf nicht Äpfel mit Birnen mischen, wenn bei der Stadt das AKH dazugerechnet werden, muss man beim Land auch die Gespag-Schulden anrechnen“. Auch sei zwischen kurz- und langfristigen Schulden zu unterscheiden. Er forderte eine faire Verteilung der Finanzströme mit dem Land und dazu einen „gemeinsamen Schulterschluss aller Parteien“. Linz zahle mit 13,5 Prozent Bevölkerungsanteil 25 Prozent der Landesumlage, in Niederösterreich sei diese Umlage schon lange abgeschafft worden.

Giegler sprach von einem „Wandel von einer Stadt der Arbeit zu einer Stadt der Kultur“ und meinte, Linz solle „den Titel einer Creative City mit Stolz tragen“. Kritisch äußerte er sich zur ÖVP-Forderung nach einem Zukunftsfonds, der im Widerspruch zur Verweigerung beim Ausbau der Tabakfabrik stehe. Er zitierte dazu ÖVP-Landtagsklubobmann Stelzer, der meinte es sei „Aufgabe der Politik in zukunftsträchtige Bereiche zu investieren“. Und welche Einrichtungen in Linz seien zukunftsträchtiger als die TFL, wo schon jetzt mehr Beschäftigte seien als zuletzt in der ATW. Der Zuschuss für das Projekt werde sich laufend verringern, so Giegler.

Weiters zitierte er ÖVP-Kulturreferent Baier mit dem Anspruch „Linz muss Kreativhauptstadt werden“ und meinte, es sei unverständlich wenn sich die ÖVP für diesen Bereich verweigere. Die Sorge gelte der steigenden Arbeitslosigkeit, der man aber „nicht mit dem Gießkannenprinzip entgegentreten“ solle und daher nicht in weitere Ausbildungsprogramme investieren solle. Giegler verwies auf 218 Lehrlinge im Magistrat und bezeichnete den Sozialbereich als „Wohlfühlfaktor“.

Ausdruck finde dies mit der Übererfüllung des Barcelona-Ziels bei Kindereinrichtungen und damit einem „österreichweit beispielhaftem Angebot und Garantie der Vollversorgung“. Damit würden Beruf und Familie durch Bildung und Sprachförderung, Wirtschaftspolitik und Arbeitsplatzsicherung vereinbar. Mit der Wiedereinführung der Essensbeiträge werde „ein Sparziel erfüllt“, ein Euro pro Tag sei nicht überfordernd, bis 2009 hätten noch 2,75 Euro pro Essen gezahlt werden müssen. Auch würde 2015 das elfte Seniorenzentrum in der Liebigstraße eröffnet. Mit dem Voranschlag 2015 werde „der Turnaround geschafft“, damit würden „neue Gestaltungsspielräume eröffnet“, Linz sei „eine Lebensstadt und Technologiestadt“.

ÖVP redet Linz kranker als es ist

Deutlich konträr argumentierte ÖVP-Klubchefin Elisabeth Manhal in ihrer recht hektisch und fast manisch vorgetragenen Rede, bei der sie freilich konkrete Antworten schuldig blieb. Sie meinten, die ÖVP-Zitate Gieglers würden beweisen, dass „er sich in seiner eigenen Fraktion nicht wohl fühlt“. Sie erinnerte an Bürgermeister Lugers Rede beim Brucknerfest unter dem Schlagwort „Change“ sowie die Ankündigungen von Bürgermeister und Finanzreferent bei ihrem Amtsantritt von Zusammenarbeit und Zusammenhalt.

Die ÖVP habe ihre Zielsetzungen beim Wechsel im Finanzbereich dargelegt, nämlich „keine neuen Schulden, Abbau der Altschulden, neue Spielräume, einen Zukunftsfonds und Verkaufs- und Beteiligungserlöse“. Dies sei „kein ökonomischer Holler“, wie das der Finanzreferent bei der November-Sitzung bezeichnet hatte, vielmehr gelte es „echte Perspektiven zu schaffen, nicht mit Einmalerlösen, sondern mit nachhaltiger Wirkung“. Der VA 2015 lasse jedoch „keinen Wechsel oder eine Trendwende erkennen“, die SPÖ suche die Gründe reflexartig woanders. Einen Rechenfehler ortete Manhal beim Vergleich von Ertragsanteilen und Transfersaldo. Der mageren Investitionsquote von acht Prozent stellte sie jene von Graz mit 13 und des Landes OÖ mit 17 Prozent gegenüber und meinte „Linz ist kein Wirtschaftsmotor“.

Die Mittelfristige Finanzplanung lasse keine Trendwende erkennen, die Jahresergebnisse seien weiter negativ. Der Voranschlag sei „kein Budget des Wechsels, sondern der Unsicherheit“. Die Grundstücksverkäufe seien offen, Käufer und Erlös fraglich. Laut Statut dürften die Kassenkredite ein Drittel der Einnahmen nicht überschreiten, daher forderte Manhal eine Zurückweisung der MFP an den Finanzausschuss. Weil VBgm. Forsterleitner in einem Zwischenruf die genannten Zahlen anzweifelte übergab Manhal ihm die Berechnungen der ÖVP.

Manhal beklagte Zinsen von 18 Mio. Euro, die bis 2019 sogar auf 21 Mio. Euro allein im Magistrat ansteigen würden und fragte „Was passiert, wenn die Zinsen steigen“. Ein Online-Budget sei kein Zeichen der Transparenz. Manhal kritisierte, dass der Quicktest des KDZ für Linz nicht freigeschaltet wurde. Sie kritisierte, „die Menschen spüren die Auswirkungen“ und nannte als Indiz die Reduzierung der Weihnachtsbeleuchtung und die Einführung der Sporthallengebühren und forderte Spielräume zu schaffen. Neuerlich forderte sie private Investoren für die TFL „die das Projekt besser als die Stadt entwickeln“ könnten und drückte ihren „unerschütterlichen Glauben an einen finanziellen Wechsel“ mit einem arabischen Sprichwort aus, demzufolge eine Veränderung des Landes auf eine Selbstveränderung jedes Einzelnen hinausläuft.

FPÖ als konstruktiver Partner für die SPÖ

FPÖ-Stadtrat Wimmer meinte einleitend ironisch die SPÖ habe gespart „bei Zahlen, Transparenz, Verantwortung und Reformeifer“. Er kritisierte, dass wahlweise die Unternehmensgruppe Linz einbezogen werden oder nicht und nannte als Gesamtschulden 2.648 Mio. Euro von Magistrat und UGL. Die SPÖ hefte sich „Positives auf die Fahnen, schiebt aber die Verantwortung für das Negative auf das Land oder die Krise“ ab. Er verwies auf den Jubel über die Verhandlungen mit dem Land im Sommer, hingegen sei die Magistratsreform bislang „nur ein Geschäft für die Papierlieferanten“ gewesen. Ihre Vorschläge hätte die SPÖ mit einer anderen Partei durchsetzen können, man dürfe sich nicht von Nebenaspekten vernebeln lassen und den „Schwarzen Peter“ dem Land zuschieben.

Es dürfe nicht soweit kommen, dass „die Stadt nur mehr mit Infusionen überlebt“, die FPÖ sei jederzeit bereit für eine Magistratsreform: „Wenn keine Einsparungen möglich sind, wie Bgm. Luger gemeint hatte, wozu dann überhaupt eine Magistratsreform?“ Wimmer verwies auf Vorschläge für Einsparungen und kritisierte, dass der von der FPÖ gestellte und mit Zustimmung der SPÖ beschlossene Antrag auf Prüfung des Theatervertrages nicht realisiert und darüber nicht einmal ein Bericht erstattet wurde. LH Pühringer habe dies geschickt genützt und die Entlastung von Linz sei ungenügend, auch wenn der Finanzreferent heute das Gegenteil behaupte. Die Versprechungen von 2013 seien nicht eingehalten worden, die neue Finanzpolitik gescheitert. Heute sei Gelegenheit etwas zu ändern „oder will man nur darüber reden?“ Einmal mehr nannte Wimmer das Beispiel der Kleinstadt Langenfeld in Deutschland für den Abbau der Schulden und forderte alles zu durchforsten.

Grüne auf Abgrenzungskurs

Für die Grünen erzählte Stadträtin Eva Schobesberger einleitend eine Geschichte zum Außenblick auf Linz und vom Besuch des deutschen Stadtentwicklers Daseking in Linz und meinte dann, auch sie könne „den großen Turnaround nicht erkennen“. Eine „Abrechnung mit Bürgermeister, Finanzreferent und SPÖ bringt inhaltlich aber nichts weiter“, so Schobesberger. Sie rechnete vor, dass sie heuer allein 80 Stunden Sitzungszeit für informelle Gremien aufzuwenden hatte, die „Zusammenschau über den Output aber höchst bescheiden“ sei.

Die Einsparungen im Sozial- und Kulturbereich seien „schlichtweg katastrophal“, dem stünden hohe Kosten für Stadtwache sowie A7-Abfahrt und Westring gegenüber, Projekte die nicht Aufgabe der Stadt seien. Die Verkehrspolitik werde „von Steinzeitprojekten dominiert“. Es gelte die Zahlungsströme zwischen Stadt und UGL zu optimieren, etwa wenn Zuschüsse der Stadt an die Linz AG zu Gewinnen derselben führe, die als Dividende an die Stadt abgeführt werden, wofür wiederum Körperschaftssteuer zu zahlen ist.

Schobesberger sprach von einer „Ankündigungs-Magistratsreform“, bei der 120 Bedienstete teilweise unter Druck mitgearbeitet hätten „unterm Strich aber ein Ergebnis von Output Null zu verzeichnen“ sei, jedoch „tiefe Verunsicherung das Ergebnis“ sei. Ähnlich sei bei der AG Donaustrand das Ergebnis Output Null, wenn externe Personen zunächst einbezogen, dann aber desavouiert würden und jetzt die ÖVP mit einem Vorschlag kommt und die SPÖ dies befürwortet, aber ohne Externe einzubeziehen. Die „intensive Selbstbeschäftigung ist ein destruktiver Impetus“ so Schobesberger. Bei einer „intensiven Detailbeschäftigung hat man das Große aus dem Auge verloren“.

Ähnlich sei es im Swap-Lenkungsausschuss verlaufen. Daher müsse man aufhören so zu arbeiten. Es gelte das Potential der Stadt zu sehen, etwa die Kulturszene, die Fair-Trade-Stadt oder die Entwicklung der Universitäten, Sie sprach von einer „Kultur des Ermöglichens“ und plädierte für „Entscheidungen die wehtun“. Notwendig sei eine laufende Budgetanalyse mit der Feststellung was Pflichtausgaben sind. Derzeit werde die Verwaltung bis Herbst allein gelassen, dabei sei ein solides Fundament mit dem Personal des Magistrats vorhanden.

Populistische Rundumschläge

Der Ex-BZÖ-Gemeinderat Reinhard Reiman sprach von „einer seit 25 Jahren ausufernden Linzer Budgetpolitik“ und einer „zügellosen Expansion nach dem Motto immer mehr, weiter und höher“ die mit einer „bedenklich maßlosen Selbstüberschätzung und einer Politik ohne Einhalt und Ruhe“ verbunden sei. Dies führe zu einem „kontraproduktiven und ruinösen Wettbewerb der Parteien die mehr gegen- als miteinander agieren“.

In sattsam bekannter Manier wetterte Reiman gegen Subventionen und sprach weiter von einem „riesigen Schwamm von Organisationen und Vereinen mit Parteihintergrund der alles aufsaugt und gefüttert werden will als Preis für eine Klientelpolitik“, aber diese Haltung gehe auf Dauer nicht gut. Der VA 2015 sei eine „Summe von Entscheidungen und Fehlentscheidungen“ und der „Versuch das Zahlenmonster zu bändigen“. Der Linzer Schuldenturm von 1,5 Mrd. Euro sei in Fünf-Euro-Scheinen gemessen bereits 30 Kilometer hoch.

Reiman sprach von einer „Ausbeutungssucht der Verwaltungsapparate“ und beklagte, dass die KMU nicht mehr in der Lage seien produktive Arbeitsplätze zu schaffen. Auch er sprach von eine Rekordarbeitslosigkeit und fragte, was sei, wenn die Voest wirklich ansiedelt. Die Mieten seien in den letzten zehn Jahren um 50 Prozent gestiegen und machten oft mehr als 50 Prozent der Haushaltseinkommen aus. Er sorge sich um die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die Möglichkeiten seien ausgeschöpft. Der Verweis auf Einnahmensteigerungen sei eine gefährliche Drohung, die Stadt könne „nicht mehr entspannen, sei müde geworden, habe keine Ruhe und Regeneration mehr, setze aber weiter auf Eskalation“.

Die Russland-Krise sei die „Umschreibung für einen Wirtschaftskrieg, das Ausmaß des Unheils ist unerreichbar“. Reiman wetterte gegen „Schönrednerei, rhetorische Tools und Gequassel“. Noch keine Prognose habe gehalten, es seien keine Vorhersagen möglich. Er forderte „ein Fitnessprogramm und ein Abspecken für Linz und die Verwerfung destruktiver Elemente“. Die Politik müsse „der Barbarei der Spekulation ein Ende bereiten und die destruktive Geldordnung abschaffen“. Er forderte eine „monetative Einrichtung bei welcher die Zinsen dem Volk zugutekommen“ und kritisierte die Schuldzuweisungen der Parteien, die sich am Ende jedoch alle einig seien und schloss mit dem bekannten Nestroy-Zitat „Da streiten sich die Leut´ herum…“

Im Mittelpunkt die soziale Frage

In einen größeren Zusammenhang stellte KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn in ihrer Rede das Linzer Stadtbudget und betonte, dass für sie bei der Beurteilung des vorliegenden Voranschlages immer die soziale Frage und die „Frage danach, wie sich die vorgeschlagenen Maßnahmen auf das Leben der Menschen in dieser Stadt auswirken werden“ stehe: „Es ist nicht mein Part die Interessen der Verursacher der Finanz – und Wirtschaftskrise zu wahren, sondern die Ungeheuerlichkeit der Abwälzung der Folgekosten für Bankenrettung und Schonung der Millionäre auf die Allgemeinheit aufzuzeigen.“

Auch sei es ihr „ein wichtiges Anliegen klar zu machen, dass leere Haushaltskassen kein Schicksal sind, sondern dass es Alternativen zum neoliberalen Sparzwang auf Kosten der kommunalen Daseinsvorsorge gibt“. Die Auswirkungen der Krise seien im täglichen Leben spürbar geworden. Die Sorge um einen Arbeitsplatz und steigenden Lebenserhaltungskosten beschäftigten nicht nur jene, die es auch bisher schwer hatten über die Runden zu kommen, sondern „sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen“.

Zur Personalpolitik stellte Grünn fest, dass die Stadt früher stolz darauf war, eine beliebte Arbeitgeberin zu sein, man sich in den letzten Jahren aber dem Personalabbau verschrieben habe: „Die Vielfalt der städtischen Dienstleistungen braucht eine entsprechende Personalausstattung und setzt wichtige volkswirtschaftliche Impulse. Verunsicherung des Personals ist zudem ein schlechter Ratgeber in schwierigen Zeiten.“

Die KPÖ-Gemeinderätin kritisierte, dass auch Linz unter einem ungerechten Finanzausgleich und den Vorgaben des Stabilitätspakts leidet: „Aber wäre es hier nicht an der Zeit sich nicht länger diesen Vorgaben zu beugen und sich trotz besserem Wissen letztendlich nicht immer wieder der neoliberalen Haushaltspolitik zu unterwerfen.“

Sie stellte die Frage, ob man die Chance zur Kehrtwende in den letzten Jahren genutzt habe? „Leider nein. Die finanziellen Zuwendungen stagnieren seit Jahren und werden durch die Entwertung weniger. Subventionen für zivilgesellschaftliche Organisationen wurden unter der Prämisse des Sparzwanges gekürzt.“

Es verwundere dabei, wie leicht sich die SPÖ-Fraktion damit tue ehemalige Wahlzuckerl von 2009 wie das Gratiskindergartenessens ins Gegenteil zu konterkarieren, wenn es als Gebot der Stunde erscheine dem antisozialen Drängen der FPÖ nachzugeben.

Dazu seien einige Worte zum sozialen Klima in der Stadt angebracht. Denn da blase ein rauer Wind: „Besonders für die Notreisenden, denen in Linz nicht Barmherzigkeit, sondern Bedrängnis mittels restriktiven Bettelverbot und Überwachung entgegenschlägt.“ Es sei wahr, Linz könne nicht die sozialen Probleme Europas alleine lösen: „Aber Haltung kostet nichts, verlangt aber Stehvermögen und ist keinesfalls situationselastisch. Und da muss sich vor allem die SPÖ Fraktion an der Nase nehmen.“

Wirtschaftliche Krisenzeiten hätten es an sich zu Verhärtungen der Herzen zu führen, so Grünn weiter. Und es gebe auch wahre Meister, deren Geschäft es sei, die sozialen Empfindungen durch Hetze gegen Minderheiten zu zerstören und die Ärmsten der Armen zu Sündenböcken zu stempeln. Menschlichkeit sei aber unteilbar. Grünn forderte einmal mehr die Auflösung der Stadtwache Beim Thema Sicherheit solle die soziale Frage im Vordergrund stehen. Die Sicherung von leistbaren Wohnungen, Chancengleichheit und gesicherten Zukunftsaussichten.

Bei der Tabakfabrik sprach sie sich dagegen aus, dieses Stadtentwicklungsprojekt privaten Investoren auszuliefern und warnte vor Public Private Partnership zur Finanzierung von Großprojekten, die allzu oft zu Kosten der Allgemeinheit enden. Sie kritisierte die Mitfinanzierung beim Westring und der A7-Abfahrt Auhof, das Beharren auf die teure Lösung der unterirdischen Führung der Linie 4 und plädierte für eine Bevorzugung des öffentlichen und nichtmotorisierten Verkehrs: „Und wie ja allseits bekannt verfolgt die KPÖ seit Jahren beharrlich die Umsetzung der Freifahrt auf allen Öffis in Linz als soziale und ökologische Zukunftsvision.“

Mit Verweis auf Brecht zeigte Grünn die schieflastige Vermögensverteilung und die falsche Steuerpolitik als Hintergrund für die Finanzprobleme der öffentlichen Hand auf. Auch die Schuldenproblematik sei Teil der Verteilungskrise: „Als einzige Profiteure lassen sich hier die Banken ausmachen, die sich Zinsen und Einfluss sichern.“

Zur OÖN-Kritik, das Budget sei ein „Orchideenthema“, dass weder die Massen, noch den Wähler bewegt und auch als Reizthema nichts hergibt meinte sie, das sei nicht verwunderlich, sei doch Erstellung von Budgets eine ausgesprochen bürgerInnenfernes Metier: „Das liegt einerseits an dem recht sperrig aufgemachten Rechenwerk mit seinen oft recht kryptisch formulierten Titeln, aber auch am Vorgang der Erstellung selbst. So bleibt es den Stadtsenatsparteien vorbehalten, daran mitzuwirken.“ Zum Abschluss zeigte Grünn Vorschläge der KPÖ zur Einnahmensteigerung auf und plädierte für die Bemessung der Kommunalsteuer nach der gesamten Wertschöpfung, die Einführung einer Zweitwohnsitzabgabe, Leerstandsabgabe und Nahverkehrsabgabe.

In der anschließenden Spezialdebatte gab es 38 Wortmeldungen (SPÖ 6, ÖVP 15, FPÖ 9, G 8).


Themen