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Nur mehr Regierungsparteien im Gemeinderat?

  • Donnerstag, 21. August 2014 @ 10:24
Linz „Gemeinderat nach Grazer Vorbild würde Stadt um 1,2 Mio. Euro entlasten“ titelt das Gratisblatt „l)inzider“ in seiner Ausgabe #37 und will die Bevölkerung für eine Verkleinerung des demokratisch gewählten Stadtparlaments motivieren. Es handelt sich nicht um den ersten derartigen Vorstoß, was die Sache freilich nicht besser macht. So hat vor einigen Jahren der frühere Bürgermeister Dobusch eine Verkleinerung auf 51 Mitglieder forciert, konnte sich damit aber auch in seiner eigenen SPÖ nicht durchsetzen.

„Das um 40 Prozent größere Graz kommt mit 48 Gemeinderäten aus“ wird jetzt der Verkleinerung des Linzer Gemeinderates neuerlich das Wort geredet. Ganz in der Hoffnung, dass dies in Zeiten wachsenden Verdrusses über Politik und Parteien auf Zustimmung stößt. Dabei fällt freilich völlig unter den Tisch, dass es in Graz zusätzlich zu dem 2012 von 56 auf 48 Sitze verkleinerten Gemeinderat in jedem der 17 Stadtbezirke der steirischen Landeshauptstadt eine Bezirksvertretung mit summa summarum nicht weniger als 165 Bezirksrät_innen gibt.

Ebenfalls unterschlagen wird auch, dass die Mitglieder des Gemeinderates in Graz deutlich höhere Bezüge haben als jene in Linz. So erhalten die Gemeinderät_innen in Graz 23 Prozent des Nationalratsbezuges, in Linz hingegen nur 16,5 Prozent, analog die Klubobleute in Graz 46 Prozent, in Linz hingegen nur 25 Prozent. Dazu kommt in Graz die „Gage“ für die Bezirksvorsteher_innen (20 Prozent) und deren Stellvertreter_innen (fünf Prozent). Andererseits sind die Stadtsenatsmitglieder in Linz (Bürgermeister 165, drei Vizebürgermeister_innen 150, vier Stadträt_innen 140 Prozent) deutlich besser dotiert als in Graz (Bürgermeister 155, eine Vizebürgermeister_in 130, fünf Stadträt_innen 120 Prozent). Hier gäbe es demnach in Linz ein kräftiges Einsparungspotential.

Und wenn zusätzlich getitelt wird „Nur Wien hat mehr Gemeinderäte als Linz“ dann ist das noch vielmehr daneben. Denn die hundert Wiener Gemeinderäte sind bekanntlich auf Grund der Stellung der Bundeshauptstadt als Bundesland gleichzeitig auch Landtagsabgeordnete und es sollte wohl nicht zu übersehen sein, dass es in den 23 Wiener Gemeindebezirken Bezirksvertretungen mit summa summarum nicht weniger als 1.122 Bezirksrät_innen gibt.

Beim Städtevergleich der Kosten für die politische Vertretung schneidet Graz daher keineswegs gut ab: Im Voranschlag der Stadt Linz für 2014 sind für die 61 Mitglieder des Gemeinderates 1,17 Mio. Euro und für die acht Mitglieder des Stadtsenats 1,51 Mio. Euro budgetiert, macht in Summe 2,68 Mio. Euro. Im Grazer Budget 2014 sind für die 48 Gemeinderatsmitglieder 1,42 Mio. Euro, für die sieben Stadtsenatsmitglieder 1,08 Mio. Euro und für die 17 Bezirksvorsteher 0,62 Mio. Euro veranschlagt, macht in Summe 3,15 Mio. Euro. Dazu kommen natürlich in beiden Städten noch Parteien- und Klubförderung.

Von dem vorwiegend durch Inserate aus dem rechten politischen Spektrum am Leben erhaltenen Gratisblatt wird als Argument angeführt, dass es fragwürdig sei, wenn schon etwa 1.500 Stimmen ausreichen um in den Gemeinderat einziehen zu können und überhaupt man „als Einzelner dort ohnehin kaum etwas bewegen“ kann, weil „nicht mal das Einbringen eines Antrages“ möglich ist.

Das ist freilich nicht die Schuld kleiner Parteien wie der KPÖ, sondern es ist die Präpotenz der großen Parteien, dass dies durch das geltende Stadtstatut verunmöglicht wird. Als nämlich vor kurzem die SPÖ dankenswerter Weise einen Antrag einbrachte das Statut diesbezüglich zu ändern, sprachen sich ÖVP und FPÖ dagegen aus und verhinderten so die für den Antrag notwendige Zweidrittel-Mehrheit. So halten es diese Parteien mit der in Sonntagsreden vielgerühmten Demokratie und Pluralität. Sie wollen lieber unter sich bleiben und nicht mit kritischen Fragen belästigt werden.

Was hingegen eine Ein-Person-Fraktion trotzdem leisten kann zeigt in Linz die KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn vor. Sie ist nicht nur führend bei den Anfragen, sondern zeigt bei allen brisanten Abstimmungen, dass es auch auf kommunaler Ebene eine linke Opposition gibt, die sich konsequent gegen soziale Verschlechterungen, Hetze gegen sozial Schwache, sündteure Prestigeprojekte, Geldspritzen für die Wirtschaft, Überwachung und Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes zur Wehr setzt. Die vier Stadtsenatsparteien befetzen sich zwar verbal um ihre angeblichen Gegensätze zu demonstrieren, sind sich aber letztlich bei den wesentlichen Entscheidungen letztlich wieder einig.

Hinter dem vordergründig mit finanziellen Einsparungen argumentierten Ruf nach Verkleinerung des Gemeinderates steckt daher die Absicht demokratische Mitsprache auszuhebeln. Würden diese Verkleinerung umgesetzt, wären nur mehr jene Parteien im Gemeinderat die auch im Stadtsenat sitzen und würde eine wirkliche Opposition somit ausgeschaltet. Und da es in Linz anders als in Graz keine Bezirksvertretungen gibt fungieren die Gemeinderät_innen in einem stärkeren Maße als Bindeglied zur Bevölkerung und kann ihre Tätigkeit wohl nicht nur an der Präsenz bei den Sitzungen von Gemeinderat oder Ausschüssen gemessen werden.

Sehr wohl diskussionswürdig ist freilich die vom „l)inzider“ angeführte Verkleinerung des Stadtsenats von acht auf sieben Mitglieder. Wobei die KPÖ seit vielen Jahren dabei weitaus radikaler ist und eine Verkleinerung von acht auf fünf Mitglieder vorschlägt. Das wäre möglich und sinnvoll, wenn gleichzeitig der antiquierte und unsinnige Zwangsproporz abgeschafft wird. Dieser führt nämlich dazu, dass nach jeder Wahl Alibiressorts verteilt werden. Ein Negativbeispiel dafür ist das eigens für FPÖ-Stadtrat Detlef Wimmer geschaffene Sicherheitsressort und die jährlich mehr als eine Million Euro verschlingende Stadtwache als Ergebnis der Packeleien der Parteien nach der Gemeinderatswahl 2009.

Mit einer solchen Lösung wären Parteien die gerne Opposition spielen, wie in Linz insbesondere die ÖVP, dann auch wirklich Oppositionsparteien und nicht mehr im Stadtsenat vertreten. Wenn im Gratisblatt vorgerechnet wird, dass ein Stadtsenatsposten rund 450.000 Euro Einsparungen bringen würde, würde das bei einer Verkleinerung von acht auf fünf immerhin mit 1,35 Mio. Euro zu Buche schlagen.

Die Forderung nach einer Verkleinerung des Linzer Gemeinderates mag den Sparmeistern im Stadtsenat gelegen kommen. Sie würde aber dazu führen, dass nur mehr die Regierungsparteien im Gemeinderat sitzen. Sie zielt aber klar und deutlich auf die Ausschaltung kleiner Oppositionsparteien und die Verschlechterung der Bürgernähe und wäre daher ein Anschlag auf die so viel gerühmte Demokratie und die politische Vielfalt.

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