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Österreich braucht eine aktive Neutralitätspolitik

  • Mittwoch, 21. Mai 2014 @ 16:09
News Dem andauernden Wehklagen über die finanzielle Aushungerung der österreichischen Armee, von der Offiziersgesellschaft mit der Schlussfolgerung „Ein ausgehungertes Bundesheer kann nur noch abgeschafft werden“ auf den Punkt gebracht, sollte Rechnung getragen werden und zwar durch Auflösung des Bundesheeres, meint KPÖ-Landessprecher Leo Furtlehner zur aktuellen Debatte.

So beklagen die wehrpolitischen Verbände (Offiziersgesellschaft, IG Berufsoffiziere, Unteroffiziersgesellschaft, Peacekeeper, Kameradschaftsbund), dass 2015 das Wehrbudget unter 0,6 Prozent des BIP sinken wird. Ganz alarmistisch wurde dazu gemeldet „Bundesheer - der Boden des Fasses ist erreicht - was nun?“ und eine kräftige Aufrüstung auf mindestens ein Prozent des BIP verlangt (was eine Steigerung von 2,2 auf rund vier Milliarden Euro bedeuten würde) und mit Verweis auf das Wehrgesetz die Bundesregierung des Verfassungsbruchs beschuldigt.

Bezeichnend in dieser Debatte ist, dass sich nicht nur Offiziersgesellschaft und ähnliche militaristische Verbände um eine Aufrüstung des Bundesheeres sorgen, sondern auch Grünen-Sicherheitssprecher Peter Pilz, der meint „das Bundesheer ist im schlechtesten Zustand seit 1945“ und fordert, dass das Parlament „die noch funktionierende Teile des Heeres, die Pioniere, ABC-Einheiten und die Einheiten für die Auslandseinsätze“ vor dem zuständigen Minister Gerald Klug (SPÖ) schützen zu müssen.

Insbesondere die 2003 als österreichischer Baustein für den Aufbau einer Euro-Armee mit massiven Schmiergeld- und Korruptionsverdacht angeschafften Eurofighter erweisen als Mühlstein. Mit jährlichen Betriebskosten von 65 Millionen Euro und der 2014 als letzte Kaufpreisrate von 218 Millionen Euro handelt es sich um derartige Geldvernichtungsmaschinen, dass statt 18 nur zwölf einsatzbereit sind und der Betrieb auf Sparflamme gehalten werden muss.

Zeitlich penibel abgestimmt drohte auch die als „ARGE Sicherheit & Wirtschaft“ in der Wirtschaftskammer organisierte Rüstungsbranche mit Arbeitsplatzvernichtung und behauptete, Kürzungen beim Bundesheer würden 20.000 Arbeitsplätze der Branche gefährden. Bezeichnend für das Geschäft mit dem Tod ist die Selbsteinschätzung, dass die österreichische Rüstungsindustrie „weltweit einen hervorragenden Ruf“ zu verlieren habe.

Diese Branche umfasst rund hundert Unternehmen mit 11.000 direkt Beschäftigten und weiteren 10.000 in Zulieferbetrieben und jährlich rund 2,5 Milliarden Euro Umsatz. Man kann davon ausgehen, dass Vorzeigebetriebe wie Frequentis, Schiebel (Camcopter), AMST (Hightech Flugsimulatoren), MAN (militärische Lkw) oder Scotty (advanced data communication) mit ihren High-Tec-Mordinstrumenten auf den aktuellen Kriegs- und Bürgerkriegsschauplätzen der Welt vertreten sind. Eine Konversion von Rüstungs- zu ziviler Produktion kommt in der Geisteswelt der Rüstungsprofiteure offenbar nicht vor.

Mit einer Auflösung des Bundesheeres würde auch die materielle Basis für die zunehmende Zahl neutralitätswidriger Einsätze im Rahmen der NATO und die Einbindung des Bundesheeres in eine Euroarmee wegfallen. So wurden etwa im Jänner 2014 vom Bundesheer rund 30 Flugzeuge und Hubschrauber und an die 1.100 Soldaten zum Schutz des Luftraumes für das Weltwirtschaftsforum (WEF) im schweizerischen Davos eingesetzt.

Im Mai und Juni entsendet das speziell für Auslandseinsätze ausgebildete luftbewegliche Jägerbataillon 25 des Bundesheeres mit rund 520 Soldaten und 130 Gefechts- und Transportfahrzeugen zu der in Hohenfels/Deutschland stattfindenden internationalen Übung „Combined Resolve II“ mit 16 teilnehmenden Nationen und wird durch eine bulgarische und eine US-amerikanische Kompanie verstärkt.

Bezeichnend für die systematische Missachtung der 1955 beschlossenen und formell immer noch gültigen immerwährenden Neutralität Österreichs ist etwa die Verleihung von US-Orden an drei hochrangige österreichische Offiziere durch US-Botschafterin Alexa Wesner im Februar 2014.

Dabei wurde unter anderem gemeldet, dass der Ministerialrat Karl Michael Hruza als „erster und einziger Ehrenoberst der U.S. Armee“ die Meritorious Service Medal für seine Unterstützung des Transits der US Armee via ÖBB ausgezeichnet wurde. Oberst Johann Liedl erhielt die Army Commendation Medal für seine Unterstützung während der letzten zehn Jahre bei der Bearbeitung der militärischen Anträge für US-Überflüge, Landungen und Transit. Oberst Gottfried Malovits erhielt die Army Commendation Medal für seine Unterstützung bei der Förderung der bilateralen Beziehungen zwischen dem österreichischen und dem US-Militär. Im Klartext wurden die drei Spitzenoffiziere für neutralitätswidrige Leistungen geehrt.

Angesichts des Missverhältnisses zwischen 15.800 Berufssoldaten plus 8.600 Zivilbediensteten und 11.000 Wehrdienern (davon 60 Prozent „Systemerhaltern“) kann von einem Milizsystems schon lange keine Rede mehr sein. Die mit der Volksbefragung 2013 sanktionierte allgemeine Wehrpflicht wird für die Einbindung des Bundesheeres in die Euro-Armee missbraucht.

Auf den Punkt gebracht hat diese gegen die Neutralität und damit gegen die Verfassungsgrundlagen gerichtete Politik der ÖVP-Europaabgeordnete Othmar Karas. Er begrüßte die Absicht „in vier Bereichen die militärischen Fähigkeiten der Mitgliedstaaten zu bündeln“ weil „alle Heere in der EU ein Kosten-, ein Effizienz- und ein Personalproblem“ haben. Und er forderte zur Stärkung einer „glaubwürdigen politischen Handlungsfähigkeit, die Zusammenarbeit jetzt und nicht übermorgen zu stärken“ damit die EU als globaler Player auch „wirklich ernstgenommen“ wird.

Den Neutralitätslügen der Parlamentsparteien stellt die KPÖ das Konzept einer aktiven Neutralitätspolitik gegenüber: „Ein erster wirksamer Schritt dazu wäre die Abschaffung des Bundesheeres weil damit eine Einbindung in neutralitätswidrige Beistandspflichten etc. nicht mehr möglich wäre“ meint Furtlehner. Damit könnte Österreich auch europaweit einen Anstoß für Abrüstung und Entmilitarisierung als Kontrapunkt zu den Bestrebungen die EU zu einer militarisierten Supermacht zu machen setzen.

Die mit einer Auflösung des Bundesheeres frei werdenden über zwei Milliarden Euro jährlich könnten wesentlich sinnvoller verwendet werden: Etwa für den Ausbau anständig bezahlter qualifizierter Arbeitsplätze im Sozial- und Gesundheitsbereich und Stärkung des Katastrophenschutzes durch ein Technisches Hilfswerk.

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