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Cäcilie Zinner (1896-1945): Hinrichtung am 1. Mai 1945

  • Freitag, 1. Mai 2015 @ 08:00
Biografien Buchstäblich bis zum letzten Tag seines Bestehens wütete das Naziregime in Hitlers Heimatgau Oberdonau gegen alle GegnerInnen. Noch am 1. Mai 1945, als der Osten Österreichs schon seit rund drei Wochen befreit und am 27. April 1945 in Wien die 2. Republik und damit das Wiedererstehen eines unabhängigen Österreich proklamiert worden war, wurden auf dem Truppenübungsplatz in Treffling zahlreiche WiderstandskämpferInnen kaltblütig ermordet.

Darunter befanden sich auch die KommunistInnen Josef Grillmayr, Karl Hehenberger, Willibald Thallinger und Cäcilie Zinner. In einer Anklageschrift des Oberreichsanwaltes beim Nazi-Volksgerichtshofes vom 21. Dezember 1944 wurde Zinner gemeinsam mit Aloisia Höglinger, Friederike Buchacher und Josef Stammler angeklagt vom Herbst 1943 bis August 1944 „kommunistischen Hochverrat” durch Unterstützung des 1943 desertierten Kommunisten Ludwig Telfner begangen und „wehrkraftzersetzende Äußerungen” getan zu haben. Telfner hatte ab Mai 1944 eine nach dem 1934 in Wien hingerichteten Februarkämpfer Münichreiter benannte Widerstandsgruppe aufgebaut.

Mehrere Frauen unterstützten Telfner mit Geldspenden, fabrizierten Aufnäher und Armbinden mit kommunistischen Symbolen und beherbergte ihn. Vor allem die Witwe Friederike (Frieda) Buchacher, Mutter von drei Kindern und Bürogehilfin bei der Reichsbahn, nahm ihn in ihrer Wohnung auf und verschaffte ihm durch ihre Dienststelle falsche Papiere. Sie vervielfältigte von ihm verfasste Texte und stellte Mitgliedsausweise für die Organisation her. Durch sie lernte Telfner auch Cäcilia Zinner kennen.

Laut Anklageschrift war Cäcilie Zinner durch die Hinrichtung ihres Mannes zu einer fanatischen Gegnerin des NS-Regimes geworden und hatte vor allem Verbindungen zwischen WiderstandskämpferInnen hergestellt und Geld zur Unterstützung von Widerstandskämpfern und Opfern des NS-Regimes gesammelt.

Außerdem hatte sie rote Armbinden, Blusen und Selbstbinder mit Sowjetstern sowie Hammer und Sichel genäht, offenbar in der Hoffnung auf die nahe Befreiung und als Erkennungszeichen für den organisierten Widerstand. Vorgeworfen wurde ihr weiters eine Äußerung, der zufolge sie bedauerte, dass das Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 durch Stauffenberg mißglückt war.

Die Organisation rund um Telfner wurde verraten und die Gestapo Linz verhaftete am 26. August 1944 rund 40 Personen und ging dabei mit voller Härte vor. Beim Nachkriegsprozess gegen den Gestapobeamten Johann Haller erklärte Frieda Buchacher: „Bei meiner Verhaftung waren mindestens zwölf Beamte der Geheimen Staatspolizei anwesend, unter ihnen auch Haller, Pötscher, Hofbauer, Prohaska und andere.

Vor meiner Wohnungsdurchsuchung bekam ich von Haller mit der Faust einen Stoß auf die Brust. Er drückte mich in eine Zimmerecke und nannte mich eine ,Kommunistendrecksau’ und ,Bist ja zu dreckig, dass ich dich angreife!’„

Insgesamt standen 18 Angeklagte im Februar 1945 beim ersten Volksgerichtshofprozess wegen „kommunistischem Hochverrat” in Linz vor Gericht. Frieda Buchacher wurde zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Durch die Verhaftung verlor sie ihre Wohnung und ihren Besitz, ihre drei Kinder wurden in NS-Erziehungsheimen untergebracht. Sowohl die Anklageschrift als auch die Urteilsbegründung sowie die NS-Presse insistierten auf das Nahverhältnis Buchachers zu Telfner und stellten ihr eigenständig politisches Handeln in Abrede - eine Argumentation, die sie offenbar vor der Todesstrafe bewahrt hat.

„Die Witwe Friederike Buchacher, eine Frau mit drei Kindern, die Telfner unter einem falschen Namen bei sich aufgenommen, sich sogar mit ihm verlobt hatte und ihn bei seinen Plänen wesentlich unterstützt, entging der Todesstrafe und erhielt nur sechs Jahre Zuchthaus, weil das Gericht annahm, dass sie weniger aus politischer Überzeugung, als vielmehr in einem erotischen Zwangsverhältnis zu Telfner gehandelt hatte“ schrieb die „Oberdonauzeitung“ am 5. März 1945.

Zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt wurden auch Gertrude Grillmayr und Maria Hehenberger, die gemeinsam mit ihren Ehemännern, den ESG-Angestellten Josef Grillmayr und Karl Hehenberger – beide hatten eng mit Telfner zusammengearbeitet - verhaftet worden waren. Gertrude Grillmayr war zum Zeitpunkt ihrer Verhaftung schwanger und brachte in der Haft noch vor dem Prozess einen Sohn zur Welt. Er kam bei ihren Eltern unter, starb jedoch körperlich geschwächt kurz nach Kriegsende im Juni 1945.

Gertrude Grillmayr erkrankte nach der Geburt schwer und wurde während ihrer Haft im Gefangenenhaus Linz-Urfahr misshandelt. Die Gefängnisleiterin Josefine Stropp wurde in einem Nachkriegsprozess 1949 verurteilt, weil sie Gertrude Grillmayr im Gefängnis jegliche Hilfe verweigert und sie aus Schikane in eine Zelle für syphiliskranke und mit Krätze infizierte Frauen gesteckt hatte. Grillmayr hatte aus Angst vor Ansteckung vier Tage und Nächte nicht geschlafen, da sie es nicht gewagt habe, sich neben die kranken Mitinsassinnen zu legen.

Neben Telfner wurden am 23. Februar 1945 vom Linzer Volksgerichtshof bei diesem Prozess Karl Hehenberger, Josef Grillmayr und Cäcilia Zinner zum Tode verurteilt. So wie Frieda Buchacher wurden auch ihr neben der Mitgliedschaft in der Widerstandsgruppe „Münchreiter“ Äußerungen, die das Attentat gegen Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 gut geheißen hätten, zur Last gelegt.

In der „Oberdonauzeitung“ wurde sie als Volksfeindin und Verbrechersgattin stigmatisiert: „Die Schneiderin Cäcilia Zinner, diese Frau, deren Mann im Vorjahr als gefährlicher Gewohnheitsverbrecher hingerichtet werden musste, stellte sich Telfner in ihrem Hass gegen die deutsche Volksgemeinschaft und deren nationalsozialistischen Staat ganz zur Verfügung, verfertigte Armbinden, Blusen und Selbstbinder, zahlte Mitgliedsbeiträge und hieß überdies in niederträchtigster Weise das Attentat gegen das Leben des Führers gut.“

Am ersten Mai 1945, nur vier Tage vor der Befreiung durch die alliierten Truppen, wurde Cäcilia Zinner gemeinsam mit Karl Hehenberger, Josef Grillmayr, und zehn weiteren Verurteilten - u. a. aus dem so genannten „Freistädter Prozess“ - von Mitgliedern der Hitlerjugend und des Volkssturms auf dem Schießplatz Treffling (Gemeinde Engerwitzdorf) erschossen.

Der Befehl für die Erschießung kam aus Berlin und wurde vom Oberstaatsanwalt des Linzer Landgerichts Wetzl sofort als dringender Auftrag an die Staatsanwaltschaft Linz weitergegeben. Die Verantwortlichen mussten sich in einem Volksgerichtsprozess dafür verantworten. An Zinner und die anderen Mitglieder dieser Widerstandsgruppe erinnert ein Gedenkstein in Treffling und ein Grabstein auf dem Linzer Barbarafriedhof.

Quelle: Gugglberger Martina, „Versuche, anständig zu bleiben“...


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