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KPÖ-Chef will Enteignung großer Konzerne und Banken

  • Dienstag, 3. September 2013 @ 14:40
Wahlen KPÖ-Chef Mirko Messner sieht einen Wandel der Arbeiterklasse, zu der er auch Kleinunternehmer zählt.

Und er findet einen jahrzehntelangen erfolglosen Kampf um den Einzug in den Nationalrat "in keiner Weise frustrierend".


Die Presse: Wie ist die Stimmungslage im Proletariat?

Mirko Messner: Das müssen Sie eigentlich das Proletariat fragen.

Sind Sie nicht der Führer der werktätigen Massen?

Ich bin weder der Anführer der arbeitenden Massen, noch kann ich in ihrem Namen sprechen. Aber ich glaube, dass die Unzufriedenheit steigt, weil die soziale Lage nicht sehr erfreulich ist.

Als Zeitung, die von der Bourgeoisie gelesen wird: Können Sie unsere Leser beruhigen, dass kurzfristig keine Revolution bevorsteht?

Ich lese Ihre Zeitung auch, gehöre aber nicht zur Bourgeoisie. Ich denke, eine Revolution steht auch mittelfristig nicht bevor, und das ist beunruhigend.

Verwendet ein moderner Kommunist Begriffe wie Proletariat, Bourgeoisie?

Bourgeoisie schon. Wie soll man das reichste Prozent der Bevölkerung sonst bezeichnen?

Kann man Arbeiter, die nach Kollektivvertrag bezahlt werden, als ausgebeutet bezeichnen?

Der Begriff Arbeiterklasse wurde durch die Realität erweitert. Der traditionelle Marxismus der Arbeiterbewegung hat vor allem Mehrwert produzierende Lohnarbeiterschaft dazugezählt. Das war und ist Einengung, weil es Teile, die keine unmittelbare Lohnarbeit betreiben, außer Acht gelassen hat.

Ändert sich die Begrifflichkeit oder auch die Ideologie?

So wie Realitäten sich ändern: Nicht nur Frauen, die mit Arbeit im Haushalt Lohnarbeit ermöglichen, zählen dazu.

Kernziel kommunistischer Politik war Enteignung der Kapitalisten und Umverteilung der Produktionsmittel. Ist das immer noch so?

Nicht Umverteilung, Vergesellschaftung der Produktionsmittel, wobei es um Enteignung der großen Konzerne und Banken geht. Das ist nicht nur Ziel kommunistischer Politik, sondern wird zunehmend zum Ziel unterschiedlicher Linksparteien und progressiver Bewegungen.

Was in ehemaligen kommunistischen Staaten kein Erfolgsmodell war.

Das war ein völlig anderes Konzept unter anderen Voraussetzungen. Heute gibt es andere und entwickelbare wirtschaftsdemokratische Elemente.

Das heißt konkret?

Es gibt verschiedene Formen des Eigentums, genossenschaftliches, kommunales und so weiter. Es gibt verschiedene Formen des Besitzens. Was wir benötigen, ist zum Beispiel eine Verfügungsgewalt der Menschen über die Ressourcen ihrer Region. Oder: Was alle benötigen, muss allen gehören.

Das wird aber eine Partei, die rund ein Prozent der Stimmen bekommt, nicht umsetzen können.

Das geht auch nicht, wenn wir zehn Mandate im Nationalrat haben. Aber wir können die politische Landschaft verändern. Das ist wie in der Wüste: Eine Blume allein schafft keinen Garten, aber sie weckt Hoffnung darauf. Und die Linke in Europa muss sich generell überlegen, welches alternative Konzept zur neoliberalen Politik sie anbietet.

Trotzdem: Ist es nicht frustrierend, jahrzehntelang bei Nationalratswahlen anzutreten, ohne Chance auf einen Einzug ins Parlament?

Eine Chance auf Einzug gibt es immer. Eine kommunistische Bewegung entsteht aus Widersprüchen der Gesellschaft. Und nein, ich finde das in keiner Weise frustrierend, sondern herausfordernd.

Zur Person

Mirko Messner tritt zum dritten Mal als Spitzenkandidat der KPÖ bei einer Nationalratswahl an. Der 64-jährige Kärntner Slowene promovierte an der Uni Wien (Slawistik, Germanistik) und war mit einem kurzen Zwischenspiel seit Studententagen in der KPÖ aktiv, seit 2006 ist er Parteichef.

Quelle: Die Presse, Print-Ausgabe, 3.9.2013

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