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Was ist der Gesellschaft soziale Arbeit wert?

  • Samstag, 20. April 2013 @ 22:00
Sozial Input von Karin Antlanger beim Sozialkonvent von KPÖ, GLB und EL am 20.4.2013 in Wien

Zur Rolle der Sozialvereine in Österreich: Zurzeit sind etwa 120.000 Menschen in privaten Sozialvereinen oder Gesellschaften tätig: Caritas, Diakonie, Volkshilfe, pro mente, Lebenshilfe und Hilfswerk sind dabei die großen Anbieter neben unzähligen kleineren Sozialvereinen, die allesamt Aufgaben der öffentlichen Hand übertragen bekommen.

Jeder braucht sie – kosten soll es aber nichts: Die enorme Vielfalt dieser Anbieter von Sozial-und Gesundheitsdienstleistungen zeigt, dass praktisch jeder Mensch diese Einrichtungen mehrmals im Leben braucht: beginnend von der Krabbelstube, über Kindergarten und Hort, diverse Beratungsstellen, Therapieeinrichtungen, Behinderteneinrichtungen, Rettungs-und Sanitätsdienste, Hauskrankenpflege, Altenbetreuung bis hin zum Pflegeheim.

Gesellschaftlicher Auftrag in privaten Händen: Die bereits seit den 1970er Jahren stattgefundene Privatisierung sozialer Aufgaben durch Ausgliederungen in private Vereine war die Voraussetzung für eine Organisierung der sozialen Arbeit auf billigerem Niveau. Billiger als dies durch die öffentliche Hand mit ihrem Beamtendienstrecht oder Vertragsbedienstetenregelungen möglich gewesen wäre.

Wenn heute im Bereich der privaten Sozial-und Gesundheitsdienste von Kosteneinsparung die Rede ist, dann werden hier ausschließlich Lohn-und Gehaltskosten gemeint, da diese Branche eine höchst personalintensive ist – und eine Frauendomäne. Der Kampf um öffentliche Aufträge wird weitgehend durch Lohn-und Gehaltsdumping entschieden.

Nicht umsonst hat sich die größte Arbeitgebervereinigung von ehemals „BAGS“ in nunmehr „Sozialwirtschaft Österreich“ umbenannt. Damit macht sie deutlich, dass es darum geht, Aufgaben der sozialen und gesundheitlichen Versorgung rein nach wirtschaftlichen Maßstäben zu bewerten. Verhandlungsführer auf Gewerkschaftsseite ist beim Sozialwirtschafts-KV ein Gewerkschafter, der gleichzeitig der Vorsitzende des Sozialausschusses des Landes Steiermark ist, also dort quasi die Geldgeberinteressen zu vertreten hat. Und der Gewerkschaft ist das nicht einmal peinlich.

Egal ob Pflegeheim, Drogenberatungsstelle oder Kindergarten: Betriebe, die die soziale oder gesundheitliche Versorgung von Menschen leisten sind keine „Unternehmen“ im klassischen Sinn. Sie sind gesellschaftlicher Auftrag, der nicht ausschließlich unter ökonomischen Gesichtspunkten geführt werden kann.

Und die öffentliche Hand treibt die Prekarisierung voran. So liegen etwa die Einkommen im Sozialwirtschaft Österreich KV bereits 19 Prozent unter dem österreichischen Durchschnitt. Jährlich wird die Leistungsverdichtung verschärft, ohne dass sie jemals abgegolten wurde. In der Industrie wird die Produktivitätssteigerung selbstverständlich bei Lohnverhandlungen berücksichtigt. Die Leistungsverdichtung im Sozialbereich wird einfach hingenommen. Die Kassen der öffentlichen Haushalte sind leer - der Sozialbereich ist zur Billiglohnbranche verkommen. Personalpläne werden aus Kostengründen so knapp bemessen, dass nur noch Teilzeitarbeitsplätze vergeben werden können. Und Teilzeit im Sozialbereich bedeutet für viele „working poor“.

Wie können Menschen in prekären Lebenssituationen unterstützt werden, wenn diejenigen, die ihnen Sicherheit geben sollen, selbst täglich um ihre Existenz kämpfen müssen? Burn-Out ist in aller Munde – es entsteht im Sozialbereich aber selten durch die direkte Arbeit mit Menschen sondern meist durch die mangelnde Wertschätzung, die in der geringen Entlohnung, der ständigen Steigerung von Leistungszahlen, dem permanenten Druck durch Kürzungen und Kündigungsdrohungen und durch die Geringschätzung der Arbeit („die reden eh nur und tun nix“) ihren Ausdruck findet.

Ein Beispiel stellvertretend für viele: Land OÖ als Vorreiter in Sachen Prekarisierung sozialer Dienste. Unter dem Vorwand, man wolle Betreuung und Pflege nach dem Prinzip „alles aus einer Hand“ anbieten, schreibt die Sozialabteilung des Landes OÖ Vereinen, die Pflege anbieten, vor, dass nun gewaltige Personalrochaden zwischen den Vereinen stattfinden müssen.

Menschen, die z.B. seit Jahren durch eine Heimhelferin vom Verein X betreut wurden, müssen nun vom Verein Y betreut werden. X muss seine Heimhelferinnen kündigen und Y stellt einen Teil von ihnen weit billiger ein, weil die langjährigen Vordienstzeiten bei X nur zu einem Bruchteil angerechnet werden müssen. Auf der Strecke bleiben die Interessen der Betreuten, die ein Vertrauensverhältnis über Jahre zu einer Betreuungsperson aufgebaut haben. Sie müssen nun einen Wechsel hinnehmen, den sie nicht gewollt haben.

Billiger wird es nur für den Geldgeber, das Land OÖ. Mit diesen Vorgaben werden diejenigen aus den alten Dienstverträgen hinausgedrängt, die nicht in den billigen KV optiert haben. Vergleichbar sind solche Methoden nur noch mit den Häuserspekulanten, die alte Mieter aus den Wohnungen drängen wollen, indem sie die Häuser verkommen lassen und den Strom abdrehen.

Was wir brauchen, sind gesicherte Angebote und einen Ausbau von Dienstleistungen im Sozial-und Gesundheitsbereich, die an den Bedürfnissen der Menschen orientiert sind, Eine Wertschätzung dieser gesellschaftlich notwendigen Arbeit durch eine Anhebung der Einkommen in dieser Branche um 20 Prozent, sodass das österreichische Durchschnittsniveau erreicht wird. Arbeitsbedingungen, die einen respektvollen Umgang mit Menschen fördern, Denn das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben darf nicht durch eine Kosten-Nutzen-Rechnung für die Bankenrettung geopfert werden.

Karin Antlanger ist Betriebsrätin bei EXIT-sozial, Verein für Psychosoziale Dienste, Linz

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