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Hakenkreuze auf Linzer Flohmarkt

  • Sonntag, 26. Dezember 2010 @ 17:29
Antifa Auf einem Flohmarkt werden offen und regelmäßig NS-Devotionalien angeboten. Touristen sind empört. Revisionistische Literatur, die mit Hakenkreuzen gekennzeichnet ist, verstößt gegen das Abzeichengesetz.

Der Wiener Kunstkritiker und Journalist Wolfgang Pichler hat in Linz Freunde, bei denen er regelmäßig zu Gast ist.

Bei einem seiner Besuche spazierte er mit seiner Kamera durch die Innenstadt und stieß auf den Kuriositäten-Flohmarkt, der jeden Samstag im Winter vor dem Neuen Rathaus und die übrigen Monate auf dem Hauptplatz abgehalten wird.

Vor einem Marktstand wurde der 30-Jährige Zeuge eines Disputs zwischen einem Händler und einem Touristen. Der Deutsche beschwerte sich über das Warenangebot des Mannes, das nur aus NS-Devotionalien zu bestehen schien: Auf den Tischen stapelten sich Helme, Wehrmachtsgürtel, Dolche, Bajonette, Abzeichen und jede Menge Literatur, die im Dritten Reich publiziert wurde und auf der zum Teil Hakenkreuze abgebildet sind.

Tumult

Der Händler gab sich aber vollkommen uneinsichtig und herrschte den Touristen an, dass dieser sich nicht in seine Angelegenheiten mischen möge. Moralisch unterstützt wurde er dabei von einem Dutzend Passanten sowie „Standler-Kollegen“, die meinten, der Deutsche solle sich nicht aufregen, dafür gebe es gar keinen Grund. „Der Hitler gehört wieder her“, wetterte eine alte Frau. Nur Pichler, ein Student und der holländische Chemie-Manager Wim Vorage versuchten dem Deutschen beizustehen. „Wir haben den Händler auf das Verbotsgesetz aufmerksam gemacht und ihm erklärt, dass es nicht erlaubt ist, Hakenkreuze öffentlich zur Schau zu stellen.“

Doch als Wim Vorage nach einem Heft mit der Aufschrift „Kritik - die Stimme des Volkes - die Auschwitz-Lüge „ greifen wollte, kam es beinahe zu Handgreiflichkeiten. Der Händler setzte sich schließlich durch und gab die revisionistische Zeitschrift nicht mehr aus der Hand.

„Ich bin entsetzt, dass in Linz derart offen mit solchem Zeug gehandelt werden kann und sich aus der Bevölkerung niemand daran stößt“, sagt Pichler, der Vergleichbares in Wien nie gesehen haben will. Auch Wim Vorage, der in Linz arbeitet, ist empört: „Ich habe in China, den USA, in Belgien, Luxemburg und Holland gelebt, aber nirgendwo werden Nazi-Sachen in Innenstädten so ungeniert angeboten.“

Der 58-Jährige beobachtet den Flohmarkt seit Monaten, hat Verdächtiges auf Fotos dokumentiert und Anzeige erstattet: „Es ist skandalös, dass das ausgerechnet in der ehemaligen Führerstadt passiert - damit beschädigt man sich selbst. Will Linz sich wirklich so darstellen?“

Üppiges Angebot

Auch bei einem KURIER-Lokalaugenschein ist das NS-Angebot üppig: Ausgaben von Hitlers „Mein Kampf“, Hefte der Serie „Der Landser“, ein Ahnenpass, ein Schul-Liederbuch der Deutschen Jugend und Bücher aus der Nazi-Zeit mit Titeln wie „Fliegerhorst Ostmark“, „Mutteramt ein Heiligamt“ und „Wir zogen gegen Polen“.

Nach Vorages Anzeige wurde jener Händler, der die Bücher mit Hakenkreuzen angeboten hat, gestraft. „Eine reine Verwaltungsübertretung nach dem Abzeichengesetz“, betont LVT-Chef Michael Tischlinger. NS-Verherrlichung sei dem Mann keine nachzuweisen gewesen: „Er sagt, es ging ihm nur darum, Geld zu machen.“

„Das sind keine Kavaliersdelikte“

Mehr als 5000 Kauflustige pro Jahr besuchen den Linzer Flohmarkt. Offiziell darf außer mit Relikten aus der NS-Zeit und Kriegsspielzeug mit allen Altwaren gehandelt werden. Dass die Marktpolizei das Angebot der Händler anscheinend nicht allzu genau unter die Lupe nimmt, beweisen etliche Foto-Aufnahmen der vergangenen Monate (die dem KURIER vorliegen).
Die zuständige Marktreferentin, Stadträtin Susanne Wegscheider (ÖVP), war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

„Es wäre hoch an der Zeit, hier endlich einzuschreiten und wirksam etwas gegen derartige Umtriebe zu unternehmen“, kritisiert Robert Eiter vom oö. Netzwerk gegen Rechtsextremismus. Es seien etliche Verstöße passiert, die zeigten, dass die zuständigen Behörden säumig sind. „Es handelt sich schließlich um keine Kavaliersdelikte - mit solchen Verkaufsangeboten wird natürlich auch die NS-Ideologie gefördert.“

Eiter fordert abseits von polizeilichen Strafen auch strenge Sanktionen seitens des Magistrates - wie eine dauerhafte Entziehung der Standbewilligung - gegen Händler, die sich nicht an offizielle Auflagen halten.

Quelle: Kurier, 26.10.2010

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